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Nach dem Tod seiner Frau fällt Aksel Vinding in eine tiefe Depression. Der junge, sensible Pianist sagt eine geplante Konzerttournee ab und flüchtet sich in die Abgeschiedenheit des hohen Nordens zu Sigrun, der Schwester seiner Frau. Er hofft, bei ihr, inmitten der rauhen Polarlandschaft, neue Kraft zu schöpfen. Seine Trauer versucht er, mit Alkohol und seiner Musik zu bewältigen. Bald gibt er wieder Konzerte in den kleinen Orten an der Eismeerküste - und er stürzt sich in eine leidenschaftliche Affäre mit seiner Schwägerin. Bis ein dramatischer Vorfall seiner Zeit im Norden ein jähes Ende setzt und Aksel zwingt, nach Oslo zurückzukehren ...…mehr

Produktbeschreibung
Nach dem Tod seiner Frau fällt Aksel Vinding in eine tiefe Depression. Der junge, sensible Pianist sagt eine geplante Konzerttournee ab und flüchtet sich in die Abgeschiedenheit des hohen Nordens zu Sigrun, der Schwester seiner Frau. Er hofft, bei ihr, inmitten der rauhen Polarlandschaft, neue Kraft zu schöpfen. Seine Trauer versucht er, mit Alkohol und seiner Musik zu bewältigen. Bald gibt er wieder Konzerte in den kleinen Orten an der Eismeerküste - und er stürzt sich in eine leidenschaftliche Affäre mit seiner Schwägerin. Bis ein dramatischer Vorfall seiner Zeit im Norden ein jähes Ende setzt und Aksel zwingt, nach Oslo zurückzukehren ...
Autorenporträt
Bjørnstad, KetilKetil Bjørnstad, geboren 1952, studierte in Oslo, London und Paris klassisches Klavier. Sein musikalisches Debüt gab er im Alter von 16 Jahren mit dem Philharmonischen Orchester Oslo, wandte sich dann aber der Jazzmusik und dem Schreiben zu. Sein erster Gedichtband erschien 1972. Heute lebt Bjørnstad als Schriftsteller und Musiker mit seiner Familie in Oslo. Zu seinen erfolgreichsten Büchern zählen Villa Europa und Oda sowie die Trilogie um den jungen Pianisten Aksel Vinding: Vindings Spiel, Der Fluß und Die Frau im Tal.

Schneider, LotharLothar Schneider, geboren 1946 in Prien am Chiemsee, studierte Skandinavistik, Geschichte und Philosophie in Regensburg, München, Kopenhagen (Dänemark) und Bergen (Norwegen). Er arbeitet als Verfasser, Herausgeber, Lehrer für Philosophie und Übersetzer norwegischer Texte.
Rezensionen
»Ketil Björnstads Die Frau im Tal ist der dritte Teil der Aksel-Vinding-Trilogie, deren übergreifende Form der Künstlerroman ist, eine Untergattung des Bildungsromans. Die Gesamtanlage ist von freundlicher, eher organischer als formalistischer Geschlossenheit, mit milde satirischer, erträglich lebensklugen Anteilen und einem erstaunlichen Bild der norwegischen Gesellschaft am Anfang der siebziger Jahre, vor dem Öl-Boom.«
Hans-Jürgen Linke, Frankfurter Rundschau 07.12.2010

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.04.2011

Der Mann an der Angel

Von der Unmöglichkeit des Glücks: Mit seinem Roman "Die Frau im Tal" beschließt der Norweger Ketil Bjørnstad seine eindrucksvolle Trilogie um den jungen Osloer Pianisten Aksel Vinding.

Als er das erste Mal von ihr hört, von der in der fernen Finnmark lebenden Landärztin Sigrun, der Frau im Tal, verbindet sich mit ihrem Namen zunächst nicht mehr als eine vage Vorstellung, ein flüchtiges Flackern am Rande. Denn als die berühmte Psychiaterin Ida Marie Liljerot ihm von ihrer jüngsten Tochter Sigrun erzählt, hat Aksel Vinding, der neunzehn Jahre alte Protagonist in Ketil Bjørnstads raumgreifender Romantrilogie, nur Augen und Ohren für Sigruns Schwester Marianne Skoog, seine siebzehn Jahre ältere große Liebe, die sich nach einem in letzter Sekunde vereitelten Suizidversuch in ärztlicher Obhut befindet.

