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Dieser Band vereint 34 Reden und Vorträge aus den Jahren 1936 bis 1958. Albert Camus attestiert seiner Zeit eine «Krise des Menschen» und will dazu beitragen, all denen, die politisch und historisch zum Verstummen gebracht wurden, ihre Stimme und ihre Würde zurückzugeben. Für Camus besteht die Berufung des Menschen darin, dem Unglück der Welt entgegenzutreten, um Leid zu verringern. Und auch der Schriftsteller kann sich dieser Berufung nicht entziehen, die Aufgabe und Ehre zugleich ist: «Mir sind Menschen, die sich engagieren, lieber als engagierte Literatur. Mut im Leben und Talent im Werk, das ist nicht das Schlechteste.» …mehr

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Produktbeschreibung
Dieser Band vereint 34 Reden und Vorträge aus den Jahren 1936 bis 1958. Albert Camus attestiert seiner Zeit eine «Krise des Menschen» und will dazu beitragen, all denen, die politisch und historisch zum Verstummen gebracht wurden, ihre Stimme und ihre Würde zurückzugeben. Für Camus besteht die Berufung des Menschen darin, dem Unglück der Welt entgegenzutreten, um Leid zu verringern. Und auch der Schriftsteller kann sich dieser Berufung nicht entziehen, die Aufgabe und Ehre zugleich ist: «Mir sind Menschen, die sich engagieren, lieber als engagierte Literatur. Mut im Leben und Talent im Werk, das ist nicht das Schlechteste.»
Autorenporträt
Albert Camus wurde am 7. November 1913 als Sohn einer Spanierin und eines Elsässers in Mondovi, Algerien, geboren. Er studierte an der Universität Algier Philosophie, 1935 trat er der Kommunistischen Partei Algeriens bei und gründete im Jahr darauf das «Theater der Arbeit». 1937 brach er mit der KP. 1938 entstand sein erstes Drama, Caligula, das 1945 uraufgeführt wurde, 1947 sein Roman «Die Pest». Neben seinen Dramen begründeten der Roman Der Fremde und der Essay Der Mythos des Sisyphos sein literarisches Ansehen. 1957 erhielt Albert Camus den Nobelpreis für Literatur. Am 4. Januar 1960 starb er bei einem Autounfall. Das Gesamtwerk von Albert Camus liegt im Rowohlt Verlag vor. Andreas Fliedner (* 1966) studierte Religionswissenschaft, Philosophie und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Er übersetzt aus dem Französischen und Englischen. Einen Schwerpunkt seiner Arbeit bilden politische Philosophie und Ideengeschichte, daneben legte er auch literarische Übersetzungen vor.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.06.2021

„Ich will Dich“
Ein Liebesmarathon, eine Turbulenz, die 15 Jahre anhielt: Der Briefwechsel von Albert Camus und
seiner Geliebten Maria Casarès ist jetzt auch auf Deutsch zu lesen
VON JOSEPH HANIMANN
Wenn Sartre und Simone de Beauvoir ihre Beziehung als eine „amour nécessaire“ bezeichneten, eine schicksalhaft notwendige Liebe, die alle Nebenliebschaften und gelegentlichen Spannungen überdauerte, wie soll man dann diese hier nennen? Die Beziehung zwischen dem Schriftsteller Albert Camus und der Schauspielerin Maria Casarès sprühte, funkelte, bangte, jubelte, fünfzehn Jahre lang, ohne jedes öffentliche Theoretisieren, eher im Verborgenen. 865 ausgetauschte Briefe sind bekannt. Den letzten schrieb Camus vier Tage vor seinem Autounfall im Januar 1960. Jetzt kann man die Spuren dieser „anderen“ legendären Beziehung der Pariser Existenzialistengeneration auch auf Deutsch nachlesen.
