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Zwei Kenner diskutieren - David Hockney und Martin Gayford im GesprächZum ersten Mal wird die Geschichte der Bilder im Ganzen erzählt: Von der Höhlenmalerei über Giotto, van Eyck und Warhol bis zu digitalen Bildern. Der weltberühmte Künstler David Hockney und der in seinem Fach ebenso bekannte Kunstkritiker Martin Gayford haben sich jeder auf seine Weise ein Leben lang intensiv mit Bildern beschäftigt. Eine geschickte Auswahl an Bildbeispielen aller Epochen und das vielseitige Werk David Hockeys selbst illustrieren die Thesen der Autoren. Ihre Gespräche über die Geschichte des Bildermachens…mehr

Produktbeschreibung
Zwei Kenner diskutieren - David Hockney und Martin Gayford im GesprächZum ersten Mal wird die Geschichte der Bilder im Ganzen erzählt: Von der Höhlenmalerei über Giotto, van Eyck und Warhol bis zu digitalen Bildern. Der weltberühmte Künstler David Hockney und der in seinem Fach ebenso bekannte Kunstkritiker Martin Gayford haben sich jeder auf seine Weise ein Leben lang intensiv mit Bildern beschäftigt. Eine geschickte Auswahl an Bildbeispielen aller Epochen und das vielseitige Werk David Hockeys selbst illustrieren die Thesen der Autoren. Ihre Gespräche über die Geschichte des Bildermachens bewegen den Leser - jung wie alt - und bringen Licht in die Frage, was Bilder für uns bedeuten und wie wir uns mit ihnen die Welt erschließen.
Autorenporträt
Der Brite Martin Gayford hat wichtige Studien über Constable, van Gogh und Gauguin veröffentlicht und 2009 die Constable-Ausstellung in der Londoner National Portrait Gallery ausgerichtet. Er schreibt für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften. Im deutschen Sprachraum ist der in Cambridge lebende Autor noch weitgehend unbekannt.

David Hockney, geb. 1937 in England, ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler. Der Wahlkalifornier, der in jungen Jahren die britische Kunstszene aufrüttelte, wird zu den Pionieren der Pop Art gezählt. Durch seine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der Kamera gilt Hockney heute als Erneuerer der Fotokunst. Neben Gemälden schuf der Künstler eine große Anzahl von Zeichnungen, Radierungen und Bühnenbildern.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.12.2016

Pompeji ist das Beverly Hills der Antike

Im Gefängnis der Zentralperspektive: David Hockney und Martin Gayford durchmessen im Gespräch die Kunstgeschichte - von den Höhlenwänden bis zu den Bildschirmen unserer Tage.

Im Sommer 1956 trafen sich die französischen Dichter Louis Aragon und Jean Cocteau zu einer Reihe von Gesprächen über Werke der Dresdner Gemäldegalerie. Die Bilder waren gerade aus der Sowjetunion nach Deutschland zurückgekehrt, um nach Jahrzehnten der Auslagerung in der teilweise rekonstruierten Galerie wieder gezeigt zu werden. Die beiden Dichter zog es allerdings nicht ins ferne Dresden, lieber traf man sich in der Wohnung Aragons am Pariser Marché Saint-Honoré und betrachtete statt der Originale eine Auswahl an Postkarten und Diapositiven. Das Gespräch kommt rasch in Gang, und immer wieder lassen die beiden sich von ihren Einfällen leiten, wechseln von den Gemälden Ucellos zum Film, von Tintoretto zu Stendhal und von der Modernität der Fotografie zur vergänglichen Schönheit der Gasbeleuchtung auf den Champs-Elysées.

Man denkt an diese Dialoge zurück, wenn man die Gespräche des englischen Malers David Hockney mit dem Kunstkritiker Martin Gayford liest, die in einem hervorragend illustrierten Band erschienen sind. Auch der Dialog der beiden Engländer folgt keinem strengen Skript, man lässt sich von den wechselnden Beobachtungen und Erinnerungen leiten und hat sich vorgenommen, dabei nicht nur Meisterwerke der Kunst in Augenschein zu nehmen, sondern die Gesamtheit der Bilder "von der Höhlenmalerei bis zum Screen". Das Interesse an den neuesten Bildtechnologien überrascht bei Hockney nicht, denn neben der Malerei hatte er sich schon früh der Fotografie gewidmet, das Faxgerät als Reproduktionsmedium für Aquarelle entdeckt und später auch iPhone und iPad als Zeicheninstrumente verwendet. "Es gibt eine Vielzahl von Geschichten der Kunst, was wir jetzt brauchen, ist eine Geschichte der Bilder", sagt Hockney zu Beginn des Gesprächs, und Gayford fügt hinzu, eine solche Geschichte müsse die Grenzen zwischen E- und U-Kultur überwinden.

