Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
- Produktdetails
- Verlag: Tropen
- Seitenzahl: 160
- Erscheinungstermin: 23.08.2013
- Deutsch
- ISBN-13: 9783608105643
- Artikelnr.: 39195094
Nicole Zepter, Chefredakteurin von "The Germans", das sich als "politisches Zeitgeistmagazin" präsentiert, hat einer enttäuschten Liebe ein schmales Buch gewidmet. Wer angesichts des Titels "Kunst hassen" emphatische Tiraden erwartet, liegt allerdings falsch: Der Betrieb wird lediglich kenntnisreich charakterisiert. Inmitten recht allgemeiner Anprangerungen des Eventcharakters zeitgenössischer Kunstdarbietungen und des Vorwurfs, Museumsbesucher würden durch organisierte Bevormundung mutwillig der Möglichkeit beraubt, sich überhaupt eine Meinung zu bilden, stößt man auch auf diesen Befund: "111 Millionen Pfund. Koons und Hirst an der Spitze in jenem Monat, in dem die Lehman Brothers Bank Bankrott erklären musste und damit eine ganze Weltwirtschaft in die Krise stürzte." Aus dieser Beobachtung ließe sich zweifellos etwas machen. Aber stattdessen landet die Autorin prompt bei einem Galeristen-Witz. Ein Genre, das es höchstwahrscheinlich zu Recht nicht zu größerer Bekanntheit gebracht hat. Und alle Eloquenz des Buches beantwortet die Frage nicht: Weswegen soll man eigentlich Kunst selbst hassen, wenn doch der Betrieb, der sich die Kunst unterwirft, von der Autorin gegeißelt wird. Der dagegen in Stellung gebrachte Appell zur wahren Teilnahme an Kunst ist beeindruckend unoriginell und wird von keinerlei Hinweisen gestützt, wie sich die Autorin die richtige Begegnung mit Kunst, um die es ihr offenbar zu tun ist, eigentlich vorstellt. Einige Vorschläge, den schlimmsten Entfremdungen zu entgehen, würde man gerne vorgelegt bekommen. (Nicole Zepter: "Kunst hassen". Eine enttäuschte Liebe. Tropen Verlag, Stuttgart 2013. 136 S., br., 12,- [Euro].)
kmau
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Horror
Nicole Zepter berichtet von ihrer
enttäuschten Liebe zur Kunst
Das Buch liegt leicht in der Hand, heller Leineneinband, weiches Papier, vorne drauf steht groß Kunst – ein ideales Geschenkbändchen also. Wenn nicht die Wörter wären. Schon auf dem Deckel steht nämlich auch noch „Hassen“. Und das ist auch die Ansage: „Kunst Hassen“ von Nicole Zepter handelt – laut Untertitel – von einer enttäuschten Liebe.
Wer diese ersten Sätze für polemisch hält, der wird auch mit einem Manifest nicht viel anfangen können, das nicht mehr ist als ein unzufriedener Spaziergang durch Berliner Ausstellungshäuser, bei dem die Autorin aufschreibt, was ihr missfällt: museale Architektur, White Cube und Vermittlungsangebote. Dann „sakraler Horror“ und „Irrglauben an das Genie und den Wahnsinn“. Auch „Supermarktästhetik“, „Günstlingsgesellschaft“ und die Traurigkeit, die Installationen von Beuys ausstrahlen. Dass man im Museum als Besucher zur Passivität verurteilt ist („sehen, staunen, nicht verstehen“), kritisiert die Autorin im gleichen Ton, in dem sie feststellt, dass Computer der pädagogischen Abteilung zuweilen im Keller aufgestellt sind. Und ärgert sich noch über böse dreinblickendes Wachspersonal und die Stimme des Museumsdirektors im Audio Guide.
Nun sind weder die einzelnen Befunde neu noch die grundsätzliche Haltung, die, wieder einmal, die der erstaunten Unschuld ist – das Kind, das im Märchen vor dem Kaiser in seinen neuen Kleidern steht und quakt, dass der ja nackt sei. Wo man jedoch angebrachte Skepsis in eine grundsätzliche Haltung und Formel gerinnen lässt, sollte man argumentativ mehr auffahren als diffuses Ungenügen. Zepter aber schreibt ja auch gegen Argumente an – die Pose allein soll es richten. „Kunsthass geht an die Wurzel des Übels – an den falschen Respekt, der das Gerüst trägt“, verspricht die Autorin.
Doch wer mit Feststellungen argumentiert, dass „Kunst von den wenigen Einflussreichen über den Markt kanonisiert“ werde, der findet zwar bei Stippvisiten im Hamburger Bahnhof, wo gerade Carsten Höllers Rentiere weiden, und in den Kunstwerken, die eine Ausstellung mit weißen Zellen von Absalon zeigen, vielleicht noch Hinweise – sollte aber nicht noch ausgerechnet in der Berliner Gemäldegalerie aufschlagen, die nicht gerade im Verdacht steht, aktuelle Blue Chips abzusegnen. Der Bestand eines solchen öffentlichen Museums ist durch Generationen von Kritikern, die Kunstgeschichte und einigen Publikumserfolg kanonisiert. Doch das langweilt Nicole Zepter: „Das Haus spricht von rund 1000 sogenannten Meisterwerken: Bruegel, Dürer, van Eyck, Raffael, Tizian, Caravaggio, Rubens, Rembrandt, Vermeer. Wer sich im 21. Jahrhundert durch die Häuser mit dem musealen Repertoire schleppt, ganz egal ob es das Kunsthistorische in Wien, die Gemäldegalerie in Berlin oder die Alte Pinakothek in München ist, erlebt ein Déjà-vu in jedem Haus: Inszenierung und Präsentation folgen einem seit Jahrhunderten gültigen Raster.“
Ist es nun die Präsentation oder die Auswahl, die Nicole Zepter anödet? Wer so diffamiert, der kann es auch als Déjà-vu empfinden, dass auf dem Museum immer und immer wieder oben ein Dach drauf sitzt. Die Radikalität, die Nicole Zepter inszeniert, läuft allein in subjektiven Befindlichkeiten aus. So bleiben die lesenswertesten Zeilen des 140-Seiten-Bändchens die, wo ausnahmsweise mal ein Kurator zu Wort kommt – und die vielen nur nebenbei erwähnten Kunstwerke, die Absalons, Höllers, Dürers, Rembrandts.
CATRIN LORCH
Nicole Zepter: Kunst Hassen. Eine enttäuschte Liebe. Tropen Verlag, Stuttgart 2013. 139 Seiten, 12 Euro. E-Book 9,99 Euro.
Kann es das geben,
ein Museum ohne Déjà-vu?
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Evelyn Roll, Süddeutsche Zeitung, 7.4.2015
""Kunst hassen" hält was es fordert: dass man sich nicht einschüchtern lässt, selber denkt, sich auf eigene Gefühle verlässt, den Mut aufbringt zur eigenen reflektierten Meinung"
Hans Durrer, deutscher-buchmarkt.de, April 2014