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Es gibt kein Schicksal! Aber man kann ihm nicht entrinnen.
Hannes Jensen, ehemaliger Inspecteur der Polizei von Brügge, hat einen fatalen Fehler gemacht: Während eines Seminars in Island schläft er mit einer Frau, die er kaum kennt. Als er nach Brügge zurückkehrt, zu Annick, die er liebt, trägt er am Hals noch die Spuren jener Nacht: Die Frau hat ihn gebissen, und dieser Liebesbiss entzündet sich. Jensen versucht, ihn mit einem Kaschmirschal zu verdecken. Annick den Fehltritt zu gestehen, hält er für schädlich: Es würde nur ihre Beziehung gefährden, die ohnehin auf wackligen Füßen steht.…mehr

Produktbeschreibung
Es gibt kein Schicksal! Aber man kann ihm nicht entrinnen.

Hannes Jensen, ehemaliger Inspecteur der Polizei von Brügge, hat einen fatalen Fehler gemacht: Während eines Seminars in Island schläft er mit einer Frau, die er kaum kennt. Als er nach Brügge zurückkehrt, zu Annick, die er liebt, trägt er am Hals noch die Spuren jener Nacht: Die Frau hat ihn gebissen, und dieser Liebesbiss entzündet sich. Jensen versucht, ihn mit einem Kaschmirschal zu verdecken. Annick den Fehltritt zu gestehen, hält er für schädlich: Es würde nur ihre Beziehung gefährden, die ohnehin auf wackligen Füßen steht. Außerdem hat Annick im Augenblick andere Probleme, in die sie Jensen nach seiner Rückkehr einweiht: Ihrer besten Freundin geht es nicht gut. Ein afrikanischer Wahrsager hat ihr prophezeit, dass ihre einzige Tochter von einem Mann getötet werden wird, der ein Mal am Hals trägt.

Jensen, ein leidenschaftlicher Hobby-Physiker, glaubt nicht ans Schicksal. Seiner Meinung nach ist das Leben eine Abfolge von Zufällen, nichts ist vorbestimmt. Aber die Ereignisse der nächsten Tage lassen ihn an seinem Weltbild zweifeln. Es scheint, als bekomme der Wahrsager mit seiner Prophezeiung recht. Je mehr sich Jensen gegen die schicksalhaften Verstrickungen wehrt, in die er gerät, desto weniger kann er ihnen entfliehen.

Ein Roman über Schicksal und Zufall, über Liebe und Betrug - vom Krimipreisträger 2009.
Autorenporträt
Reichlin, LinusLinus Reichlin, geboren 1957, lebt als freier Schriftsteller in Berlin. Für sein Debüt Die Sehnsucht der Atome erhielt er 2009 den Deutschen Krimipreis. Der Roman Der Assistent der Sterne wurde zum "Wissenschaftsbuch des Jahres 2010 (Sparte Unterhaltung)" gewählt. Es folgten die Romane Das Leuchten in der Ferne (2012), In einem anderen Leben (2014), Keiths Probleme im Jenseits (2019) und zuletzt Señor Herreras blühende Intuition (2021).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.12.2009

Der Fetisch würfelt nicht
Kriminalphysik: Linus Reichlins Schicksalsfragen

Von Richard Kämmerlings

Die Hellseher unter den Fußballfans haben ein schweres Los. Wer immer schon vorher weiß, wie ein Spiel ausgeht, hat wenig Spaß an Liveübertragungen. Pierre Lulambo aus Ghana, der in Antwerpen als féticheur, als Wahrsager, das wenige Geld verdient, das er seiner afrikanischen Familie zuschickt, schaut Videoaufzeichnungen von Länderspielen, die ihm sein Bruder aus der Heimat sendet. Er könnte das Ergebnis also auch ohne Magie leicht vorher erfahren. Live oder Konserve - das macht für Lulambo keinen Unterschied. Sein Fetisch, so klärt er Hannes Jensen, den Ermittler, auf, sage immer die Wahrheit, und selbst wenn dieser lüge, würden eben die Lügen Wirklichkeit werden. Spannung ist für Hellseher ein Fremdwort.

So wird Lulambo zur Schlüsselfigur in einem Verbrechen, das noch gar nicht geschehen ist. Denn er hat einer Kundin prophezeit, ihre erwachsene Tochter würde ermordet werden; der Mörder trage ein auffälliges Mal am Hals. Jensen, ein deutscher Kriminalist in Brügge, der mit Anfang fünfzig aus dem belgischen Polizeidienst ausgeschieden ist, hat sich der zutiefst verängstigten Mutter angenommen, um sie zu beruhigen. Als personifizierte Stimme der Vernunft glaubt der Hobbywissenschaftler Jensen, der sich in seinem Ruhestand eigentlich quantenphysikalischen Experimenten widmen wollte, nicht an Weissagungen und die Unausweichlichkeit des Schicksals. Leider stellt sich heraus, dass Jensen selbst nach einem erotischen Abenteuer eine Bisswunde am Hals hat und die Mutter und Lulambo ihn für den - künftigen - Mörder der Tochter halten. Nach deren mysteriösem Verschwinden im winterlichen Brügge tun das bald auch Jensens frühere Kollegen bei der Polizei. Denn Jensens One-Night-Stand war eben diese Frau gewesen.

