Marktplatzangebote
9 Angebote ab € 1,00 €
  • Gebundenes Buch

A. L. Kennedy erzählt von Paaren, die sich nichts zu sagen haben - und damit nicht aufhören können. Die sich verachten, betrügen, verlassen. Die die Liebe suchen und im Sex versanden, oder umgekehrt. Die Autorin aus Schottland hat einen Blick für das Skurrile und Absurde der Liebe: Die Frau, die endlich ihren Freund verlassen hat und dann wie betäubt durch eine fremde Stadt irrt, bis sie hilflos in einem Sex-Shop landet. Die beiden, die sich völlig entfremdet haben, und nach dem Essen plötzlich einen Kuss geben, der umso leidenschaftlicher ist, da sie sich im Grunde gar nicht kennen. Kennedys…mehr

Produktbeschreibung
A. L. Kennedy erzählt von Paaren, die sich nichts zu sagen haben - und damit nicht aufhören können. Die sich verachten, betrügen, verlassen. Die die Liebe suchen und im Sex versanden, oder umgekehrt. Die Autorin aus Schottland hat einen Blick für das Skurrile und Absurde der Liebe: Die Frau, die endlich ihren Freund verlassen hat und dann wie betäubt durch eine fremde Stadt irrt, bis sie hilflos in einem Sex-Shop landet. Die beiden, die sich völlig entfremdet haben, und nach dem Essen plötzlich einen Kuss geben, der umso leidenschaftlicher ist, da sie sich im Grunde gar nicht kennen. Kennedys Erzählungen sind schmerzhaft und zärtlich zugleich. Und wie in der Liebe selbst, will man immer mehr davon.
Autorenporträt
A. L. Kennedy, 1965 im schottischen Dundee geboren, wurde bereits mit ihrem ersten Roman Einladung zum Tanz (2001) berühmt und zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen britischen Autor:innen. Sie wurde mit zahlreichen wichtigen Literaturpreisen ausgezeichnet. 2007 erhielt sie den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur, 2016 den Heine-Preis, 2020 den Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels. Kennedy lebt in Schottland und schreibt u. a. für The Guardian und die Süddeutsche Zeitung. Bei Hanser sind Das blaue Buch (Roman, 2012), Ein schlechter Sohn (Hanser-Box, 2014), Der letzte Schrei (Erzählungen, 2015), Schreiben (Blogs & Essays, 2016), Süßer Ernst (Roman, 2018) und Als lebten wir in einem barmherzigen Land (Roman, 2023) erschienen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Etwas enttäuscht wirkt Eva Behrendt von der neuesten Kurzgeschichten-Sammlung A. L. Kennedys. Während der "auf Informationsentzug gesetzte Leser" der Autorin durch die "Bewusstseinsströme von Mittelschichtsmenschen" folgt, beweist diese zwar erneut, dass sie bezüglich Erzähltechnik und Spannungsaufbau mit allen Wassern gewaschen ist, doch die Auflösung wirkt Behrendt oft zu banal. Besonders im Vergleich zu früheren Werken Kennedys bedauert sie die Abflachung der Charaktere und Handlungsverläufe. Dennoch sind einige der Geschichten die Mühe allemal wert, so die Rezensentin, wird ihr Erzählen doch erst durch das eigenwillige Spiel der Autorin mit stilistischen Mitteln und Perspektiven möglich.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.03.2015

