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»Ein Meisterwerk ... Unter den Schriftstellern meiner Generation ist Herrera der, den ich am meisten bewundere.« Daniel Alarcón, Autor von 'Lost City Radio'
'Der König, die Sonne, der Tod' versammelt drei Romane des Mexikaners Yuri Herrera, die ihn zu einem der eigenwilligsten lateinamerikanischen Erzähler der letzten Jahre machen. Die mexikanische Wirklichkeit, die wir aus den Nachrichten kennen - die Welt der Drogenkartelle, der sinnlosen Gewalt, der illegalen Einwanderer in den USA -, ist der Bodensatz, auf dem Herrera seine Geschichten ansiedelt. Auf berückende Weise gelingt es ihm, von…mehr

Produktbeschreibung
»Ein Meisterwerk ... Unter den Schriftstellern meiner Generation ist Herrera der, den ich am meisten bewundere.«
Daniel Alarcón, Autor von 'Lost City Radio'

'Der König, die Sonne, der Tod' versammelt drei Romane des Mexikaners Yuri Herrera, die ihn zu einem der eigenwilligsten lateinamerikanischen Erzähler der letzten Jahre machen. Die mexikanische Wirklichkeit, die wir aus den Nachrichten kennen - die Welt der Drogenkartelle, der sinnlosen Gewalt, der illegalen Einwanderer in den USA -, ist der Bodensatz, auf dem Herrera seine Geschichten ansiedelt. Auf berückende Weise gelingt es ihm, von Figuren zu erzählen, die sich in dieser Wirklichkeit bewegen und zugleich über ihr zu schweben scheinen - wie El Lobo, der die Tochter des Drogenbosses liebt; wie Makina, die auszieht, die Grenze zu queren; wie Alfaki, der nicht anders kann, als den Dreck wegzumachen. Es sind Erzählungen aus dem Inneren eines Landes, die sich weiten zur großen Erzählung über das Innerste unserer Welt.
Autorenporträt
Yuri Herrera, 1970 in Actopan/Mexiko geboren, studierte in Mexiko-Stadt, El Paso und in Berkeley. Zurzeit lehrt und forscht er an der Tulane University in New Orleans. Er ist Herausgeber der Literaturzeitschrift 'El perro'. Sein preisgekrönter erster Roman ¿Abgesang des Königs¿ gilt als 'kleines Meisterwerk' (Hans-Jost Weyandt, Spiegel Online). 2016 erhielt er für ¿Der König, die Sonne, der Tod¿ den Anna Seghers-Preis. Seine Romane wurden bislang in zwölf Sprachen übersetzt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension

Yuri Herreras mexikanische Trilogie schillert für Maike Albath in allen Farben der Gewalt, aber auch des Märchens und der poetischen Bildlichkeit. Das ist ein Glück für die Rezensentin, denn bei allem Foltern, Prügeln und Morden in den hier erstmals auf Deutsch veröffentlichten drei Kurzromanen kann Albath kaum Atem schöpfen. Die hochliterarische Annäherung Herreras an seine Heimat Mexiko aber schafft Raum, meint sie, den steten Kampf der Figuren in den sich zum Triptychon fügenden Texten zu ertragen. Stilistisch aus dem Fundus der Fabeln und aztekischen Märchen schöpfend, in stark rhythmisierter Sprache, metaphernsatt, erklärt Albath den Reiz des Buches, schafft der Autor einen Kontrast zu den kruden Ereignissen im Buch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.2014

Der Barde am Hofe des Drogenkönigs
Eines der faszinierendsten Werke der neueren mexikanischen Literatur: Yuri Herreras Romantriptychon "Der König, die Sonne, der Tod"

Der Drogenkrieg. Die Grenze zu den Vereinigten Staaten. Gewalt und Einsamkeit der Großstädte: drei Sujets, die in der mexikanischen Literatur seit der Jahrtausendwende so wiederholt auftauchen, dass sie inzwischen eigene Genres bilden. Mitverantwortlich für dieses Phänomen ist vermutlich ein Chilene: Roberto Bolaño. Durch den Welterfolg seines 2004 postum erschienenen Großwerks "2666" wurde die apokalyptische Verrohung in den Industriewüsten Nordmexikos zu einem Thema, das internationale Aufmerksamkeit zu garantieren schien. Rasch waren Trittbrettfahrer zur Stelle - bis hin zu Hollywood-Schmonzetten und zum kuriosen Kult um die Narcocorrido-Balladen, in denen die Greuel der Drogenbarone als Heldentaten verherrlicht werden.

Aus diesem opportunistischen Panorama sticht in eigenwilliger Weise das Romantriptychon "Der König, die Sonne, der Tod" heraus. Es ist eines der faszinierendsten Werke der neueren mexikanischen Literatur und sein Erzähler Yuri Herrera damit erstmals in deutscher Sprache zu entdecken. Auf den ersten Blick führt die Kompilation der - ursprünglich unabhängigen - Kurzromane idealtypisch die genannten drei Genres in einem einzigen Werk zusammen. Im ersten Teil, "Abgesang des Königs", führt Herrera uns ins Herz der Drogenkartell-Kriege. Er verfolgt das Schicksal des Narcocorrido-Sängers Lobo, der von einem Drogenkönig in einer Kaschemme aufgelesen und in sein Gefolge aufgenommen wird. Für den Moritaten-Barden tut sich eine glitzernde neue Welt von barock anmutendem Luxus auf.

