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"Babtschenko schildert das Grauen des Krieges wie noch keiner zuvor." (Die Zeit)
Januar 2000. Russische Truppen belagern einen kleinen Ort nahe der tschetschenischen Hauptstadt Grosny, in dem sich Rebellen verschanzt haben. Die Soldaten, starr vor Kälte, hungrig, durstig, müde, liegen tagelang in ihren Stellungen und warten. Sie wissen nicht, wofür sie kämpfen. Die brutale Ignoranz der eigenen Kommandeure, die ständige Todesangst und die zermürbende Langeweile setzen sämtliche Kategorien des zivilen Lebens außer Kraft. Als plötzlich Heckenschützen das Feuer eröffnen, verlieren einige…mehr

Produktbeschreibung
"Babtschenko schildert das Grauen des Krieges wie noch keiner zuvor." (Die Zeit)
Januar 2000. Russische Truppen belagern einen kleinen Ort nahe der tschetschenischen Hauptstadt Grosny, in dem sich Rebellen verschanzt haben. Die Soldaten, starr vor Kälte, hungrig, durstig, müde, liegen tagelang in ihren Stellungen und warten. Sie wissen nicht, wofür sie kämpfen. Die brutale Ignoranz der eigenen Kommandeure, die ständige Todesangst und die zermürbende Langeweile setzen sämtliche Kategorien des zivilen Lebens außer Kraft. Als plötzlich Heckenschützen das Feuer eröffnen, verlieren einige Soldaten die Nerven ...

Arkadi Babtschenko kennt diese Welt aus eigener Erfahrung. "Aus dem ersten Tschetschenienkrieg bin ich eigentlich nicht zurückgekehrt, ich bin dort verschollen", sagt er über sich. Mit seiner kraftvoll lakonischen, poetischen Sprache gelingt es ihm, den Alltag des Krieges, seine Grausamkeit wie seine grotesken Momente sinnfällig zu machen. Ein ebenso beklemmendes wie packendes Stimmungsbild, das seinesgleichen sucht.
Autorenporträt
Arkadi Babtschenko, 1977 in Moskau geboren, wurde mit achtzehn Jahren zum Militärdienst einberufen und 1996 nach Tschtschenien versetzt. Anschließend studierte er in Moskau Jura und schrieb für verschiedene Zeitungen. 2001 wurde sein Zyklus Zehn Bilder vom Krieg mit dem Preis der literarischen Zeitschrift Debüt ausgezeichnet. Heute lebt Babtschenko als freier Journalist und Autor in Moskau.

Olaf Kühl, geb. 1955, studierte Slawistik, Osteuropäische Geschichte und Zeitgeschichte an der Freien Universität Berlin und ist vor allem als Übersetzer aus dem Polnischen und Russischen bekannt. 2005 wurde er mit dem Karl-Dedecius-Preis für sein polnisch-deutsches Übersetzungswerk ausgezeichnet. Seit 1996 ist er Russlandreferent des Regierenden Bürgermeisters von Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.03.2009

Soldatenleben

Der Krieg kehrt zurück, auch in die Literatur. In bitterer Abwandlung eines Spruches aus vergangenen Zeiten könnte man traurig sagen: Von den Russen lernen heißt verlieren lernen, denn Siege sehen, denkt man an Tschetschenien, anders aus. Arkadi Babtschenko hat zwei Bücher über die russische Intervention dort geschrieben. Im ersten stellte der 1977 geborene Moskauer Autor und Kriegsveteran die Brutalität dieses Krieges schmerzhaft der Schönheit der Kaukasus-Landschaft gegenüber. In seinem zweiten Buch geht es um die Monotonie des Soldatenalltags, um tagelanges Ausharren im kalten tschetschenischen Matsch, um Nieselregen, Hunger, Langeweile, um Läuse und um das Warten auf einen Feind, den man nicht sieht. Der Krieg ist kein farbenprächtiges Abenteuer mehr, das böse endet, er ist vielmehr ein quälender, erdrückender, banaler und grauer Alltag. Die verletzte Psyche wird nie mehr genesen. (Arkadi Babtschenko: "Ein guter Ort zum Sterben". Aus dem Russischen von Olaf Kühl. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2009. 120 S., geb., 14,90 [Euro].) sber

