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Von dem Drang nach Erkenntnis und dem Hunger nach LiebeEine begehrenswerte Frau, ein Star der Wissenschaft, eine makellose Karriere. Und dann der Absturz: Die Neurowissenschaftlerin Grace Eder gerät in eine Sinnkrise. Aufgestachelt von einer ominösen neuen Freundin, verfolgt sie gierig nur noch eines: Liebesglück. Eine rasante Irrfahrt beginnt.Grace Eder ist eine Frau, die alles erreicht zu haben scheint. Sie ist eine international renommierte Neurowissenschaftlerin, attraktiv und umschwärmt. Doch sie, die Expertin für die Biochemie der Gefühle, hat Schwierigkeiten, sich hinzugeben und tief zu…mehr

Produktbeschreibung
Von dem Drang nach Erkenntnis und dem Hunger nach LiebeEine begehrenswerte Frau, ein Star der Wissenschaft, eine makellose Karriere. Und dann der Absturz: Die Neurowissenschaftlerin Grace Eder gerät in eine Sinnkrise. Aufgestachelt von einer ominösen neuen Freundin, verfolgt sie gierig nur noch eines: Liebesglück. Eine rasante Irrfahrt beginnt.Grace Eder ist eine Frau, die alles erreicht zu haben scheint. Sie ist eine international renommierte Neurowissenschaftlerin, attraktiv und umschwärmt. Doch sie, die Expertin für die Biochemie der Gefühle, hat Schwierigkeiten, sich hinzugeben und tief zu empfinden. Am Tag vor dem Heiligen Abend stellt sie, alleine im Labor auf das Ergebnis eines Versuchs wartend, den Sinn ihrer bisherigen Existenz infrage. Da tritt eine Frau in ihr Leben und verspricht, ihr das größte irdische Glück zu verschaffen. Eine rasante Suche nach Liebe und Erfüllung nimmt ihren Lauf. Lea Singer erzählt die Geschichte eines weiblichen Doktor Faust. 'Wie sinnlich, wie appetitlich, wie erotisch die deutsche Sprache sein kann! Lea Singer gelingen sprachliche Glanzstücke auf höchstem Niveau.'Die Welt
Autorenporträt
Lea Singer wurde in Kunstgeschichte, Musik- und Literaturwissenschaft promoviert. Sie ist Sachbuchautorin und Publizistin und lebt in München. Bisher hat sie neben dem Prosastück Die österreichische Hure (2005) vier hochgelobte Romane veröffentlicht: Die Zunge (2000), Wahnsinns Liebe (2003) über die tödliche Affäre Mathildes, der Frau Arnold Schönbergs, mit dem Maler Richard Gerstl, Das Nackte Leben (2005) über das Schicksal und die Ehen der Constanze Mozart und zuletzt Vier Farben der Treue (2006), welcher 1935 in Salzburg spielt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.05.2008

Da steh ich nun, ich armes Gör

Zum Teufel mit der Wissenschaft: Lea Singer hat den Faust-Mythos einer Geschlechtsumwandlung unterzogen. Die letzten Fragen aber bleiben dieselben.

Christliche Feste haben gelegentlich auch dunkle Seiten: Ausgerechnet am Tag vor Heiligabend sitzt die international gefeierte Neurologin Grace Eder allein in ihrem Münchner Labor, sinnt über die Vergeblichkeit ihrer Experimente nach und rührt in einer Porzellanschale die tödlichen Substanzen zusammen, die dieser Qual ein Ende bereiten sollen.

Man kennt dergleichen Kummer aus der Osternacht. Ein paar Jahrhunderte früher füllte Doktor Faust in gleicher Absicht tödlichen Saft in eine Phiole, um so zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Allein der Klang der Kirchenglocken bewahrte ihn vor diesem Schritt, und der einfallsreiche Mephisto verleitete den Gelehrten dann zu jenem verhängnisvollen Pakt, mit dem er sich das ersehnte Wissen um den Preis seiner Seele zu erkaufen suchte. Goethes Drama aber war nur das prominenteste Stück in der langen Geschichte der Teufelsbünde: Bis ins 16. Jahrhundert reichen die Wurzeln des produktiven Faust-Mythos zurück.

