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»Der Roman ist wie ein Film noir.« Jens Bisky in 'Süddeutsche Zeitung'
Richard und Dally haben mitten in der Wüste Marokkos eine Oase geschaffen, in der sie für ihre Freunde eine dreitägige extravagante Party im Gatsby-Stil veranstalten: Kokain, Alkohol und Spezialitäten am Pool, natürlich ein Feuerwerk. Auf dem Weg dorthin überfährt ein Ehepaar, angetrunken und heillos zerstritten, einen Fossilienverkäufer am Straßenrand. Die beiden halten nicht an und stürzen sich ins Fest, als sei nichts gewesen. Bis ein Wagen mit der Leiche vor den Toren der Villa hält.

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Produktbeschreibung
»Der Roman ist wie ein Film noir.« Jens Bisky in 'Süddeutsche Zeitung'

Richard und Dally haben mitten in der Wüste Marokkos eine Oase geschaffen, in der sie für ihre Freunde eine dreitägige extravagante Party im Gatsby-Stil veranstalten: Kokain, Alkohol und Spezialitäten am Pool, natürlich ein Feuerwerk. Auf dem Weg dorthin überfährt ein Ehepaar, angetrunken und heillos zerstritten, einen Fossilienverkäufer am Straßenrand. Die beiden halten nicht an und stürzen sich ins Fest, als sei nichts gewesen. Bis ein Wagen mit der Leiche vor den Toren der Villa hält.
Autorenporträt
Lawrence Osborne, geboren 1958, ist ein Reisender, der mit seinen Reportagen unter anderem für die ¿New York Times¿ bekannt wurde. Ursprünglich aus Großbritannien, lebt er seit einigen Jahren in Bangkok, davor lange Zeit in Paris. Inspriration für den Roman ¿Denen man vergibt¿ fand er während einer Marokkoreise. Es ist sein erster Roman auf Deutsch.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.06.2017

Nicht alle Wege führen zum Herzen
Lawrence Osborne lässt Fossilienhändler und Partymenschen in der Wüste aufeinandertreffen – ein makaberes Kunststück
Ein Ehepaar fährt auf eine Party. Er ist Arzt, sie schreibt Jugendbücher, verbissener Streit hält sie zusammen, die Zärtlichkeit der Vorwürfe, die Unendlichkeit der Zickerei. Eingeladen hat ein schwules Paar, das sein Geld für einen demonstrativ dekadenten Lebensstil in Marokko verschleudert, das gern laut und groß und rauschend feiert. Weit im Landesinneren haben sie beinahe ein ganzes Dorf gekauft. Den Einheimischen ist ihr Treiben unheimlich, vor allem der Alkohol und die nackten Männer, und doch bewundern sie den Reichtum.
Mit dem Auto braucht man einige Stunden, um den Ksar, den Partyort der kosmopolitischen Schwulen zu erreichen. David trinkt Wein, worüber er und seine Frau Jo ebenso streiten wie über den Weg und die Marokkaner. Es wird dunkel und am Straßenrand tauchen plötzlich zwei Männer mit erhobenem Händen und einem Pappschild „Fossiles“ auf. Aber wer glaubt schon, dass ihm nachts auf menschenleerer Straße in der Wüste Fossilien angedreht werden sollen. David gibt Gas, Autoblech trifft auf Menschenknochen. Ein Toter liegt da, ein junger Mann hat sein leben verloren. Ist das dem alkoholisierten Unfallfahrer zu vergeben? Von wem? Und unter welchen Bedingungen?
Lawrence Osbornes Roman „The Forgiven“ erschien 2012 bei Hogarth in New York. Reiner Pfleiderer hat ihn nun übersetzt. Der 1958 geborene Brite Lawrence Osborne hat Reisereportagen für die New York Times geschrieben, Romane und Kurzgeschichten.
„Denen man vergibt“ ist das Buch eines Autors, der kann, was er will. Gnadenlos konsequent zwingt Osborne seine Figuren, in der Begegnung mit Fremden zu sich selbst zu werden. Als Motto dient das marokkanische Sprichwort „Nicht alle Wege führen zum Herzen“.
Der junge Mann, den David überfuhr, hieß Driss. Zwar kann die Polizei beschwichtigt werden, sie nimmt es mit den Ermittlungen nicht genau. Doch dann steht der Vater des Toten vor der Tür und verlangt, dass David ihn zur Beerdigung begleitet. Seine Frau bleibt auf der Party zurück und stürzt sich, Sorgen hin, Ängste her, in ein aggressiv sinnliches Abenteuer.
Der Roman wird erzählt wie ein Film noir, ein Geschehen unter moralisch fragwürdigen Figuren. Keine von ihnen taugt zur Identifikation, die Partygäste nicht und auch nicht die Marokkaner, die mit Fossilien ihren Lebensunterhalt bestreiten. Selbst der Hausangestellte Hamid, der seit Jahren die Dekadenzinszenierungen im „glamourös renovierten Ksar“ der Schwulen organisiert, die kleinen Skandale und Ärgernisse managt, beide unvereinbare Welten gut kennt, wirkt neidzerfressen. Die Gastgeber scheinen hedonistisch gewissenlos, der Brite David blickt wie ein Kolonialoffizier auf das Land. Und die jungen Marokkaner träumen von Europa und den Frauen dort und vertreten eine Lebenslehre des Stärkeren, der keine Rücksicht nehmen kann, wenn er aufsteigen will.
Nicht einmal eine beruhigende, sympathische Erzählstimme hat Osborne den Lesern gegönnt. Er berichtet aus verschiedenen Perspektiven, als wisse er, was in den Köpfen der Staubgeplagten und Besoffenen, der Zornigen und Gelangweilten vor sich ginge. Er erzählt gern aus der Innensicht und erzählt die Skepsis dieser gegenüber gleicht mit. Solche Kunstfertigkeit begeistert, fesselt. Dieser Autor vertraut seinen Figuren nicht, aber er erhebt sich auch nicht über sie, nutzt des Menschen Hilflosigkeit nicht als Material für Karikaturen.
Was immer einer in der Wüste Marokkos vermuten mag, Staub, Hitze, Flirren, Rausch und Ödnis, Fliegen und Mondschein, kommt vor. Doch die Exotik des orientalischen Szenenbilds wie des Oberschichtenmilieus, lockt nicht. Sie wirkt vielmehr wie eine Aufgabe, an der alle gekonnt scheitern, auch weil sie die hergebrachten Umgangsformen, die freundlichen wie die herablassenden, zwanghaft und darum wissend wiederholen.
Der Vater des Toten vergibt auf seine Weise: „Unten in seinem Grab erinnerte sich sein Sohn an seine Vergangenheit, aber dort konnte keiner zu ihm, und so würde sein Rätsel verblassen und noch komplizierter werden, denn das Leben ist nur ein Spaß und ein Zeitvertreib, wie uns der Koran in Erinnerung ruft, und weil es nur ein Spiel ist und nichts weiter, vergisst man das der Sinn des Lebens der Tod ist.“
Derlei Deutungen rufen in „Denen man vergibt“ alle auf, und gerade das erschüttert das Vertrauen des Lesers, wird doch rasch klar, dass er ihnen nicht glauben darf, dass sie selbst ihren Deutungen zu wenig Bedeutung beimessen. Das Selbstbild dient dem Selbst, zu dem es nicht passt, wird zu Rechtfertigungszwecken entworfen und verändert. Daher können auch die Urteile über andere, ob Fremde oder Bettgenossen, kaum stimmen.
Jo etwa, behauptet nach ihrer wilden Nacht, ihr David habe seine Maske fallen lassen, einen Vorwand gefunden, er selbst zu sein, er habe sich „als ordinärer Fremder entpuppt“. Und gleich darauf zeigt der gescholtene Gatte sich von überraschend freundlicher Seite, anständig fast. Aber noch ist das Geschehen am Höllenort, der eine luxuriöse Partyresidenz ist, nicht an sein Ende gekommen. Wer über dieses etwas verrät, der verdiente es, in die Wüste geschickt zu werden. Es ist folgerichtig, plausibel, schrecklich.
Mit geringem Aufwand und einem einfachen Plot erzeugt Lawrence Osborne große, vielgestaltige Verwirrung. Diese Kunstfertigkeit bereitet großes Vergnügen. Man fühlt sich ständig in seiner moralischen Urteilsfähigkeit herausgefordert, wird aber nie belehrt oder überredet. „Eine von Afrikas Küste ausgehende Energie schien die Algeciras-Fähre zu erfassen und zu elektrisieren. Die Europäer erstarrten“, heißt es auf der ersten Seite. Diese Energie ist hier Roman geworden, unterhaltend, verstörend, richtungslos.
JENS BISKY
Der Roman ist wie ein Film noir,
ein Geschehen unter
moralisch fragwürdigen Figuren
Lawrence Osborne:
Denen man vergibt.
Roman. Aus dem
Englischen von Reiner Pfleiderer. Verlag Klaus
Wagenbach, Berlin 2017.
272 Seiten, 22 Euro. E-Book 19,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.06.2017

Bei dieser Hitze leiden nicht nur Garnelen
"Denen man vergibt": Lawrence Osborne treibt ein schlaglochgesättigtes Spiel mit der Schuld

