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2 Kundenbewertungen

Theo Schadt, 72, Firmenchef und auch als «Nebenherschreiber» erfolgreich, wird verraten. Verraten ausgerechnet von dem Menschen, der ihn nie hätte verraten dürfen: Carlos Kroll, seinem engsten und einzigen Freund seit 19 Jahren, einem Dichter. Beruflich ruiniert, sitzt Theo Schadt jetzt an der Kasse des Tangoladens seiner Ehefrau in der Schellingstraße in München. Und weil er glaubt, er könne nicht mehr leben, wenn das, was ihm passiert ist, menschenmöglich ist, hat er sich in einem Online-Suizid-Forum angemeldet. Da schreibt man hin, was einem geschehen ist, und kriegt von Menschen Antwort,…mehr

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Produktbeschreibung
Theo Schadt, 72, Firmenchef und auch als «Nebenherschreiber» erfolgreich, wird verraten. Verraten ausgerechnet von dem Menschen, der ihn nie hätte verraten dürfen: Carlos Kroll, seinem engsten und einzigen Freund seit 19 Jahren, einem Dichter. Beruflich ruiniert, sitzt Theo Schadt jetzt an der Kasse des Tangoladens seiner Ehefrau in der Schellingstraße in München. Und weil er glaubt, er könne nicht mehr leben, wenn das, was ihm passiert ist, menschenmöglich ist, hat er sich in einem Online-Suizid-Forum angemeldet. Da schreibt man hin, was einem geschehen ist, und kriegt von Menschen Antwort, die Ähnliches erfahren haben. Das gemeinsame Thema: der Freitod. Eines Tages, er wieder an der Kasse, löst eine Kundin bei ihm eine Lichtexplosion aus. Seine Ehefrau glaubt, es sei ein Schlaganfall, aber es waren die Augen dieser Kundin, ihr Blick. Sobald er seine Augen schließt, starrt er in eine Lichtflut, darin sie. Ihre Adresse ist in der Kartei, also schreibt er ihr - jede E-Mail der Hauch einer Weiterlebensillusion. Und nach achtunddreißig Ehejahren zieht er zu Hause aus. Sitte, Anstand, Moral, das gilt ihm nun nichts mehr. Doch dann muss er erfahren, dass sie mit dem, der ihn verraten hat, in einer offenen Beziehung lebt. Ist sein Leben «eine verlorene, nicht zu gewinnende Partie»? Martin Walsers neuer Roman über das Altsein, die Liebe und den Verrat ist beeindruckend gegenwärtig, funkelnd von sprachlicher Schönheit und überwältigend durch seine beispiellose emotionale Kraft.

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Autorenporträt
Martin Walser, 1927 in Wasserburg am Bodensee geboren, war einer der bedeutendsten Schriftsteller der deutschen Nachkriegsliteratur. Für sein literarisches Werk erhielt er zahlreiche Preise, darunter 1981 den Georg-Büchner-Preis, 1998 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2015 den Internationalen Friedrich-Nietzsche-Preis. Außerdem wurde er mit dem Orden «Pour le Mérite» ausgezeichnet und zum «Officier de l'Ordre des Arts et des Lettres» ernannt. Martin Walser starb am 26. Juli 2023 in Überlingen.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Alt ist sie geworden, die Stimme von Martin Walser. Alt, rau, brüchig. Er pflegt seinen Hang zu nicht immer verständlichen Betonungen. Die schwerfällige oberschwäbische Färbung tut sein Übriges. Nein, es ist nicht immer ein Vergnügen, sich die sieben Stunden lange Lesung seines neuesten Romans anzuhören. Zudem ist er nicht einmal ein wundervolles Spätwerk des großen Meisters. Sprachlich ist "Ein sterbender Mann", wie alle Walser-Romane, ein Feuerwerk brillanter Aphorismen, verspielter Ironien, wundervoller Worte, die man noch nie gehört hat. Inhaltlich geht es um Verrat durch den besten Freund, um die Trennung von der eigenen Frau, ums Altern, um die Liebe und das Geliebt-werden im Alter. Oder zumindest, wie man sich das so vorstellt als gealterter Mann. Theo Schadt lebt in einer eingefahrenen Ehe mit Iris, verliebt sich eines Tages in Iris' Tangoladen in die Tänzerin Sina Baldauf, die wiederum mit Carlos Kroll liiert ist, dem ärgsten Widersacher und Verräter von Theo. So weit die Irrungen und Wirrungen in Kurzform. Walser spielt mit Klischees, mit Männerfantasien der eigenen Art. Nein, das ist nicht der faszinierende Walser vieler verehrungswürdiger Romane.