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.06.2009

Erkenntnis ohne Ausweg
Arkadi Babtschenko erzählt vom Tschetschenienkrieg
Viel ist schon zum Krieg geschrieben worden seit den Feldzügen der Antike. Nur wenige Texte schaffen es, die Realität im Kampf so wiederzugeben, dass man als Leser wenigstens einen Hauch vom Leerlauf, von der Angst und Verzweiflung nachvollziehen kann, die einen Soldaten an der Front zermürben. Der russische Autor Arkadi Babtschenko schreibt solche Texte. In seinem neuen Buch zementiert er gleich mit dem ersten kurzen Absatz die beklemmende Stimmung, die sich durch die knapp 120 Seiten zieht: „Schon seit die Morgendämmerung eingesetzt hatte, nieselte es. Hinter schweren Wolken ein niedriger, kalter Himmel; lustlos krochen die Soldaten aus ihren Unterständen.” Der Krieg, wie Babtschenko ihn darstellt, erinnert in seiner ganzen archaischen Verzweiflung eher an die Beschreibungen des Ersten Weltkrieges von Remarque und Jünger als an die Kriegsliteratur des mittleren und späten zwanzigsten Jahrhunderts.
Arkadi Babtschenko ist kein Schriftsteller. Der 32jährige Russe sieht sich auch selbst nicht als Literat, obwohl seine Laufbahn als Autor vor acht Jahren mit dem Preis der literarischen Zeitschrift Debüt begann. Er hat Jura studiert und arbeitet heute als Reporter für die Nowaja Gaseta, jene russische Zeitung, die ihre hartnäckige Unabhängigkeit schon mit dem Leben vier ihrer Mitarbeiter bezahlen musste. Es sind jedoch seine Erfahrungen, die er als Teenager machen musste, als er 1996 in die Armee eingezogen und nach Tschetschenien an die Front geschickt wurde, die er in seinen Büchern verarbeitet. Und deswegen war es richtig, dass sein deutscher Verlag seine beiden Bücher keinem Genre zugeordnet hat. Babtschenkos Erstling „Die Farbe des Krieges” und sein Nachfolger „Ein guter Ort zum Sterben” erzählen mit einer solchen literarischen Wucht vom Tschetschenienkrieg und bleiben dabei trotzdem so dicht am persönlichen Erleben des Autors, dass jede Einordnung zu kurz greifen würde.
Für „Ein guter Ort zum Sterben” hat Babtschenko die Perspektive gewechselt. Statt in der ersten Person erzählt er von Artjom, einem klugen Studenten, den es in den Krieg verschlagen hat, wo er als Funker der Infanterie ins Feindesland vorrückt. Er gerät in eine Vorhölle, in der sich die Kriegsmaschinerie mühsam durch Schlamm und Matsch an die Front vorkämpft, in der sich die Soldaten vom Plündern ernähren müssen, in der ihnen die brutalen Offiziere zusetzen, und sie durchnässt ihre Kampfstellungen erreichen, zutiefst erschöpft, bevor überhaupt der erste Schuss gefallen ist. Immer enger zieht das Schicksal dann seine Schlinge zu.
Er hatte getötet – unwiderruflich
Für einen Wohlstandsbürger ist die Härte, mit der Babtschenko von diesen Qualen erzählt, kaum nachvollziehbar. Wie grausam es in diesem Krieg zuging, begreifen nicht einmal Menschen, die andere Kriege der letzten Jahre erlebt haben. Es war jedenfalls eine eigenartige Begegnung, als Arkadi Babtschenko im Frühjahr beim Kölner Literaturfestival Litcologne auf den amerikanischen Kriegsromanschreiber Matthew Eck traf. Eck ist fünf Jahre älter als Babtschenko und erlebte als Freiwilliger der US Army in den frühen 1990er Jahren die amerikanischen Missionen in Somalia und Haiti. Da saßen der Russe und der Amerikaner gemeinsam auf dem Podium. Eck las aus seinem Somaliaroman „Das entfernte Ufer”, Babtschenko aus seinen beiden Büchern.
