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Auch das Gedicht vom Tantenmörder aus der Feder von Frank Wedekind ist in dieser neuen bayerischen Literaturgeschichte zu finden. Von den Tagen der Agilolfinger im 8. Jahrhundert bis zu dem Sprachvirtuosen Gerhard Polt reicht das Spektrum der dargebotenen und erläuterten Texte. 1300 Jahre Geschichte der Literatur auf dem Gebiet des heutigen Bayern werden in diesem Band knapp, kundig und anhand vieler Beispiele vorgestellt. Die gut organisierte Themenvielfalt umfasst religiöse Literatur und mittelalterliche Heldendichtung - zum Beispiel das Hildebrandslied - ebenso wie die Literatur im…mehr

Produktbeschreibung
Auch das Gedicht vom Tantenmörder aus der Feder von Frank Wedekind ist in dieser neuen bayerischen Literaturgeschichte zu finden. Von den Tagen der Agilolfinger im 8. Jahrhundert bis zu dem Sprachvirtuosen Gerhard Polt reicht das Spektrum der dargebotenen und erläuterten Texte. 1300 Jahre Geschichte der Literatur auf dem Gebiet des heutigen Bayern werden in diesem Band knapp, kundig und anhand vieler Beispiele vorgestellt. Die gut organisierte Themenvielfalt umfasst religiöse Literatur und mittelalterliche Heldendichtung - zum Beispiel das Hildebrandslied - ebenso wie die Literatur im konfessionellen Zeitalter mit Autoren wie Hans Sachs und Konrad Peutinger oder etwa Werken zwischen Türkenmode und Aufklärung beispielsweise von Johann Emanuel Schikaneder, dem Librettisten von Mozarts Zauberflöte, und ebenso Schöpfungen der jüngeren Geschichte und Gegenwart von Autoren wie Felix Dahn bis hin zu Herbert Achternbusch und Django Asül. Es gilt, viel zu entdecken, vielem wieder zu begegnen und Hunderte von Anregungen für neue Leseerlebnisse zu erhalten!
Autorenporträt
Klaus Wolf lehrt als Professor für Deutsche Literatur und Sprache des Mittelalters und der Frühen Neuzeit mit dem Schwerpunkt Bayern an der Universität Augsburg.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.09.2018

