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Chuzpe ist Lily Bretts sprühender Roman über Väter und Töchter, polnische Küche und New Yorker Neurosen; eine Geschichte ernster Irrungen und komischer Wirrungen, erzählt mit genau der Mischung aus Witz, Wärme und Verstand, die Lily Bretts Stimme so unverwechselbar macht.
Ruth kann nicht begreifen, dass ihr Vater Edek, vor wenigen Wochen erst von Melbourne zu ihr nach New York gezogen, weit davon entfernt ist, einen ruhigen Lebensabend zu verbringen. Und dass Lebensabend überhaupt der falsche Begriff ist für den munteren Siebenundachtzigjährigen, der sich erst in Ruths Korrespondenzbüro…mehr

Produktbeschreibung
Chuzpe ist Lily Bretts sprühender Roman über Väter und Töchter, polnische Küche und New Yorker Neurosen; eine Geschichte ernster Irrungen und komischer Wirrungen, erzählt mit genau der Mischung aus Witz, Wärme und Verstand, die Lily Bretts Stimme so unverwechselbar macht.

Ruth kann nicht begreifen, dass ihr Vater Edek, vor wenigen Wochen erst von Melbourne zu ihr nach New York gezogen, weit davon entfernt ist, einen ruhigen Lebensabend zu verbringen. Und dass Lebensabend überhaupt der falsche Begriff ist für den munteren Siebenundachtzigjährigen, der sich erst in Ruths Korrespondenzbüro nützlich zu machen versucht und wenig später ein Verhältnis beginnt mit der (viel zu jungen, wie Ruth findet) Polin Zofia (69). Als Edek zusammen mit Zofia und deren Freundin Valentina auch noch ein Restaurant an der Lower Eastside eröffnen will, das auf polnische Fleischbällchen spezialisiert ist, bangt Ruth gleichermaßen ums Erbe und um ihre Nerven.
Autorenporträt
Lily Brett wurde 1946 in Deutschland geboren. Ihre Eltern heirateten im Ghetto von Lodz, wurden im KZ Auschwitz getrennt und fanden einander erst nach zwölf Monaten wieder. 1948 wanderte die Familie nach Brunswick in Australien aus. Mit neunzehn Jahren begann Lily Brett für eine australische Rockmusik-Zeitschrift zu schreiben. Sie interviewte und porträtierte zahlreiche Stars wie Jimi Hendrix oder Mick Jagger. Heute lebt die Autorin in New York. In regelmäßigen Kolumnen der Wochenzeitung DIE ZEIT hat Lily Brett diese Stadt porträtiert. Sie ist mit dem Maler David Rankin verheiratet und hat drei Kinder.   Melanie Walz, geboren 1953 in Essen, wurde 1999 mit dem Zuger Übersetzer-Stipendium und 2001 mit dem Heinrich-Maria-Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet. Sie hat u. a. Lily Brett, A. S. Byatt, John Cowper-Powis, Charles Dickens, Lawrence Norfolk und Marcel Proust übersetzt.
Rezensionen
»Klops and the city: Lily Brett eröffnet ein leckeres, lustiges Roman-Restaurant in der Lower East Side. « DIE WELT

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.2006

Mit Schmalz, Schmerz und Schmackes
Klopse braucht der Mensch: Lily Bretts Roman "Chuzpe"

Von Alexandra Kedves

Der Holocaust als Hollywood-Komödie? Die amerikanische Autorin Lily Brett darf das - und sie kann das auch. Und nirgends so unbeschwert wie in "You gotta have balls", nun auf deutsch unter dem Titel "Chuzpe" erschienen.

Lily Brett wurde 1946 im jüdischen Displaced Persons Camp im bayrischen Feldafing geboren - als eines der ersten Neugeborenen inmitten all der verhungerten, verzweifelten Menschen. Ihre Eltern hatten im Ghetto von Lodz geheiratet. In Auschwitz riß man sie auseinander und ermordete alle ihre Verwandten. Erst Monate nach der Befreiung des KZs fanden sie einander wieder. 1948 wanderte die junge Familie nach Australien aus, und es sollte ein halbes Jahrhundert dauern, bis der Vater mit seiner Tochter in seine alte Heimat Polen reisen würde.

Dieser Reise hat Lily Brett 1999 in ihrem Roman "Too Many Men" eine literarisch umstrittene Gestalt gegeben. Eine unumstritten unvergeßliche Gestalt des Romans aber ist die Vaterfigur, der alte Herr mit dem jugendlichen Temperament. Den ungebrochenen Edek kennen wir schon aus früheren Büchern der Autorin. Nur die - stets ähnlichen - Töchter wechseln ihre Namen. In "Chuzpe" zum Beispiel gesellt sich zu dem rührigen Greis seine hochneurotische Tochter Ruth Rothwax, hektische Inhaberin einer renommierten Korrespondenzagentur, die schon durch "Zu viele Männer" wirbelte.