Die ganze Kraft seiner Leidenschaft, die er zuvor in alle Richtungen verstreut habe, habe er jetzt auf eine einzige Person konzentriert, schrieb der dreißigjährige Camus am 17. Juli 1944 an die neun Jahre jüngere Schauspielerin: Und daraus sei eine Art „monstrueux amour“ entstanden. Begegnet waren die beiden einander ein paar Wochen zuvor an einem literarischen Abend bei Louise und Michel Leiris.
Maria Casarès spielte dann die Rolle Marthas in der Uraufführung von Camus’ Stück „Das Missverständnis“ am Pariser Théâtre des Mathurins. Der Funke war sofort übergesprungen. Doch es begann als eine ziemlich schusselige Geschichte, mit Ratlosigkeit angesichts der Wucht der Leidenschaft, Angst vor jeder zeitweiligen Trennung, lähmendem Harren auf Antwortbriefe, Zweifeln an der Dauerhaftigkeit, vor allem auf Seiten von Camus.
Die Alliierten waren gerade in der Normandie gelandet, doch Paris stand in jenem Sommer noch unter der Fuchtel der deutschen Besatzer. Einer Razzia konnte Albert mit einem Layout für die Résistance-Zeitschrift Combat in der Tasche knapp entgehen, doch musste er die Stadt schleunigst verlassen. Für die Liebenden begann die erste Prüfung.
Und schon da zeichnet sich trotz der Fusion der Gefühle der Kontrast der Charaktere ab. Casarès, Tochter eines spanischen Ex-Premierministers im Pariser Exil und Jungtalent am Anfang ihrer Karriere als Schauspielerin, strahlt in den Briefen eine kämpferisch heitere Weltbejahung aus, selbst wenn sie von ihren täglichen Verrichtungen, Momenten der Niedergeschlagenheit, aktuellen Lektürestoffen oder von gemeinsamen Bekannten erzählt. Camus hingegen verbeißt sich gern in grimmige Absolutheitsansprüche an diese neue Liebschaft.
Im Herbst jenes Jahres 1944 war die Geschichte auch schon wieder zum ersten Mal vorbei. Alberts Gattin Francine kommt nach zwei Jahren der Trennung aus dem algerischen Oran nach Paris, und die beiden Liebenden beschließen, ihrer Beziehung ein Ende zu setzen. Physisch sei er nach dieser Geschichte zerstört und moralisch ausgetrocknet, leer und ohne jedes Verlangen, gesteht Albert in einem der letzten Briefe.
Im Frühsommer 1948 laufen die beiden einander zufällig aufs Neue über den Weg, und da fängt die Leidenschaft mit doppelter Kraft wieder an. Maria Casarès verlässt ihren Lebenspartner und Camus, der nach dem Erfolg von „Die Pest“ zu den bekannten Figuren der Pariser Literaturszene gehört und mit seiner Frau inzwischen zwei Kinder hat, stellt sich auf eine dauerhafte, diskrete, aber nicht verheimlichte Liebesbeziehung ein.
Die zeitweise mehrmals täglich ausgetauschten Briefe der drei folgenden Jahre bis 1951 machen den Hauptteil des voluminösen Konvoluts aus. Und wieder ist es meistens Maria, die Klartext schafft. „Ich will Dich“, schreibt sie an Weihnachten 1948, sie werde alles und, wenn nötig, auch ihre Grausamkeit dafür einsetzen: „Falls Du nicht bereit bist, falls Du Deinen Frieden willst oder Angst hast, sag es mir.“ Im Fall seiner Einwilligung werde sie bis ans Ende gehen und „vielleicht dadurch Deine Liebe verlieren, doch sei’s drum“. Denn sie müsse handeln und siegen oder verlieren.
