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Er hat sie früher schon begehrt, und sie hat es wahrgenommen. Deshalb hat sie ihn angerufen, obwohl sie sich kaum kennen. Sie und er: beide nicht mehr jung, nicht perfekt, ein wenig misstrauisch. Ohne viele Worte gehen sie in ein nahes Hotel. Was nicht mehr sein soll als Sex, wird zu einem Grenzgang, einer Befreiung. Véronique Olmi hat einen erotischen Roman geschrieben, der mit einer verstörend präzisen Mischung von Härte und Sensibilität selbst eine literarische Grenze auslotet.

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Produktbeschreibung
Er hat sie früher schon begehrt, und sie hat es wahrgenommen. Deshalb hat sie ihn angerufen, obwohl sie sich kaum kennen. Sie und er: beide nicht mehr jung, nicht perfekt, ein wenig misstrauisch. Ohne viele Worte gehen sie in ein nahes Hotel. Was nicht mehr sein soll als Sex, wird zu einem Grenzgang, einer Befreiung. Véronique Olmi hat einen erotischen Roman geschrieben, der mit einer verstörend präzisen Mischung von Härte und Sensibilität selbst eine literarische Grenze auslotet.
Autorenporträt
Olmi, Véronique§Véronique Olmi wurde 1962 in Nizza geboren und lebt in Paris. In Frankreich wurde sie, als eine der bekanntesten Dramatikerinnen des Landes, für ihre Arbeit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Theaterstücke wurden in viele Sprachen übersetzt und werden in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgeführt. Ihre Romane stehen seit Jahren auf den Bestsellerlisten. In Deutschland erschien von ihr zuletzt "Nacht der Wahrheit" (Kunstmann 2015).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.05.2006

Sexistin auf dem Vormarsch
Véronique Olmi erkundet ein neues Berufsfeld für Frauen

Klein, handlich und so, daß es eine Leserin gut halten kann, die sich gern im Bett in den Schlaf liest - ein Brevier der Liebeskunst: Das ist Véronique Olmis fünfter Roman "Ein Mann, eine Frau". "Roman", diese Gattungsbezeichnung auf dem Schutzumschlag, sagt - gottlob - zuviel, denn der Inhalt des Bändchens besteht fast nur aus der Beschreibung der Wanderungen von Körperteil zu Körperteil: der Zunge über Wangen, Ohren, Schultern, Bauch; der Zungen zueinander; der Hände über Schenkel, Rücken und in allerlei Furchen hinein und an all jene unanständigen Orte, die, nach wenigen Seiten, der Leser des Buches erwarten darf - Wanderungen also, die in der Länge eines Romans schließlich doch langweilen würden. Die Geschichte, die der Untertitel "Roman" verspricht, bleibt die Autorin schuldig. Der Text beschreibt wenige Situationen, drei, vier Szenen, die zu Bildern erstarrt sind: Ein Paar trifft sich im Restaurant, entschließt sich, in den Luxembourg zu gehen, stellt, da es dort durch einen dauerhaften Regen ungemütlich wird, fest, daß es besser wäre, den Parkspaziergang im Bett fortzusetzen, nun als einen Spaziergang über Haut und Haar, und die glitschigen Parkwege durch andere schleimige Passagen zu ersetzen.

Der Inhalt des Buches ist eher eine altmodische Bildergeschichte, zusammengesetzt aus den Schnappschüssen eines Voyeurs: Das Paar sitzt beim Essen, es sitzt im Park, es sitzt im Bett. Wäre es allerdings wirklich eine Bildergeschichte, so müßte, der Schicklichkeit zuliebe, eine Serie geschwärzter Fotos die Erzählung abschließen, die die physischen Geheimnisse der Leidenschaft verbergen würden. In diesen dämmrigen Momenten aber, die man nicht gern auf Fotos zeigt, entfaltet die Autorin erst so recht ihre Kunst als pornographische Schriftstellerin, die ihrem Leser, ihrer Leserin pausenlos und seitenweise Pikanterien zu servieren weiß.