Minnelyrik und Avantgarde
Die „Bayerische Literaturgeschichte“ des Germanisten Klaus Wolf
München – Der Nachweis ist Klaus Wolf geglückt. Auch wenn die Frage bleibt, ob es überhaupt jemand gewagt hätte zu bezweifeln, dass sich Bayern literaturgeschichtlich mindestens auf Augenhöhe mit Österreich oder der Schweiz befindet. Aber sollte es so einen Zeitgenossen tatsächlich geben, würde ihn die „Bayerische Literaturgeschichte“ des Augsburger Germanisten schnell eines Besseren belehren. Dem Literaturprofessor ist es gelungen, 13 Jahrhunderte bayerischer Geschichte zügig zu durchwandern, ohne im Wust von Namen und Titeln unterzugehen. Bayerisch übrigens mit y geschrieben, was klarmacht, es geht ihm nicht bloß um das Gebiet, in dem bairisch gesprochen wird.
Zur bayerischen Literatur zählt er alles, was auf dem Gebiet des heutigen Freistaats Bayern geschrieben wurde und wird. Auch wenn Bayern in seiner heutigen Form, also einschließlich Bayerisch-Schwaben und Franken, erst ein Ergebnis der napoleonischen Zeit ist. Freilich war Bayern, als Land in der Mitte Europas gelegen, von Anfang an zahlreichen literarischen Einflüssen ausgesetzt, interessanterweise deutlich mehr italienischen als französischen oder spanischen. Methodisch orientiert sich Wolf am Konzept der literarischen Interessensbildung und versucht, mit Hilfe von übergreifenden gesellschaftlichen Bedürfnissen und Anliegen zu ergründen, warum sich bestimmte Literaturtypen ausbildeten.
Der Gang durch die Geschichte beginnt daher mit der Literaturpolitik der Agilolfinger, Bayerns ältestem Herrschergeschlecht. Die Hauptresidenzen von Odilo und Tassilo III., den beiden letzten bayerischen Herzögen im 8. Jahrhundert, waren Salzburg, Regensburg und Freising. Wolf spürt amüsant den innerbairischen ethnischen Konflikten nach, wurde doch im Stammherzogtum Romanisch und ein bairisches Althochdeutsch gesprochen. „Stulti sunt Romani, sapienti sunt Paioari“ – die Romanen sind dumm, die Baiern klug, zitiert er einen Ausspruch aus dem „Kasseler Gesprächsbüchlein“, überliefert als ein Bestandteil der „Glossae Cassellanae“. Ganz reibungslos lebten die einheimische keltoromanische und die „zugewanderte“, germanisch-bairische Bevölkerung anscheinend nicht zusammen. Dem Versuch Tassilos, in den Streitigkeiten mit den Karolingern Literatur als Medium einzusetzen, war bekanntlich kein großer Erfolg beschieden: 788 setzte ihn Karl der Große ab.
Dass die frühesten Vertreter der mittelhochdeutschen Minnelyrik sprachlich eindeutig bairische Dichter waren, wundert nicht. Nicht immer aber ist die poetische Bilanz entscheidend für die literaturgeschichtliche Epoche, wie Wolf am Beispiel Ludwig IV. aufzeigt, besser bekannt als Ludwig der Bayer (1282 bis 1347). Während dessen Regentschaft wurden zwar die traditionelle höfische Dichtung wie der Minnesang gepflegt, er förderte auch Passionsspiele in den Städten. Fast interessanter ist, dass die königliche Kanzlei in München unter seiner Ägide begann, Urkunden in frühneuhochdeutscher Sprache auszustellen, ein wichtiger Schritt zur Ausbildung der neuhochdeutschen Schriftsprache.
Die Mundart, der Dialekt wird für die Bayern übrigens erst im 19. Jahrhundert literarisch wichtig, in erster Linie um sich vom Hohenzollernreich, in das sich Bayern 1871 eingliedern musste, abzugrenzen. Franz von Kobell, der Autor des „Brandner Kaspar“, oder die Gedichte Karl Stielers waren weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt.
Je weiter die Jahrhunderte voranschreiten, je breiter das literarische Angebot wird, desto überblickshafter gerät die Literaturgeschichte. Tatsächlich ist die Stofffülle im 20. Jahrhundert kaum zu bewältigen, zumal der Autor sich bemüht, wirklich alle Gattungen – auch Hörspiel, Kabarett, Film – aufzunehmen. Wolf geht zwar auch hier chronologisch vor, setzt mit dem literarischen Schauplatz München und Thomas Mann in der Prinzregentenzeit ein, skizziert die Unterschiede zwischen schneidigen Hohenzollern und den sich volksnah gebenden Wittelsbachern: Wilhelm II. liebte Manöver, Paraden und seine je nach Waffengattung wechselnden Uniformen, Prinzregent Luitpold dagegen trug Tracht und besuchte Münchner Künstler auch in ihren Ateliers oder lud sie ein – wenn er denn nicht auf der Jagd war. Das liberale Klima in München ermöglichte auch die Gründung zahlreicher Zeitschriften, deren berühmteste das Satiremagazin Simplicissimus war. Zwei davon, Frank Wedekind oder den ambivalenten Ludwig Thoma, behandelt Wolf ausführlicher. Andere kann er nur nennen. Man kommt während des Lesens fast außer Atem, so dicht prasseln die Autorennamen herab. Viele der zahlreichen Schriftstellerinnen müssen sich mit einer Aufzählung begnügen.
Herbert Achternbusch und Franz Xaver Kroetz erklärt Wolf für die Siebziger- und Achtzigerjahre zur literarischen Avantgarde Deutschlands. Die Bayerwalddichterin Emerenz Meier dagegen muss seiner Ansicht nach erst wiederentdeckt werden. Die Mundart blüht für ihn vor allem im Kabarett. Und Wolf weiß auch, wem diese Blüte zu verdanken ist: „Vermutlich erzeugten gerade die dauerhaft absolute Mehrheit der CSU und die übermächtige Persönlichkeit eines Franz Josef Strauß derart kreatives kabarettistisches bis literarisches Potenzial.“
SABINE REITHMAIER
Klaus Wolf: Bayerische Literaturgeschichte. Von Tassilo bis Gerhard Polt, Verlag C.H.Beck 2018
Die Mundart wird
für die Bayern erst im
19. Jahrhundert literarisch wichtig
Die zwei Seiten des Volksstücks: Franz von Kobell (li.) schuf den 1871 erschienenen „Brandner Kaspar“, Franz Xaver Kroetz wurde in den frühen Siebzigern bekannt mit Stücken wie „Wildwechsel“.
Fotos: Knorr+Hirth/Süddeutsche Zeitung Photo, Alessandra Schellnegger
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"Ein Buch, das sich wirklich etwas traut und daher ein Muss ist für alle bayerischen Literaturfreunde und solche, die es noch werden wollen."
Mittelbayerische Zeitung, 10. Juni 2018