Ungekämmte Gefühle
Die schottische Erzählerin A.L. Kennedy ist eine Meisterin darin, romantische Sehnsüchte
am schnöden Alltag abprallen zu lassen. So auch in ihrem neuen Erzählungsband „Der letzte Schrei“
VON ULRICH RÜDENAUER
Ein Rendezvous in einem Café, das Spiel der Blicke, tausenderlei Eindrücke, die durchs ruhelos arbeitende Hirn schießen, das Flirren des Anfangs oder Endes, eine Irritation, die sich in kleinen Gesten verrät: Die Verabredung eines Paares, erzählt aus der Perspektive der Frau, wird fortwährend durchkreuzt von automatisch aufpoppenden Gedanken, in denen die Hoffnung aufs Nichtalltägliche merklich in sich zusammenstürzt. „Dieser Mann“ heißt die Geschichte, eine von dreizehn in A.L. Kennedys neuem Erzählungsband, der erneut von Ingo Herzke ins Deutsche gebracht wurde.
  Subtil und brutal zugleich spielt die schottische Autorin mit den Projektionen ihrer Figuren: „Wieso stellst du dir den braunen Parka vor, in dem er, wie du offenbar glaubst, klapprige Urlaubsreisen unternehmen wird? Wieso beschwörst du häuslichen Horror herauf und Zank über zu viele Gurkenscheiben, die das eklige Brot durchweicht haben? Wieso nimmst du überhaupt an, dass ihr ekliges Brot essen werdet?“ Der romantische Liebeswunsch scheint bei der Frau mindestens ebenso stark ausgeprägt zu sein wie ihr nüchterner Realismus. Die Kollision der beiden emotionalen Zustände im Kopf, kann kaum jemand so entlarvend, sarkastisch und mitunter komisch inszenieren wie Alison Louise Kennedy, die als A.L. Kennedy inzwischen zu einer literarischen Marke geworden ist.
  In ihrem neuen, vielleicht ein wenig zu sehr auf ihre erprobten Muster vertrauenden Erzählungsband „Der letzte Schrei“ – dem bereits 16. Buch der 49-Jährigen – prallen wieder einmal Glücksversprechen und Desillusionierung heillos aufeinander. Nicht immer endet das wie in „Dieser Mann“ in einem zumindest kurzzeitig von Grübeleien erlösenden Kuss, in einer etwas komödienhaften Pointe. Meist löst sich die Spannung gar nicht recht auf. Hypernervös geistern A.L. Kennedys Helden zwischen Innen- und Außenwelt hin und her; zuweilen versuchen sie in einem unschönen Spagat die beiden Sphären miteinander zu verbinden.
  Die Liebesgeschichte zwischen einem Jungen und einem Hund muss man unter dem Stichwort unglückliche Beziehung verbuchen. Schon der erste Satz trägt den absehbaren Verlust in sich: „Es konnte nicht ewig gehen.“ Simon bekommt von seinem Vater einen Hund geschenkt, die Eltern leben getrennt, die Mutter zeigt sich wenig begeistert von der Großzügigkeits-Geste ihres Ex-Mannes und dem neuen Familienmitglied. Zwei Wochen lang sind Simon und die Hündin unzertrennlich. Weil das Kind aber als Spielball seiner geschiedenen Eltern gelernt hat, vorsichtig zu sein, gibt Simon dem Tier keinen Namen – die Taufe würde die Bindung unverbrüchlich machen und nichts hernach den Schmerz der Trennung abmildern können. Als die Mutter sich gegen den Hund (und damit gegen die Sehnsucht des Kindes) entscheidet, wird das von Simon lapidar kommentiert und mit der Elternfloskel für alle Lebenslagen betäubt: „Simon hatte es gewusst. Mach dir nichts draus.“
  Die suchenden, zweifelnden, manchmal auch hinter Zynismus sich versteckenden Helden von A.L. Kennedy machen sich natürlich sehr wohl etwas draus. Wenngleich ihre Gefühle nicht immer leicht zu dechiffrieren sind. Zuweilen stolpert man als Leser haltlos durch ihre sich überlagernden Bewusstseinszustände, über verschiedene Erzählebenen, schwankt zwischen normal und kursiv gesetztem Text, der Objektives von Subjektivem trennt, bis man irgendwann glaubt, diese Liebesleidenden und sich Liebesleid Zufügenden doch am Schlafittchen ihrer Verzweiflung packen zu können.
