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Wir sind nicht klüger als die Menschen, die erlebt haben, wie überall in Europa die Demokratie unterging und Faschismus, Nationalsozialismus und Kommunismus kamen. Aber einen Vorteil haben wir. Wir können aus ihren Erfahrungen lernen.
"Leiste keinen vorauseilenden Gehorsam." So lautet die erste von 20 Lektionen für den Widerstand, mit denen Timothy Snyder die Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika vorbereitet auf das, was gestern noch unvorstellbar zu sein schien: einen Präsidenten, der das Gesicht der Demokratie verstümmelt und eine rechtsradikale Tyrannei errichtet.
Doch nicht nur
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Produktbeschreibung
Wir sind nicht klüger als die Menschen, die erlebt haben, wie überall in Europa die Demokratie unterging und Faschismus, Nationalsozialismus und Kommunismus kamen. Aber einen Vorteil haben wir. Wir können aus ihren Erfahrungen lernen.

"Leiste keinen vorauseilenden Gehorsam." So lautet die erste von 20 Lektionen für den Widerstand, mit denen Timothy Snyder die Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika vorbereitet auf das, was gestern noch unvorstellbar zu sein schien: einen Präsidenten, der das Gesicht der Demokratie verstümmelt und eine rechtsradikale Tyrannei errichtet.

Doch nicht nur in den USA sind Populismus und autoritäres Führertum auf dem Vormarsch. Auch in Europa rückt die Gefahr von rechts immer näher - als ob es das 20. Jahrhundert und seine blutigen Lehren niemals gegeben hätte. Snyders historische Lektionen, die international Aufsehen erregt haben, sind ein Leitfaden für alle, die jetzt handeln wollen - und nicht erst, wenn es zu spät ist. Lektion 8: "Setze ein Zeichen." Dieses Buch tut es. Tun Sie es auch.
Autorenporträt
pTimothy Snyder ist Professor für Osteuropäische Geschichte an der Yale University. Seine Bücher "a href=httpwww.chbeck.de8531560Bloodlandsa" und "a href=httpwww.chbeck.de15157647Black Eartha" wurden in viele Sprachen übersetzt. Snyder wurde für seine Arbeiten u.a. mit dem Hannah-Arendt-Preis und dem Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung ausgezeichnet. Timothy Snyder ist Permanent Fellow am Institut für die Wissenschaften vom Menschen.br Er ist einer der schärfsten amerikanischen Kritiker der Tea-Party-Bewegung und der neuen US-Regierung unter Donald Trump.p
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.11.2021

