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Geistreich, gewitzt, skurril und finster: von Bestsellerautor Heinrich Steinfest
Am Anfang steht die perfekte Beziehung zwischen Vinzent Olander, dem Gast, und Job Grong, dem Wirt. Doch als Grong seinen Gast vor dem Ertrinken rettet, ist die Idylle dahin. Der See, um den sich nun alles dreht, trägt den Namen Mariaschwarz. Die Einheimischen im Ort meinen, in ihm würde sich nicht nur das Weltall spiegeln, sondern auch ein Ungeheuer beheimatet sein. Als man auch noch ein Skelett am Grund jenes See entdeckt, tritt der Wiener Kriminalinspektor Lukastik auf den Plan. Mit famoser Arroganz und…mehr

Produktbeschreibung
Geistreich, gewitzt, skurril und finster: von Bestsellerautor Heinrich Steinfest

Am Anfang steht die perfekte Beziehung zwischen Vinzent Olander, dem Gast, und Job Grong, dem Wirt. Doch als Grong seinen Gast vor dem Ertrinken rettet, ist die Idylle dahin. Der See, um den sich nun alles dreht, trägt den Namen Mariaschwarz. Die Einheimischen im Ort meinen, in ihm würde sich nicht nur das Weltall spiegeln, sondern auch ein Ungeheuer beheimatet sein. Als man auch noch ein Skelett am Grund jenes See entdeckt, tritt der Wiener Kriminalinspektor Lukastik auf den Plan. Mit famoser Arroganz und gewohnt unkonventionellen Ermittlungsmethoden stellt er Mariaschwarz gewissermaßen auf den Kopf. Doch an manchen Beziehungen gibt es nichts zu rütteln.
Autorenporträt
Heinrich Steinfest wurde 1961 geboren. Albury, Wien, Stuttgart ¿ das sind die Lebensstationen des erklärten Nesthockers und preisgekrönten Autors, welcher den einarmigen Detektiv Cheng erfand. Er wurde mehrfach mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet, erhielt 2009 den Stuttgarter Krimipreis und den Heimito-von-Doderer-Literaturpreis. Bereits zweimal wurde Heinrich Steinfest für den Deutschen Buchpreis nominiert: 2006 mit »Ein dickes Fell«; 2014 stand er mit »Der Allesforscher« auf der Shortlist. 2016 erhielt er den Bayerischen Buchpreis für »Das Leben und Sterben der Flugzeuge«, 2018 wurde »Die Büglerin« für den Österreichischen Buchpreis nominiert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.12.2008

Die Unschärfereflexion

Auf dem Jahrmarkt der Eigentümlichkeiten: In seinem neuen Krimi vernebelt Heinrich Steinfest lustvoll ein österreichisches Bergdorf und wehrt sich mit Händen, Füßen und Philosophie gegen rasche Aufklärung.

Um in wackeligen Situationen Haltung zu bewahren, dazu bedarf es charakterlicher Stärke. Oder Routine. Routine ähnlich jener Vinzent Olanders, der Hauptfigur in Heinrich Steinfests neuem Kriminalroman "Marischwarz". Seit mehreren Jahren harrt Olander in dem Bergdorf Hiltroff aus, irgendwo in Österreich, allein, ohne ein erkennbares Ziel an sein Dasein zu knüpfen. Dafür hat er feste Gewohnheiten, das Trinken etwa, täglich zwei Gläser Portwein, Fernet Branca Menta, Quittenschnaps und Whisky von der Insel Holyhead. Olander unternimmt außerdem Spaziergänge, geht zeitig zu Bett und lebt in stummer, harmonischer Symbiose mit dem Kneipenwirt Job Grong.

Bereits in der Vergangenheit hatte Heinrich Steinfest gezeigt, dass er auch mit weniger ausgeglichenen Charakteren umgehen kann: Für den letzten Fall seines halb österreichischen, halbchinesischen Privatdetektivs Markus Cheng, der als Amputierter, mit einem Arm in Stuttgart auf Verbrecherfang geht, war er auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Steinfests neuester Protagonist Olander ist zwar kein erfahrener Ermittler, aber ebenfalls ein Versehrter: Seit einem Autounfall hinkt er. Der Autounfall ist der Grund für sein "Unglück" und sein Dasein in Hiltroff.

Mit diesem Ort hat der Autor einen düsteren Schauplatz erdacht, der dank der Abwesenheit jeglichen Liebreizes an die öden Provinzen aus dem Frühwerk Thomas Bernhards erinnert: Er liegt in einer verkarsteten Gegend, zu jeder Jahreszeit ist es dort kalt, regnerisch oder neblig. Es gibt keine Sehenswürdigkeiten, außer endemischer Flechten. Der See wiederum, der Mariensee, ist nicht so rein und klar, wie der Name es vermuten lässt. "Mariaschwarz" heißt er im Volksmund, aufgrund seines dunklen, undurchsichtigen Wassers, in dem kein Leben zu existieren scheint. Ein Ort, um seinen Kummer zu vergessen, oder langsam daran zugrunde zu gehen.

Eines Tages bricht Olander sein Schweigen, erzählt von seiner kleinen Tochter Clara, der Trennung von ihrer italienischen Mutter und dem gemeinsamen Autounfall in Mailand, seit welchem das Kind verschwunden ist; von den im Sande verlaufenen Polizeiermittlungen und seiner privaten Suche nach ihr, die ihn nach Hiltroff führte. Während sein Protagonist, der Farben gerne mit bunten Likören vergleicht, sich durch eine seinem Lebensstil geschuldete, jedoch nicht unsympathische Schwerfälligkeit auszeichnet, lässt Steinfest an der eigenen Zurechnungsfähigkeit, an seinem mit Wortwitz getränkten Denk- und Fabuliervermögen keine Zweifel. Seite für Seite findet er skurrile Wendungen, aphorismenreife Weisheiten, medienkritische Aperçus.