  Am greifbarsten ist vielleicht Mark in der Titelgeschichte „Der letzte Schrei“. Sein Gefühlshaushalt ist relativ leicht zu ergründen; sein Irren und Wirren bleibt im überschaubaren Spektrum männlicher Selbstzufriedenheit und eitlen Selbstmitleids. Und doch schafft es Kennedy, diesen unsympathischen und notorischen Ehebrecher in seinen Vierzigern zugleich vorzuführen und interessant zu machen. Denn dass ihn seine Affäre mit der halb so alten Punkerin Emily wirklich am wunden Punkt der Liebe erwischt hat, wird erahnbar. Konsequent verleugnet er die Ernsthaftigkeit dieser Erfahrung vor seiner Frau und besonders vor sich selbst, auch um die Annehmlichkeiten seines Alltags nicht zu gefährden. All das erfahren wir, während er an einem Bahnhof im Nirgendwo gestrandet ist. Für einen Augenblick denkt er darüber nach, sich vor einen Zug zu werfen, um sich dann doch wieder seiner eigentlichen Bestimmung zuzuwenden: Seine „Wahrnehmung zupft“ an einer ebenfalls wartenden Reisenden, der Erotomane scannt die Umgebung – und all das im „toten Winkel“ seiner ebenfalls am Bahnsteig wartenden Ehefrau. Aus den eingespielten Verhaltensmustern gibt es kein Entrinnen.
  Liebe, Begierde, Sex sind weder unschuldig noch frei von Gewalt, oftmals allerdings ein korruptes und korrumpierendes Geschäft. Darum haben sich A.L. Kennedys Geschichten immer schon gedreht. Es geht um Macht und Eroberung. Wenig Raum bleibt da für wahrhaftige Empfindungen. Wenn die Figuren aber doch einmal überfallartig von solchen Gefühlen erwischt werden, können sie ebenso schnell wieder in Gleichgültigkeit umschlagen. Kennedy ist fasziniert von Menschen, durch deren Gefühlsleben sich unübersehbare Risse ziehen. Das Gegenüber kann in diesem Spalt leicht verloren gehen.
  „All the Rage“ lautet der Originaltitel von A.L. Kennedys Band, und manchmal ist es der Zorn, der den Figuren in die Glieder fährt und sie verständnislos aneinander vorbeireden oder erbost einander anschweigen lässt, wenn sie nicht längst schon vor den Zumutungen der Liebe resigniert haben. Oder aus Gewohnheit ihre Putzfrau „vögeln“ wie in „Weil Mittwoch ist“. Mit Leidenschaft hat dieser Akt fast nichts zu tun, mehr mit einer in die Routine des Arbeitsablaufs eingebauten Triebabfuhr: Die Putzfrau mit dem aparten Namen Carmen hat ihren Arbeitgeber Philip eines Nachmittags ohne Anlass „ein wenig rätselhaft angeschaut und ihren Rock gehoben“. Jeden Mittwoch um die Mittagszeit wiederholt sich dieses Schauspiel. Die Erzählung endet mit einem zutiefst zärtlichen und die Fremdheit zwischen Philip und Carmen markierenden Ritual – mit einer ebenso unpersönlichen wie intimen Berührung. „Und dann lässt er sie. Er lässt sie seine Haare kämmen – die kleinen Zinken von der Stirn nach hinten fahren, über seine Schläfen, ihn vom Haaransatz bis zum Nacken glatt streichen, und er lässt das Gesicht nach vorn sinken und nickt, zeigt ihr damit an, dass sie weitermachen soll, und manchmal machen sie das zwanzig Minuten, eine halbe Stunde lang, oder bis er vergisst, bis er verblasst, bis er geklärt ist. Es hilft. Es hilft auf jeden Fall.“
  Viel größere Nähe ist bei A.L. Kennedy kaum zu haben. Und vielleicht ist diese Form der Innigkeit schon viel – ein emotionales Hilfsprogramm für illusionslose Seelen. Bei aller Grausamkeit, bei aller Wut, aller Bitterkeit – Kennedys unbedingt lesenswerte, klärende Erzählungen helfen auch dem Leser. Auf jeden Fall.
A.L. Kennedy: Der letzte Schrei. Erzählungen. Aus dem Englischen von Ingo Herzke. Carl Hanser Verlag. München 2015. 208 Seiten. 19,90 Euro. E-Book 15,99 Euro.
Unerlöst geistern Kennedys
Helden hin und her zwischen
Innen- und Außenwelt
Liebe, Begierde und Sex
sind hier weder unschuldig
noch frei von Gewalt
Der Hund, den ein Junge in einer Geschichte geschenkt bekommt, dient seinem getrennt lebenden Vater als trojanisches Pferd der Rache.
Foto: ERIC GAILLARD/REUTERS
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.08.2015