"Keineswegs verneigt er sich bloß vor dem Zeitgeist, Wolf fördert erstaunliches zutage."
Alois Knoller, Augsburger Allgemeine, 15. Mai 2018

"Hervorragend."
Münchner Merkur, 3. Mai 2018
Minnelyrik und Avantgarde

Die „Bayerische Literaturgeschichte“ des Germanisten Klaus Wolf

München – Der Nachweis ist Klaus Wolf geglückt. Auch wenn die Frage bleibt, ob es überhaupt jemand gewagt hätte zu bezweifeln, dass sich Bayern literaturgeschichtlich mindestens auf Augenhöhe mit Österreich oder der Schweiz befindet. Aber sollte es so einen Zeitgenossen tatsächlich geben, würde ihn die „Bayerische Literaturgeschichte“ des Augsburger Germanisten schnell eines Besseren belehren. Dem Literaturprofessor ist es gelungen, 13 Jahrhunderte bayerischer Geschichte zügig zu durchwandern, ohne im Wust von Namen und Titeln unterzugehen. Bayerisch übrigens mit y geschrieben, was klarmacht, es geht ihm nicht bloß um das Gebiet, in dem bairisch gesprochen wird.

Zur bayerischen Literatur zählt er alles, was auf dem Gebiet des heutigen Freistaats Bayern geschrieben wurde und wird. Auch wenn Bayern in seiner heutigen Form, also einschließlich Bayerisch-Schwaben und Franken, erst ein Ergebnis der napoleonischen Zeit ist. Freilich war Bayern, als Land in der Mitte Europas gelegen, von Anfang an zahlreichen literarischen Einflüssen ausgesetzt, interessanterweise deutlich mehr italienischen als französischen oder spanischen. Methodisch orientiert sich Wolf am Konzept der literarischen Interessensbildung und versucht, mit Hilfe von übergreifenden gesellschaftlichen Bedürfnissen und Anliegen zu ergründen, warum sich bestimmte Literaturtypen ausbildeten.

Der Gang durch die Geschichte beginnt daher mit der Literaturpolitik der Agilolfinger, Bayerns ältestem Herrschergeschlecht. Die Hauptresidenzen von Odilo und Tassilo III., den beiden letzten bayerischen Herzögen im 8. Jahrhundert, waren Salzburg, Regensburg und Freising. Wolf spürt amüsant den innerbairischen ethnischen Konflikten nach, wurde doch im Stammherzogtum Romanisch und ein bairisches Althochdeutsch gesprochen. „Stulti sunt Romani, sapienti sunt Paioari“ – die Romanen sind dumm, die Baiern klug, zitiert er einen Ausspruch aus dem „Kasseler Gesprächsbüchlein“, überliefert als ein Bestandteil der „Glossae Cassellanae“. Ganz reibungslos lebten die einheimische keltoromanische und die „zugewanderte“, germanisch-bairische Bevölkerung anscheinend nicht zusammen. Dem Versuch Tassilos, in den Streitigkeiten mit den Karolingern Literatur als Medium einzusetzen, war bekanntlich kein großer Erfolg beschieden: 788 setzte ihn Karl der Große ab.

