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Migration, Flucht, Asyl: Die Themen sind allgegenwärtig. Mit der Einordnung der Phänomene aber tut sich die Debatte schwer, auch weil sie geschichtsblind agiert und übersieht, dass sich die Gegenwart der Migration nur durch den Blick auf lange Linien des Wandels weltweiter Wanderungen erklären lässt. Migration bildete von Beginn der Geschichte der Menschheit an ein zentrales Element gesellschaftlicher Veränderung. Ein Mythos ist auch die Auffassung, in der Vergangenheit sei Migration ein linearer Prozess gewesen - von der dauerhaften Abwanderung aus einem Raum zur dauerhaften Einwanderung in…mehr

Produktbeschreibung
Migration, Flucht, Asyl: Die Themen sind allgegenwärtig. Mit der Einordnung der Phänomene aber tut sich die Debatte schwer, auch weil sie geschichtsblind agiert und übersieht, dass sich die Gegenwart der Migration nur durch den Blick auf lange Linien des Wandels weltweiter Wanderungen erklären lässt. Migration bildete von Beginn der Geschichte der Menschheit an ein zentrales Element gesellschaftlicher Veränderung. Ein Mythos ist auch die Auffassung, in der Vergangenheit sei Migration ein linearer Prozess gewesen - von der dauerhaften Abwanderung aus einem Raum zur dauerhaften Einwanderung in einen anderen: Rückwanderungen, Formen zirkulärer Migration und Fluktuationen kennzeichnen die lokalen, regionalen und globalen Wanderungsverhältnisse in der Vergangenheit wie in der Gegenwart. Welche Faktoren aber bedingen Migration und Flucht und von welchen Folgen und Effekten ist auszugehen? Antworten auf diese grundlegenden Fragen bietet das neue Buch des Migrations-Experten Jochen Oltmer
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.04.2017

Selbstbilder vom Identitätsmanager

Migration ist für Jochen Oltmer ausweislich des Titels seines Buchs zugleich "Geschichte und Zukunft der Gegenwart". Die Geschichte der Migration fängt bei Oltmer im sechzehnten Jahrhundert an. Der "Blick auf lange Linien des historischen Wandels" soll dazu beitragen, "Wanderungsverhältnisse der Gegenwart zu erklären und Perspektiven zu absehbaren migratorischen Zukunftsfragen zu entwickeln".

Das ist auf knappem Raum ein hehres Ziel, das der Autor denn auch verfehlt. Sei es in der Erörterung der Migrationsmotive, der historischen Darstellung von Migrationsbewegungen oder der Auseinandersetzung mit Integrationspolitik: Der Autor präsentiert oftmals elementare Einsichten, aus denen sich kaum triftige neue Erkenntnisse gewinnen lassen. So erfahren wir zum Beispiel, dass Migrationsentscheidungen "in der Regel multiplen Antrieben" unterlägen, Gewaltmigration kein Phänomen der Neuzeit sei und zahlreiche Studien belegten, dass Armut die Bewegungsfähigkeit einschränkt.

Mehr Konkretion täte da not. Statt Sätzen wie diesem: "Es bestehen je spezifische, von Akteur zu Akteur unterschiedliche, stets im Wandel befindliche Paradigmen, Konzepte und Kategorien, um Migration vor dem Hintergrund der jeweiligen Interessen zu benennen, zu beschreiben und daraus Wirklichkeitskonstruktionen und Handlungen zu formen." Worauf eine solche Diagnose zu beziehen ist, lässt auch die folgende Feststellung offen: "Migrantische Infrastrukturen und Identitätsmanager entwickeln unter anderem Selbstbilder, die Vergemeinschaftungsprozesse von Migranten identitätspolitisch steuern."

Man lernt bei Oltmer immerhin, dass Migration kein Prozess ist, der bloß geradlinig "von der Wanderungsentscheidung im Ausgangsraum über die Reise in das Zielgebiet bis zur dort vollzogenen dauerhaften Niederlassung" reicht. Flüchtlinge bewegten sich vielmehr meist in Etappen, in denen eine mehrfache Rückkehr und erneute Flucht nicht ausgeschlossen sind. Oltmer reiht hölzern Fakten aneinander - über den Bevölkerungswandel in der frühen Neuzeit, die "Massenmigration" und die Arbeitswanderungen im neunzehnten Jahrhundert, über Kolonialismus, Flucht, Vertreibung und Deportation im vorigen Jahrhundert, über Wanderungsbewegungen im Kontext des Kalten Krieges und, sehr knapp, über die globale Migration heute. Aber so etwas wie eine argumentative Struktur ist in dem Buch nicht recht zu erkennen, und es fehlt eine explizite Rückkopplung des ausgebreiteten historischen Wissens an die aktuelle Flüchtlingssituation, die doch der eigentliche Anlass für die Behandlung des Thema gewesen sein dürfte.

hbt.

Jochen Oltmer: "Migration".

Geschichte und Zukunft der Gegenwart.

Theiss Verlag, Darmstadt 2017. 288 S., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Das Buch kann ein Bollwerk sein gegen die Kakophonien, Fake News, rassistischen, nationalistischen, fundamentalistischen und populistischen Argumentationen...« socialnet.de

»Wer den systematischen Überblick zum Thema Migration sucht, ist gut bedient mit dem Band von Jochen Oltmer. Anschaulich schildert er die globalen Wanderungen seit dem 16. Jahrhundert, legt unterschiedlichste Strukturen und Motive frei und behält sogleich den Blick fürs prägnante Detail...« NZZ Geschichte

»Migration gab es immer und immer hat sie die Welt verändert. Wer das verstehen und nicht in Mitleid oder Aufregung verharren will, sollte Oltmer lesen.« Südwest Presse

»Mit seiner Zugangsweise, Struktur und Dichte ist der Band ein willkommener, den Forschungsstand spiegelnder Überblick zum globalen Phänomen Migration in seiner historischen, regional differenzierten Ausbildung. Das Buch ist jedem zu empfehlen, der sich mit Migrationsfragen beschäftigt: ob aus der Perspektive der Wissenschaft, der Politik oder des an einer zentralen gesellschaftlichen Frage der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft interessierten Zeitgenossen.« Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte