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John Bergers letztes Buch - das Testament eines einzigartigen Künstlers
»Ein Geschenk für Rosa« ist das letzte Buch, das John Berger vor seinem Tod veröffentlichte. Entstanden in den Jahren zwischen 2013 und 2015, erforscht er in diesen Stücken das eigene Schreiben und dessen untrennbare Verbindung zu Malerei, Fotografie und Musik. Berger spiegelt sich in Geistesgefährten wie Charlie Chaplin, Albert Camus und Rosa Luxemburg. Er nimmt Abschied von Künstlerfreunden und Verwandten wie seinem Onkel Edgar, der stets drei Brillen bei sich trug. Immer weisen seine Worte über das Selbstporträt…mehr

Produktbeschreibung
John Bergers letztes Buch - das Testament eines einzigartigen Künstlers

»Ein Geschenk für Rosa« ist das letzte Buch, das John Berger vor seinem Tod veröffentlichte. Entstanden in den Jahren zwischen 2013 und 2015, erforscht er in diesen Stücken das eigene Schreiben und dessen untrennbare Verbindung zu Malerei, Fotografie und Musik. Berger spiegelt sich in Geistesgefährten wie Charlie Chaplin, Albert Camus und Rosa Luxemburg. Er nimmt Abschied von Künstlerfreunden und Verwandten wie seinem Onkel Edgar, der stets drei Brillen bei sich trug. Immer weisen seine Worte über das Selbstporträt hinaus, hinterfragt und erschließt seine Literatur auf einmalige Weise unsere Welt.

John Berger versetzt den Leser in den »Zustand einer Stille des Verwunderns«.
Nico Bleutge, Süddeutsche Zeitung

Autorenporträt
John Berger, 1926 in London geboren, studierte Zeichnung und Malerei. Seine bahnbrechende Fernsehserie ¿Sehen. Das Bild der Welt in der Bilderwelt¿ definierte unsere Art, Kunst zu betrachten, neu; das Buch zur Serie wurde zum Standardwerk. In ¿Der siebte Mensch¿ beschäftigte er sich als einer der ersten mit dem Thema Migration. Mit seinen Romanen, Geschichten und Essays, seiner politischen Insistenz und seinem zärtlichen Blick auf die Wirklichkeit wurde er zu einer der eigenständigsten Stimmen des 20. Jahrhunderts. John Berger starb Anfang 2017 in der Nähe von Paris. Hans Jürgen Balmes, 1958 in Koblenz geboren, ist Lektor und Übersetzer. Für 'Mare' schrieb er über die 'Quellen der Meere'. Porträts und Aufsätze schienen u. a. in der 'Neuen Zürcher Zeitung' und der 'Süddeutschen Zeitung'. Aus dem Englischen übersetzte er John Berger, Barry Lopez sowie Gedichte von Robert Hass, W. S. Merwin, Martine Bellen und Warsan Shire. 
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Thomas David wird ein wenig wehmütig zumute angesichts dieses letzten Buches des 2017 verstorbenen John Berger. Noch einmal bewundert der Kritiker die außergewöhnlich Wahrnehmungskunst des Schriftstellers, der ihm hier in zwölf überwiegend zwischen 2014 und 2015 entstandenen, teils mit eigenen Zeichnungen ausgeschmückten Texten unter anderem von seiner erneuten Lektüre von Camus' Romanfragment "Der erste Mensch" erzählt, sich an die Helden seiner Kindheit und Jugend erinnert oder ihm von seiner Bewunderung für Rosa Luxemburg erzählt. Beinahe meint der Rezensent das "leise Kratzen des Füllfederhalters auf dem Papier" zu hören. Und Bergers einzigartiger Menschlichkeit verzeiht David auch gern die ein wenig "unnachgiebige" Kritik am "neoliberalen Dogma".

