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Süß wie 'ne Gurke und rein wie ein Schwein (Mängelexemplar) - McCullers, Carson
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Mängelexemplar
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Und wir tanzen zu zwei'n dichtete die amerikanische Schriftstellerin Carson McCullers und hatte an diesem Nonsens-Vers so viel Spaß, daß sie für die Kinder ihres Freundes ein ganzes Buch voll frech-verdrehter Reime schrieb. Jeder, der ihren Roman Frankie gelesen oder sich mit dem Mädchen Mick in Das Herz ist ein einsamer Jäger identifiziert hat, weiß, daß Carson McCullers der Welt der Kindheit immer sehr nah war. In ihren Gedichten, die frisch, lustig und wunderbar direkt sind, fängt sie die Stimmungen und Augenblicke des kindlichen Staunens ein, das plötzlich verwundert fragt, wo zum Beispiel…mehr

Produktbeschreibung
Und wir tanzen zu zwei'n dichtete die amerikanische Schriftstellerin Carson McCullers und hatte an diesem Nonsens-Vers so viel Spaß, daß sie für die Kinder ihres Freundes ein ganzes Buch voll frech-verdrehter Reime schrieb.
Jeder, der ihren Roman Frankie gelesen oder sich mit dem Mädchen Mick in Das Herz ist ein einsamer Jäger identifiziert hat, weiß, daß Carson McCullers der Welt der Kindheit immer sehr nah war. In ihren Gedichten, die frisch, lustig und wunderbar direkt sind, fängt sie die Stimmungen und Augenblicke des kindlichen Staunens ein, das plötzlich verwundert fragt, wo zum Beispiel "im Irgendwo das noch nie gesehene Nirgendwo?" sein könnte.
Kongenial ist die Übersetzung von Eva Demski, der es gelungen ist, den zauberhaften, staunenden Blick von Carson McCullers im Deutschen aufzufangen.
Wie schon in ihrer Nachdichtung von Sylvia Plath' Versen für Kinder Das Bettbuch findet sie auch in Süß wie 'ne Gurke den Ton, der vom Original unverwechselbar vorgegeben ist.
Autorenporträt
Carson McCullers, geboren 1917 in Columbus, Georgia.1940 erschien ihr erster Roman Das Herz ist eine einsamer Jäger, dem die Bücher Spiegelbild im goldnen Auge, Frankie, Die Ballade vom traurigen Café, Uhr ohne Zeiger und einige Bände mit Kurzgeschichten folgten. Carson McCullers starb 1967 in New York. Rolf Gérard, geboren 1909, hatte als Maler Ausstellungen in Paris, London und New York, er war verantwortlich für Kostüme und Bühnenbilder aller Verdi-Opern an der New Yorker Metroplitan Opera und entwarf die Kostüme für Don Giovanni bei den Salzburger Festspielen 2005.
Rezensionen
O Mann, war das toll!

Kuchen, Pizza, Seife: Kinderverse von Carson McCullers

Wer nur einen der Romane von Carson McCullers kennt, zum Beispiel „Spiegelbild im goldnen Auge”, mit seiner erwachsenen, sexuellen Traurigkeit - der käme nie auf die Idee, dass dieselbe Autorin auch Kinderverse geschrieben hat. Es sind Verse ohne jeden Anflug von Herablassung, auch nicht in der schmissigen Art, wie Ringelnatz, oder routiniert, wie James Krüss das macht; thematisch sind sie eher konventionell (keineswegs die „Nonsense-Verse”, von denen die Verlagswerbung spricht), formal oft unbeholfen, es fehlt ihnen der Ehrgeiz des Originellen, diese Plage gereimter Kinderbücher - aber auf einmal nimmt das Thema eine unerwartete Wendung. Wenn man nicht wüsste, wer die Verfasserin ist, könnte man diese Kinderverse auch für die Verse eines Kindes halten; ich stelle mir vor, sie zu verfertigen hat McCullers eine große Entspannung geschenkt.

Ein Regenbogen kommt heraus, wenn es regnet und gleichzeitig die Sonne scheint, und er sieht so bunt aus wie ein Blumenstrauß, und die Kinder zeigen mit dem Finger auf ihn - bis hierhin bietet das kurze Gedicht wenig Überraschendes. Doch plötzlich heißt es: „Why is it rude to point at people, / But not at a rat or a rainbow?” Das wäre einem erwachsenen Verfasser nicht auf- und eingefallen; und er hätte mutmaßlich auch aus kompositorischen Gründen die Ratte fern gehalten, von der bisher überhaupt nicht die Rede gewesen war.