Geschenke
für
den Kopf
Die Tage werden kürzer,
und es droht eine noch stillere Zeit
als sonst um Weihnachten.
Höchste Zeit für Bücher, Filme, Musik.
Empfehlungen aus dem
Feuilleton der „Süddeutschen Zeitung“
COLLAGEN: STEFAN DIMITROV
Moritz Baumstieger
EIN GROSSER SPASS
Ist er’s? Ist er’s nicht? 25 Jahre nachdem ein namenloser Autor in „Faserland“ einen Roadtrip nach Zürich unternahm, begibt sich in „Eurotrash“ ein „Faserland“-Autor namens Christian Kracht mit seiner Mutter auf eine Reise durch die Schweiz – und gleichzeitig durch die eigene Familiengeschichte.
Christian Kracht: Eurotrash. Kiepenheuer & Witsch. 224 Seiten, 22 Euro.
EIN LIEBESBEWEIS
Wenn sich ein 1,84 Meter großer Schreiber und ein 1,92 Meter großer Fotograf in einen Cinquecento quetschen und damit 7000 Kilometer abfahren, müssen sie von irrationalen Gefühlen geleitet sein. Im Falle der amici Marco Maurer und Daniel Etter war es die Liebe zu Italien, gutem Essen und Geschichten. Ihr Buch verführt zu einer Reise im Kopf – ein Konzept, das angesichts der Inzidenzen wieder in Mode kommt. Marco Maurer: Meine italienische Reise. Prestel Verlag. 240 Seiten, 26 Euro.
EINE WIEDERENTDECKUNG
Vor Copy & Paste war Ausschneiden & Kleben – und nichts machte das Basteln von Einladungen, Collagen und Kinderquatsch lustiger als das anarchische „Schnippelbuch“: Tausende kleiner Bilder in einem Wälzer, den man mit der Schere traktieren durfte. Man darf es immer noch: Ein zweiter Band wurde 2015 neu aufgelegt, inklusive einem Text von Christian Ude zum Urheberrecht. Schnippelbuch 2: Schwarz-weißes Bilderarchiv. 503 Seiten, 40 Euro. www.schnippelbuch.de.
Hilmar Klute
EIN LIEBESBEWEIS
Wo rührt unsere Italiensehnsucht her? Richtig: Goethe hat sie entfacht! Aber was für Tricks und Heimlichkeiten waren nötig, bis der für beinahe alles zuständige Geheime Rat sich vom Weimarer Fürstenhof stehlen und die Tour seines Lebens machen konnte. Fein ironisch und mit großer Kennerschaft erzählt Golo Maurer diese klassische Aussteigergeschichte als Blaupause für spätere Romfahrten. Ohne Goethes Flucht ins Zitronenland wären weder Rudolf Borchardt noch Ernst Robert Curtius Gelegenheitsrömer geworden, noch wäre Ingeborg Bachmann dort „zum Schauen erwacht“ und aus Rolf Dieter Brinkmanns Klassikerzorn („Man müsste es wie Göthe machen, der Idiot: alles und jedes gut finden“) wäre nichts geworden.
Golo Maurer: Heimreisen. Goethe, Italien und die Suche der Deutschen nach sich selbst. Rowohlt. 539 Seiten, 28 Euro.
EINE HERAUSFORDERUNG
Pong ist wieder da. Er hat ein bisschen geschlafen, schlecht geträumt, und jetzt will eine Frau, die Pong bald „meine Johanna“ nennt, die Wohnung über ihm mieten. Sibylle Lewitscharoff, die große, höllenkomische Stilistin, hat ihren weltkritischen, in Fremdheit und Scheu verpuppten Helden zeitgerecht mit der „Corona-Mütze“ ausgestattet und in eine kleine, abgründige Liaison mit der grässlichen Wirklichkeit getrieben. Ein poetisches Kleinod – zauberhaft, komisch, anrührend.
Sibylle Lewitscharoff: Pong am Abgrund. Insel-Bücherei. 137 Seiten, 14 Euro.
Johanna Adorján
EINE HILFE
Helene Hegemann hat ein Buch geschrieben, das Patti Smith benutzt, um in Wahrheit von etwas ganz anderem zu erzählen. Es handelt von einer 13-Jährigen (ihr selbst), deren Mutter sich gerade totgesoffen hat und deren Vater sie zu Theaterproben mitnimmt, bei denen sie erkennt, welche Kühnheit, Kraft und Freiheit Kunst einem zu schenken vermag und welche Magie sich entfaltet, wenn man Ja zum Leben sagt.
Helene Hegemann: Patti Smith, Christoph Schlingensief, Anarchie und Tradition. KiWi Musikbibliothek. 112 Seiten, 10 Euro.
EIN GROSSER SPASS
Nur weil jemand Johann Wolfgang von Goethe war, heißt das nicht, dass er nicht auch schlechte Gedichte geschrieben hat. Die schlechtesten (subjektive Auswahl des Herausgebers, aber sie sind wirklich sehr schlecht) sind nun in einem Band versammelt, okay, einem Bändchen, mit sehr schönen Illustrationen von Hauck & Bauer versehen.
Goethes schlechteste Gedichte. Mit Cartoons von Hauck & Bauer. Jung und Jung. 64 Seiten, 12 Euro.
Alex Rühle
EINE WIEDERENTDECKUNG
Bov Bjergs Debütroman „Deadline“, der wegen eines Druckereibrandes verschollen war, in einer Neuauflage. Der Tod und die Eltern, die Sprache und die Unmöglichkeit, die richtigen Worte zu finden, alles im Kopf einer Übersetzerin, die aus Boston ins Schwäbische zurückkommt. Sperrig, dicht wie Lyrik und abgrundtief grotesk. Bov Bjerg: Deadline. Kanon. 176 Seiten, 22 Euro.
EIN GROSSER SPASS