"Zeichen, die vom Weltende künden" erzählt aus der Welt der wetbacks, der illegal in die Vereinigten Staaten eingewanderten Mexikaner. Auf der Suche nach ihrem Bruder, der einst in der Hoffnung auf ein eigenes Grundstück in den Norden verschwand, durchschwimmt die junge Makina den Rio Grande, doch dann scheint jeder Schritt sie in die Irre, in die Leere zu führen. Dennoch erreicht Makina durch hartnäckige Suche ihr Ziel. Wenn auch nur, um zu entdecken, dass der Gefundene nicht mehr der ist, den sie gesucht hat, und sich ihre eigene Identität bereits in Auflösung befindet.

"Körperwanderung" schließlich dringt in den tödlichen Kosmos eines urbanen "Großmolochs" ein, wo aufgrund einer apokalyptisch anmutenden Denguefieber-Welle jeder Schritt auf die Straße das Leben kosten kann. In Begleitung eines ehemaligen Winkeladvokaten, der sich nun in der Tradition islamischer Rechtsgelehrter "der Alfaki" nennt, erkunden wir einen morbiden Kosmos der Gewalt und Isolation. Der Alfaki hat es sich zum Geschäft gemacht, für reiche Auftraggeber in einer Art Paralleljustiz schmutzige Probleme zu lösen. Das mündet in ein blutiges Geiseldrama.

Die merkliche Nähe dieser Plots zur Populärliteratur erweist sich allerdings als subtile falsche Fährte. Virtuos bricht Herrera die Regeln der Genres, indem er seine Geschichten in andere Gattungen und fremdartig changierende Stilregister einbettet. So ist der erste Teil in archaischem Ton als ein Märchen der deutschen Romantik erzählt. Darin erscheint der Drogenboss als feudaler "König" einer Ständegesellschaft, umgeben von einem "Hofstaat" aus Hofschranzen, Zwergen, Konkubinen und eben einem "Künstler": Lobo, der des Königs Lob zu singen hat. Der Grenzgänger-Teil ist erzählt wie ein Stück Epik des lateinamerikanischen "Booms" der sechziger Jahre, wo Realismus sich mit Archaischem verbindet und plötzlich ins Phantastische wendet. Der "Alfaki" schließlich trägt alle Züge des Antihelden eines Roman noir im Stile Chandlers oder Hammetts, und die endzeitliche Welt der Seuche gleicht, obgleich merklich inspiriert von der realen Schweinegrippe-Epidemie des Jahres 2009, einer Science-Fiction-Dystopie.

In seiner Gesamtheit bewirkt diese eigenwillige Erzählstrategie mehr als ein bloßes Spiel mit Versatzstücken: Herrera zertrümmert die Genres und fügt sie neu zusammen, wobei sichtbar wird, dass die Bruchstücke nicht mehr zusammenpassen. Überall trifft man auf Bekanntes, das aus dem gewohnten Zusammenhang gerückt ist, und diese Verrückung macht die Welt in ihrer Verrücktheit neu erfahrbar. Die Ausgänge der Geschichten sind rätselhaft gebrochen und müssen vom Leser selbst zusammengesetzt werden. Die Helden entziehen sich und weigern sich, ihr Wissen mit dem Leser zu teilen. Ausgerechnet in dem Moment, da er alle Fäden für einen detektivischen Showdown in der Hand hält, verkündet etwa Lobo, "dass es ihn nicht im Geringsten interessierte, die Intrige aufzudecken, dass sie bloß ein Begleitumstand von etwas Endgültigerem war, das er inzwischen begriffen hatte". Was dieses Endgültige ist, behält er für sich.

Herreras Helden sind einer Welt ausgesetzt, in der sie Fremde bleiben müssen - und ergeben sich ihr dennoch nicht. Gegenüber einem selbstgerechten amerikanischen Polizisten bricht aus Makina ein - stumm auf einen Zettel gekritzelter, nicht etwa laut geschrieener - Monolog heraus: "Wir sind schuld an dieser Verheerung, wir, die wir eure Sprache nicht sprechen und nicht zu schweigen wissen. Wir, die Dunklen, Gedrungenen, Schmierigen, Stummen, Dicken, Blutleeren. Wir, die Barbaren." Ähnlich verloren im feindlichen Terrain, im "blinden Ringen, dessen Regeln er nicht verstand", ist der Künstler Lobo. Und doch besitzt er eine verborgene Heimat: das Wort. In diesem Reich ist er Herrscher dank des "Geschicks, mit dem er die Wörter von den Dingen trennte und ein eigenständiges Gewebe, einen eigenständigen Körper schuf".

In dieser rebellischen Komplexität entziehen sich die Figuren auch der marktaffinen Logik all jener Elendspornographen, die mit dokumentarischen Realitätseffekten, Gossensprache und kruder Gewaltdarstellung die Chancenlosigkeit des Einzelnen im Pandämonium des Untergangs einer aus den Fugen geratenen "Dritten Welt" proklamieren, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, aus der sicheren Distanz des heimischen Sofas mit wohligem Schauer in den Strudel der Hölle zu blicken. Als bedeutender Erzähler bedarf Herrera keiner lautstarken Effekte. Jenseits der sichtbaren Greuel erkennen wir mit den Augen des Alfaki "die Unschuld der furchterregenden Dinge, die sich im Stillen vollziehen". Sie erzeugt den Sog von Herreras Erzählen. Das Ringen mit deren eigenen Widersprüchen macht die Helden für den Leser zum indiskreten Spiegel.

FLORIAN BORCHMEYER

Yuri Herrera: "Der König, die Sonne, der Tod". Mexikanische Trilogie.

Aus dem Spanischen

von Susanne Lange.

Verlag S. Fischer , Frankfurt am Main 2014. 352 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Yuri Herrera also: Den Namen muss man sich merken. Katharina Döbler Die Zeit 20141204