Eva Demski meistert die Herausforderung der scheinbar anspruchslosen Verse mit Geschick; manchmal allzu geschickt, wie in diesem Fall: „Man darf mit dem Finger auf Ratten zeigen / Und auch auf Regenbogen, / Doch wenn man das bei Menschen macht, / Gilt es als ungezogen.” Hier ist die arglose kindliche Frage schon auf der nächsten Stufe angelangt, bei einer Pfiffigkeit, die sich dümmer stellt, als sie ist - ablesbar vor allem an dem „gilt”, wo jeder weiß, dass Kinder höchstens sagen: „Das giltet nicht!”

Aber es wäre unfair, dergleichen anzukreiden. Kinderverse, Kinderlieder, Nursery Rhymes sind der intimste Teil einer Kultur. Während des Zweiten Weltkriegs wurde in England empfohlen, deutsche Spione, die ansonsten perfekt und akzentfrei Englisch sprachen, dadurch zu enttarnen, dass man sie unauffällig testete, ob sie diese kleinen Gebilde kannten. In der Zielsprache müssen diese Verse zu etwas Härterem, Erwachsenerem werden, als es der zarten Unbedachtheit, die den besten von ihnen eigen ist, entspricht.

Auch bei uns ist inzwischen das Spukfest Halloween angekommen, aber noch ohne die Sitte, widerspenstigen Spendern die Fenster mit Seife zu verschmieren. Da Kenntnis dieser Besonderheit nicht vorausgesetzt werden kann, hat Demski Recht, hier die Flucht nach vorn anzutreten: „Schmieren wir ihm Fenster / Und Türen voll Seife / Damit ers auch wirklich richtig begreife: / Heraus mit dem Süßkram!” Davon, dass einer was wirklich richtig begreifen soll, war im Urtext nicht die Rede; doch im Deutschen muss nachgeholfen werden. Und ebenso wird aus dem melodischen, anstrengungslosen „Trick or treat, trick or treat, / We Halloweeners roam the street”: „Süßes oder Saures, Süßes oder Saures / Komm her, mach mit / Oder bedaures!” Das ist etwas ganz Anderes; aber witzig ist es doch, und so verschmerzt man den Verlust des Leichten.

Mein Lieblingsstück, in beiden Sprachen, ist „Lieblingsspeisen - Favorite Eats”. Bei zehn Zeilen Länge hat es eine komplexe kindliche Dramaturgie. Es beginnt damit, was jeder in der Familie am liebsten isst: Ich Kuchen und Eis, die Schwester Pizza, „Dad ist der Fleisch- und Kartoffelmann”. Nur Mom, was mag Mom? „Mom sagt, ihr kommts überhaupt nicht drauf an / Sie sorgt einfach für uns, so gut sie nur kann.” Zu dieser inszenierten Aufopferung der Hausfrau und Mutter ließe sich nun manches anmerken. Das Gedicht erlöst sie davon, ohne Ironie, ohne eine Spur von Rechthaberei, einfach durch den glücklichen Sprung. „But on the QT WAS IST QT?]/ When we listen to TV, / Ive seen her eat a whole big box of candy / And sigh because it was so dandy.” Bei Eva Demski wird daraus: „Aber neulich / Haben wir vor der Glotze gesessen / Und schwupp! hat sie ne Schachtel Konfekt leer gegessen / Eine ganze Schachtel die war vorher voll / Und Mom hat geseufzt: O Mann, war das toll!”

Das ist natürlich viel länger. Nur so geht es. Das Englische hat eine Mühelosigkeit der indirekten Wiedergabe, die sich im Deutschen auf keine Weise nachbilden lässt, weder in der Konstruktion, die von „Ive seen” abhängt, noch in der Art, wie das „because” zwischen Zitat und Interpretation die schwebende Mitte hält. Also wird ein Erlebnisaufsatz draus, einschließlich des „schwupp!”, was in Ordnung ist. Was im Englischen der Reim „candy / dandy” leistet, das bringt im Deutschen der Anlauf zuwege, der dem „toll” vorausgeht, das „o Mann!” vor allem. Bei Carson McCullers hört man die Tochter, bei Demski sieht man die Mom: eine Wirkungsäquivalenz vom Gewagtesten!