Dass sie nicht die ersten sind, die diesen Gedanken haben, scheint den beiden Gesprächspartnern nicht durchweg bewusst zu sein, und auch auf manche Allgemeinplätze ("Wir alle sehen die Welt auf unsere eigene Art") hätte man gerne verzichtet. Vor allem Hockney belebt das Gespräch aber immer wieder durch überraschende Pointen, etwa wenn er am Ende einer Reflexion zur Einführung der Zentralperspektive im fünfzehnten Jahrhundert bemerkt: "Albertis Fenster ist in Wirklichkeit ein Gefängnis." Die Vorstellung, dass der gemalte Bildraum auf einen einheitlichen Fluchtpunkt zulaufen soll, missfällt ihm ebenso wie die dadurch bewirkte Fixierung des Betrachters.

Unter seinen eigenen Zeitgenossen amüsieren Hockney die Versuche von Medizinern, die Malweise El Grecos auf einen Sehfehler des Malers zurückzuführen, oder die Medienvergessenheit eines Kunsthistorikers, der Cézannes Ansicht der Montagne Sainte-Victoire eine Schwarzweißfotografie des Berges gegenüberstellt, um Wirklichkeit und Malerei zu vergleichen - als sei Malerei bloße Fiktion, Fotografie hingegen die Wirklichkeit selbst. Äußerst erhellend sind auch die Passagen, die Einblicke in die Welt des Praktikers erlauben, der das, was er sieht, in die lebhafte Erfahrung der eigenen Tätigkeit rückübersetzen kann.

Bei der Betrachtung von Fotografien Henri Cartier-Bressons erinnert Hockney daran, dass man Bilder nicht mit Blick auf das Zentrum, sondern von den Rändern her gestalten müsse, und an Rembrandts Federzeichnung "Ein Kind lernt laufen" analysiert er die Fähigkeit des Künstlers, mit wenigen Pinselstrichen eine ganze Familienkonstellation auf das Papier zu bringen. "Die Kunst entwickelt sich nicht weiter", bemerkt Hockney einmal lakonisch. "Einige der frühesten Bilder gehören zu den besten." Mit dieser Haltung ist er vom Pathos der Moderne und ihren Überbietungsgesten ebenso weit entfernt wie von kulturpessimistischen Verklärungen der Vergangenheit.

Während Hockney seine Pointen vor allem aus der Kennerschaft des Praktikers bezieht, muss Gayford seine Rolle im Gespräch erst noch finden. Hier zeigt sich, dass die gewählte Form - halb Gesprächsprotokoll, halb nachträglich redigierter Text - nicht immer glücklich ist. Denn ein wirklicher Dialog ist das in weiten Teilen nicht. Oftmals stehen die Beiträge als isolierte Textblöcke nebeneinander, und vor allem die Ausführungen Gayfords lesen sich mitunter wie auswendig gelernte Kurzreferate, von denen man nicht genau weiß, ob sie sich an sein Gegenüber oder an einen imaginären Leser richten, der solcher Nachhilfe bedarf.

Auch dass die Gespräche - für mündliche Beiträge eher ungewöhnlich - Fußnoten haben, unterstreicht diesen hybriden Charakter. So verharrt der Text ein wenig unentschieden zwischen der Spontaneität des Mündlichen und den nachgereichten Bildungsexkursen. Hier wären die beiden Sprachkünstler aus Paris gute Vorbilder gewesen.

Bedauerlich ist, dass die programmatisch skizzierte "Welt der Bilder" am Ende erstaunlich eindimensional erscheint. Zwar wird die Höhlenmalerei ausführlich gewürdigt (man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als korreliere die Vorliebe fürs Archaische und die Urgünde der Kultur mit dem eigenen Älterwerden), die angekündigte Erweiterung des Blicks auf die medialen Bildwelten der Gegenwart bleibt jedoch weitgehend aus. Abgesehen von einigen Klassikern des Hollywood-Films oder Walt-Disney-Produktionen der vierziger und sechziger Jahre, kommen in der "Welt der Bilder" Artefakte außerhalb der Museen nicht vor, und unter den über dreihundert abgedruckten Bildern stammt ein einziges von einer Frau - ein Tunnelblick ganz eigener Art.

Die in Aussicht gestellte Ausweitung des Blicks deutet sich bei Hockney eher in Gestalt recht kühner Vergleiche an, wenn er etwa Pompeji das "Beverly Hills der Antike" nennt oder Giottos Arena-Kapelle in Padua als frühe Form des Fernsehens anführt. Man hätte diese Vergleich gerne genauer begründet gesehen, um zu verstehen, auf welchen Haupt- und Nebenwegen die Bildgeschichte von Pompeji nach Beverly Hills, von Caravaggio zu Photo Shop gelangt ist. Hockney und Gayford kennen sich sehr gut in der Kunstgeschichte aus, die in Aussicht gestellte Vermittlung mit den Bedingungen der Gegenwart bleibt ein uneingelöstes Versprechen.

PETER GEIMER

David Hockney und Martin Gayford: "Welt der Bilder". Von der Höhlenmalerei bis zum Screen.

Aus dem Englischen von Ursula Wulfekamp und Nikolaus G. Schneider. Sieveking Verlag, München 2016. 360 S., Abb., geb., 45,- [Euro].

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