Inzwischen sind es freilich nicht mehr die spätmittelalterlichen Studierstuben, in denen nach der Weltformel geforscht wird, sondern üppig ausgestattete Labore. Und dass experimentelle Wissenschaft allein Männersache sein soll, gehört selbst längst ins Reich der Legende. Allerdings war die Literatur dem offiziellen Wissenschaftsbetrieb immer schon ein Stück voraus. Weibliche Faustgestalten nämlich, getrieben von Wissensdurst und Lebenslust, bevölkern die deutsche Literatur seit bald zweihundert Jahren. Viele dieser Faustinen und Faustas jedoch sind heute vergessen.

Unter dem Pseudonym Lea Singer hat nun eine vielseitige Autorin, die sich bereits in ihren vorangehenden Romanen häufig historischer Themen in wechselnder Stillage angenommen hat, noch einmal eine weibliche Faust-Gestalt auf die Suche nach den Grundlagen unseres Wissens geschickt und die alte Geschichte vom Teufelspakt neu erzählt.

Ihre Heldin ist die attraktive Neurowissenschaftlerin Grace Eder, die bei ihrer Suche nach den Grundlagen des menschlichen Bewusstseins seine biochemischen Prozesse zu entschlüsseln sucht. Dabei wird sie zur Kennerin der Amygdala, der sogenannten Mandelkerne tief im menschlichen Gehirn, die dem Gedächtnis seinen Inhalt bereitstellen. Außerdem ist Weihnachten, Zeit also, an Theodor Storms Poesie zu denken, in der Apfel, Nuss und Mandelkern heimelige Gemütlichkeit versprechen. Die aber ist der ehrgeizigen Forscherin fremd, die just am 23. Dezember die Verlockung verspürt, ihrem Leben ein Ende zu setzen.

Wie Goethes Faust widersteht die Neurologin in letzter Sekunde der Versuchung zum Suizid, und wie bei Goethe tritt nun eine noch größere Verführung in ihr Leben. Bei einer Faustina kann das nur eine Teufelin sein: Statt eines bocksbeinigen Mephisto macht nun die schwerreiche Lucie Brinkmann Grace Eder verlockende Versprechungen. Von Lucie zu Luzifer ist es nur ein Schritt, und tatsächlich benutzt die undurchsichtige Lucie Brinkmann wahrhaft satanische Mittel, um die vorbildliche Forscherin vom Pfad der reinen Wissenschaft abzubringen.

Sinnliche Ablenkungen - Schlemmerpartys in Paris, Ferien am Palmenstrand - vermögen Grace zwar ebensowenig dauerhaft zu fesseln wie einst Faust der Ausflug in "Auerbachs Keller". Doch Lucie hält weitere Verlockungen bereit. Die Aussicht auf ein eigenes Forschungsinstitut etwa, mit üppigen Finanzmitteln ausgestattet. Lea Singer kennt sich gut aus in der deutschen Wissenschafts- und Universitätsbürokratie, wo endlose Drittmittelanträge, zahllose Gutachten und das Wettrennen um die nächste Exzellenzprämie konzentrierter Forschung im Weg stehen. Das Angebot eines eigenen Instituts kann da schon zur Versuchung werden - doch welcher Preis ist dafür zu zahlen?