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.05.2018

Leichter
Luftzug
„Ein Geschenk für Rosa“:
John Bergers letztes Buch
Sprache – das war für John Berger nicht einfach ein nüchternes System von Zeichen. Vielmehr hat eine gesprochene Sprache seiner Vorstellung nach einen eigenen Körper. Ja, sie war ihm ein lebendiges Geschöpf, dessen Physiognomie aus Worten besteht und dessen Organe „linguistisch miteinander verbunden sind“. Wenn Berger etwas geschrieben hatte, ein paar Zeilen nur, hielt er inne und ließ die Worte zu diesem Geschöpf zurückwandern. Dort wurden sie sofort von einem Rudel anderer Worte begrüßt: „Ich lauschte auf ihr Konferieren. Sie stellten den Gebrauch, den ich von ihnen machte, auf die Probe“.
Gut ein Jahr nach John Bergers Tod ist jetzt ein Band mit letzten Texten erschienen, die Hans Jürgen Balmes, Bergers langjähriger Übersetzer, in ein geschmeidiges Deutsch verwandelt hat. Dort kann man den Worten lauschen, wie sie sich gegenseitig begrüßen. Die meisten dieser Stücke sind zwischen 2013 und 2015 entstanden. Berger, der Schriftsteller und Maler, hatte die Sammlung selbst komponiert, sein Sohn Yves das Konvolut dann abgeschrieben. So kurz die einzelnen Texte auch sind, enthalten sie doch die ganze Kunst des großen Engländers, wie sie sein Schriftsteller-Kollege Teju Cole einmal skizziert hat: „Anekdote, Essay, Politik, Philosophie und Poesie eint er zu einer Art Montage.“ Und man darf hinzufügen: Auch Zeichnungen und Fotos sind Teile dieser „wendigen Prosa“.
Beim ersten Streunen weiß man oft gar nicht, durch welche Welten man gerade wandert. Berger schafft es, Zitate von Charlie Chaplin, Songzeilen, die Politik von Evo Morales, Gemälde und Lampedusa in einem einzigen Text zu vereinen. Wie in den Bildern eines befreundeten Malers, die sich Berger in einem Text ansieht, könnte die Anordnung verwinkelter kaum sein: „Die Straßenzüge sind manchmal gerade und regelmäßig, dann rätselhaft verschlungen, mit brachliegenden Grundstücken und unfertigen Bauplätzen“. Und trotzdem – oder gerade deshalb – gerät man beim Lesen in jenen Zustand einer „Stille des Verwunderns“, den Berger an Charlie Chaplin so schätzte.
Überhaupt Chaplin: In einem wundersamen kleinen Portrait tastet sich Berger an den großen Komiker heran. Mit weit ausholendem Atem verknüpft er Bruchstücke aus Chaplins Biografie, Filmszenen und Reflexionen darüber, was einen Clown ausmacht – „jedes Mal wenn er fällt, kommt er als neuer Mensch auf die Füße, ein neuer Mensch, der gleichzeitig derselbe und ein anderer ist“. Nicht zu vergessen eine Collage aus Chaplins Maximen: „Der Arsch ist die Mitte des Mannes“ etwa oder „Die Mächtigen sind immer übergewichtig und nervös“. Sehr schön lässt er Chaplins Kraft und seinen Sinn für Mehrdeutigkeiten aus seiner Einsamkeit als Kind hervorgehen.
Egal, ob er sich der Sprache zuwendet oder ein Bild betrachtet, ob er sich die Steinchen eines Mosaiks ansieht oder Rosa Luxemburg ein Geschenk macht (welches, das sei hier nicht verraten): Immer schafft es John Berger, auch uns Leser etwas sehen zu lassen. Er verwandelt die Dinge vor unseren Augen und zeigt uns ihre gesellschaftliche Bedeutung.
Dass Berger auch sich selbst bisweilen als Clown sah und als Tramp des Denkens, versteht sich fast von alleine. In jeden der kleinen Texte hat er Momente seines eigenen Lebens geschmuggelt. Mit Rosa Luxemburg teilte er den Wunsch, sich für die an den Rand gedrängten Menschen einzusetzen und trotzdem immer „fest und klar und heiter“ zu bleiben. Wie Charlie Chaplin vertraute er auf das Glück des Staunens. Von seinem geliebten Onkel hatte er die Unnachgiebigkeit gelernt und die andere Sicht auf die Dinge („Er untersuchte alles und jedes“). Und wie ein Sänger probierte er immer, dem gleichförmigen Ablauf der Zeit zu trotzen.
Dabei verfügt noch der unscheinbarste Text über eine politische Schicht. Am überzeugendsten sind jene Stellen, an denen Berger seine Kritik an der Globalisierung und am „neoliberalen Dogma“ nicht in überdeutliche Kommentare packt, sondern in Szenen und Bilder einlagert, die er auf Ähnlichkeiten hin abhorcht. Berger lehnte Zeit seines Lebens jede Art von Herrschaft ab.
Was er einmal über das Wesen des Liedes notiert, gilt auch für seine politischen Ideen. In seinen Arbeiten versuchte er, Hierarchien zurückzuweisen. Viel eher ging es ihm um eine Form der Gemeinsamkeit, des Teilens, wie sie in Liedern spürbar wird, einen Zustand, der mehr dem Lauschen gleicht, dem Gefühl, „umschlossen zu werden“ von einer Ganzheit aus Klang, Bedeutung und Rhythmus.
In der Wüste, schreibt Berger einmal, gebe es Stellen, wo der Raum zwischen dem Sand und dem Himmel unendlich scheine. Andernorts sei es so, als ob es gar keinen Raum gäbe, als wären Himmel und Sand unmittelbar ineinandergefügt. „Geht man jedoch durch sie hindurch, berührt der Luftzug den aufrechten Körper auf die gleiche Weise.“ In der Art muss man sich John Bergers Texte vorstellen. In ihren besten Momenten berühren sie Denken und Wahrnehmung wie ein leichter Luftzug.
NICO BLEUTGE
John Berger: Ein Geschenk für Rosa. Aus dem Englischen von Hans Jürgen Balmes. Carl-Hanser-Verlag, München 2018. 135 Seiten, 22 Euro.
Er liebte Chaplin und bisweilen
sah sich John Berger selbst als
Clown und Tramp des Denkens
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