© BÜCHERmagazin, Michael Knoll (kn)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.10.2015

Gedanken-Tango
Martin Walser im Holzhausenschlösschen

Partizipien haben keinen guten Ruf. Früher galt der Einsatz des Partizip Präsens einfach als schlechter Stil. Heute weiß kaum noch jemand, wie es auf Deutsch heißt. Nicht einmal Martin Walser, der die Partizipien in den Titeln seiner Bücher liebt, weil es sich um eine Dauerform handelt. "Etwas ist unterwegs", erläuterte der Altmeister unter den deutschen Schriftstellern jetzt den Titel seines noch unveröffentlichten Manuskripts "Ein sterbender Mann". Hieß es bei ihm nicht gerade noch "Ein liebender Mann"? Die Zuhörer im Frankfurter Holzhausenschlösschen waren jedenfalls sprachlos ob des Grammatikwissens einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin der Frankfurter Bürgerstiftung, die auf Walsers Frage nach der deutschen Übersetzung des Partizips prompt in den Saal rief: "Mittelwort der Gegenwart". Hausherr Clemens Greve strahlte.

Es war Walsers zehnter Auftritt im Holzhausenschlösschen. Zwar betrat der offenbar sehr gebrechliche Autor den Saal gestützt auf den Arm seines Begleiters und Moderators Jörg Magenau, aber dann konnte er plötzlich eine ganze Stunde lang am Lesepult stehen. Die Besucher erlebten, wie der eigene Text seinen 88 Jahre alten Verfasser aufblühen ließ, welche Vitalität Walser aus seiner Rezitation sog. Erst danach, im Gespräch mit dem Duzfreund, verließen ihn wieder die Kräfte, was ihn aber nicht daran hinderte, immer wieder aufzubrausen, wenn er sich missverstanden fühlte. Das galt vor allem für das Thema Verrat, das im Mittelpunkt des neuen Romans steht. "Du bist offenbar niemals verraten worden", wunderte sich der Schriftsteller über seinen Gesprächspartner, der nicht verstehen konnte, warum Walsers Protagonist den Lebensmut verliert, nachdem ihn sein bester Freund verraten hat.

Überhaupt hatte Magenau das Buch noch nicht ganz verstanden, obwohl er es zweimal gelesen hatte. Mancher Zuhörer war ihm dankbar, dass er das offen zugab, denn es war wirklich schwer, der Lesung zu folgen, ohne den Text zu kennen. In mehreren Strängen erzählt Walser von einem schreibenden Finanzier, der die Lyrikbände seines Freundes finanziert und sich in eine Tangotänzerin verliebt, obwohl er verheiratet ist. Also wieder einmal eine unmögliche Liebe. Theo flüchtet sich in ein Suizidal-Forum, aber, wie die meisten dort aktiven Suizidalen, überlebt er alle: seine Frau und seine Flamme - ein Sterbender mitten im Leben. Das rechtfertigt die hierzulande verfemte Dauerform. "Wir sind alle sterblich, aber wir leben ununterbrochen weiter", kommentierte der Schriftsteller sein Buch.

