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Vollmond in der archaischen Landschaft der galicischen Berge: eine Serie von Frauenmorden erschüttert das Dorf Brañaganda. Die Bauern haben dafür nur eine Erklärung - ein Werwolf treibt sein Unwesen. Der Waldhüter Enrique, verheiratet mit der Dorfschullehrerin und verantwortungsbewusster Familienvater, versucht als einziger, Vernunft in die vom Aberglauben bestimmte Aufklärung der Morde zu bringen. Doch ausgerechnet Enrique muss die Grenzen der Rationalität erfahren. Als er sich in eine junge Frau verliebt, gerät ihm sein Leben aus der Kontrolle. Und eines Nachts steht der Werwolf vor ihm im…mehr

Produktbeschreibung
Vollmond in der archaischen Landschaft der galicischen Berge: eine Serie von Frauenmorden erschüttert das Dorf Brañaganda. Die Bauern haben dafür nur eine Erklärung - ein Werwolf treibt sein Unwesen.
Der Waldhüter Enrique, verheiratet mit der Dorfschullehrerin und verantwortungsbewusster Familienvater, versucht als einziger, Vernunft in die vom Aberglauben bestimmte Aufklärung der Morde zu bringen. Doch ausgerechnet Enrique muss die Grenzen der Rationalität erfahren. Als er sich in eine junge Frau verliebt, gerät ihm sein Leben aus der Kontrolle. Und eines Nachts steht der Werwolf vor ihm im Wald und stellt ihn vor eine unmögliche Wahl: "Ich habe Hunger. Du musst dich entscheiden, deine Frau oder deine Geliebte."

"Wolfsland" beginnt als realistische Erzählung und wird nahezu unmerklich zu einem phantastischen Traum. Monteagudos Kunstgriff ist es, den Realismus Seite um Seite ins Unheimliche kippen zu lassen und seine Leser in Bann zu ziehen, bis zur fast atemlosen Lektüre.
Ein fulminanter Roman über die Hirngespinste der Schuld, über den Willen zur Vernunft und die zerstörerische Kraft der Leidenschaft.
Autorenporträt
Monteagudo, David
David Monteagudowurde 1962 in Viveiro, Galicien, geboren.Er hat viele Jahre lang als Mechaniker in einer Papierfabrik gearbeitet und lebt heute als freier Autor in Barcelona. Sein Debütroman «Ende» wurde vonJorge Torregrossa verfilmt und in zehn Sprachen übersetzt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Steckt ein Werwolf hinter einer Mordserie in einem spanischen Dorf? Zwar deuten alle Anzeichen darauf hin, doch "nichts ist einfach, nichts eindeutig", meint Sylvia Staude nach der Lektüre von David Monteagudos aus der Ich-Perspektive geschriebenem, zwischen Krimi, Schauergeschichte und psychologischem Roman changierendem Buch: Ob und wie es der Kritikerin gefallen hat, bleibt nach ihrer im wesentlichen aus einer Inhaltsangabe bestehenden Besprechung zwar ebenso offen, wie die Fragen, die seinerseits Monteagudo Staude zufolge unbeantwortet lässt. Man darf aber mutmaßen: gelangweilt haben dürfte sie sich wohl nicht. Das "Wolfshaar" sei jedenfalls feingesponnen, schreibt sie.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.02.2015

