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Sie sind mittelmäßige Dichter oder eitle Gynäkologen, die schlechte Bilder malen. Betrüger, Machos, Heuchler, lebendig, impotent oder tot. Ihre Frauen sind vor allem das: ihre Frauen. Gefangen in dysfunktionalen Beziehungen, die oft kein Fegefeuer sind, eher kleinliche laue Höllen. Hinter den Fassaden wird ein erbitterter Kampf um Wahrnehmung und Selbstverwirklichung geführt, ereignen sich bizarre, demütigende Episoden. Die Ich-Erzählerinnen, die hier manchmal zugewandte, fast immer aber erbarmungslose Porträts ihrer Männer entwerfen, entblößen zugleich sich selbst, ihre Lebensentwürfe und…mehr

Produktbeschreibung
Sie sind mittelmäßige Dichter oder eitle Gynäkologen, die schlechte Bilder malen. Betrüger, Machos, Heuchler, lebendig, impotent oder tot. Ihre Frauen sind vor allem das: ihre Frauen. Gefangen in dysfunktionalen Beziehungen, die oft kein Fegefeuer sind, eher kleinliche laue Höllen. Hinter den Fassaden wird ein erbitterter Kampf um Wahrnehmung und Selbstverwirklichung geführt, ereignen sich bizarre, demütigende Episoden. Die Ich-Erzählerinnen, die hier manchmal zugewandte, fast immer aber erbarmungslose Porträts ihrer Männer entwerfen, entblößen zugleich sich selbst, ihre Lebensentwürfe und Hoffnungen - also Niederlagen, Illusionen und Peinlichkeiten.

Rumena Buzarovska seziert in elf Erzählungen Varianten des Patriarchats, hyperrealistisch, körperlich und gnadenlos - oft aber auch gnadenlos witzig, von einer spöttischen Lakonie, die die Fassaden durchdringt und allerlei Zwischenmenschliches freilegt.
Autorenporträt
Rumena Buarovska, geboren 1981 in Skopje, Nordmazedonien, Schriftstellerin, Literaturwissenschaftlerin, Übersetzerin. Ihr Erzählungsband Mein Mann wurde in acht Sprachen übersetzt und machte sie zu einem Shootingstar der südosteuropäischen Literaturszene. Sie lehrt amerikanische Literatur an der Staatsuniversität Skopje und setzt sich für eine offene, diverse Gesellschaft in Nordmazedonien ein. Benjamin Langer, geboren 1976 in Erlangen, war von 2006 bis 2009 Lektor des DAAD an der Universität Sveti Kiril i Metodij in Skopje, Mazedonien. Er ist Lehrbeauftragter an der FU Berlin und übersetzt mazedonische Literatur ins Deutsche.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Tilman Spreckelsen bewundert am meisten die Kinderfiguren in den elf Geschichten über Beziehungen, die Rumena Buzarovska laut Rezensent so genau und ohne Scheu vor Katastrophen erzählt. Was die Kinder in gescheiterten Ehen aushalten müssen, machen die Stories für Spreckelsen sichtbar. Neben den "großartigen Kindergestalten" berühren ihn die von den Erzählerinnen sezierten Lebenslügen nicht minder.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.06.2021

Und wenn sie einfach gingen?
"Mein Mann": Rumena Buzarovskas Ehedramen

"Mein Mann hat eine Geliebte", so fängt die Geschichte "Ehebrecher" an. Auf den folgenden Seiten beschreibt die Erzählerin dann, wie der Verdacht geweckt wurde (eine in der Hosentasche vergessene Quittung für Kondome), wovon er sich nährt (lange Abwesenheiten des Ehemanns plus Parfümgeruch hinterher) und was sie unternimmt, nachdem der zur Rede gestellte Mann alles abstreitet. Sie untersucht sein Handy, versucht das Passwort seines E-Mail-Kontos zu knacken, findet heraus, wer häufiger mit ihm telefoniert, und bombardiert die Betreffende, seine Arbeitskollegin Emilija, mit Anrufen. Als sie vermutet, dass Zoran, ihr Mann, zu einem Rendezvous aufbricht, versteckt sie ein Diktiergerät unter dem Sitz. Und berät sich mit einer Freundin und ihrer Mutter über die Situation. Die Freundin hilft ihr eifrig beim Observieren, die Mutter weist jeden Gedanken an eine Scheidung zurück: "Er ist dein Mann. Du hast ihn dir ausgesucht, du musst ihn ertragen." Ihr Rat ist, bei Emilija anzusetzen: "Ich spreche aus Erfahrung. Sie muss weg."

