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Ada Dorian erzählt poetisch von zwei Frauen, deren Einsamkeit sie verbindet.
Ein Toter und zwei Lebende auf einem Bild. Vater, Mutter, Kind. Dieses Foto hätte es so gar nicht geben dürfen - und doch hing es wie selbstverständlich jahrzehntelang in dem Haus, in das Svea mit ihrem Neugeborenen einzieht. Während sie mit ihrem eigenen Leben hadert, ist Svea fasziniert von Helene, der Frau auf dem Bild. Ein poetischer Roman über zwei Frauen, die sich verblüffend ähnlich sind, obwohl sie hundert Jahre trennen, über die Konstruktion von Erinnerungen und darüber, wie viel Ungesagtes eine Familie verträgt. …mehr

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Produktbeschreibung
Ada Dorian erzählt poetisch von zwei Frauen, deren Einsamkeit sie verbindet.

Ein Toter und zwei Lebende auf einem Bild. Vater, Mutter, Kind. Dieses Foto hätte es so gar nicht geben dürfen - und doch hing es wie selbstverständlich jahrzehntelang in dem Haus, in das Svea mit ihrem Neugeborenen einzieht. Während sie mit ihrem eigenen Leben hadert, ist Svea fasziniert von Helene, der Frau auf dem Bild.
Ein poetischer Roman über zwei Frauen, die sich verblüffend ähnlich sind, obwohl sie hundert Jahre trennen, über die Konstruktion von Erinnerungen und darüber, wie viel Ungesagtes eine Familie verträgt.
Autorenporträt
Dorian, Ada
Ada Dorian, geboren 1981, studierte Literaturwissenschaften und Philosophie. Sie forschte in Osnabrück über Erich Maria Remarque, wo sie nach langem Aufenthalt in Hamburg lebt. Sie gewann den Literaturförderpreis der Stadt Hamburg 2009, ist Trägerin des Literaturstipendiums des Landes Niedersachsen 2016 und war nominiert für den Ingeborg-Bachmann-Preis 2016.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.04.2018

Und täglich grüßt's vom Dachboden
Ada Dorian verknüpft in ihrem Roman "Schlick" zwei Frauenschicksale, die ein Jahrhundert trennt

Dass sich über das Verhältnis heutiger und früherer Frauengenerationen erkenntnisstiftend erzählen lässt, hat unlängst die junge österreichische Schriftstellerin Laura Freudenthaler mit ihrem schmalen Roman "Die Königin schweigt" unter Beweis gestellt. Schuld am Scheitern von Ada Dorians "Schlick" ist also nicht allein das Sujet, gleichwohl dominiert der Eindruck eines fortwährenden knöcheltiefen Versinkens in Abgestandenem die Lektüre dieses zweiten Romans der 1981 geborenen Autorin.

Svea und Helene heißen dessen Protagonistinnen, zwischen ihnen liegt gut ein Jahrhundert, indes will Dorians literarische Konstruktion, dass Svea nicht nur in ebenjenem Haus wohnt, in dem einst Helene lebte, sondern dass zudem die Biographien der beiden Frauen diverse Parallelen aufweisen. Svea hat bislang ein affärengesättigtes Studentendasein geführt, eine ungeplante Schwangerschaft hat sie nun mit ihrem Kommilitonen Christian nachgerade über Nacht in eine Kleinfamilie verwandelt, in deren Alltag der Vater zunächst fehlt. Christian hat sich für eine neue Anstellung mehrere Wochen auf Dienstreise begeben, Svea muss allein mit dem neugeborenen Linus im maroden Haus von Christians verstorbenen Eltern zurechtkommen.

Strukturell ähnlich, aber historisch bedingt mit existentielleren Nöten konfrontiert, steht es um Helene, deren Geschichte sich kapitelweise mit der gegenwärtigen Sveas abwechselt. Helene ist mit ihrer Tochter Sophie ebenfalls auf sich gestellt, nachdem ihr Mann im Ersten Weltkrieg gefallen ist. Während Svea sich nur mit verstopften Abflüssen herumschlagen muss und sich mit dem attraktiven Nachbarn Mark ablenkt, schuftet Helene in einer Papierfabrik, um das blanke Überleben zu sichern, derweil hat sie eine kurze fatale Liaison mit einer versteckt lebenden Russin und knüpft eine Brieffreundschaft mit einem fremdem Soldaten, Franz sein Name. Mark der eine, Franz der andere, die Verwandtschaft zieht sich bis in den Klang der Namen.

Aber was nur will die Autorin uns damit sagen? Dass frau immer noch mit ähnlichen familiären Konstellationen und Rollenmustern zu kämpfen haben wie vor hundert Jahren, während allein die Verhältnisse etwas erträglicher sind? Dass Familien stets zurechtgebogene und -gelogene Arrangements sind? Dass sich immerhin das Verhältnis zu den eigenen Kindern verschoben hat? Während Helene die Liebe zu Sophie nur auf Familienfotos simulieren kann, wird Linus für die bislang flatterhafte Svea zum identitätsstiftenden Lebensinhalt?

Dass beide Zeitstränge dadurch verknüpft werden, dass Svea zunächst im Keller, hernach auch noch auf dem offenbar unvermeidlichen Dachboden alte Fotografien und Briefe entdeckt, die ihr zum Anstoß werden, sich mit den früher in dem Haus lebenden Generationen und deren Geheimnissen zu beschäftigen, ist ein dermaßen totgelaufenes, mittlerweile hart am Rande der Parodie vorbeischrammendes Motiv, dass es beinahe schon zu bewundern ist, sich diesem derart ungebrochen zu bedienen.

Und all das wäre ja auch so tragisch nicht, wäre da nicht Dorians beflissenes Bemühen, gedanklich tiefschürfend und poetisch zu erzählen, was jede zaghaft aufkommende atmosphärische Dichte zügig erstickt. Wenn Svea etwa über die Beziehung sinniert, dann klingt das wie folgt: "Für sie war Liebe stets mit einer gewissen Ekstase verbunden gewesen, mit dem Wissen um die Vergänglichkeit, mit flüchtigen Eindrücken, die am Tag danach aufflackerten wie die Bilder eines Filmtrailers. Christian hingegen hatte Bestand. Wenn sie neben ihm im Bett lag, lag sie neben ihrem besten Freund." In einem Frauenmagazin könnte man es kaum schöner lesen.

Und als Helene das erste Mal den Soldaten Franz trifft, mit dem sie immer innigere Briefe gewechselt hat, heißt es: "Helene presste das Bündel an ihr Herz und rannte los. Sie ließ alle Türen offen stehen und lief stadtauswärts in Richtung Wald. In der Ferne erkannte sie eine hinkende Gestalt. Sie hob ihre Röcke und rannte, so schnell es ging. Das Päckchen Briefe in ihrer Schürze hüpfte bei jedem Schritt." Da braucht es schon viel guten Willen, um Weichzeichner und dramatisch anschwellenden Geigenklang auszublenden.

WIEBKE POROMBKA

Ada Dorian: "Schlick". Roman.

Ullstein fünf, Berlin 2017. 272 S., geb., 18,- [Euro].

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