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Zur Entwicklung der modernen Kunstwissenschaft gehört untrennbar die Geschichte ihrer Popularisierung. Illustrierte Kunstbuchserien waren zentrale Medien, die das Kunstinteresse bei einem breiten Publikum weckten, die Schuljugend bildeten sowie kunsthistorisches Fachwissen vermittelten, demokratisierten und international verbreiteten. Ihre Geschichte und Wirkung wird hier erstmals umfassend analysiert und im Kontext anderer Vermittlungsinstanzen wie Museen, Ausstellungen, Kunsthandel und Presse erörtert. Die von Fachleuten verantworteten und auf dem neuesten Stand der Reproduktionstechnik…mehr

Produktbeschreibung
Zur Entwicklung der modernen Kunstwissenschaft gehört untrennbar die Geschichte ihrer Popularisierung. Illustrierte Kunstbuchserien waren zentrale Medien, die das Kunstinteresse bei einem breiten Publikum weckten, die Schuljugend bildeten sowie kunsthistorisches Fachwissen vermittelten, demokratisierten und international verbreiteten. Ihre Geschichte und Wirkung wird hier erstmals umfassend analysiert und im Kontext anderer Vermittlungsinstanzen wie Museen, Ausstellungen, Kunsthandel und Presse erörtert. Die von Fachleuten verantworteten und auf dem neuesten Stand der Reproduktionstechnik illustrierten Kunstbuchserien popularisierten das Leben und Werk der Alten Meister ebenso wie die moderne Kunst des späten 19. und 20. Jh.
Autorenporträt
Friederike Kitschen studierte Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft in Bonn und München. Sie arbeitete als Kuratorin, Dozentin sowie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris und am Hermann von Helmholtz Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität zu Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wo genau in der Kunstgeschichte in Deutschland, Frankreich, England und den USA von etwa 1850 bis in die Nachkriegszeit die Trennlinie zwischen Populärwissenschaft und akademischer Analyse verläuft, hätte die Autorin laut Rezensent Peter Geimer gern noch genauer herausarbeiten können. Ansonsten gefällt Geimer, wie Friederike Kitschen die Entstehung und Entwicklung (auch sprachlich) bunter Kunstmonografien dokumentiert. Interessant findet er, welche Epoche und Künstler wann zwischen den beiden kunsthistorischen Feldern wechselten. Dass Kitschens Buch selber nicht eindeutig einzuordnen ist, manchmal umgangssprachlich daherkommt, dann wieder französische Quellen im Original zitiert, scheint Geimer bemerkenswert. Auf die Sprache der Beispieltexte wie auf die aktuelle Wissenschaftsgeschichte hätte die Autorin noch näher eingehen können, findet er.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2021

In Farbe für das große Publikum

Was Panofsky kaum, doch Rilke sehr gefiel: Friederike Kitschen dokumentiert die Geschichte der kunsthistorischen Populärliteratur.

Im Mai 1928 erhielt der Münchener Bruckmann Verlag einen Brief des Hamburger Kunsthistorikers Erwin Panofsky. Wenige Tage zuvor hatte der Verlag Panofsky Gratisproben seiner neuen Farbdrucke nach Gemälden alter Meister geschickt und ein Urteil über die Qualität der Reproduktionen erbeten. Da die kunsthistorische Arbeit damals noch ganz durch den Umgang mit Schwarz-Weiß-Abbildungen bestimmt war, erhoffte man sich in München sicherlich ein Lob durch den renommierten Gelehrten.

Die Antwort aus Hamburg fiel allerdings ernüchternd aus. Er gehöre nicht zu den Freunden farbiger Reproduktionen, gab Panofsky zu verstehen, "nicht nur wenn sie schlecht, sondern auch gerade dann, wenn sie gut gemacht sind". Je vollkommener eine farbige Reproduktion, umso verheerender ihre Wirkung - so musste man Panofskys ironische Wendung wohl verstehen. Monika Wagner, die den Briefwechsel im Hamburger Warburg-Archiv entdeckt hat, führt das Unbehagen an der Farbe wohl zu Recht auf die damals unter Kunsthistorikern verbreitete Skepsis gegenüber einer allzu großen Nähe zur Populärkultur zurück: Der Gelehrte bevorzugte das sachlich-strenge Schwarz-Weiß, "farbige Fotoreproduktionen rangierten in der Kategorie der Unterhaltung".