Gemischte Gefühle hinterlassen die Illustrationen von Rolf Gérard. Sein flotter Wachsmalstrich bringt in den besten Augenblicken die kongeniale Improvisation hervor; aber meistens merkt man den geübten Schwung, der auf Abruf funktioniert und keine große Lust mehr hat zuzuhören. BURKHARD MÜLLER

CARSON McCULLERS: Süß wie ne Gurke und rein wie ein Schwein. Nachdichtung von Eva Demski. Mit Illustrationen von Rolf Gérard. Schöffling Verlag, Frankfurt am Main 2005. 48 Seiten, 12,90 Euro.

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.11.2005

O Mann, war das toll!
Kuchen, Pizza, Seife: Kinderverse von Carson McCullers
Wer nur einen der Romane von Carson McCullers kennt, zum Beispiel „Spiegelbild im goldnen Auge”, mit seiner erwachsenen, sexuellen Traurigkeit - der käme nie auf die Idee, dass dieselbe Autorin auch Kinderverse geschrieben hat. Es sind Verse ohne jeden Anflug von Herablassung, auch nicht in der schmissigen Art, wie Ringelnatz, oder routiniert, wie James Krüss das macht; thematisch sind sie eher konventionell (keineswegs die „Nonsense-Verse”, von denen die Verlagswerbung spricht), formal oft unbeholfen, es fehlt ihnen der Ehrgeiz des Originellen, diese Plage gereimter Kinderbücher - aber auf einmal nimmt das Thema eine unerwartete Wendung. Wenn man nicht wüsste, wer die Verfasserin ist, könnte man diese Kinderverse auch für die Verse eines Kindes halten; ich stelle mir vor, sie zu verfertigen hat McCullers eine große Entspannung geschenkt.
Ein Regenbogen kommt heraus, wenn es regnet und gleichzeitig die Sonne scheint, und er sieht so bunt aus wie ein Blumenstrauß, und die Kinder zeigen mit dem Finger auf ihn - bis hierhin bietet das kurze Gedicht wenig Überraschendes. Doch plötzlich heißt es: „Why is it rude to point at people, / But not at a rat or a rainbow?” Das wäre einem erwachsenen Verfasser nicht auf- und eingefallen; und er hätte mutmaßlich auch aus kompositorischen Gründen die Ratte fern gehalten, von der bisher überhaupt nicht die Rede gewesen war.
Eva Demski meistert die Herausforderung der scheinbar anspruchslosen Verse mit Geschick; manchmal allzu geschickt, wie in diesem Fall: „Man darf mit dem Finger auf Ratten zeigen / Und auch auf Regenbogen, / Doch wenn man das bei Menschen macht, / Gilt es als ungezogen.” Hier ist die arglose kindliche Frage schon auf der nächsten Stufe angelangt, bei einer Pfiffigkeit, die sich dümmer stellt, als sie ist - ablesbar vor allem an dem „gilt”, wo jeder weiß, dass Kinder höchstens sagen: „Das giltet nicht!”
Aber es wäre unfair, dergleichen anzukreiden. Kinderverse, Kinderlieder, Nursery Rhymes sind der intimste Teil einer Kultur. Während des Zweiten Weltkriegs wurde in England empfohlen, deutsche Spione, die ansonsten perfekt und akzentfrei Englisch sprachen, dadurch zu enttarnen, dass man sie unauffällig testete, ob sie diese kleinen Gebilde kannten. In der Zielsprache müssen diese Verse zu etwas Härterem, Erwachsenerem werden, als es der zarten Unbedachtheit, die den besten von ihnen eigen ist, entspricht.
Auch bei uns ist inzwischen das Spukfest Halloween angekommen, aber noch ohne die Sitte, widerspenstigen Spendern die Fenster mit Seife zu verschmieren. Da Kenntnis dieser Besonderheit nicht vorausgesetzt werden kann, hat Demski Recht, hier die Flucht nach vorn anzutreten: „Schmieren wir ihm Fenster / Und Türen voll Seife / Damit er’s auch wirklich richtig begreife: / Heraus mit dem Süßkram!” Davon, dass einer was wirklich richtig begreifen soll, war im Urtext nicht die Rede; doch im Deutschen muss nachgeholfen werden. Und ebenso wird aus dem melodischen, anstrengungslosen „Trick or treat, trick or treat, / We Halloweeners roam the street”: „Süßes oder Saures, Süßes oder Saures / Komm her, mach mit / Oder bedaur’es!” Das ist etwas ganz Anderes; aber witzig ist es doch, und so verschmerzt man den Verlust des Leichten.
