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Der einstige Staatschef der DDR legt seine Memoiren vor. Egon Krenz berichtet über seinen Weg, der nicht untypisch für die DDR und dennoch ein besonderer war und ihn nach Schlosserlehre, Lehrerstudium und Arbeit als Jugendfunktionär zum »Nachwuchskader« der Partei machte. Und, wie alsbald in den Westmedien gemunkelt wurde, zu »Honeckers Kronprinzen«. Als er dessen Nachfolger an der Spitze des Staates wurde, war der Untergang des Landes nicht mehr aufzuhalten. Durch sein gesamtes Leben zieht sich gleichsam leitmotivisch die Vorstellung von einer besseren Gesellschaft, »dass ein gutes…mehr

Produktbeschreibung
Der einstige Staatschef der DDR legt seine Memoiren vor. Egon Krenz berichtet über seinen Weg, der nicht untypisch für die DDR und dennoch ein besonderer war und ihn nach Schlosserlehre, Lehrerstudium und Arbeit als Jugendfunktionär zum »Nachwuchskader« der Partei machte. Und, wie alsbald in den Westmedien gemunkelt wurde, zu »Honeckers Kronprinzen«. Als er dessen Nachfolger an der Spitze des Staates wurde, war der Untergang des Landes nicht mehr aufzuhalten. Durch sein gesamtes Leben zieht sich gleichsam leitmotivisch die Vorstellung von einer besseren Gesellschaft, »dass ein gutes Deutschland blühe«, wie es in Brechts »Kinderhymne« heißt, die in jener Zeit entstand, in die auch der Beginn des politischen Lebens von Krenz fällt. Die Memoiren sind auf drei Bände angelegt, setzen je einen zeitlichen Rahmen, sind jedoch nicht chronologisch und linear erzählt. Durch Vor- und Rückgriffe ordnet Krenz seine biografischen Stationen in die Zeitgeschichte ein und wertet aus der Fülle und Differenziertheit der Erkenntnisse seiner langen politischen Laufbahn und natürlich auch jener Erkenntnisse, die er nach dem Untergang seines Staates machen musste. Dadurch bekommt dieser erste - wie auch jeder weitere - Teil der Autobiografie des DDR-Staatsmannes absolute Eigenständigkeit. Der in Kolberg geborene Krenz berichtet über seine Kindheit, die durch die Kriegsflucht mit seiner Mutter nach Ribnitz-Damgarten 1945 ein ungewolltes jähes Ende fand. Zu diesem Lebensabschnitt gehört der Umstand, dass der siebenjährige Krenz in einer der Massenszene des Ufa-Films »Kolberg« mitspielte. Es sollte der letzte Spielfilm sein, der im untergehenden Reich Premiere hatte. In seiner neuen Heimat, bei den Wahlen 1946, machte Krenz für die CDU Wahlkampf, indem er SED-Plakate überklebte. Aus dieser ersten Begegnung mit Politik entwickelten sich Kontakte, die für ihn prägend wurden und zu seinem entschiedenen Ja zum Sozialismus führten. Wer waren die Leute, die in der DDR Politik machten? Welche Politik? War der Wechsel von Ulbricht zu Honecker eine Umbruchszeit? Krenz erzählt pointiert, verwebt Damaliges mit Heutigem, liefert Fakten, reflektiert seine Erfahrungen tief, kritisch und streitbar. Dadurch entsteht ein dichter, lebhafter, höchst informativer Text, der die Memoiren zu einem herausragenden Leseerlebnis macht und darüber hinaus auch eine Quelle für all jene ist, die sachlich an Geschichte, Politik und einem Nachdenken über die Gesellschaft interessiert sind.