"Schreibt Theo, um sich vor der Realität zu retten?", fragte Magenau. "Woher soll ich das wissen?", konterte Walser, lenkte aber gleich wieder ein: "Obwohl ich nie so experimentierfreudig war, hatte ich auch mal den Wunsch, mit den Realitäten und Personen zu jonglieren." Sich selbst ins Spiel zu bringen, das habe ihm Spaß gemacht. "Ich wollte den Ernst wegnehmen von dem dröhnenden Titel." Aber: "Jeder schreibt um sein Leben. Man muss das Schicksal kommentieren, sonst ist es unerträglich." Zuletzt berief er sich auch noch auf Nietzsche: "Die Dissonanz ist die höchst entsprechende Seins-Tonart. Und der Tango drückt die Dissonanz aus."

Claudia Schülke

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Witz und Pathos und einen "einen kecken Plot" attestiert Roman Bucheli Martin Walsers neuem Roman "Ein sterbender Mann". Dass er dennoch kein reines Lesevergnügen ist, erklärt der Rezensent mit der ermüdenden Rückblendenstruktur, schwerfälligen Perspektivwechseln, angestrengten Zufällen und dem Hang des erzählenden Personals zu Ignoranz und Übertreibungen. Die Form des Briefromans lässt das zwar zu, so Bucheli, doch die Figuren erscheinen ihm dadurch bisweilen wie "Sprechpuppen an der Hand des Autors". Insgesamt ist der Roman für Bucheli "eine harte Nuss zum Knacken", und um künftigen Lesern die Arbeit zu ersparen, das Buch nach dem Schluss-Clou gleich noch einmal lesen zu müssen, ist der Rezensent so freundlich, die überraschende Wendung zu verraten.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.01.2016