Wenn man dieses Buch durchhat, will man sofort zum Bahnhof, egal wohin, Hauptsache los: Jaroslav Rudiš’ „Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen“ ist eine enthusiastische Liebeserklärung an die Eisenbahn, das Unterwegssein und die europäische Geschichte. Rudiš erzählt mit großer Fabulierlust von seiner tschechischen Eisenbahnerfamilie, den besten Speisewagen und den schönsten Nachtzügen – ein Vergnügen erster Klasse. Jaroslav Rudiš: Gebrauchsanweisung fürs Zugreisen. Piper. 256 Seiten, 15 Euro.
EINE HERAUSFORDERUNG
Timothy Snyder veröffentlichte 2017 nach dem Trump-Schock „Über Tyrannei, 20 Lektionen für den Widerstand“, eine Verhaltenslehre für politisch schwere Zeiten und die Frage nach dem richtigen Leben und demokratischem Engagement. Nora Krug hat diese Thesen nun mit großartigen Illustrationen, Fotocollagen und Comicpassagen angereichert. Timothy Snyder: Über Tyrannei. Illustriert von Nora Krug. C.H. Beck. 128 Seiten, 20 Euro.
David Steinitz
EIN LIEBESBEWEIS
Der Trost, den große Romane spenden, weil man mit dem Menschsein nicht mehr ganz so allein ist, findet sich in Jonathan Franzens „Crossroads“ in Hülle und Fülle. Ein Epos über eine Pastorenfamilie im Chicago der Siebzigerjahre. Über Geschwisterbande, Elternliebe, Einsamkeit, Obsessionen und Liebeskummer. So schnell und so gierig hat man lange keinen 800-Seiter mehr verschlungen.
Jonathan Franzen: Crossroads. Rowohlt. 832 Seiten, 28 Euro.
EINE WIEDERENTDECKUNG
Der Niederländer Chas Gerretsen war eigentlich Kriegsfotograf, er dokumentierte Vietnam und den Militärputsch in Chile. Als er genug von Gewalt und Gefahr hatte, ging er nach Hollywood, träumte von einem entspannten Leben als Setfotograf – und landete ausgerechnet bei Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“. Seine Bilder von den vermutlich wahnsinnigsten Dreharbeiten der Filmgeschichte lagen jahrzehntelang im Archiv. Jetzt hat der 78-Jährige sie in einem opulenten Bildband herausgegeben.
Chas Gerretsen: Apocalypse Now. The Lost Photo Archive. Prestel. 256 Seiten, 45 Euro.
Carolin Gasteiger
EINE WIEDERENTDECKUNG
In ihrem Erstlingswerk von 1931 schildert Gabriele Tergit, wie der Volkssänger Georg Käsebier im Berlin der Dreißigerjahre von heute auf morgen zum Star hochgeschrieben wird. Ein liebevoll-bissiger Blick auf die Zeitungsbranche, nicht nur für diejenigen, die zu ihr gehören. Pointiert geschrieben – und, wenn auch bereits vor neunzig Jahren erschienen, nach wie vor aktuell.
Gabriele Tergit: Käsebier erobert den Kurfürstendamm. Btb Verlag. 400 Seiten, 11 Euro.
EIN LIEBESBEWEIS
Hart, rotzig, tiefgründig – das zweite Album der Rapperin Shirin David erwischt einen mit voller Wucht. Was die 26-Jährige auf „Bitches brauchen Rap“ abliefert, ist ein einziger treffsicherer, feministischer Kommentar. Da frage noch mal jemand, wer im Deutsch-Rap jetzt eigentlich was zu sagen hat.
Shirin David: Bitches brauchen Rap. Universal.
EINE HERAUSFORDERUNG
Achatz von Müller legt zu Dantes 700. Todestag dar, was der italienische Nationaldichter und Autor der „Divina Commedia“ mit unserer Moderne zu tun hat. Ein nicht immer einfacher, aber grandioser Abriss auf gut 200 Seiten, inklusive Ezra Pound und Hannah Arendt.
Achatz von Müller: Dante. Imaginationen der Moderne. Wallstein. 222 Seiten, 22 Euro.
Christiane Lutz
EIN LIEBESBEWEIS
Diesen Roman sollte man wirklich nur ausgewählten Menschen schenken, weil er so berührend ist. Gut, dass wir hier unter uns sind: „Die Vögel“ von dem norwegischen Autor Tarjei Vesaas wurde schon 1957 veröffentlicht, der Guggolz-Verlag hat 2020 eine wunderbare Neuübersetzung herausgebracht. Der Roman betrachtet die Welt durch die Augen von Mattis, einem „Dussel“, wie ihn die anderen nennen. Mattis sieht den Himmel, die Schnepfen und findet das Glück an dem Tag, als er zwei Mädchen über den See rudert. Mattis ist pur in seiner Liebe zur Natur und zu seiner Schwester, und vielleicht ist Mattis der einzige, der klarsieht. Eine Geschichte, schlicht und überreich an Schönheit.
Tarjei Vesaas: Die Vögel. Guggolz Verlag. 276 Seiten, 23 Euro.
EINE HERAUSFORDERUNG
Wenn Menschen in die Natur eingreifen, um Probleme zu lösen, schaffen sie oft neue. Etwa südöstlich von New Orleans, wo der Kontinent nur noch aus ein paar Landzungen besteht. Dort bauten die Siedler einst Dämme gegen drohende Überflutung. Doch dadurch fehlte dem Boden der durchs Wasser angespülte Sand, so muss das Land dort heute künstlich und systematisch geflutet werden. Das Beispiel stammt aus einem Essay der Journalistin Elizabeth Kolbert. Eindrucksvoll und erschreckend logisch schlüsselt sie in „Under a White Sky“ das große Versagen des Menschen im Anthropozän auf.
Elizabeth Kolbert: Under a White Sky. Bodley Head. 256 Seiten, 12,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2017