Autorenporträt
Egon Krenz, geboren 1937 in Kolberg (Pommern), kam 1944 nach Ribnitz-Damgarten, wo er 1953 die Schule abschloss. Von einer Schlosserlehre wechselte er an das Institut für Lehrbildung in Putbus und schloss mit dem Unterstufenlehrerdiplom ab. Seit 1953 FDJ-Mitglied, wurde er 1961 Sekretär des Zentralrates der FDJ, verantwortlich für die Arbeit des Jugendverbandes an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen. Nach dem Besuch der Parteihochschule in Moskau war er von 1964 bis 1967 Vorsitzender der Pionierorganisation und von 1974 bis 1983 der FDJ, ab 1971 Abgeordneter der Volkskammer, ab 1983 Politbüromitglied. Im Herbst 1989 wurde er in der Nachfolge Erich Honeckers Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender. Im sogenannten »Politbüroprozess« wurde Krenz 1997 zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilt und 2003 aus der Haft entlassen, der Rest der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Krenz ist Autor zahlreicher Bücher, zuletzt »Wir und die Russen« (2019) und »Komm mir nicht mit Rechtsstaat« (mit Friedrich Wolff, 2021).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Stefan Locke hatte wohl nicht viel erwartet von den Erinnerungen von Egon Krenz. Was der Autor im ersten Teil seiner Autobiografie an mangelnder Selbstreflexion, an Identifikationseifer mit der DDR und bisweilen "tragikomischer" Abarbeitung am Klassenfeind an den Tag legt, überrascht Locke dann allerdings doch. Soll ich weinen oder lachen, fragt sich der Rezensent, wenn Krenz gegen die Weltgeschichte anschreibt. Immerhin: Einblicke in die Nomenklatur der DDR und in das Verhältnis Ulbricht-Honecker liefert der Autor. Historische Wahrheitsfindung sieht aber natürlich anders aus, findet Locke.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.07.2022

Das deutsche Paradies,
Teil eins
Egon Krenz und seine DDR-Apologie-Biografie
Dieses Buch ist eine Zumutung. Ergötzen können sich daran nur unerschütterliche DDR-Nostalgiker, die dem vermeintlichen Arbeiter- und Bauernparadies nachtrauern. Davon gibt es aber wohl in Ostdeutschland noch so viele, dass ein Machwerk wie dieses die Bestsellerliste stürmen kann.
Historischen Erkenntnisgewinn bietet der erste Band der Erinnerungen (bis 1973) des letzten DDR-Staatsratsvorsitzenden und SED-Generalsekretärs Egon Krenz jedenfalls nicht. Vielmehr handelt es sich um eine Aneinanderreihung übelster Geschichtsklitterungen, von denen Krenz viele auch schon in seinen früheren Büchern zwecks Rechtfertigung der SED-Diktatur ausgebreitet hat.
Diesmal ist die Propaganda als Biografie verbrämt. Sie reicht von der vorzeitigen Aufnahme des noch nicht einmal zehnjährigen Krenz 1946 in eine Gruppe der „Freien Deutschen Jugend“, deren Kinder-Organisation („Junge Pioniere“) in der Ost-Republik er zwischen 1971 und 1974 leitete, bis zur Berufung zum Chef des Staatsjugendverbands 1974. Diese Funktion behielt der Berufsjugendliche bis 1983, also bis zu seinem 47. Lebensjahr, ehe er in der Parteihierarchie weiter aufstieg bis zum Kronprinzen und kurzzeitigen Nachfolger des 1989 gestürzten Erich Honecker. So war Krenz sein ganzes Berufsleben lang Parteifunktionär; eine Schlosserlehre, die einem Journalismus-Studium vorgeschaltet sein sollte, brach er zu Gunsten einer Fachschulausbildung zum Unterstufenlehrer ab, doch unterrichtet hat er keinen einzigen Tag.
Das Buch ist gespickt mit sattsam bekannten DDR-Sprachstanzen – vom „Schwindelkurs“ der D-Mark gegenüber der Ostwährung bis zur „Umsiedlung“ der Sudetendeutschen, womit deren Vertreibung amtlich beschönigt wurde. Absurd ist die These, die Mauer sei nicht 1961 von der DDR, sondern schon 1948 vom Westen errichtet worden – durch die Währungsreform in den drei Westzonen. Den mit Sowjetpanzern niedergewalzten Volksaufstand 1953 vergleicht Krenz allen Ernstes mit dem von den Gewerkschaften ausgerufenen Generalstreik gegen Ludwigs Erhards Wirtschaftspolitik am 12. November 1948 in der amerikanischen und britischen Zone.