Als Jugendliche behaupten, ein Ungeheuer im Mariensee entdeckt und auf einer unscharfen Fotografie festgehalten zu haben, ist Hiltroff begeistert: "Gerade die Unschärfe erschien den Leuten als Beweis für die Authentizität des Bildes." Nicht nur in dieser Situation, im gesamten Roman sind es die Bemühungen der Handelnden, sich mit Hilfe einer defekten Logik ein scharfes Bild zu machen, die variantenreich und unterhaltsam scheitern. "Sodass also", wie die Seeungeheuerdeutungsversuche kommentiert werden, "Aberglaube und Aufklärung sich dort kreuzten, wo alles Leben war: im Komischen."

Die Bekämpfung der Unschärfe bringt neue Rätsel: Vom Geheimnis im See angelockt, kommen Schaulustige, Journalisten und eine Wissenschaftlerin, die statt eines urzeitlichen Monsters ein menschliches Skelett findet. Der Wiener Kriminalinspektor Lukastik reist an. Vor allem Vinzent Olander zieht mit den Auskünften über seine Vergangenheit, die immer phantasievoller erscheinen, den Verdacht auf sich, damit in Verbindung zu stehen. Lukastik begibt sich selbst nach Mailand, trifft dort auf Spuren einer heiligen Betrügerin sowie eines Konzerns, der in Hiltroff geheimnisvolle Kunststoffäffchen herstellt, die nicht nur als Füllung für Liköreier dienen, sondern auch begehrte Sammlerobjekte zu sein scheinen.

Mit meisterhafter Sicherheit entwirft Steinfest einen Jahrmarkt der Eigentümlichkeiten, bevölkert mit tragikomischen Nischenexistenzen. In der Biologin Marlies Herstal etwa, die an einem auf die Augen beschränkten Albinismus leidet und ähnliche Gewohnheiten wie Olander pflegt, findet der Verdächtige eine verwandte Seele, um mit ihr die Gläser zärtlich klingen lassen kann. Inspektor Lukastik erweist sich als vollendeter Exzentriker, als empfindliches Produkt österreichischer Kulturgeschichte, das in Musilscher Manier die Schwester liebt, seine Heimat mit bernhardesker Wortgewalt hasst und die Berufswahl auf eine frühe Passion für Ludwig Wittgenstein zurückführt.

Während diese scharf überzeichneten Figuren ihre Auftritte haben, mäandert der Erzählstrang munter umher. Die Energie, die Steinfest auf Details verwendet, wie etwa Reflexionen über die "Demenz der Maschinen" oder die Suhrkampkultur, spart er ein, wenn es darum geht, Licht ins Dunkel der kriminellen Verwicklungen zu bringen. Die klassische Frage "Wer hat's getan?" wird verdrängt von Überlegungen, was denn überhaupt passiert sei. Und was nicht. Ein Wechselbad der Deutungs- und Aufklärungsansätze und der Enttäuschungen, das auch die Vorgesetzten Inspektor Lukastiks nicht ganz durchblicken: "Als man ihm die verwirrende Geometrie des Falls vorwarf (gerade so, als sei er ein Schriftsteller, der den Plot zu verantworten habe)", erklärt Lukastik: "Das hängt mit der Unschärferelation zusammen."

Der Verantwortliche für den Plot zeigt indes wenig Gnade für seine wankenden Gestalten; und den Lesern, die auf eine ordentliche, scharfsinnige Aufklärung aller Uneindeutigkeiten spekuliert hatten, schneidet er eine schelmische Affenfratze. Die postmoderne Verunsicherung, mit der Steinfests Charaktere geschlagen sind, trübt deren Blicke und Erinnerungen ein, lässt mögliche Motive in alle Winde zerstreuen. Was bleibt, ist eine ernüchternde Zeichenwüste, eine Polemik gegen die Gattung des Kriminalromans. Das ist allein deswegen lesenswert, weil Steinfest es versteht, daraus eine menschliche Komödie zu stricken, ein genial groteskes Romanpanoptikum aus Quertreibern, alten Meistern und Ignoranten, das mit tiefgründigem Humor über den allgemeinen Bedeutungsverlust hinwegtröstet.

FRANZISKA SENG

Heinrich Steinfest: "Mariaschwarz". Kriminalroman. Piper Verlag, München 2008. 315 S., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eingenommen zeigt sich Franziska Seng von Heinrich Steinfests neuem Krimi "Mariaschwarz". Um einen klassischen Krimi handelt es sich bei dem Buch indes nicht. Die Rezensentin sieht darin eher eine "Polemik" gegen diese Gattung, und das nicht nur, weil an die Stelle der Frage nach dem Täter, die Frage tritt, was denn überhaupt passiert sei in dem öden österreichischen Bergdorf, dem Schauplatz des Geschehens, der Seng an die Provinzen im Frühwerk von Thomas Bernhard erinnert. Sie hebt in diesem Kontext auch die Anwendung der Prinzipien von Uneindeutigkeit und Vernebelung hervor, mit denen der Autor dem Bedürfnis des Lesers nach Aufklärung entgegensteuert. Steinfests Sprache, die sich durch Wortwitz und Fabulierkunst auszeichnet, und die auftretenden Figuren haben Seng besonders gefallen. Und so würdigt sie das Buch als "Jahrmarkt der Eigentümlichkeiten", als "genial groteskes Romanpanoptikum aus Quertreibern, alten Meistern und Ignoranten, das mit tiefgründigem Humor über den allgemeinen Bedeutungsverlust hinwegtröstet".

© Perlentaucher Medien GmbH