Tango mortale
In seinem neuen Roman „Ein sterbender Mann“ lässt Martin Walser noch einmal die Puppen tanzen – mit allem,
was dazugehört: Stiletto-Fantasien und Verzweiflungsartistik, Altersnarrheit und selbstironischer Virilität
VON HELMUT BÖTTIGER
Einer der letzten rasend hervorgebrachten Romane von Martin Walser hieß „Ein liebender Mann“; das war 2008. Der aktuelle Roman nun heißt „Ein sterbender Mann“. Darunter macht Walser es nicht. Liebend und sterbend, diese beiden die gesamte Emotionsskala halsbrecherisch rauf und runter schnellenden Adjektive, sind dabei aber gar nicht das Wesentliche. Sie kreisen bloß um das unverrückbare Zentrum, nämlich den „Mann“. Der 1927 geborene Walser widmet sich seit einiger Zeit noch intensiver als sonst dem Phänomen der Virilität. Dass es sich letztlich um seine eigene handelt, macht er sich und seinen Lesern fragend, nachfragend, bohrend und schürfend ständig bewusst, und zwar in einem unerhört ekstatischen Akt des Schreibens.
  Selbstredend steht in diesen Texten die komplexe Mann-Frau-Thematik immer im Vordergrund. Gleichzeitig aber holt Walser sämtliche verfügbaren philosophischen, theologischen, gesellschaftspolitischen Implikationen mit in die Sätze hinein. Im Schreiben konzentriert sich die ganze Lebens- und Welterschöpfungs-Gier – in weiten rhetorischen Schwüngen, in sinnlich anmutenden Nebensatz-Verwicklungen und Wortfindungs-Steigerungen. Mit „Ein sterbender Mann“ scheint jetzt die letzte Stufe der das eigene Leben ausstellenden Schreibwut erreicht zu sein – natürlich denkt man bei diesem Titel sofort an den 88-jährigen Walser und seine geradezu Facebook-artig offensiven Selbstinszenierungen.
  Walser, der manisch Belesene, weiß um die unvermeidlichen Fallen der Autobiografie. Deshalb sollte man den 72-jährigen Theo Schadt, der als Hauptfigur in seinem neuen Roman fungiert, nicht automatisch mit dem Autor gleichsetzen. Obwohl man schon bei dem skizzenhaft umrissenen Beruf hellhörig werden könnte: Schadt ist ein Unternehmer, der mit Erfindungen und Patenten handelt, einem Schriftsteller nicht ganz unähnlich. Und gleich zu Beginn schreibt dieser Schadt auch einen Brief an einen „Schriftsteller“, von dem man nicht weiß, in welcher Beziehung er zu ihm steht. Man ahnt, dass es eine Spiegelung von ihm ist, eine alte literarische Finte, genauso wie diejenige, dass der Erzähler je nach Lust und Laune zwischen der Ich- und der Er-Perspektive wechselt und zur Abwechslung aphoristische Sentenzen einstreut. Walser jongliert mit zwei, mit drei und plötzlich auch mit zunächst fünf Bällen, und es scheint ihn überhaupt nicht zu kümmern, dass da auch schnell mal einer herunterfallen kann.
  Im Zentrum der Handlung steht ein Verrat. Theo Schadt hatte ursprünglich 44 Mitarbeiter in seiner Firma. Als sein engster Freund und Angestellter Theo Kroll dem großen Konkurrenten Oliver Schumm ein lukratives Geschäftsgeheimnis hinterbringt, muss er alle entlassen und in der Boutique seiner Frau in der Münchner Schellingstraße verschämt an der Ladenkasse sitzen. Das bildet den Dreh- und Angelpunkt des Romans. Ein anderer Energiequell ist natürlich sexuell konnotiert, jedoch ins Übersinnliche gesteigert: Schadt stellt an der Kasse einem weiblichen Wesen eine Rechnung aus, und da überwältigt ihn ein Lichtstrahl, eine „grellste Helle“. Sie heißt Sina und löst die Konvulsionen dieses Romans mindestens genauso stark aus wie der Verrat des einstmals besten Freundes. Dass diese beiden Kraftzentren im Verlauf der Handlung mehr miteinander zu tun haben, als es anfangs erscheint, ja, dass sie direkt aufeinander bezogen sind – das ist bewährtes, altes Romanhandwerk.
  Schadts Frau Iris betreibt nicht irgendeinen x-beliebigen Laden, sondern es geht um exquisite Tango-Accessoires. Diverse Gürtel, Boleros, Netzstrümpfe und vor allem spezielle Tangotanzschuhe werden bildersatt beschworen, und dass der Wechsel von 8 cm hohen Stilettoabsätzen zu 9,5 cm hohen unweigerlich „Laute des reinen Entzückens“ im Tangoladen hervorruft, ist einer der Gefühlskerne des Romans. Walser lässt nichts aus. Er zelebriert krudeste Männerfantasien und spielt mit ihnen, er scheint überhaupt keine Scheu zu haben vor Kolportage, vor Klischees und der Nachmittag-Talkshows im Unterschichts-Fernsehen. Er mixt diese Bestandteile aber so unverfroren und zauberkunststückhaft und verbindet sie bruchlos mit letzten existenziellen Fragestellungen, dass man immer wieder frappiert ist.