Die größte Verlockung liegt für die erfolgsverwöhnte Grace allerdings nicht in der Wissenschaft, sondern - natürlich - in der Liebe: Bald begehrt sie den naiven Kräuterforscher Friedrich Faltermeier ebenso stark wie Goethes Faust die unschuldige Margarethe. Nun nimmt das Verhängnis einer geschickt inszenierten Verführung seinen Lauf - mit großzügigen Geschenken, Momenten inniger Vertrautheit, verhängnisvollem Verwandtenmord und tragischem Tod des Geliebten. Ganz offensichtlich also hat sich Lea Singer Goethes Drama zur Hand genommen und die Figuren bei konsequenter Geschlechtsumwandlung in die Gegenwart versetzt: Gretchen als liebenswerter, weltfremder Junggeselle, Frau Marthe als kupplerischer Nachbar und statt der wilden Walpurgisnacht auf dem Blocksberg eine ausschweifende Sexorgie im modernen Sündenbabel Amsterdam. Das klingt nun zunächst arg schablonenhaft, doch das literarische Spiel geht dann doch besser auf, als es die Versuchsanordnung auf den ersten Blick vermuten lässt.

Blasse Wiedergänger sind Lea Singers Figuren vor allem deshalb nicht, weil sie mit genügend Eigenleben ausgestattet sind. In Grace Eder rumoren die Konflikte unserer Zeit von der Wissenschaftsethik bis zur Familienpolitik. Die Reaktion der Forscherin auf ihre ungewollte Schwangerschaft etwa liest sich wie ein Kommentar zur Diskussion um die Kinderlosigkeit von Akademikerinnen. Persönlichkeit und Karrieretrieb der Neurologin spiegeln eine bundesrepublikanische Mentalität wider, wenngleich mitunter Klischees dominieren: Grace, benannt nach der strahlend schönen Grace Kelly, dem Idol ihrer Mutter, ist als uneheliches Kind im tiefsten Bayern zur Welt gekommen. Zeit ihres Lebens versucht sie, den vermeintlichen Makel ihrer Herkunft durch exzellente Leistungen wettzumachen.

Nur konsequent ist es, dass Lea Singer die Gretchenfrage neu stellt. Nicht mehr um kirchenkonformen Glauben geht es dabei, sondern um die viel allgemeinere Frage, ob es überhaupt einen ethischen Bezugspunkt jenseits von Petrischalen und Mikroskopen geben kann, ob den Experimenten am Menschen also moralische Grenzen gesetzt sind. Grace Eders Antwort ist zunächst nüchterner Pragmatismus. Es gehört zu den erzählerischen Tugenden des Romans, dass diese Haltung nicht schnell widerlegt, sondern das Ringen der Neurologin um eine verantwortungsvolle Haltung geduldig nachgezeichnet wird, bis zur vorläufigen Absage an die Grundsätze ihrer Wissenschaft.

Im unverdeckten Spiel mit der alten Faust-Tradition ist ein unterhaltsamer Wissenschaftsroman entstanden, der einmal mehr den Beweis zu erbringen versucht, dass Frauen Männern in nichts nachstehen - nicht in ihrem Forscherdrang, nicht in der Bereitschaft, für ihre Leidenschaft einen hohen Preis zu zahlen, aber auch nicht in der Fähigkeit, diese Thematik selbst in lesenswerte Literatur zu verwandeln.

SABINE DOERING

Lea Singer: "Mandelkern". Roman. Hoffmann und CampeVerlag, Hamburg 2007. 320 S., geb.,19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eine Faustin der Gegenwart, die Goethes Stoff neu durchlebt? Ganz wohl ist Sabine Doering nicht dabei. Was die Autorin Lea Singer hier vorlegt, entpuppt sich für die Rezensentin jedoch bald als kurzweiliger Wissenschaftsroman und geschicktes Spiel mit dem Faust-Stoff. Das Gelingen führt Doering auf die Lebendigkeit der Figuren und ihrer Konflikte sowie auf die erzählerische Geduld der Autorin zurück. Wenn sich die Heldin, eine Neurowissenschaftlerin, mit Wissenschaftsethik, Familienpolitik und luziferischen Verführungen herumschlägt und der Text die Gretchenfrage neu stellt, und wenn die Autorin für zeitgemäßes, verantwortungsbewusstes Handeln keine Adhoc-Strategie anbietet, fühlt sich Doering keineswegs in eine staubige Studierstube versetzt.

© Perlentaucher Medien GmbH