Als es aber ans Erzählen ging, als Babtschenko sich in Fahrt redete und noch einmal berichtete, was es heißt ohne Ausbildung und mit löchrigen Stiefeln in einen brutalen Krieg gehetzt zu werden, in einer Armee zu dienen, in der es für Offiziere Ehrensache ist, die niederen Ränge wie Sklaven zu behandeln und regelmäßig blutig zu schlagen, da wurde Eck immer stiller. Er konnte nachvollziehen, was Babtschenko erlebt hat. Immerhin hatte er in Somalia genug Brutales erlebt. Die unerbittliche Grausamkeit aber, von der Babtschenko erzählte, dieser Mangel und diese Verzweiflung, waren ihm doch fremd.
Später gab Matthew Eck zu, er habe sich damals zur Army verpflichtet, um Erfahrungen zu sammeln. Von Anfang an habe er den Krieg als Schriftsteller gesehen und sich der Realität ganz bewusst ausgesetzt, weil er Remarque und Hemingway verehrte. Keinen Vergleich gab es zwischen den Erfahrungen der beiden einstigen Soldaten. Beide haben brillante Bücher geschrieben und doch bleibt bei Babtschenko ein dumpfes, unangenehmes Gefühl, einen ungefilterten Einblick in diese Erlebnisse zu bekommen.
In Olaf Kühl hat Babtschenko einen Übersetzer gefunden, der die puristische Sprache kongenial ins Deutsche übertragen hat. Man spürt den Rhythmus der Sprache, die wie ein unerträglich langsames Crescendo die Handlung zu ihrem Ende treibt. „Niemanden konnte er um Vergebung bitten. Er hatte getötet, so sah’s aus. Unwiderruflich”, schreibt Babtschenko in diesen letzten Passagen. Diese Erkenntnis lässt keinen Raum für Empörung, Entrüstung, Moral. Das wären Auswege aus einer Geschichte über den Krieg. Doch sie endete ja auch für ihren Autoren nicht. „Der Krieg hat mich nie verlassen”, sagte Babtschenko an jenem Abend in Köln. Und so wird er weiterschreiben. ANDRIAN KREYE
ARKADI BABTSCHENKO: Ein guter Ort zum Sterben. Aus dem Russischen von Olaf Kühl. Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2009. 124 Seiten, 14,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Auch in seinem zweiten Buch "Ein guter Ort zum Sterben" versucht Arkadi Babtschenko gegen das Totschweigen und das Trauma vom Tschetschenienkrieg anzuschreiben, auch dieses Mal mit Erfolg, findet Rezensentin Stefanie Flamm, die den Autor zu einem Gespräch getroffen hat. Hatte der russische Kriegsveteran in seinem ersten Buch seine Erfahrungen als Soldat noch unmittelbarer und anschaulicher vermittelt, so verarbeitet er in seinem zweiten vor allem die Traumatisierung und Schuldgefühle am Ende des Krieges, konstatiert die Rezensentin: Wie geht man damit um, ein unschuldiges Mädchen auf dem Gewissen zu haben? Bisweilen seien seine Aussagen aber zu vorhersehbar, räumt sie ein: "Krieg ist ein mieses Geschäft, der Soldat eine angstgesteuerte Kampfmaschine, blind für die Moral." Tschetschenien und der Krieg sind in Babtschenkos Heimatland ein Tabu, so hat er als Schriftsteller nur im Ausland Erfolg. Und doch fürchtet er sich vor dem Augenblick, wenn seine Tochter beginnt zu lesen: "Es wäre schön, wenn ich den Krieg bis dahin aus mir herausgeschrieben hätte", zitiert Flamm den Autor nach ihrer Begegnung.

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