Die Anekdote illustriert einen Gegensatz, der das Schreiben über Kunst lange Zeit geprägt hat und auch heute noch nachwirkt - den Gegensatz zwischen der um Sachlichkeit bemühten Rekonstruktion historischer Kunst und dem Versuch ihrer sinnlich-ästhetischen Verlebendigung. Den Gegenpol zur akademischen Farb- und Sprachaskese beleuchtet nun eine reich bebilderte Einführung in die Geschichte der kunsthistorischen Populärliteratur. Friederike Kitschen dokumentiert darin die Entwicklung populärer Kunstmonographien in Deutschland, Frankreich, England und den Vereinigten Staaten von der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts bis in die ersten Jahrzehnte der Nachkriegszeit. Wie die Autorin eindrücklich zeigt, trennte die Grenze zwischen analytischer Strenge und essayistischer Gelassenheit nicht nur wissenschaftliches und journalistisches Schreiben, sondern verlief auch innerhalb der noch jungen Disziplin der Kunstgeschichte.

Der Breslauer Kunstgeschichtsprofessor Richard Muther beispielsweise trat als Herausgeber der populären Buchreihe "Die Kunst" (1902-1909) in Erscheinung und handelte sich auf diese Weise das Misstrauen seiner Fachkollegen ein. Der junge Rainer Maria Rilke hingegen gehörte zu den begeisterten Lesern der Reihe: "Muther behandelt die alten Meister nicht nur als ob sie heute lebten, sondern als ob sie jung gewesen wären mit denen, die heute jung sind." Mit seinem Beitrag zu Auguste Rodin steuerte Rilke schließlich selbst einen Band zu der Buchreihe bei, gefolgt von Julius Meier-Graefe, der dem deutschen Publikum die Werke Édouard Manets und der Neoimpressionisten nahebrachte. Interessant sind auch die Zu- und Abgänge im Kanon der populären Klassiker. Die Künstler der Renaissance bilden eine konstante Größe, während Maler wie Fritz von Uhde oder Paul Delaroche einen kurzen Auftritt im populärwissenschaftlichen Kosmos haben, um dann für immer aus ihm zu verschwinden.

Panofsky hätte die Lektüre vermutlich auf Seite 224 eingestellt. Denn hier beginnt die Dokumentation der ersten Kunstreproduktionen in Farbe. Wie sehr man die Leserschaft allmählich an die farbigen Bilder gewöhnen musste, zeigt ein bemerkenswertes Detail: Die ersten Farbreproduktionen von Gemälden Jan van Eycks erstellte der Seemann Verlag nicht anhand der Originale, sondern nach eigens angefertigten Kopien - wie um die Aura des Originals symbolisch zu überhöhen und die Farbreproduktion noch stärker in den Rang eines minderen Surrogats zu rücken.

Wie würde die Autorin ihren eigenen Beitrag wohl einordnen - im Bereich populärer Literatur oder im engeren Feld der wissenschaftlichen Analyse? Hier bleibt der Band ein wenig unentschieden. Denn einerseits wird plakativ, mitunter auch umgangssprachlich formuliert ("neue Stars in Farbe", "verrückt nach Biographien"), andererseits rechnet das Buch mit Leserinnen und Lesern, die dem Gegenstand in großer Detailauflösung folgen wollen und auch Zitate aus dem Französischen problemlos im Original lesen.

Das Schwergewicht liegt auf der Beschreibung und historischen Dokumentation, interpretierende Passagen treten dahinter zurück. Auf naheliegende Anschlüsse an die aktuelle Wissenschaftsgeschichte wird ebenso verzichtet wie auf eine genauere Betrachtung der Sprachgestalt der Texte. Das hätte durchaus von Interesse sein können - wenn etwa der Kunsthistoriker Berthold Daun seine Monographie zu Veit Stoß zunächst als akademische Qualifikationsschrift verfasste, um den gleichen Stoff dann für eine größere Leserschaft umzuformulieren. Hier hätte sich exemplarisch zeigen lassen, wo genau man die Trennlinie zwischen akademischem Tiefgang und populärwissenschaftlicher Leichtigkeit zog. Diesen Fragen können sich nun aber andere widmen. Das Material dazu steht bereit, die Grundlage ist mit dieser beeindruckenden Dokumentation geschaffen. PETER GEIMER.

Friederike Kitschen: "Als Kunstgeschichte populär wurde". Illustrierte Kunstbuchserien 1860-1960 und der Kanon der westlichen Kunst.

Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 2021. 390 S., geb., 99,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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