Für einen herkömmlichen Kriminalroman wäre das etwas viel Zufall oder eben Schicksal, je nach Betrachtungsweise. Linus Reichlin aber will seine Geschichte gerade bis zu jenem Punkt zuspitzen, an dem der Rationalist im Leser kurz davor ist, die Reißleine zu ziehen. Jensen versucht alles, um das Eintreten eines Geschehens zu verhindern, an dessen Vorherbestimmung er schon aus physikalischen Gründen nicht glaubt. Dennoch nimmt das Geschehen wie im antiken Mythos von Ödipus auch gegen den Widerstand der Handelnden seinen Lauf.

In seinem ersten, mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichneten Jensen-Krimi "Die Sehnsucht der Atome" hatte Reichlin die Herrschaft der Vernunft in der Konfrontation mit dem Wunderbaren auf die Probe gestellt. Jensen und seine Gefährtin folgten der Spur eines verschwundenen Zwillingspaars in ein entlegenes mexikanisches Dorf, wo eine Frau von den Einheimischen als Wunderheilerin verehrt wird. Reichlin ließ dieses spannende Roadmovie eskalieren, indem Jensen in einer heiklen Lage unvermittelt selbst zur Wahl zwischen Magie und Medizin gezwungen wird - ohne dass die Spannung zwischen Glauben und Wissen aufgehoben würde. Auch in Jensens zweitem Fall bleibt offen, ob Lulambo nur ein Scharlatan oder ein Verrückter ist - obwohl der Amateurphysiker Jensen Telepathie mit der Theorie der Quantenverschränkung erklären will.

Reichlin, Jahrgang 1957, gehört mit seinen kriminalistischen Versuchsanordnungen zu jener starken Fraktion intelligenter deutschsprachiger Krimiautoren, die die Zweckform des Genres mit philosophischen oder theologischen Fragestellungen überschreiten (F.A.Z. vom 27. November). Parallelen kann man vor allem zu Friedrich Anis Romanen um den mönchischen Kommissar Polonius Fischer finden. Wie dieser leidet auch Jensen unter einem Kindheitstrauma. Einst wünschte er sich, seine Mutter, eine Alkoholikerin, sei tot, sie starb tatsächlich kurz darauf. Der Rationalismus dient Jensen auch zur Abwehr eigener Schuld. Für den Kriminalpolizisten kann ein Schadenszauber keine sinnvolle Hypothese sein.

Während Polonius Fischers Fälle auf die rechtsphilosophische Pointe hinauslaufen, dass der strafrechtliche Verantwortliche im moralischen Sinne unschuldig sein kann, übersetzt Hannes Jensen das Verhältnis von freiem Willen und Determination in physikalische Gleichnisse. Deren Aussagekraft für die Gesetze menschlichen Handelns ist allerdings begrenzt, auch wenn es dem Menschen ebensowenig wie Elementarteilchen möglich scheint, aus der vorgezeichneten Bahn auszubrechen. Welche Kräfte im Universum auch wirken mögen, der Roman zeigt, dass eine der stärksten der Egoismus ist. Nicht nur bei den Tätern - Schuld lädt auch Jensen auf sich, weil er seiner schwangeren Freundin nichts von seinem folgenreichen Seitensprung erzählt. Man muss kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass Liebe Wahrheit voraussetzt.

Linus Reichlin: "Der Assistent der Sterne". Roman. Verlag Galiani Berlin, Berlin 2009. 384 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Offenbar gefesselt hat Richard Kämmerling den zweiten Kriminalroman von Linus Reichlin gelesen, der sich, wie schon sein Erstling "Die Sehnsucht der Atome", mit philosophisch-wissenschaftlichen Fragestellungen herumschlägt. Der mittlerweile vom belgischen Kriminaldienst pensionierte Hobbyphysikers Hannes Jansen sieht sich mit einem von einem afrikanischen Wahrsager vorhergesagten Mord konfrontiert, zu dessen Hauptverdächtigen er unversehens gerät, erklärt der Rezensent. Für einen gewöhnlichen Krimi fährt der Autor ziemlich viele Zufälle auf, in seiner Versuchsanordnung, die Magie versus Wissenschaft und den freien Willen gegen das Vorherbestimmte stellt, folgt ihm der Leser durchaus gespannt, versichert Kämmerlings. Damit stellt sich Reichlin zu der Gruppe von Krimiautoren, die die "Zweckformen" des Krimigenres mit "philosophischen oder theologischen Fragestellungen" weit hinter sich lässt, rühmt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH
Physik und Magie bündeln sich zu einer großen Erzählung über das Leben: Reichlin ist unter den Literaten des Krimis im Moment der beste. Bücher Magazin
Ursula März hat gebannt diesen Roman gelesen, der, wie sie schreibt, einen kriminalistischen Plot mit der "kleinen physikalischen Philosophie der Schicksalslehre" verknüpft. Der 1957 geborene Autor lote in seiner Geschichte über eine schwangere Blinde mit Biss am Hals und einen belgischen Physikprofessor den Bereich zwischen Wahrscheinlichkeit und Unwahrscheinlichkeit aus. Viel erfahren wir nicht über das Buch, spüren aber zwischen den Zeilen jede Menge Leselust knistern. Und intellektuelles Vergnügen.

© Perlentaucher Medien GmbH