Für die Freiheit sterben
Weckruf: Timothy Snyder warnt vor der Tyrannei

Politik ist keine Praxis der Wahrheitsfindung. Aber wenn ein amerikanischer Präsidentschaftskandidat seinen Wahlkampf mit Tatsachenbehauptungen bestreitet, die zum größten Teil falsch sind - auf 78 Prozent kam eine Nachprüfung -, und diesen Wahlkampf schließlich gewinnt, ist Unruhe geboten. Zumal dieser Präsident gutgläubigen Beobachtern nicht den Gefallen tat, sich ab Amtsübernahme plötzlich an die Wirklichkeit zu halten, sondern bei den bewährten "alternativen Fakten" blieb, wie es sein Pressesprecher dann formulierte. Ein Präsident zudem, der sich an "das Volk" wendet und damit immer nur die einen und nicht die anderen meint; der kritische Berichterstattung unterbunden sehen möchte; der Frauen "Schlampen" nennt und sexuelle Übergriffe auf sie als naheliegendes Verhalten hinstellt, und der Wladimir Putin und Baschar al-Assad als außergewöhnliche Staatsmänner würdigt.

Was ist dann zu befürchten, wenn die Vereinigten Staaten von einem solchen Präsidenten geführt werden? Die Antwort des amerikanischen Historikers Timothy Snyder lautet: das schlimmste aller politischen Übel, die Tyrannei.

Snyder, der auch hierzulande mit seinen Büchern über Europa zwischen Hitler und Stalin ("Bloodlands") und die Judenvernichtung ("Black Earth") bekannt wurde, hat einen schmalen Band vorgelegt, der eine einzige Verwahrung ist gegen die Vorstellung, dass die demokratischen Institutionen einen Präsidenten wie Donald Trump mehr oder minder automatisch in ihr Gleis zwingen. Und allgemeiner noch gegen die Neigung, eine Aushebelung dieser Institutionen überhaupt als Unmöglichkeit anzusehen in einer festgefügten Demokratie, die nicht einmal auf totalitäre Regime zurückblicken muss, wie sie sich in Europa, Russland und dem Ostblock im zwanzigsten Jahrhundert durchsetzten.

Natürlich weiß Snyder, dass die Geschichte sich nicht einfach wiederholt. Der Weg in die Tyrannei, vor dem er so eindringlich warnt, ist nicht die Wiederkehr bekannter Formen totalitärer Herrschaft. Aber Snyder findet in den faschistischen und kommunistischen Machtpraktiken viele Momente versammelt, die auch heute zur Beseitigung von Demokratien beitragen könnten. Nicht nur in den Vereinigten Staaten natürlich, weshalb die Wahl Trumps zwar der Anlass seiner "Zwanzig Lektionen für den Widerstand" ist, diese aber durchaus nicht ausschließlich an ein amerikanisches Publikum gerichtet sind. Die historischen Lehren, mit denen sie erläutert werden, sind aus dem vorigen Jahrhundert gezogen: wie Demokratien in ihm beseitigt wurden und totalitäre Regime sich an der Macht hielten.

Die zehnte seiner Lektionen gilt der Wahrheit: Wie alle anderen wird sie in knappen Sätzen einprägsam formuliert "Die Fakten preiszugeben heißt, die Freiheit preiszugeben. Wenn nichts wahr ist, dann kann niemand die Macht kritisieren." Und letztlich zahle dann "die dickste Geldbörse für die blendendsten Lichter". Einige andere Lektionen tragen Überschriften wie: "Verteidige Institutionen", "Denk an deine Berufsehre", "Frage nach und überprüfe", "Achte auf gefährliche Wörter", "Sei freundlich zu unserer Sprache", "Sei patriotisch" (statt nationalistisch) oder "Sei so mutig wie möglich". Diesem letzten Eintrag ist nur ein Satz beigegeben, der den Tonfall der Dringlichkeit auf seinen Höhepunkt führt: "Wenn niemand von uns bereit ist, für die Freiheit zu sterben, dann werden wir alle unter der Tyrannei umkommen."