Die DDR erscheint bei Krenz als lupenreine Demokratie. „Im April 1968 hatten 94,49 Prozent der Bürger in einem Volksentscheid für eine neue Verfassung gestimmt“, rühmt Krenz. Nun weiß jeder, dass Wahlen und Abstimmungen in der DDR eine Farce waren und man nur zum „Zettelfalten“ ging, um sich Ärger zu ersparen. Komisch ist jedoch, dass ausgerechnet der Wahlfälscher Krenz sich auf Volkes Zustimmung zur Verfassung beruft – als Vorsitzender der zentralen „Wahlkommission“ half er, das Ergebnis der Kommunalwahlen im Mai 1989 auf 98,85 Prozent für die Einheitsliste zu manipulieren.
Angesichts der vorab feststehenden Ergebnisse mussten im SED-Staat auch keine kontroversen Wahlkämpfe ausgetragen werden. Erheiternd wirkt da das Bekenntnis von Krenz, er sei „froh“ gewesen, dass es „Schlammschlachten“ wie beim westdeutschen Wahlkampf 1961, als CDU-Kanzler Konrad Adenauer dem SPD-Herausforderer Willy Brandt dessen uneheliche Geburt vorhielt, „in der DDR nicht gab“.
Die militärische Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968 war laut Krenz eine „konzertierte Aktion der verbündeten Warschauer-Pakt-Staaten“. Das klingt wie Wladimir Putins „Spezialoperation“, wie der Kremlherrscher den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bezeichnet.
Vollends abenteuerlich ist Krenz’ Verschwörungstheorie zum Besuch Willy Brandts 1970 in Erfurt, als Hunderte Menschen „Willy, Willy“ riefen und damit nicht den gastgebenden DDR-Ministerpräsidenten Willi Stoph meinten. „Man musste schon sehr naiv sein, um anzunehmen, dass die Beifallsbekundungen für den westdeutschen Gast spontan und die Rufer zufällig dort gewesen waren“, schwadroniert Krenz. Seine Erklärung: Weil die Sowjetführung den deutsch-deutschen Alleingang ihres Statthalters Walter Ulbricht nicht billigte, hätten die „Freunde aus Karlshorst“, dem Sitz des Geheimdienstes KGB, die Provokation inszeniert.
Auch die Reise des SPD-Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner 1973 in die DDR deutet Krenz auf eigenwillige Weise um und spricht ihr das humanitäre Motiv ab. Hunderte DDR-Bürger, deren Ausreiseanträge bereits genehmigt waren und die schon auf gepackten Koffern saßen, waren als Geiseln genommen worden, um politische Ziele gegenüber der Bundesregierung durchzusetzen. Deshalb entschloss sich Wehner, mit Erich Honecker diese „Kofferfälle“ zu lösen – dazu ermuntert von dem DDR-Unterhändler Wolfgang Vogel.
Die DDR „duldete keinen Antisemitismus“, behauptet Krenz. Er verschweigt, dass die DDR sich bis kurz vor ihrem Ende beharrlich geweigert hat, irgendwelche Zahlungen an Israel oder internationale jüdische Organisationen zu leisten. Über die Zuchthausstrafe für Paul Merker, der als einziges Politbüromitglied Entschädigungszahlungen für jüdische Naziopfer verlangt hatte, verliert Krenz kein Wort. Ebenso tut Krenz so, als habe es in der DDR ein harmonisches Verhältnis zwischen Staat und Kirchen gegeben. Dass bekennende Christen systematisch benachteiligt und schikaniert wurden, blendet er aus. So zieht sich ein roter Faden von Geschichtsfälschungen durch das Buch. Krenz und sein auf DDR-Schönfärberei spezialisierter Verlag haben angedroht, dass zwei weitere Erinnerungsbände folgen. Das kann ja noch heiter werden.
NORBERT F. PÖTZL
Norbert F. Pötzl hat unter anderem Biografien über Erich Honecker und Wolfgang Vogel verfasst.
Die nötigen Mittel für diese Sicht
auf den SED-Staat: Schönfärberei
und Geschichtsklitterung
Egon Krenz:
Aufbruch und Aufstieg
Erinnerungen. Eulenspiegel Verlag / Edition Ost, Berlin 2022. 352 Seiten, 24 Euro.
E-Book: 19,99 Euro.
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