  Und wenn der Dampfkochtopf erst einmal richtig zischt, wenn die Betriebstemperatur am höchsten ist, dann kommen die Tod- und Selbstmord-Gedanken. Theo Schadt meldet sich, nachdem der „Verrat“ ihm das Selbstwertgefühl geraubt hat, im Internet in einem Suizid-Forum an. Sofort bändelt er mit einer sich „Aster“ nennenden Kandidatin an, deren Todeswunsch sie als „irreversibel“ angibt. Wie dieses Wörtchen anschließend durchdekliniert wird, wie vor dem Hintergrund von Gruft, Sinnlosigkeit und Kohlenmonoxid nun wilde Kapriolen zwischen Tragik und Komik geschlagen werden, das ist eine neue schaumkronenschlagende Variante des Walserschen Übertreibungs-und Überbordungs-Stils. Er nimmt die Rolle des Altersnarren an und gibt sie hemmungslos. Und in der spezifischen Verzweiflungsartistik, in die er seiner Figur Theo Schadt hineintreibt, bleibt von der Verzweiflung nur noch eine rhetorische Figur übrig, ein Ausdruck von Vergeblichkeit.
  Dass sich jene „Aster“ und die „grellste Helle“-Frau im Ladengeschäft irgendwann vermengen, ist zwangsläufig wieder bewährtes, altes Romanhandwerk. Und dass manche Passagen direkt vom Stammtisch abgehört erscheinen, ebenfalls: Es gibt kraftprotzende Monologe, deren Pointen um Wörter wie „Arsch“ kreisen. Der Autor Walser lässt selbst komplizierteste Realismustheorien souverän hinter sich, das Unwahrscheinlichste, das Fantastischste wie das Krudeste ist ihm gerade recht, und in der Summe von alldem verbirgt sich das Unerreichbare, die Literatur.
  Auch Schlüsselromaneffekte haben Walser schon immer gereizt. Mit Inbrunst beschreibt er Münchens besondere Parvenü- und Adabei-Szene und legt ein grobmaschiges Netz von Anspielungen aus. Schwerreiche Kapitalisten, um die Frauen und Puppen tanzen, lassen den üblichen Illustrierten-Standard weit hinter sich, Theo Schadt und Martin Walser gehen da konsequent einen Schritt weiter. In dem Gedichte schreibenden Theo Kroll, dem Verräter, könnte man zudem einen in München unübersehbaren Vertreter des literarischen Milieus wiedererkennen: Das hier waltende „Poetische“ karikiert Walser auf das Schmerzhafteste.
  Die gefährlichste Lunte, die Walser in diesem Roman legt, verbirgt sich aber gleich am Anfang. Der Autor dankt „Thekla Chabbi“ und deren „schöpferischer Mitwirkung“. Diese Widmung ist automatisch ein Teil des Romans, in dem Leben und Schreiben programmatisch ineinander aufgelöst werden. Dass Thekla Chabbi wirklich existiert und im Internet als Hobby „Tangotanzen“ angibt, ist ein eher harmloses Indiz. In den geheimen Kern von Walsers Ästhetik dringt man aber vielleicht vor, wenn man weiterliest, dass Thekla Chabbi einmal mit dem Schlagersänger Guildo Horn verheiratet war – Guildo Horn, der Deutschland so glamourös beim Eurovision Song Contest 1995 vertrat!
  Es ergeben sich ungeahnte Kombinationen und Interpretationsmöglichkeiten. Einer der zentralen, mehrfach vorkommenden Helden in Walsers Werk heißt Franz Horn. Er verkörpert einen Lieblingstopos des Autors: den ewig zu kurz gekommenen Kleinbürger, der sich in seinem zwangsläufigen Scheitern lustvoll räkelt. Guildo Horn wiederum wurde als „singende Nussecke“ berühmt. Ist es womöglich eine der Obsessionen Martin Walsers, die deutsche Literaturgeschichte als schreibende Nussecke zu zieren? Auf jeden Fall wäre das aber nur ein Teil des Menüs, das süße Dessert. Beim Hauptgericht handelt es sich zweifellos um einen veritablen Sonntagsbraten, der in seinem eigenen Saft schmurgelt und schmort.
Sie heißt Sina
und ist die „grellste Helle“
an der Ladenkasse
Der entflammte Autor lässt
sämtliche Realismustheorien
souverän hinter sich
Liebe und Tod – drunter tut es der Autor Marin Walser nun einmal nicht. Und doch kreisen sie beide nur wie Trabanten um das unverrückbare Zentrum seines Schreibens, den Mann in all seinen Höhen und Tiefen.
Foto: Karin Rocholl / Rowohlt Verlag
  
            
  
  
  
        
Martin Walser: Ein sterbender Mann. Roman. Rowohlt Verlag, Reinbek 2016.
288 Seiten, 19,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Die Wörter sind nun frei für neue Geschichten, neue Romane. Zum Beispiel für diesen herrlich leichten, selbstironischen, tragisch-schönen Roman des Theo-Erfinders Martin Walser. Volker Weidermann Der Spiegel