Böser Mond
Horror in Galicien: David Monteagudos
surrealer Dorf-Roman „Wolfsland“
VON RALPH HAMMERTHALER
So fangen Filme an. Die Kamera fliegt über schäumendes Meer, von Norden nach Süden, bis an die Küste, wo schroffe Klippen aufragen. Sie nähert sich einer Flussmündung, dann fliegt sie stromaufwärts, an den Ufern da und dort ein Dorf mit Fischerbooten, dann weiter und immer weiter durch die Täler des Gebirges. Sie folgt einer Straße, die sich den Berg hinaufwindet und gelangt auf eine Hochebene, um sogleich wieder hinunterzustürzen in ein Tal, das noch enger, noch felsiger ist, fast eine Schlucht. Laubwälder an den Hängen, etwas Ackerland, eine Viehweide. Eine paar Gebäude bilden den Ortskern, sonst nur, wie die Kamera in lässigen Schwenks verrät, versprengte Höfe. Das ist Brañaganda. Wir sind da. Das ist der Schauplatz des Romans.
„Die meisten Bewohner der Schlucht haben das Meer noch nie gesehen und dürfen auch nicht darauf hoffen, es jemals zu sehen,“ schreibt David Monteagudo in seinem Roman „Wolfsland“. „Sie leben und werkeln in den Tiefen des Tals oder auf den Feldern am Fluss, in ihrer großen Armut einzig und allein darauf bedacht, einen weiteren Tag zu überleben.“ Idyllisch kann man dieses Dorf nicht nennen, aber es gibt ohnehin keine idyllischen Dörfer, schon gar nicht in der Literatur. Jeder kennt jeden, man ist in Zu- oder Abneigung miteinander verbunden. Und wenn einem Mädchen ein schöner Busen wächst, bleibt auch das nicht lange verborgen. An der Brücke steht ein geiler Müller und verstört die noch kindliche Cándida mit derben Späßen.
  Alles hätte ewig so weitergehen können, Zuneigung, Abneigung und ab und zu ein geschlechtsreifes Töchterlein zum Greifen nah; das Meer ist weit weg, aber was geht sie das Meer an – doch dann bricht mit Gewalt das Unheil herein: „Und an diesem Tag tötete, ja verschlang der Werwolf eine junge Frau aus dem Dorf, die nach Einbruch der Nacht auf dem Heimweg gewesen war.“ Eine Werwolf-Geschichte aus Galicien ist wahrscheinlich das Letzte, womit man im Literaturjahr 2015 rechnen würde.
  Doch jetzt liegt sie vor, erzählt in einer einfachen, aber geschärften Sprache, und ebenso einfach und geschärft aus dem Spanischen übersetzt von Matthias Strobel. Ihr Autor, David Monteagudo, Jahrgang 1962, arbeitete früher in einer Papierfabrik. Schon sein Debütroman „Fin“ („Ende“), der im Original 2009, auf deutsch 2012 erschien, war in der Einsamkeit der Berge angesiedelt; eine Clique, älter geworden, kommt darin aus sentimentalen Gründen wieder in einer Hütte zusammen. Das hätte sie lieber bleiben lassen sollen. Nun, in „Wolfsland“ geschieht wieder Unheilvolles. Der Erzähler Orlando erinnert sich an seine Kindheit in Brañaganda wie an einen Alptraum, aber so wie Kinder es tun, mit einer seltsam nüchternen Faszination am Schrecken. Die Mutter ist Lehrerin in der Dorfschule, der Vater schlägt sich mit Gelegenheitsarbeiten durch. Er ist ein Vernunftmensch, widersetzt sich dem Volksglauben an den Werwolf. Aber er ist auch eine gebrochene Figur. Als leidenschaftlicher Freizeitmaler porträtiert er die früh erblühte Cándida, kein Aktporträt, das ginge nicht, aber doch ein Porträt von fast überirdischer Schönheit. Ganz irdisch macht er Cándida kurz darauf zu seiner Geliebten.
In der Schule hängt das Porträt kurzzeitig neben einem Franco-Porträt. Dass einer auf Freunde oder Nicht-Freunde trifft, ist in Brañaganda keine Frage von Sympathie oder Antipathie. Es ist eine Frage, die unweigerlich in die Zeit des Bürgerkriegs zurückführt. Da gab es welche im Dorf, die Francos Schergen zu den Häusern ihrer Opfer führten. Das wird nicht verziehen. Im Alltag hat sich trotzdem eine natürliche Spielart des Sozialismus durchgesetzt, „bei dem die einen die Bedürfnisse der anderen abdeckten und alle einander halfen, so gut es ging.“
Nach dem ersten Übergriff werden immer wieder Frauen vom Werwolf angefallen. Sie sind übel zugerichtet, tot gebissen und angenagt. Bei Vollmond– denn nur bei Vollmond greift der Werwolf an – versammelt der herrische César alle Männer des Ortes bei sich in der Stube und verschließt eine Nacht lang die Tür. Eine große Szene des Romans besteht nur im Warten darauf, dass einer ausrastet und sich dadurch zu erkennen gibt. César ist bewaffnet, entschlossen, dem Spuk ein Ende zu setzen. Beinahe hätte es den jungen Cosmín erwischt, „der zusammengekrümmt auf einem Stuhl saß und seltsam stöhnte, ja röchelte, während sein ganzer Körper heftig zuckte“. Zum Glück fährt Orlandos Vater, stets mit der Aufklärung im Bunde, dazwischen: „Er hat einen epileptischen Anfall!“ In jener Nacht ist kein Opfer zu beklagen. Sitzt also der Werwolf mitten unter ihnen?
  Erst in der folgenden Nacht schlägt er wieder zu, bei einer unschuldigen Tochter, die nur mal kurz zum Brunnen wollte. Zugegeben, man wünschte sich einen irdischen Perversen, ein scharf umrissenes Psychogramm, das hinter dem Werwolf steckte. Das würde gut zu Monteagudos nüchterner Sprache passen. Aber leider weicht der Autor mehr und mehr ins Surreale aus. Vielleicht in den Alptraum eines Kindes oder in den Kampf eines Vernunftmenschen mit einer dunklen Macht, die in ihm selber lauert. Jedenfalls erlebt Orlandos Vater einen Showdown mit dem seit je verleugneten Werwolf. Höhnisch wie Mephisto fragt ihn der Werwolf, welche der beiden Frauen er ihm opfern würde, die Ehefrau oder Cándida, die Geliebte. Darauf gibt der Vater keine Antwort.
Er kämpft um sein Leben. Und irgendwann lässt der Werwolf von ihm ab. Der Vater liegt halb tot im Gras, aber er überlebt. An der linken Hand fehlen ihm alle fünf Finger. Er kann sie sich kaum selbst abgebissen haben. Weshalb das Ich-und-Ich-Psychodrama nicht so recht hinhaut. Wir müssen dem Autor schon glauben: In den Bergen Galiciens streunt ein Werwolf umher.
Die meisten Bewohner haben
noch nie das Meer gesehen
– und werden es auch nie sehen
Wo sind die fünf Finger, die an
der linken Hand von Orlandos
Vater fehlen? Weiß es der Roman?
Wenn ein Dorf im Vollmondlicht daliegt und ein Romancier vorbeikommt, ist es bald vorbei mit der friedlichen Ruhe der Nacht.
Foto: ullstein bild/Reuters/Jon Nazca
  
  
  
David Monteagudo: Wolfsland. Roman. Aus dem Spanischen von Matthias Strobel. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2015. 272 Seiten, 19,95 Euro. E-Book 16,99 Euro.
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Einen so rasanten Aufstieg wie Monteagudo hat wohl selten jemand erlebt. Ein einziger Roman machte den Arbeiter in einer Papierfabrik zu einem der gefragtesten spanischen Beststellerautoren. Focus Online