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Deutschland - das ist ein spätes Wort, ein Neuankömmling unter den Bezeichnungen europäischer Länder. Erst im Grundgesetz kam es erstmals zu verfassungsmäßigen Ehren. Hans Maier hat sich ein Leben lang mit diesem eigentümlichen Gebilde beschäftigt, der vielberufenen Kulturnation, dem staatlich-politischen Kern, den Institutionen. In diesem Buch beschreibt er bedeutende Wegmarken Deutschlands und analysiert sie in gewohnt souveräner Weise. Hans Maier, der am 18. Juni 2021 90 Jahre alt wird, kann auf eine glanzvolle Laufbahn als Professor, als Kultusminister und als Organist zurückblicken. In…mehr

Produktbeschreibung
Deutschland - das ist ein spätes Wort, ein Neuankömmling unter den Bezeichnungen europäischer Länder. Erst im Grundgesetz kam es erstmals zu verfassungsmäßigen Ehren. Hans Maier hat sich ein Leben lang mit diesem eigentümlichen Gebilde beschäftigt, der vielberufenen Kulturnation, dem staatlich-politischen Kern, den Institutionen. In diesem Buch beschreibt er bedeutende Wegmarken Deutschlands und analysiert sie in gewohnt souveräner Weise.
Hans Maier, der am 18. Juni 2021 90 Jahre alt wird, kann auf eine glanzvolle Laufbahn als Professor, als Kultusminister und als Organist zurückblicken. In diesem Buch kehrt er noch einmal zurück zu zentralen Fragen seiner Arbeit. In gediegener Prosa umkreisen seine Essays Deutschlands spannungsvolles Verhältnis zum Westen, die Bedeutung der Konfessionen, Hitlers Platz in der Geschichte oder auch die Rolle des Grundgesetzes. Die faszinierende Geschichtsstunde endet mit einem zuversichtlichen Blick in die Zukunft: "Die Bundesrepublik Deutschland verdient unser Vertrauen, sie hat sich in normalen Zeiten wie auch in wirtschaftlichen und politischen Krisen bewährt. So dürfen wir ihr mit jener bürgerlichen Loyalität begegnen, ohne die keine Demokratie existieren und gedeihen kann."
Autorenporträt
Hans Maier seit 1962 Professor für politische Wissenschaft in München, war von 1970 bis 1986 bayerischer Kultusminister und ist seit 1999 Prof. em. für christliche Weltanschauung. Von 1976 bis 1988 war er Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2021