Das Gericht immerhin ist eine feine Speise. Véronique Olmi beschreibt den Liebesakt des Paares mit jener minutiösen Genauigkeit, mit der einst Claude Simon die Holzwand eines Schuppens dargestellt hat. Ihre Sätze sind kurz, ohne atemlos zu sein; der Punkt ist ihr häufigstes Satzzeichen. Subjekt und Objekt sind nur durch das Prädikat getrennt; Mund und Zunge, Hand und Haut kommen sich dadurch grammatisch und gestisch so nahe, wie es sich Liebende nur wünschen können: "Sie kauerte sich zusammen. Verschlossen. Im Augenblick der Nacktheit. Auf einem noch nicht aufgedeckten Bett. Zusammengekauert und verschlossen. Plötzlich, zu plötzlich der Wunsch, daß er den ersten Schritt machen, daß er den Ton vorgeben möge." Die Assoziationen können sich von nun an auch, je leidenschaftlicher sich das stumme Duett der Körper entwickelt, in ein Stakkato ohne Punkt und Komma auflösen. Nachdem alles "vollbracht" ist, stellt sich jedoch die syntaktische Ordnung wieder her: "So blieben sie. Ineinander verschachtelt. Verankert. Miteinander verschweißt durch seinen Penis in ihr. Und ruhig und selbstgewiß, mit der seltsamen Vorahnung, daß sie sich aufeinander verlassen konnten."

Olmis Text ist ein minutiöses Protokoll, eine lakonische, aber präzise Aufzeichnung eines biologischen Vorgangs, eine Feldstudie, sorgfältig gearbeitet und brauchbar für den, der ihn brauchen will. Nur beiläufig zahlt die Autorin der literarischen Sitte ihren Tribut und verbindet die endlosen Orgien des Tastgefühls mit Sinn, Handlung und einer biographischen Problematik. So nimmt dann doch die Tragik das Liebesglück in die Zange. Da muß, so deutet es sich anfänglich an, ein anderer Mann im Spiel sein, einer, so bestätigt es das Ende, der von der Frau verlassen und dadurch in die Paranoia gestürzt worden ist: "Und diese Worte hatten den Mann verbrannt, diese Worte hatten die zurückgehaltene Krankheit explodieren lassen und wegen des Höllenfeuers war sie erwacht und wegen der Glut unter ihren Füßen war sie losgerannt, ein Kind an jeder Hand, gerannt, gerannt, zum Anderswo zum Unbekannten zum Heil gerannt." Die untreue Ehefrau selbst war seit dieser Trennung von Schuldgefühlen verfolgt gewesen, hatte sich alle Genüsse - des Essens, der Liebe - versagt und erlangt nun mit dem neuen Geliebten im Verlauf dieses kurzen Tages und dieses knappen Textes die Absolution, eine Auferstehung zu neuem Leben. Das Ritual der pornographischen Entsühnung endet mit dem Freispruch: "Sie würde leben. Diese Zeit leben. Die Zeit der Vergebung."

Dieser lebensgeschichtliche Rahmen ist trotz seiner Tragik, trotz seiner Pathetik voller Schuld, Sühne und Wiedergeburt nur ein sehr durchsichtiger sittlicher Vorhang vor den Festen der Unsittlichkeit. Auch ein paar Anmerkungen zum Geschlechterkampf, ein paar Überlegenheitsgefühle, die die Autorin einmal beim Mann, dann wieder bei der Frau beobachtet, machen noch keine psychologische Studie. Ein endloser Strom aus Wörtern fließt dahin in einem Rhythmus, der dem Körper folgt - und sollte das Buch über seine Brauchbarkeit hinaus einen literaturhistorischen Sinn haben, so den, daß es noch immer für eine Frau eine Mutprobe ist, so lange so delikate Dinge zu sagen. Pornographische Literatur ist, nachdem die männlichen Autoren als Sexisten verschrieen wurden, ein neues Berufsfeld für Frauen. So müßte es im Zuge der sprachlichen Gleichberechtigung auch bald die Sexistin geben.

HANNELORE SCHLAFFER

Véronique Olmi: "Ein Mann, eine Frau". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Claudia Steinitz. Verlag Antje Kunstmann, München 2006. 111 S., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.03.2006

Von den Klippen, die zu überwinden sind, um zur Sache zu kommen
Von der ersten Verabredung bis ins Bett ist es ein zuweilen peinvoller Weg: Véronique Olmis Roman „Ein Mann eine Frau”
Oh, diese Franzosen und die unendliche Vielfalt des Begehrens! Immer wieder sind sie für Überraschungen gut. Galten sie einst als die Meister der Galanterie, des zwar frivolen, aber doch indirekten Diskurses der Liebe, entwickelten sie sich in jüngster Zeit zu wahren Frontkämpfern des Expliziten. Von den Sexorgien eines Michel Houellebecq über die frenetische Feier wahlloser Sexualität bei Catherine Millet, bis hin zu Virginie Despentes’ an Direktheit nicht zu überbietender Aufforderung „Baise-moi” hat die französische Literatur in den letzten Jahren das Sprechen über die Liebe durch eine Art Arithmetisierung des Sex ersetzt. Es galt das Gesetz der Serie und der großen Zahl.
Véronique Olmi findet in ihrem jüngsten Roman nun tatsächlich noch eine neue Variante. „Ein Mann eine Frau” erzählt von der Heilkraft des Sexuellen. Eine vom Leben bis auf die Grundfesten ihres Wesens zerstörte Frau findet durch das Begehren eines Mannes zur Ganzheit zurück. Er setzt sie neu zusammen, in geduldigen Stößen, zwischen wohl dosierten Ausbrüchen von Animalität und beherrschter Freundlichkeit wechselnd. Am Ende eines verregneten Augusttages verlässt die eben noch Verzweifelte das Hotelzimmer und den friedlich schlafenden Liebhaber. Hinaus ins Leben, hinaus in die „Zeit der Vergebung”.
Das liest sich, wie es klingt: manchmal nahe am Kitsch, pathetisch auch, und doch verblüffenderweise überzeugend. Ein gewisses Gefühl der Peinlichkeit wird man nie ganz los. Denn der Leser wohnt einer seltsamen Form der Intimität bei. Sie steckt weniger im drastischen Vokabular des Sexuellen, als in dem, was die beiden sich verschweigen. Véronique Olmi hat die am Nouveau roman geschulte, so genannte personale Erzählweise (also in der dritten Person ohne Erzählerfigur), die sie in den meisten ihrer mittlerweile fünf Romane verwendet, hier so plausibel eingesetzt wie sonst nur in ihrem ersten Roman, „Meeresrand”. Wir sind ganz nah am Innenleben der Figuren, ohne eine vermittelnde Erzählinstanz, aber auch ohne das zur Identifikation einladende Ich der ersten Person. Es ist wie Gedankenlesen. Und diese Gedanken sind, vor allem bei der vierzigjährigen Frau, die eine grausam gescheiterte Ehe hinter sich hat und Mutter zweier kleiner Kinder ist, peinlicher Natur. Sie hat Lust auf den Mann, der zehn Jahre älter ist, ein Berg von einem Mann, massig und in sich ruhend, während sie bis auf die Knochen abgemagert ist, aber sie hat Angst davor, sich ihm zu präsentieren.
Der Kuss im Park
So werden wir Zeuge all der kleinen Momente von Peinlichkeit, die es zu überspielen gilt, bis ein nicht mehr junges Paar von der unverfänglichen Verabredung in einem Café durch den verregneten Jardin du Luxembourg bis in ein Hotelzimmer gelangt. Das Nachdenken und Zögern, das Wollen und Zweifeln, der erste Kuss im Park, dann der Vorschlag, ins Hotel zu gehen, die Anmeldung an der Rezeption, die Aufzugfahrt, das umständliche Hantieren mit dem Schlüssel.