Galerie der Gestörten

A. L. Kennedy verdichtet auf engstem Raum Düsternis, Schwäche und Zärtlichkeit: In ihrem Erzählungsband "Der letzte Schrei" ergründet sie die Liebe jenseits des romantischen Versprechens.

Es stimmt nicht, dass in den Werbesprüchen auf Buchdeckeln - "Blurbs" im Branchenjargon - nur Blödsinn steht. Manchmal wird man mit Aperçus von lessingscher Tiefe beschenkt. Als vor Jahrzehnten ein englischer Kritiker bemerkte, Patricia Highsmith schreibe über ihre Figuren so, wie eine Spinne über Fliegen schreiben würde, hatte sich eine Lesart durchgesetzt, die man sicherlich auch auf andere Art, jedoch kaum eleganter ausdrücken kann. (Die Frage wäre, ob sie wirklich stimmt.) Die neue Geschichtensammlung der schottischen Schriftstellerin A. L. Kennedy hat unter britischen Rezensenten ebenfalls einen unvergesslichen Satz hervorgebracht. (Und abermals weiß ich nicht, ob er stimmt.) Er lautet: "Dieses Buch feiert die Liebe wie ein hungriger Hund den Kadaver eines Kaninchens."

Ist Ihnen etwas aufgefallen? Beide Bilder benutzen die Täterperspektive (Spinne, Hund), um auf das Opfer (Fliege, Kaninchen) zu blicken. In beiden geht es ums Fressen, also Vernichten, und um das Mechanische tierischer Nahrungsaufnahme. Und das soll der Blick sein, den A. L. Kennedy auf die Liebe wirft? In gewissem Sinn: ja. Insofern nämlich, als die Autorin vor allem an den Verdrehungen, Verwirrungen und Paradoxien der Liebe interessiert ist, an brutalen seelischen Wahrheitsmomenten jenseits des romantischen Versprechens. An dem Chaos, das die Liebe stiftet, der Einsamkeit, die sie in der Zweisamkeit schafft, an der Leere, die sie hinterlässt, und den völlig schiefen, schmerzenden Bildern, die sie in unserer Phantasie produziert. Kennedy zeigt uns das Innere ihrer Figuren bei der Verfertigung liebes- oder sexinduzierter Empfindungen, und wie es sich für diese Autorin gehört, wirken ihre Bewohner der Britischen Inseln zunächst wie eine Galerie Gestörter - und erst beim zweiten Hinsehen ziemlich normal. Gut. Das also sind wir. Manchmal komplexe, manchmal jämmerliche Wesen - und meistens eine komplexe Mischung aus beidem.