Reizvolle
Verbindungen
Hans Maiers zuversichtlicher Blick auf Deutschland
Anlässlich seines 80. Geburtstages 2011 veröffentliche der Politikwissenschaftler und langjährige bayerische Kultusminister (1970-1986) sowie CSU-Landtagsabgeordnete (1978-1987) Hans Maier unter dem Titel „Böse Jahre, gute Jahre“ seine Autobiografie. In ihr schildert er die äußeren Stationen seines vielseitigen Lebens: als Wissenschaftler, Politiker, Musiker und nicht zuletzt auch als Katholik, der etliche Jahre das Amt des Präsidenten des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken innehatte – und dabei aufgrund seines (auch herkunftsbedingten) badischen Liberalismus mehr als einmal den geistlichen Obrigkeiten ins Gehege gekommen war. Sogar als CDU/CSU-Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten war Maier zeitweise im Gespräch, ein Posten, den er sich zutraute und gerne bekommen hätte. Von Franz Josef Strauß, mit dem Maier ein eher schwieriges Verhältnis verband, stammt die schöne Formulierung, dass die CSU ohne „Leute wie Maier“ Gefahr laufe, wieder zu einer „Bierdimpfel-Partei“ zu werden.
Zehn Jahre nach dem Lebensbericht und kurz vor seinem 90. Geburtstag ist nun ein neues Buch von Maier erschienen, eine Aufsatzsammlung mit der schlichten Bezeichnung „Deutschland“ und dem durchaus doppeldeutig zu verstehenden Untertitel „Wegmarken seiner Geschichte“. Denn die Ereignisse und Entwicklungen aus gut 500 Jahren deutscher Historie, die Maier hier nachzeichnet, skizzieren nicht nur zentrale Wegmarken des Landes, sondern entfalten zugleich eine Gesamtschau seines eigenen intellektuellen Schaffens, Rückschlüsse auf sein politisches Wirken inbegriffen. Zusammen mit der Autobiografie eröffnen die Texte aufschlussreiche Einblicke in die für Maiers Leben charakteristische Verflechtung von vita activa und vita contemplativa, wie man sie unter Politikern und Intellektuellen hierzulande selten vorfindet.
Aus den insgesamt acht Aufsätzen, die zeitlich wie thematisch ein breites Spektrum abdecken, lassen sich drei große Entwicklungslinien deutscher Geschichte seit der Frühen Neuzeit herauskristallisieren: (1) die Säkularisation und der Übergang vom Deutschen Reich zum Deutschen Bund; (2) die deutsche Gewaltgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die anschließende Integration in die westliche Staaten- und Wertegemeinschaft; (3) das Zusammenleben in religiöser und kultureller Vielfalt. Der älteste Beitrag, eine Darlegung der Genese des deutschen Staatsrechtsdenkens seit dem 17. Jahrhundert, stammt aus dem Jahr 1966, es handelt sich um die Antrittsvorlesung des 35-jährigen Politikprofessors am sechs Jahre zuvor aus der Taufe gehobenen „Geschwister-Scholl Institut“ der Universität München; die jüngsten Texte, beide von 2019, beleuchten Hitler und den Nationalsozialismus sowie die Bedeutung des (kirchlichen) Widerstandes gegen das NS-Regime.
Obwohl zeitlich getrennt voneinander entstanden, sind die Querverbindungen zwischen den Beiträgen reizvoll, insbesondere da, wo Kultur-, Ideen- und Politikgeschichte ineinanderfließen. Wenn etwa im Beitrag zum „Faust“ das „Drama der Deutschen“ dahingehend interpretiert wird, dass sich die Schuldfrage des Goethe’schen Faust mit der deutschen Schuld 1945 verknüpfen lässt; mit dem verbindenden Element, dass beide Seiten am Ende Vergebung fanden, was sowohl literaturhistorisch – verglichen mit anderen Faust-Darstellungen, beispielsweise bei Thomas Mann – als auch politisch-historisch mit Blick auf die vorangegangenen deutschen Untaten alles andere als selbstverständlich war. Oder wenn Maier in einem Text über „Literatur und Konfessionen“ nachweist, wie als Folge der Säkularisierung protestantische Autoren und Narrative die Diskurse im 19. Jahrhundert prägten, was mit der Schaffung des preußisch dominierten kleindeutschen Nationalstaats korrelierte und diesen intellektuell zu unterfüttern vermochte. Dies änderte sich erst während und nach dem Ersten Weltkrieg, als mit dem Expressionismus vermehrt auch katholische Autorinnen und Autoren – gleiches galt für die bildenden Künste – Zuspruch beim Publikum fanden; bis schließlich in den zwei Jahrzehnten nach 1945 das katholische Element (vorübergehend) sogar die Überhand in literarisch-künstlerischen Deutungsfragen zu erringen vermochte. Die historische Einordnung hierfür wiederum liefert der Beitrag „Das Dritte Reich im Visier seiner Gegner“, der den kirchlichen Widerstand auf das couragierte Agieren Einzelner beschränkt, wobei sich das protestantische Milieu als deutlich NS-affiner herausstellte als die katholische Seite.
Wie zeitgemäß die historischen Linien sind, die Maier zieht, lässt sich auch daran ablesen, dass seine Einsichten zur Säkularisation nahtlos an den Beitrag zum „Zusammenleben der Religionen“ im Hier und Jetzt anknüpfen, der den Band chronologisch abschließt. Der „schonende Ausgleich“, der Maier im Verhältnis von Staat und Kirche als Voraussetzung für ein funktionierendes multireligiöses Miteinander vorschwebt, sei nur möglich, wenn beide Seiten miteinander interagieren; je säkularer das Staatswesen, desto geringer diese Fähigkeit. Die Folge sei eine erzwungene Sprachlosigkeit, die der Verständigung im Wege stehe.
Anders als jene zeitgenössischen Beobachter, die sich derzeit beim Blick auf Deutschland und den Westen mit Niedergangszenarien überschlagen, blickt Hans Maier mit Zuversicht in die Zukunft. Trotz mancher Krise habe sich die Bundesrepublik in den vergangenen gut 70 Jahren bewährt; sie verdiene auch weiterhin unsere „bürgerliche Loyalität“, die Voraussetzung für ihren demokratischen Bestand sei.
FLORIAN KEISINGER
Florian Keisinger ist Historiker.
Die Aufsätze des ehemaligen
bayerischen Kultusministers
kreisen um Schuld und Vergebung
Hans Maier:
Deutschland.
Wegmarken seiner
Geschichte.
Verlag C.H. Beck,
München 2021.
206 Seiten, 24 Euro.
E-Book: 17,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Patrick Bahners liest die Aufsätze des Politikwissenschaftlers und engagierten Katholiken Hans Maier zur Freiburger Stadtsoziologie mit Interesse, zumal dem Autor laut Bahners immer wieder eine globalhistorische bzw. ökumenische Ausweitung des Blicks gelingt. Maiers "heiteres Gemüt" versüßt ihm die Auseinandersetzungen des Autors mit erzbischöflichen Grundsatzfragen zum Religonsfrieden und anderen religionspolitischen Fragen. Eine religionspolitische Deutschland-Tour mit einem Wanderbischof, die Bahners nur empfehlen kann.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.06.2021

