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"Er schien plötzlich nicht zu wissen, was er sagen sollte, schaute nach unten und spielte mit seinen Ringen. Er holte Luft und rieb sich den Kopf, und als er ihr wieder das Gesicht zuwandte, hatte sie das Gefühl, seine Augen seien nackt, sie könne direkt durch sie hindurch ins Licht seiner Seele sehen. Sie wusste, was er sagen würde."
Als Katsa dem geheimnisvollen Prinzen von Lienid begegnet, weiß sie sofort, dass auch er beschenkt ist - sie ist sich nur nicht sicher, mit welcher Gabe. Katsa dagegen ist in allen sieben Königreichen bekannt und gefürchtet: Sie hat die Gabe des Tötens. Nur
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Produktbeschreibung
"Er schien plötzlich nicht zu wissen, was er sagen sollte, schaute nach unten und spielte mit seinen Ringen. Er holte Luft und rieb sich den Kopf, und als er ihr wieder das Gesicht zuwandte, hatte sie das Gefühl, seine Augen seien nackt, sie könne direkt durch sie hindurch ins Licht seiner Seele sehen. Sie wusste, was er sagen würde."

Als Katsa dem geheimnisvollen Prinzen von Lienid begegnet, weiß sie sofort, dass auch er beschenkt ist - sie ist sich nur nicht sicher, mit welcher Gabe. Katsa dagegen ist in allen sieben Königreichen bekannt und gefürchtet: Sie hat die Gabe des Tötens. Nur Bo, der fremde Prinz, scheint keine Angst vor ihr zu haben und ringt beharrlich und mit viel Geduld um ihr Vertrauen. Im Kampf gegen einen König mit einer teuflischen Gabe werden sie auf ihrem gemeinsamen Weg durch Schnee und Eis, über Meere und Gebirgsketten zu Verbündeten - und zu einem leidenschaftlichen, unabhängigen, innigen, streitenden, liebenden Paar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.2010

Ein Mädchen wie eine Kampfmaschine

Der Erfolg von Stephenie Meyer hat einen Vampirrausch auf dem Buchmarkt ausgelöst. Während "Gezeichnet", der erste Band der neuen Reihe "House of Night" von dem Mutter-Tochter-Autorinnenduo P. C. Cast und Kristin Cast, bereits die Bestsellerlisten stürmt, ist Kristin Cashore mit "Die Beschenkte" ein Fantasyroman gelungen, der die Grenzen des Genres sprengt.

Wer in der Silvesterausgabe des "Spiegel" die "Bestseller des Jahrzehnts" versammelt fand, wird sich die Augen gerieben haben: Zwölf der zwanzig seit Januar 2002 meistverkauften Titel sind Jugendbücher, die auch in Gestalt von "Harry Potter" gleich die ersten drei Plätze einnehmen, während etwa der Bestsellergarant Paulo Coelho mit "Der Alchimist" erst auf Rang zwölf erscheint. Hinzu kommt: Die großen Zwölf stammen von gerade mal drei Autorinnen, von der Amerikanerin Stephenie Meyer, der Britin Joanne K. Rowling und der Deutschen Cornelia Funke, von Autorinnen also, die zwar hinsichtlich ihres Schreibstils und der Komplexität ihrer Bücher unterschiedlicher kaum sein könnten, deren Erfolgsromane aber allesamt der diffusen Gattung "Fantasy" zugerechnet werden.

All dies hat längst eine erdrückende Menge an literarischen Trittbrettfahrern auf den Plan gerufen: Wer da teilhaben könnte, seufzen sie insgeheim, es kann doch nicht so schwer sein, mal eben was für Jugendliche runterzuschreiben und damit stinkreich zu werden, und weil sich Rowling und Funke nun doch etwas schwerer kopieren lassen als Meyer, verfassen sie eine Vampirschmonzette nach der anderen und rennen damit offene Türen ein: Die Verlage, so scheint es beim Durchblättern der Frühjahrsvorschauen, lassen sich da nicht lange bitten und weisen keinem Klon die Tür.

Umgekehrt stellt sich bei Buchhändlern und Lesern leicht eine gewisse Unlust ein. So war im vergangenen Herbst eine Vorschau mit der Notiz "Fantasy - bitte trotzdem lesen" versehen, und besonders schwer haben es ungerechterweise Romane, die sich im selben Genre bewegen, aber aus eigenem Recht antreten, inhaltlich wie formal jeden Vergleich mit der "Biss"-Serie für sich entscheiden würden und überdies den Vorzug haben, dass ihre Protagonisten keine stereotypen Projektionsflächen, sondern, nun ja, Wesen aus Fleisch und Blut sind.

Pikant wird es dort, wo sich solche Bücher nicht nur wie dezidierte Gegenentwürfe zur "Biss"-Serie lesen, sondern sich auch gleichzeitig in ihrer äußeren Gestalt an diese anlehnen: Der dominante Schwanenhals auf dem Cover von Kristin Cashores Roman "Die Beschenkte" etwa signalisiert Meyers Leserschaft, dass ihnen auch dieses Buch, das überdies ebenfalls bei Carlsen erschienen ist, gefallen könnte. Natürlich gibt es Parallelen, an die gutwillige Leserinnen anknüpfen könnten: Erzählt wird auch hier aus der Perspektive einer jugendlichen Heldin, die sich in einen rätselhaften Fremden verliebt, der offensichtlich über eine besondere Gabe verfügt. Das Phantastische ist auch ein Bestandteil dieser Welt, und die Geschichte ist nach dem Roman ebenfalls noch längst nicht zu Ende erzählt.

Alles andere aber wird "Biss"-Leserinnen verstören: Denn Katsa, die Heldin des Romans, hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem Mäuschen Bella Swan. Katsa wird von ihrer Umgebung wegen ihrer Physis gefürchtet, ihr Onkel, der Fürst ihres Landes, setzt sie als Kampfmaschine ein, und der junge Bo, in den sie sich verliebt, ist monatelang ein besserer Sparringspartner für sie, einer, der ihr schließlich unterliegt. Am Ende ist die Liebe zwischen Bo und Katsa stärker denn je, und gleichzeitig ist jeder seinen eigenen Weg gegangen: Katsa nach außen, was unter anderem eine faszinierend geschilderte Gebirgstour im Winter und den Showdown mit ihrem fiesen Widersacher umfasst, und der erblindete Bo nach innen - seine übrigen Sinne sind inzwischen so geschärft, dass er seine Augen nicht mehr benötigt.

Das Besondere an diesem Fantasy-Roman aber ist, dass Kristin Cashore eine ethische Frage stellt, die ungleich komplexer ist als das, was in vielen anderen Büchern dieses Genres dafür ausgegeben wird. Katsa muss sich ihren Weg bahnen zwischen den Verlockungen jener Gabe, mit der sie geboren wurde, der Gabe zu töten, und ihrem moralischen Empfinden, das sie am Ende dazu bringt, diese Gabe in eine andere umzuwidmen - der Gabe des Überlebens. Ein Mordwerkzeug emanzipiert sich, eine fremdbestimmte Waise nimmt ihr Schicksal in die Hand. Kristin Cashore schildert dies so glaubwürdig wie spannend, und die Welt, die sie dafür entwirft, ist gerade fremd genug, um diese Frage umso unverhüllter aufscheinen zu lassen.

Vielleicht macht das Beispiel der "Beschenkten" tatsächlich Schule, vielleicht kommt es noch zu einer Wiedergeburt des Genres, die Spannung und phantastische Atmosphäre mit einer ethischen Dimension verbindet, die weit darüber hinausreicht. Wie sich eine solche Entwicklung indessen auf den Bestsellerlisten niederschlüge, bleibt abzuwarten.

TILMAN SPRECKELSEN

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