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Rolf Dieter Brinkmann versteht sein Sehreiben als eine »in der Gegenwart« betriebene »Grundlagenforschung der Gegenwart«, in Andreas Neumeisters Roman Gut laut bestimmt die »Gegenwart als Alles und als Nichts« die Struktur des Textes, Rainald Goetz beschreibt sein fünfbändiges Projekt Heute morgen als eine »zur Zeit erscheinende Geschichte der Gegenwart«. An diesen und weiteren Texten (u. a. von Hubert Fichte, Kathrin Röggla und Andy Warhol) zeigt Eckhard Schumacher, wie über die Serialisierung eines immer wieder neuen »Jetzt« die Aktualität des Geschriebenen im Akt des Schreibens konstruiert…mehr

Produktbeschreibung
Rolf Dieter Brinkmann versteht sein Sehreiben als eine »in der Gegenwart« betriebene »Grundlagenforschung der Gegenwart«, in Andreas Neumeisters Roman Gut laut bestimmt die »Gegenwart als Alles und als Nichts« die Struktur des Textes, Rainald Goetz beschreibt sein fünfbändiges Projekt Heute morgen als eine »zur Zeit erscheinende Geschichte der Gegenwart«. An diesen und weiteren Texten (u. a. von Hubert Fichte, Kathrin Röggla und Andy Warhol) zeigt Eckhard Schumacher, wie über die Serialisierung eines immer wieder neuen »Jetzt« die Aktualität des Geschriebenen im Akt des Schreibens konstruiert wird, wie über literarische Verfahren der Gegenwartsfixierung ein performatives Potential entfaltet wird, das neben dem Effekt der Gegenwärtigkeit auch die Pop-Qualitäten der Texte hervorbringt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.07.2003

Jetzt, jetzt, jetzt!
Eckhard Schumacher sucht die Gegenwart in der Pop-Literatur
Los gehts! – Wenn ein Pop-Literat seinen Text mit einem solchen Satz beginnt, hat er nicht allzu viel gesagt. Trotzdem ist etwas passiert. Die Aussage fokussiert den Leser auf die Gegenwart, für die sie ein Ereignis voraussagt. Sie erweckt das Verlangen auf die Erfüllung des Augenblicks, von dem sie jedoch erst kündet. In dieser Perspektive offenbart sich Rainald Goetz’ „Los gehts!”, mit dem er in „Rave” die Hoffnung auf das erlösende Wummern der Bässe auslöst, als durchaus romantische Konstruktion.
Solche Aussagen über die Gegenwart machen nach Ansicht des Kölner Literaturwissenschaftlers Eckhard Schumacher Pop-Literatur aus. Nicht die Themen kennzeichneten die Texte von Autoren wie Goetz, Rolf Dieter Brinkmann oder Hubert Fichte als Pop-Literatur, sondern ihr spezifisches Verhältnis zum Jetzt. Im Akt des Schreibens, so Schumachers These, erschaffen die Pop-Autoren eine Gegenwart, in der Dinge erscheinen, als sehe man sie zum ersten Mal. Dadurch öffne sich der Text selbst für die Epiphanien von scheinbaren Banalitäten – eine Öffnung, so lässt sich anmerken, die schon Hugo von Hofmannsthal in seinem Lord-Chandos-Brief beschrieben hat. Der Autor einer solchen Literatur soll nach Schumacher als Medium der Gegenwart fungieren. Auch mit diesem Verständnis lehnt er sich implizit an die Romantik an: Was die modernen Autoren als nie endende, „in der Gegenwart betriebene Grundlagenforschung der Gegenwart” begreifen, erinnert an Novalis’ Suche nach der blauen Blume.
Schumacher konzentriert sich auf die Schreibweisen der Pop-Literaten anstatt auf ihr Material, die Beats, das Sperma, die Partys. Sein von der Sprechakttheorie John Austins inspirierter Zugriff öffnet den Blick auf das Problem, der „Verspätung” des Schreibens ein Schnippchen zu schlagen. Etwas unvorsichtig setzt Schumacher jedoch Schreib- und Leseprozess in eins und übernimmt so ein unerquickliches Merkmal der Romantik: die Überhöhung des Empfindens des Autors.
Der Hinweis, die Performativität des Texts selbst stelle eine spezifische Form der Gegenwart her, kann den Einwand nicht entkräften.Selbst das performative Potenzial für „Differenz und Dissidenz” in Brinkmanns Texten kann nämlich nur durch den Leser aktiviert werden. Über die „Leseweisen” der Gegenwart, die stets von der jeweiligen Rezeptionssituation abhängig bleiben, schweigt sich Schumacher aus. Dabei hebt – wie Brinkmann betonte – die Grundlagenforschung der Gegenwart in jedem Moment neu an: „jetzt, jetzt, jetzt, jetzt, jetzt, ad infinitum!”
STEFFEN KRAFT
ECKHARD SCHUMACHER: Gerade Eben Jetzt. Schreibweisen der Gegenwart. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2003. 205 Seiten, 10 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Überzeugend findet Rezensent Gerrit Bartels diese Studie zu den "Schreibweisen der Popliteraten" von Eckhard Schumacher. Zentral sei für den Autor "die Performanz der Wörter und Sätze selbst". Schumacher hebe den "Ereignischarakter" der neuen Schreibkultur sowie "deren Übergänge vom Ereignis zur Erzählung und wieder zurück" hervor. "Neu sei das alles nicht", findet der Rezensent. Des Autors Ausführungen "sorgten aber, so Bartels, für die Tilgung mancher blinder Flecken in der Rezeption".

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