Das Hin und Her der „Je t’aime“ und „Mon amour“ war ausgewogen. Beide waren hoch beschäftigt, Maria mit Theaterproben, Tourneen und Filmaufnahmen seit Jean Cocteaus „Orphée“. Alberts Zeit ging mit Schreiben, öffentlichen Auftritten, Vortragsreisen, Theaterprojekten, Urlaubsaufenthalten mit der Familie hin. Umso stärker war das Klagen über die Abwesenheit des Anderen. Manchmal scheint es, als stünden die beiden im Tretrad eines Wortflusses unaufhörlicher Liebesbeweise, selbst wenn es abends todmüde nur noch ein paar Zeilen wurden.
So fließen die Sätze spontan von der Leber weg, am anderen Morgen manchmal schon bereut wegen des etwas wirren Inhalts. Doch die Post musste weg, der Andere wartet. Und als Mitläufer bei diesem Liebesmarathon geht einem selber manchmal der Schnauf aus. Man schnappt Einzelheiten aus der Tagesaktualität oder aus dem Pariser Kulturleben auf, muss sich aber sputen, um den Voranstürmenden zu folgen. Ihre Aufrichtigkeit ist fabelhaft.
Nach Monaten in der Rolle der Revolutionärin Dora Duljebov in Camus’ Stück „Die Gerechten“ gesteht Maria etwa, dass manche Sätze ihr zum Hals heraushingen und sie mit ihren Partnern gegen Lachkrampf ankämpfe – „ich werfe mich Dir zu Füßen, Liebster, und bitte um Vergebung für uns alle“. Die einzig mögliche Gerechtigkeit sei „eine Umverteilung der Ungerechtigkeit“, wo einmal andere Erste Klasse fahren dürften, schreibt Albert trocken zurück.
Dass diese Beziehung für beide nicht als fester Halt, sondern als stimulierende Turbulenz lebensnotwendig war, ist nach der Lektüre dieser Briefe offensichtlich. Der mediterrane Grübler Camus brauchte die temperamentvolle Frau, um seinen Visionen Leben einzuhauchen. Die literarisch wache und politisch forsche Schauspielerin wiederum fand im Schriftsteller ein Gegenüber mit scharfen Ideen. Und der seltene Fall trat ein, dass beide Projektionen mit der Person des jeweils Anderen weitgehend zur Deckung kamen.
Nach Albert Camus’ Tod gingen die Briefe von Maria Casarès an sie zurück. Vor ihrem eigenen Tod 1996 überließ sie den gesamten Briefwechsel Camus’ Tochter Catherine. Diese wiederum gab sie schließlich zur Veröffentlichung frei. Dank der bewundernswerten Arbeit dreier Übersetzer wird auch in der deutschen Ausgabe ein intimer Camus in all seinen Launen sichtbar. Gelegenheit für eine Wiederbegegnung mit dem öffentlich auftretenden Camus bietet die gleichzeitig erscheinende Neuausgabe seiner Vorträge und Reden. Fertig sind wir mit diesem Autor noch lange nicht.
Camus’ Ansprüche sind absolut,
dann stellt er sich aber auf eine
dauerhaft diskrete Beziehung ein
Selten in der Liebe, dass die
Projektionen mit der Person des
Anderen zur Deckung kommen
Albert Camus, Maria Casarès: Schreib oft und viel. Eine Liebesgeschichte in Briefen 1944-1959. Aus dem Französischen von Claudia Steinitz, Tobias Scheffel und Andrea Spingler. Rowohlt, Hamburg, 2021. 1564 Seiten.
50 Euro.
Der Schriftsteller Albert Camus (unten) und die Schauspielerin Maria Casarès lernten sich
1944 kennen. Sie wurde seine
wichtigste Liebe, die erst
mit seinem Tod endete. Camus verunglückte am 4. Januar 1960 im Wagen seines Freundes
Michel Gallimard. Casarès lebte und arbeitete noch bis 1996.
Fotos: Camus/Casarès/Mary Evans/imago/AP
Albert Camus: Reden und Vorträge 1937-1958. Aus dem Französischen von Andreas Fliedner. Rowohlt Taschenbuch Verlag,
Hamburg, 2021.
412 Seiten. 16 Euro.
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