Später, nachdem im Elvefaret in Oslo, dem Haus der Skoogs, das große Sterben ein Ende hat und mit Mariannes Tod alles zur Ruhe gekommen ist, wird Aksel auch mit Sigrun eine Geschichte haben, eine kurze erotische Verwirrung. Doch sein Weg zu ihr in die Finnmark und von dort zurück nach Oslo ist weit. Denn es ist die schmerzvolle, von den Grenzen der Liebe, vom Tod und der nicht für möglich gehaltenen Kraft für den Neuanfang geprägte Odyssee des Künstlers zu sich selbst, die uns der 1952 in Oslo geborene Pianist und Schriftsteller Ketil Bjørnstad im Rahmen seiner großangelegten Trilogie um den jungen Osloer Pianisten Aksel Vinding erzählt. Er tut es auf über elfhundert Buchseiten in Sätzen und Bildern von großer Dichte und bisweilen eisiger Schönheit, die zeigen, dass auch die Liebe nicht die Kraft besitzt, den Einzelnen vor sich und seinen Dämonen zu retten.

Als Achterbahnfahrt der Gefühle seines juvenilen Alter Ego inszeniert, beschließt der Roman "Die Frau im Tal" nun, was die Bände "Vindings Spiel" und "Der Fluss" zuvor auf das dramatischste entrollten: Aksels wiederholt gescheiterte Versuche, sich der Schwerkraft der Verhältnisse zu widersetzen. Denn hatte er in jugendlichem Elan zunächst geglaubt, seine am Ende ihrer Magersucht zum Opfer fallende Freundin Anja Skoog nur genug lieben zu müssen, um sie dadurch aus ihrer inneren Gefangenschaft befreien und retten zu können, so muss er knapp vierhundert Buchseiten später, nachdem sich die von ihm schwangere Marianne Skoog, Anjas Mutter, auf dem scheinbaren Höhepunkt seines Glücks im Keller ihres Hauses das Leben genommen hat, ein weiteres Mal schmerzhaft erfahren, wie unmöglich es ist, seinem Schicksal zu entgehen. Und so fällt Aksel, betäubt vom Schmerz über Mariannes Tod, in eine tiefe Depression. Bis er irgendwann keinen anderen Ausweg mehr sieht, als ihr nachzufolgen. Er springt in der Hoffnung in den Fluss, in dem schon seine Mutter bei einem Badeunfall den Tod fand, "auf den Felsblock zu prallen, der in all den Jahren dagelegen und nur auf mich gewartet hatte . . . Mein einziger Gedanke war es, es zu schaffen, es musste mir gelingen, so wie es Marianne gelungen war, wie es Anja gelungen war, auch wenn Marianne nie zugab, dass Anja Selbstmord begangen hatte."

Doch das Schicksal hat anderes mit ihm vor: Aksel verfängt sich am Haken eines Anglers - und über diesen augenzwinkernden erzählerischen Kunstgriff bringt Bjørnstad seinen eben noch lebensmüden Protagonisten auf schmerzhafte Weise ins Leben zurück. "Ich spürte einen unerwarteten, stechenden Schmerz. In meinem Mund war etwas Spitzes, das sich hineingebohrt hatte. Das tat fürchterlich weh ... Ich spürte plötzlich die Schnur. Erst da wurde mir klar, dass mich jemand geangelt hatte, dass irgendein Idiot dabei war, mich aus dem Wasser zu ziehen."

Mühelos knüpft "Die Frau im Tal" dort an, wo "Der Fluss" im Jahr 2009 endete: im von den Klängen von Joni Mitchells Album "Clouds" durchwehten Sommer 1971, in dem Aksel und Marianne einander in der Küche des Hauses im Elvefaret langsam näherkamen. Und nachdem Aksel die Klinik, in die man ihn nach seinem Selbstmordversuch gebracht hat, wieder verlassen kann, tritt er nicht, wie geplant, die große, ihn quer durch Europa führende Konzertreise an, auf welcher er als jüngster Interpret mit Brahms B-Dur-Konzert brillieren sollte, sondern zieht sich stattdessen in den hohen Norden, an die russische Grenze zurück. Er will an der Eismeerküste Rachmaninows zweites Klavierkonzert einstudieren, das für ihn wegweisenden Charakter haben soll. Denn als Rachmaninow um 1900 mit der Komposition begann, hatte er ebenfalls kurz zuvor eine schwere Schaffenskrise bewältigt: Im Oktober 1897 war seine erste Sinfonie in d-Moll sowohl beim Publikum als auch bei der Kritik durchgefallen. Und bis dato erfolgsverwöhnt, hatte der seinerzeit Vierundzwanzigjährige sich durch die Ablehnung seiner Sinfonie in Frage gestellt gesehen, war zunächst in Selbstzweifel und schließlich in eine Depression verfallen. Ein Schicksal, in welchem Aksel nun das eigene deutlich gespiegelt sieht. Ganz wie Rachmaninows Klavierkonzert changiert auch Bjørnstads Roman zwischen mal zarten und liedhaften, dann wieder schwärmerisch-hymnischen Momenten; insbesondere dann, wenn Sigrun, die jüngere Schwester Mariannes, ins Bild tritt, die gemeinsam mit ihrem Mann Eirik fernab der Osloer Geschehnisse an der russischen Grenze als Ärztin lebt. Sie ist die Frau im Tal, die Aksel auf irritierende Weise an ihre verstorbene Schwester Marianne erinnert. Doch ist sie tatsächlich die ihm vom Schicksal geschickte Heilsfigur?