Jetzt kommt der Serviceteil. Von den dreizehn Erzählungen dieses Bandes fand ich drei oder vier flach, fremd, unnötig verrätselt. Die anderen spannend bis verstörend, aber ganz ohne Rätsel geht es auch dort nicht ab. Das liegt an Kennedys Erzählweise. Sie springt gern mit einer verwackelten Nahaufnahme in den Text und erzählt gleichsam aus dem Maschinenraum, ohne sich um Zeit, Ort und Umstände zu scheren. Kursiv gesetzter innerer Monolog - nennen wir es Gedankenrede - unterbricht und kommentiert die Erzählstimme. Oft erschließt sich die Situation nur langsam, weil die Vergangenheit erst aus dem Nebel des gegenwärtigen Plapperns hervortreten muss, und im Allgemeinen gewinnen die Storys beim zweiten Lesen. Hin und wieder ist das mühsam, aber öfter von großer Originalität. Dieses Erzählen schafft es, in wenige Sätze Düsternis, Schwäche und Zärtlichkeit zugleich zu packen, und nimmt man gleich nach der Kennedy-Lektüre wieder den handelsüblichen Realismus zur Hand, wie ihn die abendländischen Gesellschaften seit zweihundert Jahren pflegen, ist man geneigt, ihn etwas simpel zu finden.

"Die Auswirkung der guten Regierung auf die Stadt" handelt von einem entfremdeten Paar in Blackpool und der Langzeitwirkung von Kriegserfahrung. Starke Geschichte. "Dieser Mann" erzählt von der Begegnung einer Frau und eines Mannes in einem Café im Freien. "Mit Überzeugung sagte er: ,Der erste schöne Tag des Jahres. Wie wundervoll.' Und hinter wundervoll ließ er eine Pause, in der er dich nicht anschaute." Trotzdem kommt es am Ende zu einem Kuss. Der Kuss ist wider Erwarten ein schöner Kuss. Diese Evidenz des Küssens - ohne Vor- und Nachgeschichte - gehört zu den wärmsten Augenblicken des Buches. Viele sind es nicht. Aber es gibt sie, und wenn diese Autorin sie schafft, bedeuten sie etwas.

Die lange Titelerzählung "Der letzte Schrei" beginnt auf einem walisischen Provinzbahnhof, auf dem ein Paar auf den verspäteten Zug wartet. Pauline ist dominant, gereizt, kontrolliert, Mark ein kuschender Ehemann, der aus dem Augenwinkel eine fremde Reisende beobachtet und lustvolle Phantasien entwickelt. Von dort aus (er schlendert immer noch über den Bahnsteig) entrollt er die Geschichte seiner Affäre, die das Paar dahin gebracht hat, wo es jetzt steht. Liebe und Lust, wie Kennedy sie schildert, sind vor allem unendlich sonderbar. Aber auch banal wie in der Erzählung "Weil Mittwoch ist", die da anhebt mit dem Satz: "Weil Mittwoch ist, vögelt er Carmen." Darauf kursiv: "Grotesk unpassender Name für eine Putzfrau, Carmen. Passt nicht mal zu ihr als Mensch - wirklich vollkommen unangemessen. Wie natürlich auch das Vögeln. Ich bin ihr Arbeitgeber - berufliche Beziehung, Vertrauensverhältnis und so weiter -, ich sollte mich besser im Zaum haben. Wobei Sex natürlich auch ein Beweis gegenseitigen Vertrauens sein kann. Ich könnte argumentieren, dass ich gewissermaßen eine Ebene zwischenmenschlicher Entspannung etabliere."

Das ist eine Probe der Kennedy-Komik, von Ingo Herzke wunderbar tonsicher übersetzt, irgendwo zwischen hysterischem Kichern und Glucksen in der Basslage. A. L. Kennedy kann beides. Fehlt noch die Stelle in der Erzählung "Baby Blue". Die Stelle mit den Kondomen mit Schokoladengeschmack, die eine etwas verwirrte Frau in einem Erotikladen entdeckt. Mandy, die Verkäuferin, berät sie fachkundig ("Für Sie selbst?"), und was dann kommt, das irritierte Grübeln, die tiefe Traurigkeit, die Sehnsucht - nicht nach anderen Geschmacksrichtungen, sondern nach authentischem Gefühl -, ist hinreißend. Genug. Werden einem diese Geschichten gefallen? Das, o Leserin, o Leser, ist eine sehr persönliche Frage.