Wenn wohlsituierte, gleichwohl emotional abgewirtschaftete Ehepaare eine Reise in die marokkanische Wüste unternehmen, dann überstrahlt unweigerlich und ähnlich gnadenlos wie die Sonne der Name Paul Bowles das Geschehen. Schließlich hat spätestens dieser Autor die Wüste zum Spiegel des sinnentleerten, verkrusteten westlichen Daseins werden lassen, dem man jenseits der Abpolsterung durch den gewohnten Komfort plötzlich schutzlos ausgeliefert ist. Derart auf sich selbst zurückgeworfen aber kann man der inneren Leere gerade hier entkommen - wenn man denn bereit ist, sich ihr auszusetzen.

Zugleich freilich taugt die unendliche Weite, in der selbst die Vegetation verkümmert, zur idealen Spielbühne, auf der die Dekadenz ihren vorläufigen Kulminationspunkt erreicht und die zweckfreie Verschwendung noch einmal umso lustvoller zelebriert werden kann. An der mehrtägigen Party jedenfalls, die Lawrence Osborne in seinem Roman "Denen man vergibt" ein schwules Pärchen auf dem mit allen Schikanen aufpolierten Ksar veranstalten lässt, hätte Jay Gatsby vermutlich ebensolche Freude gehabt wie Jack Kerouac, Truman Capote oder all jene Schriftstellerkollegen, die im Gefolge von Bowles zumindest für eine kurze Zeit den Verlockungen Tangers erlagen.

Der 1958 geborene britische Reisereporter Lawrence Osborne, der bereits eine ganze Reihe von Romanen publiziert hat, bis nun erstmals ein im Original schon 2012 erschienener Titel ins Deutsche übertragen wurde, kennt nicht nur das Terrain, auf dem er sich bewegt, er weiß ganz offensichtlich auch, in welche Tradition er sich begibt. Mehr noch, sein bewusst lässiger, mitunter süffisanter Ton lässt darüber spekulieren, ob das Setting womöglich selbst nur Kulisse sein will, vor deren Hintergrund für ein verlängertes Wochenende nichts Geringeres verhandelt wird als die universale Frage der Schuld.

Bereits als die Eheleute David und Jo Henninger in Tanger aufbrechen, um an der legendären Party von Richard und Dally teilzunehmen, ahnt man, dass Unheilvolles im Gange ist. Er ein dem Alkohol zugetaner Arzt, der seine Trunksucht genauso verdrängt wie die daraus resultierenden Kunstfehler, das Gaspedal immer eine Spur zu tief durchgedrückt, sie eine semi-attraktive, ideen- und erfolglose Kinderbuchautorin, die Karte im Leihwagen veraltet, der Streit, nicht allein über die Route, stets zumindest im Stand-by-Modus.

Als die Hennigers das Anwesen der Freunde schließlich erreichen, liegt ein Toter in ihrem Wagen. David, einige Promille im Blut, hat auf der nächtlichen Reise einen jungen Fossilienverkäufer überfahren. Anstatt am Unfallort zu bleiben und die Polizei zu verständigen, hat er die Papiere des Toten vergraben und würde das am liebsten auch mit der Leiche tun, um keine Scherereien zu haben. Wer interessiert sich schon für einen dieser Wüstenbewohner?

Nicht erst als der Vater des Toten auftaucht und David auffordert, mit ihm gemeinsam den Sohn in dessen Heimatdorf zu überführen und zu bestatten, wird klar, dass die größte Schuld, die Osborne verhandeln lässt, jene des Kolonialismus ist. Während die einen sich das bloße Überleben unter den extremen klimatischen Bedingungen hart erarbeiten müssen, sind die anderen um den Frischegrad von Erdbeer- und Garnelen-Arrangements besorgt. Dass "Denen man vergibt" indes nicht zum politisch korrekten Lehrstück wird, verdankt sich den überraschenden, durchaus krimitauglichen Wendungen, die Osborne seiner Story zu geben weiß. Schlichtes Schwarz und Weiß, Gut und Böse gibt es hier nicht, schuldig machen die Figuren sich alle auf je eigene Weise. Garantie auf Läuterung wird nicht gegeben. Wer jedenfalls ein Faible für rasante, wenngleich rumpelige Fahrten durchs staubtrockene Niemandsland hat, der wird sich bei Osborne gut aufgehoben fühlen.

WIEBKE POROMBKA

Lawrence Osborne:

"Denen man vergibt". Roman.

Aus dem Englischen von Reiner Pfleiderer.

Wagenbach Verlag, Berlin 2017. 272 S., geb., 22,- [Euro].

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