Wenn Ruth sich keine Sorgen macht, stimmt etwas nicht. Und wenn die andern sich keine Sorgen machen, dann, meint sie, dann besteht wirklich Anlaß zur Sorge. "Sie mußte einen Juden finden, mit dem sie sprechen konnte. Juden wußten immer, daß nie etwas gut wurde. Für einen Juden war nie irgend etwas gut. Andernfalls wäre die Person kein Jude. Juden waren genetisch dazu programmiert, herauszufinden, was nicht in Ordnung war. Das Sandwich war nicht, wie es sein sollte. Die Suppe war zuwenig gesalzen. Die Portion war kleiner als sonst. Das Wetter war zu warm oder zu kalt oder feucht oder zu trocken . . ." Und so weiter. Wahnsinn frei nach Woody Allen.

Mit sonniger Selbstironie seziert die Wahl-New Yorkerin Lily Brett typische Manhattan-Neurosen wie die Kalorienzählerei und die sexuelle Verklemmtheit, die Kratzbürstigkeit und die Käuflichkeit; und im gleichen flotten Kabarett-Klingklang setzt sie sich auch mit der jüngsten Geschichte, ihrer Geschichte, auseinander. Ruth kann kein rotes Fleisch essen, weil es sie an brennendes Fleisch erinnert. "Deine Eltern waren in Auschwitz, na und?" wäscht ihr deshalb ihre Freundin den Kopf. "Meine Mutter war in Theresienstadt, und ich kann gebackenes Hirn essen, geschmorte Nieren, gehackte Leber und alle möglichen Beine, Köpfe, Hälse und Füße. Du kannst nicht so auf den Holocaust fixiert bleiben." Auch Ruths Ausbrüche gegen den Antisemitismus in ihrem Vaterland Polen laufen ins Leere; besser gesagt: mitten hinein in die weiche, warme Brust der fast siebzigjährigen Polin Zofia, die sich in Ruths bald neunzigjährigen Vater verliebt hat. Zofia versteht, Zofia verzeiht, und ihr großer, meist offenherzig hergezeigter Busen - ein weiterer Schrecken für Ruth, diese Meisterin der Verdrängung - wogt voller mütterlicher Gefühle.

Zofia ist nicht nur fleischgewordene Großherzigkeit, sondern auch eine Fleischbällchen-Fachfrau erster Güte. Mit einer Greencard kommt sie nach New York, sieht, was fehlt - nämlich gute "Klopse" -, und siegt. Mit nichts außer einem Haufen Enthusiasmus ziehen Zofia, Edek und eine Freundin die Gaststätte "Klops braucht der Mensch" auf - im Original sehr viel hübscher: "You gotta have balls" -, und nach zwei Wochen prügeln sich die Leute um einen Tisch im neuen In-Restaurant.

Eine Meisterköchin ist auch Lily Brett selbst. Erstens liefert sie wie Johannes Mario Simmel die Rezepte in einem Anhang gleich mit. Außerdem serviert sie ein Menü aus Brettl-Schärfe und Comedy-Süße samt Hochzeitsglocken-Happy-Ending. Das sprüht und macht so viel Spaß, daß der Leser, besonders der deutsche, ein kleines bißchen erschrickt. Irgendwann, gegen Ende, hat sich allerdings auch der letzte running gag totgelaufen: der englisch radebrechende, rotierende Edek, die in Unterwäsche Klopse kochende Küchenkönigin Zofia, die männerverrückte Freundin Sonia und Ruth selbst, die Nervensäge, die entsetzliche Grußkarten und Briefe entwirft. Zum Glück ist ihre Schöpferin um Klassen geistreicher und geschmeidiger: Sie kocht meist mit Schmackes, manchmal dazu auch mit Schmalz, immer aber mit Schmerz. Ein hysterischer Humor, der schmeckt.

Lily Brett: "Chuzpe". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Melanie Walz. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006. 335 S., geb., 19,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hysterischen Humor dieser Art findet Alexandra Kedves köstlich. Der Autorin Lily Brett lässt Kedves sogar die Verwurstung des Holocaust als Hollywood-Komödie durchgehen. Woody Allen lässt grüßen. Kedves kennt sich aus mit Bretts Geschichten. Das Personal und die launige Verquickung von Manhattan-Neurosen und Geschichte sind ihr so vertraut wie Bretts "sonnige Selbstironie" und ihr "flotter Kabarett-Klingklang". Und wenn Kedves die Fließbandwitze irgendwann selbst wie "totgelaufen" vorkommen - "Brett darf das".

© Perlentaucher Medien GmbH
»Es geschehen wahre Wunder in diesem Buch, das den Unabwägbarkeiten der jüdischen Seele auf den Grund gehen will ... ein gestochen scharfes Gesellschaftspanorama.«
Nürnberger Nachrichten