Auf "das Nest" wurde ich durch eines der schönsten Covers des letzten Jahrzehnts aufmerksam. Drei Vögel schauen zum Nest, nur einer schaut weg – unschwer zu erkennen, wer das sein soll. Die vier Vögel sind die vier Geschwister der Familie Plum.
Sie alle wachsen in der Überzeugung auf, am 40.
Geburtstag der jüngsten Schwester eine große Summe Geld auszugeben.
Doch dazu kommt es nicht, denn der…mehrAuf "das Nest" wurde ich durch eines der schönsten Covers des letzten Jahrzehnts aufmerksam. Drei Vögel schauen zum Nest, nur einer schaut weg – unschwer zu erkennen, wer das sein soll. Die vier Vögel sind die vier Geschwister der Familie Plum.
Sie alle wachsen in der Überzeugung auf, am 40. Geburtstag der jüngsten Schwester eine große Summe Geld auszugeben.
Doch dazu kommt es nicht, denn der Vogel, der wegsieht (Leo) ist ein skrupelloser, egoistischer Geselle, der eine wesentlich jüngeren Kellnerin verführt, einen Autounfall mit ihr an Bord verursacht. Die Mutter verwendet das Geld, dafür, dass die Sache nicht publik wird: sie, wie alle anderen, fürchten um ihren (nicht wirklich vorhandenen) Namen. Das zeigt, wie besessen von ihrem Image oder dem Wunsch nach ebendiesem alle in der Familie sind. Alle wollen mehr darstellen, als was sie in Wahrheit sind, verplanen und geben Geld aus, das sie nicht haben. Denn das Geld ist ja nun weg, die übrigen Kinder werden nichts von dem "Nest" bekommen. Alles dem Schein geopfert und der Kellnerin, die dabei ein Bein verliert. Dass diese junge Frau nun behindert ist und ständig Schmerzen hat, kümmert aber wenig.
Alle bleiben bis ganz zum Schluss in ihrer eigenen Welt, in der Geld bzw. das Nichtvorhandensein dessen über alles entscheidet.
Der klärende Moment für die drei "geprellten" Geschwister ist, dass sie ohne das Geld zurechtkommen und einfach zu dem werden müssen, was sie sind. So finden sie auch wieder zusammen. Zumindest Bea hat erkannt, dass es Wichtigeres gibt, denn als sie ihn findet, spricht sie ihn nicht an, sondern fährt in ihr altes neues (mit Paul) Leben zurück. Sie verzichtet auf das Geld und gibt Leo keine Chance, sich reumütig zu zeigen.
Leo, der sich verdrück hat, lebt fort und zwar in dem Baby seiner beziehungsgestörten On – and -Off Geliebten.
"Das Nest" ist ein Roman aus unserer Zeit, wo Kämpfe nicht offen ausgetragen werden. So wird Leo nicht gerichtet und Jack muss sich mit Walker nicht auseinandersetzen, sondern mit sich selbst. Es geht um Schein und Sein und das, was in jeder Familie vorkommen kann, man lebt sich auseinander.
Im Großen und Ganzen ist die Lektüre von "das Nest" anregend.
Die Autorin kann elegant schreiben, beherrscht die Perspektivwechsel, überrascht damit und schafft es, eine Vielzahl an Personen mehr oder weniger lebendig werden zu lassen. Die Übersetzung ist sehr gelungen.
Dennoch hat mich die Lektüre angestrengt, was an der Vielzahl von Personen liegt, die teils auch noch ähnlich heißen und die man einfach bis zum Schluss leicht verwechselt. Die abrupten und häufigen Szenenwechsel reißen einen, wie in den modernen TV-Serien, immer wieder aus der Handlung, weswegen ich immer nur zwei Kapitel am Stück lesen konnte.
Ein ganz großes Manko stellt für mich das viel zu häufige, teils unnötige und oft falsch verwendete Plusquamperfekt dar. Es ist in beiden Sprachen eine sperrige Zeitform, die man durch eine andere Erzählreihenfolge und andere Mittel vermeiden kann. Sweeney nutzt keine der Möglichkeiten. Der Anfang liest sich so derartig holprig, und das trotz der eleganten Sprache, dass ich nicht weiterlesen wollte.
Insgesamt ist das Buch gut angelegt, und ich würde es eingeschränkt empfehlen.
Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.