Dass die frühesten Vertreter der mittelhochdeutschen Minnelyrik sprachlich eindeutig bairische Dichter waren, wundert nicht. Nicht immer aber ist die poetische Bilanz entscheidend für die literaturgeschichtliche Epoche, wie Wolf am Beispiel Ludwig IV. aufzeigt, besser bekannt als Ludwig der Bayer (1282 bis 1347). Während dessen Regentschaft wurden zwar die traditionelle höfische Dichtung wie der Minnesang gepflegt, er förderte auch Passionsspiele in den Städten. Fast interessanter ist, dass die königliche Kanzlei in München unter seiner Ägide begann, Urkunden in frühneuhochdeutscher Sprache auszustellen, ein wichtiger Schritt zur Ausbildung der neuhochdeutschen Schriftsprache.

Die Mundart, der Dialekt wird für die Bayern übrigens erst im 19. Jahrhundert literarisch wichtig, in erster Linie um sich vom Hohenzollernreich, in das sich Bayern 1871 eingliedern musste, abzugrenzen. Franz von Kobell, der Autor des „Brandner Kaspar“, oder die Gedichte Karl Stielers waren weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt.

Je weiter die Jahrhunderte voranschreiten, je breiter das literarische Angebot wird, desto überblickshafter gerät die Literaturgeschichte. Tatsächlich ist die Stofffülle im 20. Jahrhundert kaum zu bewältigen, zumal der Autor sich bemüht, wirklich alle Gattungen – auch Hörspiel, Kabarett, Film – aufzunehmen. Wolf geht zwar auch hier chronologisch vor, setzt mit dem literarischen Schauplatz München und Thomas Mann in der Prinzregentenzeit ein, skizziert die Unterschiede zwischen schneidigen Hohenzollern und den sich volksnah gebenden Wittelsbachern: Wilhelm II. liebte Manöver, Paraden und seine je nach Waffengattung wechselnden Uniformen, Prinzregent Luitpold dagegen trug Tracht und besuchte Münchner Künstler auch in ihren Ateliers oder lud sie ein – wenn er denn nicht auf der Jagd war. Das liberale Klima in München ermöglichte auch die Gründung zahlreicher Zeitschriften, deren berühmteste das Satiremagazin Simplicissimus war. Zwei davon, Frank Wedekind oder den ambivalenten Ludwig Thoma, behandelt Wolf ausführlicher. Andere kann er nur nennen. Man kommt während des Lesens fast außer Atem, so dicht prasseln die Autorennamen herab. Viele der zahlreichen Schriftstellerinnen müssen sich mit einer Aufzählung begnügen.

Herbert Achternbusch und Franz Xaver Kroetz erklärt Wolf für die Siebziger- und Achtzigerjahre zur literarischen Avantgarde Deutschlands. Die Bayerwalddichterin Emerenz Meier dagegen muss seiner Ansicht nach erst wiederentdeckt werden. Die Mundart blüht für ihn vor allem im Kabarett. Und Wolf weiß auch, wem diese Blüte zu verdanken ist: „Vermutlich erzeugten gerade die dauerhaft absolute Mehrheit der CSU und die übermächtige Persönlichkeit eines Franz Josef Strauß derart kreatives kabarettistisches bis literarisches Potenzial.“

SABINE REITHMAIER

Klaus Wolf: Bayerische Literaturgeschichte. Von Tassilo bis Gerhard Polt, Verlag C.H.Beck 2018

Die Mundart wird
für die Bayern erst im
19. Jahrhundert literarisch wichtig

Die zwei Seiten des Volksstücks: Franz von Kobell (li.) schuf den 1871 erschienenen „Brandner Kaspar“, Franz Xaver Kroetz wurde in den frühen Siebzigern bekannt mit Stücken wie „Wildwechsel“.

Fotos: Knorr+Hirth/Süddeutsche Zeitung Photo, Alessandra Schellnegger

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