PAUL INGENDAAY

A. L. Kennedy: "Der letzte Schrei". Erzählungen.

Aus dem Englischen von Ingo Herzke. Hanser Verlag, München 2015. 205 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr
"A. L. Kennedy verdichtet auf engstem Raum Düsternis, Schwäche und Zärtlichkeit: In ihrem Erzählungsband ergründet sie die Liebe jenseits des romantischen Versprechens." Paul Ingendaay, Frankfurter Allgemeine Zeitung 08.08.15

"Erotische Energie, soziale Präzision, Humor und prägnanter Stil paaren sich zu einer Mischung, in der auch die härtesten Erzählungen eine Magie entfalten, der man nicht entkommt. Sie schafft es immer, den Leser zum Komplizen zu machen." Meike Fessmann, Der Tagesspiegel, 10.05.15

"Was sie schreibt, glaube ich sofort. Ihren Figuren nehme ich jedes Gefühl, jede Absurdität ab." Judith Kuckart, Neue Zürcher Zeitung, 26.04.15

"Kennedy schreibt mit bösem schottischem Humor und, wunderschön eloquent, über das Schweigen der Liebenden." Stern, 16.04.15

"A. L. Kennedy ist eine Meisterin darin, romantische Sehnsüchte am schnöden Alltag abprallen zu lassen. ... Die Kollision emotionaler Zustände kann kaum jemand so entlarvend, sarkastisch undmitunter komisch inszenieren wie Kennedy, die inzwischen zu einer literarischen Marke geworden ist. ... Bei aller Grausamkeit, bei aller Wut, aller Bitterkeit - Kennedys unbedingt lesenswerte, klärende Erzählungen helfen auch dem Leser. Auf jeden Fall." Ulrich Rüdenauer, Süddeutsche Zeitung, 24.03.15

"Ihr großes Thema ist die Liebe. Besonders in ihren Erzählungen schreibt sie darüber so zauberhaft und treffend, dass es fast schon weh tut." Laura Freisberg, Deutschlandradio Kultur, 09.03.15

"Ihren Figuren nehme ich jedes Gefühl ab, jede Absurdität, denn sie stellen nichts dar, sondern sie sind. ... A. L. Kennedy zieht mit rüder Zärtlichkeit hinein - in die Mitte der Situation, in die Mitte einer Person. ... Am Ende habe ich fast vergessen, dass ich lese." Judith Kuckart, SWR2 Forum Buch, 08.03.15

"Es gibt kein neues Buch von A.L. Kennedy, das nicht unbedingt lesenswert wäre." Sigrid Löffler, Deutschlandradio, 16.03.15
…mehr
Auch wenn sich A.L. Kennedy virtuos darauf versteht, in ihren Erzählungen alle Romantik am Alltag abperlen zu lassen, fordert Rezensent Ulrich Rüdenauer nachdrücklich zur Lektüre ihres sechzehnten, von Ingo Herzke gelungen übersetzten Buches "Der letzte Schrei" auf. Denn in den dreizehn hier versammelten Erzählungen erlebt der Kritiker die schottische Autorin einmal mehr in Bestform: Mit der inzwischen vertraut gewordenen Mischung aus Komik, Sarkasmus und gnadenlos entlarvendem Blick lasse Kennedy hier abermals die Sehnsucht nach Liebe auf "nüchternen Realismus" treffen, berichtet der Kritiker. Begeistert wandert der Kritiker durch die verschiedenen Erzähl- und Bewusstheitsebenen, erlebt Verzweiflung und Zynismus und manchmal sogar ein wenig Nähe.

© Perlentaucher Medien GmbH
Mit 13 Erzählungen zeigt auch 'Der letzte Schrei' eindrucksvoll das große Können der schottischen Autorin. Buch aktuell, 02/2020