Dass die Erzählerin, die sich anfangs als einigermaßen nüchterne Berichterstatterin gibt, nicht die beste Zeugin des Geschehens ist, wird rasch klar. Und auch, dass ihre Perspektive schon länger von der Überzeugung eingefärbt wird, ihr Mann betrüge sie. Dass sie ihm seit langem hinterherspioniert, dass sie ihn habituell mit ihrer Eifersucht konfrontiert und dass er sich nicht zum ersten Mal in dieser Sache rechtfertigen muss, all das wird im Verlauf der Geschichte klar, auch ohne dass die Erzählerin diese Konstellation groß reflektiert. Umgekehrt wird der - vermeintliche oder tatsächliche - Grund für diese Eifersucht immer diffuser: Betrügt Zoran sie tatsächlich? Seit wann? Und welchen Anteil hat sie selbst an der zerrütteten Ehe?

Elf Ich-Erzählerinnen schildern in Rumena Buzarovskas "Mein Mann" in eben so vielen "Stories" - so die Gattungsbezeichnung des Bandes - das gegenwärtige oder vergangene Zusammenleben mit einem Polizisten, Maler, Gynäkologen, Unternehmer oder mit einfachen Angestellten. Sie erzählen von Beziehungen, die in die Jahre gekommen sind, von Gleichgültigkeit oder Abscheu, vom Schweigen, aber auch von Rücksichtnahme oder überrascht wahrgenommener fortdauernder Vertrautheit. Für alle aber gilt: Indem sie von ihren Männern oder Geliebten erzählen, berichten sie eigentlich viel mehr über sich selbst, und wenn sie mit sezierendem Blick die Lebenslügen derer offenlegen, mit denen sie Tisch und Bett teilen, kneifen sie vor den eigenen die Augen fest zu. Wie lächerlich ist doch der alternde Lyriker in den Augen seiner Frau, einer Lehrerin, wie ignorant ihr gegenüber, wie verletzend, wie geizig, und wie leicht zu manipulieren, wenn man seine lausigen Gedichte lobt. Nur warum ist sie dann noch immer so auf ihn bezogen, warum registriert sie wach jede seiner Bewegungen, warum genügt ein geflüstertes Wort in der Nacht, dass sich die Zärtlichkeit zwischen den Eheleuten wieder einstellt?

Jede dieser Frauen hat ein Geheimnis, das sie nicht ausspricht, aber erraten lässt, und bei allem Grellen an der Oberfläche dieser Geschichten - der Autorin ist es sichtlich nicht um Deeskalation zu tun, und wo sich eine Katastrophe schildern lässt, greift sie zu - ist es diesem Umstand geschuldet, dass man das Buch mit wachsender Teilnahme liest. Manche Figuren, die in den Schilderungen der Erzählerinnen fast wie Karikaturen wirken, die Männer zumal, gewinnen auf den zweiten und dritten Blick und besitzen am Ende der kurzen Texte meist mehr Rätsel an sich als zu Beginn, wo manches noch allzu klar wirkt.

Vor allem aber fragt Rumena Buzsrovska, 1981 in Skopje geboren, nach der Situation der Kinder zwischen den in Liebe und Hass verbundenen Protagonisten, und die tragischsten Schicksale finden sich tatsächlich dort. Der Autorin gelingen großartige Kindergestalten, deren abschätzige Blicke ihre Eltern oder andere Verwandte bis ins Mark treffen, Kinder, die zu nichts mehr bereit sind, weil ihr guter Wille unter den selbstbezogenen, blinden Erwachsenen längst aufgebraucht ist, und die es nicht erwarten können, das Weite zu suchen.

Ihren Eltern könnten sie damit sogar ein Beispiel geben. Denn dass ein Mann wie Zoran, der seine Frau mit beleidigendsten Ausdrücken überzieht, keinen Finger im Haushalt rührt und gern betont, dass aller Besitz des Paares sich seiner Erwerbsarbeit verdankt, genügend Anlass liefert, ihn schleunigst zu verlassen, liegt auf der Hand. Eine Affäre, so könnte man die bittere Pointe der Geschichte verstehen, bedeutet da keinen großen Unterschied mehr. Nur dass es ausgerechnet eine Affäre ist, die seine Frau zum Äußersten treibt, damit sie ihn nicht verlässt.

TILMAN SPRECKELSEN

Rumena Buzarovska: "Mein Mann". Stories.

Aus dem Mazedonischen von Benjamin Langer. Suhrkamp Verlag, Berlin 2021. 171 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Eine intensive feministische Lektüre ...« Norma Schneider neues deutschland 20210605