Dann erhebt sich ein Vagant und verlässt den Priesterstand
Im Land des Konfessionsgegensatzes begünstigt die Verfassung Abweichung und Pluralität: Ein Band versammelt Aufsätze von Hans Maier

"Freiburg", schreibt Hans Maier in einem erstmals 2014 gedruckten Aufsatz über das "Zusammenleben der Religionen in Deutschland", "ist gewiss nur ein Beispiel für viele." Aber eines, das der Verfasser besonders gut kennt. In Freiburg, der badischen Universitätsstadt, die seit 1827 Sitz eines katholischen Erzbischofs ist, wurde er heute vor neunzig Jahren geboren.

Was Freiburg - der Politikwissenschaftler Maier stellt als nüchterner Statistiker fest: eine "mittlere Großstadt mit 170 000 Einwohnern" - beispielhaft macht für Deutschland im Übergang zum dritten Jahrtausend der christlichen Zeitrechnung, entnimmt Maier einem Text der Gattung "Arbeitstext" mit dem Titel "Wahrnehmungen der christlichen Landschaft in Freiburg und Anregungen zum ökumenischen Gespräch" von 1999. Der Kataster der christlichen Lande im Schatten des Münsters umfasst neben katholischer, evangelischer und orthodoxer Kirche "21 Freikirchen, 16 Gruppen der Pfingstbewegung, 8 Endzeitgemeinden und 54 weitere Gruppen", darunter "nebenbiblische" wie Mormonen und Gralsbewegung sowie Konventikel der Bildungsreligionen Theosophie und Anthroposophie.

Der stadtsoziologischen Bestandsaufnahme gewinnt Maier eine globalhistorische, im sozialwissenschaftlichen Sinne ökumenische Lektion ab. Der Pluralisierung im Kleinen entspricht Angleichung im Großen. Nivelliert hat sich der für die Religionssoziologie konstitutive Unterschied zwischen der konfessionellen Versäulung des deutschen Modells und der Eigenbau-Kirchlichkeit, die europäischen Besuchern wie Tocqueville in Amerika ins Auge fiel. Dem engagierten Katholiken Maier, der von 1976 bis 1988 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken war, ist besonders wichtig, dass der Vervielfachung äußerer Zugehörigkeiten eine Steigerung der Binnengruppendynamik korrespondiert. Auch die Freiburger Katholiken verteilen sich auf "viele Gruppen und Untergruppen - von einem charismatischen Erfahrungschristentum bis zu den fest geschlossenen Reihen der katholischen Traditionalisten".

Dass Maier nicht geneigt ist, sich bei Letzteren einzureihen, muss er nicht aussprechen. Wenn er in die Kirchengeschichte blickt, sieht er, dass die Auflockerung Tradition hat. Das illustriert ein scheinbares Kuriosum der oberrheinischen Glaubenslandschaft: "Sogar Wanderbischöfe und Presbyteri vagantes treten auf." Bischöfe ohne Bischofssitz hatten im Frühmittelalter Anteil an der Christianisierung Europas. Aus der Sicht des Lehramts gefährden umherziehende Priester, die das kirchenrechtliche Prinzip der Stabilität des Einsatzortes ignorieren, die Gemeindestruktur des kirchlichen Lebens - eine Struktur, welche die Amtskirche längst selbst untergräbt, weil sie die Versorgung der Gemeinden mit Pfarrern nicht mehr sicherstellen kann. Maier erläutert die pittoresken historischen Begriffe nicht, sondern lässt die Vignette des Auftritts der klerikalen Vaganten für sich sprechen.

Charakteristisch für Maiers problemgeschichtliche Betrachtungen ist die Kombination der lokalen mit der universalhistorischen Perspektive. Liest oder hört man Maier, mag man glauben, sein Temperament habe ihn für die Aufgabe des Ausgleichs prädestiniert, der Vermittlung zwischen den Konfessionen oder säkularer und religiöser Welt. Aber sein heiteres Gemüt ist verbunden mit einem unruhigen Geist, der sich ausgerechnet in der Hinwendung zum Lokalen zeigt. Es gibt Druckorte oder auch Orte im Bücherregal, an denen ruhigere Geister unbeirrbar vorbeieilen würden. Maier arbeitet wirklich mit dem "Arbeitstext" aus dem Erzbischöflichen Seelsorgeamt und findet in dem Stück Gebrauchsliteratur aus dem kirchenbürokratischen Dauerdialog Winke für seine große Frage, welche Gestalt ein Religionsfrieden haben kann, der zwar noch auf Garantien des staatlichen Rechts beruht, aber nicht mehr auf Kongressen von Fürsten und Kardinälen, sondern im Alltag ausgehandelt wird.

Acht Aufsätze des Jubilars hat der Beck-Verlag zu einem handlichen Band vereint. Ein Buch über Deutschland wird dem Leser versprochen, und es passt zum Naturell Maiers, dem das Frömmlerische zuwider ist, dass Titel und Untertitel keinen Hinweis auf die Religion enthalten, obwohl es die religionspolitische Konstellation ist, aus der fast jede Studie das Besondere der jeweiligen deutschen Besonderheit erschließt. Die Leser begeben sich auf Deutschland-Reise unter Anleitung eines Wanderbischofs, der seine Mitra zusammengefaltet und mutmaßlich zwischen den Seiten eines Buches verstaut hat, vielleicht in einer Schrift eines seiner Freiburger Lehrer im Fach Geschichte wie Gerd Tellenbach und Gerhard Ritter.

Maiers Münchner Antrittsvorlesung hatte 1962 das Thema "Die Deutschen und der Westen", vorgeführt am Gegensatz zwischen der westeuropäischen Staatslehre der frühen Neuzeit und der gleichzeitigen Reichspublizistik. Dass die deutsche Naturrechtslehre den Gegensatz von Volk und Herrscher nicht revolutionär zuspitzte, hatte mit dem Staatskirchentum zu tun, aber auch mit der wechselseitigen Anerkennung der Konfessionen. Eine Alternative zum Bestehenden musste nicht im Namen des freien Gewissens postuliert werden, weil sie in den konfessionellen Doppelstrukturen der Reichsverfassung schon institutionell verankert war.

Goethes "Faust" deutet Maier als "das Drama der Deutschen" - mit der Pointe der Entdramatisierung: Der Doktor wird gerettet, das Stück geht gut aus, ist also eine Komödie. Maier vermutet einen Widerhall des Gedankens der Apokatastasis, der "Wiederbringung" aller Gestorbenen. Diese Hoffnung auf Entleerung der Hölle war in der deutschen spekulativen Theologie besonders populär. In Maiers multireligiösem Freiburg hätte sein Faust getrost verweilt.

PATRICK BAHNERS

Hans Maier: "Deutschland". Wegmarken seiner Geschichte.

C. H. Beck Verlag, München 2021.

206 S., geb., 24,- [Euro].

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