Mein Lieblingsstück, in beiden Sprachen, ist „Lieblingsspeisen - Favorite Eats”. Bei zehn Zeilen Länge hat es eine komplexe kindliche Dramaturgie. Es beginnt damit, was jeder in der Familie am liebsten isst: Ich Kuchen und Eis, die Schwester Pizza, „Dad ist der Fleisch- und Kartoffelmann”. Nur Mom, was mag Mom? „Mom sagt, ihr kommt’s überhaupt nicht drauf an / Sie sorgt einfach für uns, so gut sie nur kann.” Zu dieser inszenierten Aufopferung der Hausfrau und Mutter ließe sich nun manches anmerken. Das Gedicht erlöst sie davon, ohne Ironie, ohne eine Spur von Rechthaberei, einfach durch den glücklichen Sprung. „But on the QT WAS IST QT?]/ When we listen to TV, / I’ve seen her eat a whole big box of candy / And sigh because it was so dandy.” Bei Eva Demski wird daraus: „Aber neulich / Haben wir vor der Glotze gesessen / Und schwupp! hat sie ’ne Schachtel Konfekt leer gegessen / Eine ganze Schachtel die war vorher voll / Und Mom hat geseufzt: O Mann, war das toll!”
Das ist natürlich viel länger. Nur so geht es. Das Englische hat eine Mühelosigkeit der indirekten Wiedergabe, die sich im Deutschen auf keine Weise nachbilden lässt, weder in der Konstruktion, die von „I’ve seen” abhängt, noch in der Art, wie das „because” zwischen Zitat und Interpretation die schwebende Mitte hält. Also wird ein Erlebnisaufsatz draus, einschließlich des „schwupp!”, was in Ordnung ist. Was im Englischen der Reim „candy / dandy” leistet, das bringt im Deutschen der Anlauf zuwege, der dem „toll” vorausgeht, das „o Mann!” vor allem. Bei Carson McCullers hört man die Tochter, bei Demski sieht man die Mom: eine Wirkungsäquivalenz vom Gewagtesten!
Gemischte Gefühle hinterlassen die Illustrationen von Rolf Gérard. Sein flotter Wachsmalstrich bringt in den besten Augenblicken die kongeniale Improvisation hervor; aber meistens merkt man den geübten Schwung, der auf Abruf funktioniert und keine große Lust mehr hat zuzuhören. BURKHARD MÜLLER
CARSON McCULLERS: Süß wie ’ne Gurke und rein wie ein Schwein. Nachdichtung von Eva Demski. Mit Illustrationen von Rolf Gérard. Schöffling Verlag, Frankfurt am Main 2005. 48 Seiten, 12,90 Euro.
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Carson McCullers' Kinderverse sind für den den Rezensenten Burkhard Müller eine wahre Wonne. Frei von "Herablassung" und auch von zwanghafter Originalität lesen sie sich wie von Kinderhand geschrieben. Das schwierige Unterfangen, die Intimität von Kinderversen, deren "zarte Unbedachtheit" und vermeintliche Anspruchslosigkeit in eine andere Sprache zu bringen, ist Eva Demski, wie der Rezensent findet, in jeder Hinsicht gelungen. Da wo das Leichte verloren gehen müsse - etwa wenn etwas im Deutschen deutlicher formuliert werden müsse und somit erwachsener klinge - , tröste Demski mit Witz oder anderen, mitunter gewagten "Wirkungsäquivalenzen". Müllers Liebling ist in beiden Sprachen das Gedicht "Lieblingsspeisen - Favorite Eats", in dem jedes Familienmitglied seine Leibspeise nennt, und die Mutter, die sich zunächst als bedürfnislose Sorgende ohne Leibgericht darstellt, von der Erzählstimme dabei ertappt wird, wie sie sich auf dem Sofa genüsslich an Konfekt labt. Alles in allem ist "Süß wie 'ne Gurke und rein wie ein Schwein" ein wunderbares Buch, schwärmt der Rezensent, der nur Rolf Gerards flotte Illustrationen ein wenig zu routiniert findet, so, als hätte er "keine große Lust mehr (...) zuzuhören".

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