Aksel beginnt sich immer mehr in seinen widerstreitenden Gefühlen für Sigrun zu verlieren, bis er irgendwann glaubt, sie erobern zu müssen, um Marianne auf diese Weise ein letztes Mal nah sein zu können. Und tatsächlich lässt sich Sigrun auf eine kurze erotische Spielerei mit dem Osloer Besucher ein - angezogen von seiner Sensibilität und der Unbedingtheit seiner Gefühle. Doch als es auf einer gemeinsamen Langlauftour mit Sigruns Mann Eirik zu einem dramatischen Zwischenfall kommt, kehrt Aksel fluchtartig nach Oslo zurück - getrieben von der schmerzhaften Einsicht, dass kein Weg zurückführt in die Zeit vor Mariannes Selbstmord.

So beschließt "Die Frau im Tal" Bjørnstads raumgreifendes Selbstporträt als große Erzählung einer unerfüllt gebliebenne Utopie. Ihr Autor zeigt uns darin eine kleine private Welt ohne Erlösung, beschrieben mit eisiger Kontrolle. Es ist die Geschichte einer fieberhaften Suche nach der eigenen Identität. Sie zeigt uns den Menschen als das zur Freiheit verurteilte Wesen im Sinne von Camus. Aber auch: seine Sehnsucht, diese Bürde für ein paar Sekunden abzulegen.

"Aber besteht nicht die Hauptaufgabe der Kunst darin, eine schreckliche Geschichte zu erzählen, ohne die Schönheit zu vergessen?", sinniert Aksel, nachdem er die Frau im Tal an der Eismeerküste zurückgelassen hat und nach Oslo, ins Haus der Skoogs im Elvefaret, in dem einst alles mit der Liebe zu Anja begann, zurückgekehrt ist, um sich wieder der wahren und wohl einzig verlässlichen Bestimmung seines Lebens zu stellen: der Musik.

Ketil Bjørnstad, auf dessen Konto inzwischen mehr als fünfzig CDs und mehr als zwanzig Romane gehen, ist mit seiner Trilogie etwas Großes gelungen: eine Geschichte der vergeblichen Anstrengungen, das Glück festhalten zu wollen. Er lässt uns teilhaben an den schmerzhaften, von Tod und Verlust gekennzeichneten Prozessen des Erwachsenwerdens, die sein Protagonist durchlaufen muss. Und er lässt uns teilhaben an dessen Nöten und Ängsten, den Enttäuschungen und Anfälligkeiten des Künstlers, der sich unauflöslicher Einsamkeit ausgesetzt sieht. Denn dass Aksel überlebt hat, bedeutet nicht, dass er davongekommen ist. Vielleicht sogar das Gegenteil. Das Leben geht weiter für den jungen Osloer Pianisten, dessen Entwicklung man gern weiterverfolgen würde.

PETER HENNING

Ketil Bjørnstad: "Die Frau im Tal". Roman.

Aus dem Norwegischen von Lothar Schneider. Insel Verlag, Berlin 2010. 335 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit "Die Frau im Tal" bringt der Norweger Ketil Björnstad seine Romantrilogie um den jungen Pianisten Aksel Vinding zu einem würdigen Abschluss, urteilt Peter Henning. Mit großer Anteilnahme hat der Rezensent die zahlreichen Höhenflüge und Abstürze des Helden, geschildert in einer von "eisiger Schönheit" geprägten Sprache, verfolgt. In den ersten beiden Teilen enden die Beziehungsversuche Aksels jeweils mit dem Tod der Geliebten, wie Henning berichtet. Ebenfalls unglücklich, wenn auch nicht tödlich, entwickle sich das kurze Verhältnis Aksels zu der verheirateten Landärztin Sigrun - jener Frau im Tal, der der dritte Teil seinen Titel verdankt. Letztlich gelinge es dem Protagonisten auch hier nicht, den Segen amouröser Erfüllung auf Dauer zu erlangen, teilt der Rezensent mit. Für Henning wird die Trilogie dergestalt zu einer "Geschichte der vergeblichen Anstrengungen, das Glück festhalten zu wollen". Damit sei Björnstad, der in Aksel übrigens ein jugendliches Alter Ego geschaffen habe, "etwas Großes" gelungen.

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