Die Maximen selbst sind nicht überraschend, sie umreißen offenkundige Gefahren, die eine funktionsfähige Zivilgesellschaft aushöhlen, ihre Mitglieder einlullen oder auch zu aktiver Mitarbeit an ihrer Entmündigung bringen: die Gewöhnung an Phrasen, der Verlust an Wirklichkeit durch den Fall in die Online-Welt, die damit verknüpfte soziale Abkapselung, die Empfänglichkeit für fatale Aufrechnungen von vermeintlicher Sicherheit gegen Freiheit unter der jederzeit mobilisierbaren Drohung von "Terrorismus" oder schlicht fehlendes politisches und bürgerschaftliches Engagement; ganz zu schweigen von der weitergehenden Drohung eines Einparteienstaats oder paramilitärischer Gruppen. Ihre Schärfe erhalten diese Maximen durch die historischen Exempel, mit denen sie prägnant erläutert werden: der Historiker der Totalitarismen tritt auf als Beobachter zeitgenössischer Entwicklungen, die ihm fatal bekannte Aspekte zeigen.

Geht das nun zu weit, ist es ein Fall von Alarmismus? Es ist eine dramatisch geschürzte, rhetorisch eindrückliche Erinnerung daran, auf welche Tugenden seiner Bürger, oder zumindest eines großen Teils von ihnen, ein offenes, demokratisch verfasstes Gemeinwesen angewiesen ist. Und noch eine Verwahrung ist mit dieser Erinnerung verknüpft, nämlich gegen Formen einer leichtgängigen Fundamentalkritik, die alle Übel ohne Umstände dem globalen Kapitalismus zuschreibt und demokratische Politik, die ohnehin nur noch eine Fassade aufrechterhalte, damit überspringt. Timothy Snyder lässt sich dafür gut als Antipharmakon verwenden.

HELMUT MAYER.

Timothy Snyder: "Über Tyrannei". Zwanzig Lektionen für den Widerstand.

Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn. C. H. Beck Verlag, München 2017. 127 S., br., 10,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Uwe Justus Wenzel staunt über das Pathos in Timothy Snyders eben erschienenen Buch. Das Pamphlet hat für Wenzel das Zeug nicht nur zum historischen Rückblick auf das vergangene Jahrhundert, sondern auch zur Prävention möglicher autoritärer Herrschaft. Snyders Konsterniertheit, Aufgewühltheit und Schockiertheit mündet laut Wenzel in Aufrufen zum Erhalt der Institutionen, zur Sprachpflege, Wahrheitsliebe und zur Förderung des kritischen Journalismus, für Wenzel eine sinnvolle Auswahl aus dem Repertoire zivilgesellschaftlichen Engagements.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Timothy Snyder macht in seinem Buch deutlich, dass wir unser Denken und Handeln regelmäßig auf den Prüfstand stellen müssen."
Gert Scobel

"Eine hochpolitische Brandschrift, die sich wie eine letzte Warnung der drohenden Apokalypse liest."
Spiegel Online, 02. April 2017

"Ein eindrückliches Plädoyer, wieder selber zu denken."
Bernd Schuchter, Vorarlberger Nachrichten, 01. April 2017

"Es sind einfache Sätze, in die Snyder seine Botschaft kleidet. Es ist ihm zu wünschen, dass sie gehört und verstanden werden."
Alexander Weinlein, Das Parlament, 27. März 2017

"Eine dramatisch geschürzte, rhetorisch eindrückliche Erinnerung daran, auf welche Tugenden seiner Bürger, oder zumindest eines großen Teils von ihnen, ein offenes, demokratisch verfasstes Gemeinwesen angewiesen ist."
Helmut Mayer, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. März 2017

"Snyders Lektionen überzeugen durch Klarheit. Sie enthalten eine Verhaltenslehre für Bürger, das demokratische Minimum. (...) Diese Schrift ist ein guter Anlass zum Streit über Routinen der offenen Gesellschaft."
Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung, 08. März 2017

"Timothy Snyder analysiert in jedem der 20 Kapitel, wie Nationalsozialisten ebenso wie Kommunisten im 20. Jahrhundert exakt jene Werkzeuge anwendeten, mit denen auch heute noch autoritäre Systeme errichtet werden."
Braunschweiger Zeitung, Henning Noske