Im Hotelzimmer geht sie ins Bad. Mit Schrecken sieht sie ihr Gesicht, die verlaufene Wimperntusche, die tiefen Ringe unter den Augen. Wie konnte sie es nur wagen, sich küssen zu lassen? Sie wäscht sich. Erinnerungen an ihren Ehemann werden eingeblendet. Und dann die beiden im Bett: Riechen, Tasten, erste Erkundungen, Zeichen der Hingabe. Als sie sein Hemd öffnet, richtet er sich mit einem Ruck auf. Es sind die kleinen Gesten, in denen die Gefahr lauert und die Véronique Olmi meisterhaft in Szene setzt, um deutlich zu machen, welche Klippen ein Paar überwinden muss, das zur Sache kommen will, ohne miteinander vertraut zu sein. Offenbar zeigt auch der Mann seinen Körper nicht gern. Und so ist die Tatsache, dass er sein Hemd auszieht, ein kleiner glücklicher Triumph für sie: eine Einwilligung, nicht auf „schnelle Liebe” aus zu sein.
Die Autorin spart nicht mit großen Worten. Scham, Schuld, Schande gehören so selbstverständlich zu ihrem Vokabular wie die variantenreiche Benennung der Geschlechtsteile. Die Frauen in Olmis Romanen und Theaterstücken sind Hysterikerinnen, und immer gibt es irgendwelche verschütteten Traumata, die schmerzvoll ans Licht gezerrt werden. Das ist manchmal des Grausamen zu viel. Auch in „Ein Mann eine Frau” leidet der Ehegatte unter einer durch die Trennung ausgelösten Psychose. Aber mit der Figur des Liebhabers ist es Olmi zum ersten Mal geglückt, eine erlösende Balance zwischen Mann und Frau zu finden. Während sich ihr letzter Roman, „Eine so schöne Zukunft”, in dem sich zwei Frauen nach gescheiterten Beziehungen aneinander klammern, trotz eines versöhnlichen Endes von seiner eigenen Hysterie nicht mehr erholte, hat Véronique Olmi nun eine neue Figur in ihren Erzählkosmos eingeführt. Es ist ein Mann, der da bleibt, der nicht flüchtet, einer, der die Exaltiertheit der Frau an seiner körperlichen Präsenz abprallen lässt. Ein rätselhafter Mann, kindlich, animalisch und einfühlsam genug, dass die Frau ihn schätzen kann. Mehr wäre ein Unglück, denn er verschwände im Sog der weiblichen Leidenslust, von der auch die Heldin dieses Sommerrendezvous nicht frei ist. MEIKE FESSMANN
VÉRONIQUE OLMI: Ein Mann eine Frau. Roman. Aus dem Französischen von Claudia Steinitz. Verlag Antje Kunstmann, München 2006. 111 S., 14,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Schon wieder so ein libertinärer Skandalroman aus Frankreich?, fragt sich Meike Fessmann und stellt fest, dass Veronique Olmi dem Genre eine neue Variante hinzugefügt hat: Die "Heilkraft des Sexuellen". Erzählt werde die Geschichte einer stark beziehungsgeschädigten Frau im mittleren Alter, die durch das Begehren eines Mannes ins Leben zurückfindet. Zwar segle der Roman manchmal gefährlich nahe an der Kitschgrenze vorbei, erzeuge aber auch eine eigentümliche Intimität, die weniger aus dem drastischen Vokabular herrühre als aus den Momenten der Verschwiegenheit, die sich beim Leser als "gewisses Gefühl der Peinlichkeit" einstelle. Am nouveau roman geschult und auf eine Erzählerfigur verzichtend, begebe sich die Autorin ins Innenleben der Protagonisten und werde zur "Gedankenleserin". Anders als in ihren früheren Romanen sei es Olmi diesmal gelungen, eine überzeugendes Gleichgewicht zwischen Mann und Frau zu finden, findet die Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH