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Das aufsehenerregende Standardwerk in opulenter Ausstattung - reich bebildert im Großformat. Die Geschichte eines einzigartigen Kulturraums neu erzählt. Über 3000 Jahre war das Mittelmeer eines der großen Zentren der Zivilisation. Seine gesamte Geschichte wird hier von dem großen Historiker David Abulafia brillant erzählt, von der Errichtung der ersten geheimnisvollen Tempel auf Malta 3500 v. Chr. bis zu den heutigen Zielen des Massentourismus. Farbig lässt er die Geschichte der großen Hafenstädte - Alexandria, Saloniki, Triest - wiederauferstehen, berichtet von deren Einwohnern, dem…mehr

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Produktbeschreibung
Das aufsehenerregende Standardwerk in opulenter Ausstattung - reich bebildert im Großformat. Die Geschichte eines einzigartigen Kulturraums neu erzählt. Über 3000 Jahre war das Mittelmeer eines der großen Zentren der Zivilisation. Seine gesamte Geschichte wird hier von dem großen Historiker David Abulafia brillant erzählt, von der Errichtung der ersten geheimnisvollen Tempel auf Malta 3500 v. Chr. bis zu den heutigen Zielen des Massentourismus. Farbig lässt er die Geschichte der großen Hafenstädte - Alexandria, Saloniki, Triest - wiederauferstehen, berichtet von deren Einwohnern, dem Warenaustausch und den Handelswegen, die das große Meer durchzogen. Eine unglaubliche Vielfalt an Religionen, Bevölkerungen, Sprachen und Kulturen verbindet er so zu einer der ganz großen Geschichtserzählungen.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, CY, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, IRL, I, L, M, NL, P, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
David Abulafia, geboren 1949, ist Professor für die Geschichte des Mittelmeerraumes an der Universität Cambridge und Fellow am Gonville and Caius College und an der British Academy. Zudem ist er Mitglied der Academia Europa. Für seine Arbeiten zur italienischen und mediterranen Geschichte wurde er 2003 zum Commendatore dell'Ordine della Stella della Solidarietà Italiana ernannt. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, »Das Mittelmeer« (2013 bei S. Fischer erschienen) wurde in viele Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Mountbatten Award for Literary Excellence. 2020 erhielt er den Wolfson History Prize für »Das unendliche Meer«, das außerdem zum »Wissenschaftsbuch des Jahres 2022« in der Kategorie Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften gekürt wurde. Michael Bischoff, geboren 1949, studierte Mathematik und Soziologie und war Wissenschaftslektor im Suhrkamp Verlag. Seit 1977 übersetzt er Literatur aus dem Französischen und Englischen, u.a. von Émile Durkheim, Michel Foucault, Isaiah Berlin und Richard Sennett.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Susanne Kaiser nutzt dieses Werk des britischen Historikers David Abulafia vor allem als Argumentationshilfe für eine stärke Integration des Mittelmeerraums. Die Überwindung der Trennung vom vorgeblich europäischen Norden und dem orientalischen Süden scheint der Rezensentin ein echtes Anliegen zu sein. Leider erfahren wir über das Buch nicht allzu viel. Es umspannt die Jahre von 2200 vor bis 2010 nach Christus, ist in fünf mediterrane Zeitalter aufgeteilt und sieht noch immer in den Menschen die wichtigsten Akteure der Geschichte (also im Gegensatz zu Fernand Braudels großem Geschichtswerk "Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II.". Immerhin gibt sie eine Ahnung davon, dass der Mittelmeerraum noch nie so "zerrissen, zerstückelt und zerbrochen" war wie heute, wie Kaiser den Autor zitiert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.12.2013

Von der Wasserseite aus besehen

Nirgendwo lässt sich Weltgeschichte besser studieren als rund um das Mare Nostrum: David Abulafia schreibt die Geschichte des Mittelmeers.

Wenn wir über das Mittelmeer reden, dann meist im Zusammenhang mit sommerlichen Postkartenträumen. Seit Jahrzehnten zieht es Heerscharen nordeuropäischer Urlauber an südliche Küsten, in denen aber nur wenige etwas anderes sehen als Garanten für Sonne, ein bisschen Dolce Vita, ein wenig mediterrane Küche. Daran haben weder die vom früheren französischen Präsidenten Sarkozy ausgerufene Mittelmeerunion noch der zuvor lancierte Barcelona-Prozess etwas geändert, beides Initiativen, denen der Gedanke einer politisch-ökonomischen Zusammenarbeit zwischen den Anrainerstaaten des Meeres zugrunde liegt. Unser Verhältnis zum Mittelmeer ist paradox: Es bleibt ein Ziel kollektiver Sehnsüchte. Als gemeinschaftlicher politischer Raum vermag es aber kaum jemanden zu inspirieren.

Warum das so ist, lässt sich nach der Lektüre des sehr umfangreichen, immens spannenden Buches über das Mittelmeer, das der englische Historiker David Abulafia geschrieben hat, noch viel weniger verstehen. In "Das Mittelmeer. Eine Biographie" (im Original präziser: "The Great Sea. A Human History of the Mediterranean") legt sich Abulafia mit den Großen seines Faches an. Sein Werk umfasst etwa einen weitaus größeren Zeitrahmen als Fernand Braudels Ende der vierziger Jahre erschienene Studie, die sich auf die Epoche Philipps II. beschränkte. Gleiches gilt für das von Peregrine Horden und Nicholas Purcell 2000 vorgelegte Werk ("The Corrupting Sea. A Study of Mediterranean History"), das sich vor allem der Zeit bis zum frühen Mittelalter widmete.

Der Autor beginnt seine Untersuchung in dem Moment, da die ersten Menschen die Ufer des Mittelmeeres betreten, etwa 22 000 vor Christus, und durchstreift den Mittelmeerraum bis hin zur Gegenwart: achthundert Seiten Kultur- und Zivilisationsgeschichte, die alles haben, was ein künftiges Standardwerk braucht.

An der Art, wie Abulafia sein Sujet behandelt, sind vor allem zwei Dinge bemerkenswert: Zum einen schenkt er allen Zeitaltern die gleiche Aufmerksamkeit. Er beschäftigt sich mit den Migranten, die sich gegenwärtig von der nordafrikanischen Küste über das Meer nach Europa wagen, nicht länger als mit dem Untergang Trojas in der Bronzezeit oder der Gründung Alexandrias im Jahr 331 vor Christus - obwohl angesichts der Quellenlage ein anderes Vorgehen verständlich gewesen wäre. Zum anderen definiert Abulafia den Mittelmeerraum sehr eng. Er beschränkt sich "eindeutig auf das Meer selbst, samt seinen Küsten und Inseln und vor allem den Hafenstädten, die Ausgangs- und Zielpunkte für all jene waren, welche es befuhren".

Das wirkt zuweilen so, als hätte er sich, bildlich gesprochen, einen Platz auf einem Schiff gesucht und blickte nun von dort auf die Ufer. Und diesen ungewöhnlichen Blickwinkel hält er durch. Für den Leser eröffnen sich auf diese Weise immer wieder erstaunliche Perspektiven. Den Kampf - um nur ein Beispiel zu nennen -, den Engländer und Franzosen von 1798 an im östlichen Mittelmeer austrugen, als sich Napoleon auf seinen Ägyptenfeldzug begab, schildert Abulafia nicht aus französischer, sondern aus maltesischer und russischer Sicht.

Denn Napoleon sah in Malta einen guten Vorposten auf seinem weiteren Weg nach Ägypten. Er eroberte die Insel, die bis dahin unter der Herrschaft des Malteserordens gestanden hatte, im Juni 1798 just in einer Phase, in der auch der russische Zar Paul für kurze Zeit sein Auge auf das Eiland geworfen hatte. Der Zar, der den Orden ursprünglich für ein gemeinsames Vorgehen gegen die Türken hatte gewinnen wollen, in Malta gleichzeitig aber einen guten Stützpunkt für eine dauerhafte russische Präsenz im Mittelmeer erkennen wollte, wechselte daraufhin die Seiten. Er tat sich jetzt mit den Türken zusammen, um Napoleon die ebenfalls von ihm eroberten Ionischen Inseln abzunehmen.

Und obwohl dies gelang und Malta zum Greifen nahe schien, ordnete er plötzlich den Rückzug aus dem Mittelmeer an - um die Habsburger nicht zu verärgern, die über die Adria herrschten. In der Folge fiel Malta an die Briten, welche die Insel mehr als hundertfünfzig Jahre hielten. Der Malteserorden hatte seine Zeit überdauert.

Dieses Beispiel zeigt auf einer allgemeineren Ebene auch, wie sehr das Mittelmeer immer wieder Schauplatz von teils fürchterlichen kriegerischen Auseinandersetzungen war. Mal stand ein muslimisch geprägter Osten einem christlichen Westen gegenüber, in jüngerer Zeit hat es ein reicher Norden mit einem ärmeren Süden zu tun. Im Lauf der Jahrhunderte blühten Städte auf oder wurden zerstört: Karthago erholte sich von dem verlorenen Kampf gegen die Römer 146 vor Christus nicht mehr; Tanger fiel 1661 aus portugiesischen in englische Hände und wurde, bevor die Briten den Stützpunkt an der Einfahrt zum Mittelmeer nur zwei Jahre später wieder aufgaben, dem Erdboden gleichgemacht; aber Livorno, Ancona und Dubrovnik erhoben sich im sechzehnten Jahrhundert zu wichtigen Handelszentren, genauso wie Valencia schon im Jahrhundert zuvor.

Abulafia behandelt viele dieser Aufstiege und Untergänge und auch den ausgedehnten Sklavenhandel, der im Mittelalter übers Meer betrieben wurde, mit der gebotenen Detailgenauigkeit. Immer wieder aber scheint ihm mehr daran gelegen, auf das Verbindende, nicht das Trennende zu verweisen. Seinem Buch wohnt deswegen noch keine politische Botschaft inne, aber es liest sich eben, wie er einmal selbst völlig zu Recht schreibt, wie "eine Geschichte von Konflikten und Kontakten". Und auch für Letztere, die oft ebenso friedlich wie fruchtbar waren, gibt es zahlreiche beeindruckende Beispiele. Dass der im neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert aufkommende Nationalismus in Europa dem Zusammenleben von Christen, Muslimen und Juden, "convivencia" genannt, etwa in Jaffa, Valencia, Genua und Venedig ein Ende bereitete, ist in dieser Hinsicht zwar keine neue Erkenntnis. Angesichts des mancherorts jahrhundertelang gelebten Miteinanders aber wirkt sein durchschlagender Erfolg doch wieder einmal umso erstaunlicher.

Das gilt vor allem für Alexandria, dessen Gründungsname "Alexandria ad Aegyptum", also "Alexandria bei oder auf dem Weg nach Ägypten", schon einen guten Hinweis auf die bevorzugte Blickrichtung seiner Bewohner bietet, nämlich zum Wasser hin, nicht ins Landesinnere. Aus dieser Stimmung entstand eine Stadt, die von ihrer Gründung bis zur Zeit des britischen Protektorats lange Jahre eine pluralistische und prosperierende war und die mithin ein Antlitz geboten haben muss, das sich mit dem heutigen Ägypten kaum mehr in Verbindung bringen lässt.

Auch solche Geschichten finden sich in Abulafias Buch zu Dutzenden. Und dennoch ist es kein Parforceritt durch die Geschichte. Es liest sich vielmehr wie eine ausgedehnte Wanderung, bei der man hier und da Pausen einlegt, um neue Ausblicke zu studieren. Die Vielgestaltigkeit dieser Ausblicke macht es schwierig, das Werk zusammenzufassen und aus ihm so etwas wie eine These abzuleiten. Genau das scheint Abulafia auch nicht zu wollen.

Denn Kontinuität findet sich in seiner Darstellung allein in den wechselnden Dynamiken, die das Mittelmeer immer wieder verändert haben: Von der kommerziellen Revolution, die im dritten Jahrhundert einsetzte und das Wachstum der Städte an den Küsten beschleunigte, den Handel über das Meer intensivierte und somit neben der Verbreitung von Stilen, Moden und Ideen immer wieder auch zur Ausbreitung des Pesterregers führte, über den Aufstieg des Islam, die Kreuzzüge bis hin zur Öffnung des Atlantiks und des Suezkanals hat das Mittelmeer immer wieder tiefgreifende Veränderungen seines Machtgefüges erlebt.

Für die Geschichte dieses Meeres lassen sich daher, wenn überhaupt, nur zwei rote Fäden herauskristallisieren: Zum einen haben vor allem die Hafenstädte den sie einst prägenden Kosmopolitismus - trotz Globalisierung - heute mehr und mehr eingebüßt. Zum anderen hat das Mittelmeer gerade in dem Maße, in dem andere Meere, der Atlantik und der Indische Ozean, entdeckt und befahrbar wurden, seine weltpolitische Bedeutung verloren - auch wenn sich an ihm die Geschichte der menschlichen Zivilisation besser studieren lässt als an anderen Beispielen.

Warum das so ist, zeigt Abulafias Buch, und zwar auf ebenso eindrückliche wie - wegen des klaren Stils und des knapp hundert Seiten umfassenden, ehrfurchtgebietenden Fußnotenapparats - nachvollziehbare Weise. Es ist kein Werk, für das sich nur Historiker begeistern werden. Im Gegenteil: Es wird allen, die auch nur ein einziges Mal eine Reise gen Süden angetreten haben, zeigen, dass das Mittelmeer weitaus mehr bereithält als einen einfachen Platz an der Sonne.

LENA BOPP.

David Abulafia: "Das Mittelmeer". Eine Biographie.

Aus dem Englischen von Michael Bischoff. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2013. 960 S., geb., 33,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.05.2014

Wir sind, was der Wind will
Der britische Historiker David Abulafia erzählt in einem großen und großartigen Buch die Geschichte des Mittelmeerraums
Das Mittelmeer ist bis an die Ränder gefüllt mit Poesie und Wissen, mit Philosophie, Geschichtsschreibung und den Lehren dreier Offenbarungsreligionen – und umstellt ist es von Schrift: Auf den Seekarten des Mittelalters und der frühen Neuzeit sind die Küstenverläufe mit unzähligen Namen von dicht an dicht nebeneinander gereihten Orten beschriftet. Doch während sich an den Meeresufern die Ortsnamen drängen, markieren leere weiße Flächen das Hinterland dreier Kontinente. Mittelmeerschifffahrt hieß dabei lange Zeit nichts anderes, als sich in Ufernähe zu bewegen, um Stürmen und Piraten zu trotzen, und bedeutete obendrein – mit den Worten eines portugiesischen Chronisten – „von einem Wirtshaus an der Küste zum anderen zu fahren, hier zu Mittag und dort zu Abend zu essen“. Unter Fernhändlern war es keine Seltenheit, in gleich mehreren Häfen Häuser und Ehefrauen zu besitzen.
  In Fernand Braudels dreibändiger großer Mittelmeergeschichte sind den Verkehrswegen zwischen entlegenen Meeresufern und dem lebendigen Austausch von Menschen, Dingen und Ideen nur wenige Seiten gewidmet. Selbst das Kapitel „Der unentbehrliche Migrant“ beschränkt sich auf die Zuwanderung von Menschen aus dem jeweils angrenzenden Hinterland. Braudels Mittelmeerraum gleicht einer statischen geologischen Formation, die mehr von der starren Unbeweglichkeit archaischer Verhältnisse im Hinterland als von der Dynamik der Bewegungen an den Ufern und auf den Gewässern geprägt ist. In der Lebensweise einer „in sich geschlossenen Welt“, wie Carlo Levi sie in „Christus kam nur bis Eboli“ schilderte, wollte Braudel – so sein Fazit – das „wahre Gesicht des Mittelmeerraums“ erkennen: „In seinen wahren Umrissen, in seiner bedrückenden Wirklichkeit“ ließe es sich „nur mit dem Blick des Geographen (des Reisenden oder des Romanciers ) erfassen.“
  Ohne sich in den Leerlauf einer bloßen Ereignisgeschichte oder in das Sammelsurium einer drei Jahrtausende überspannenden Kulturgeschichte zu verirren, hat der britische Historiker David Abulafia mit – wie der Untertitel der Originalausgabe lautet – „A Human History of the Mediterranean“ ein großartiges Werk geschaffen, das künftig gleichrangig neben Braudels Opus magnum stehen wird, auch als dessen Korrektiv. Erstmals wird hier eine konsequent maritime Binnenperspektive auf den Mittelmeerraum eingenommen, der Blick von den Rändern und Inseln her, von den Küsten- und Hafenstädten und ihren Bewohnern. Und geht Abulafia der pragmatischen Ordnung halber auch chronologisch vor – von den archaischen Vorzeiten bis in die Gegenwart –, so verschließt er sich keineswegs Braudels Konzept der „longue durée“, auch wenn er andere und von Menschen gemachte Dinge ins Blickfeld nimmt: Nicht nur zählebige Praktiken wie die bis weit in die Neuzeit gleichermaßen von Christen wie Muslimen betriebene Sklaverei oder die damit verbundene Galeerenschifffahrt; der Fokus aber liegt auf den kleinen wie großen Wanderbewegungen als dem Lebensnerv des darüber seine Einheit herstellenden Mittelmeerraums: Migration als der Motor, unter dem die Identität der Menschen stetige Veränderung erfährt, woraus so mannigfache Akteure hervorgehen, wie es Flüchtlinge, Vertriebene und Exilanten, Händler, Wanderarbeiter und Krieger, Missionare, Pilger oder Reisende aus anderen Motiven sind.
  Das Buch trägt eine Widmung, die den Untertitel der deutschen Ausgabe rechtfertigt, der „Eine Biographie“ des Mittelmeers verheißt: „a la memoria de mis antecesores“ heißt es in der Sprache der 1492 von der Iberischen Halbinsel vertriebenen und im spanisch-portugiesischen Machtbereich auch weiterhin verfolgten Sepharden, die bis dahin Seite an Seite mit den Muslimen von al-Andalus gelebt hatten.   Der Name Abulafia ist ein im gesamten Mittelmeerraum und darüber hinaus verbreiteter sephardischer Name mit vielen Varianten und mit prominenten Vertretern, von denen der Autor einige auch am Rande seiner Geschichtserzählung auftreten lässt. Darunter waren auch Marranen, zwangskonvertierte Juden, was diese aber ebenso wenig wie die Morisken – konvertierte Muslime – vor Verfolgungen schützte, weil die allerkatholischsten Könige und ihre Inquisition alle Konvertiten grundsätzlich im Verdacht hatten, heimlich ihrer alten Religion nachzugehen.
  Abulafias Geschichtsschreibung ist auch als eine spannende kollektive Biographie exemplarischer Mittelmeerschicksale zu lesen, von Menschen, die aus den verschiedensten Motiven und Antrieben heraus und über Generationen hinweg unterwegs waren und sich in einer der vielen Hafenstädte niederließen: Wo man sich auch nur provisorisch einnisten konnte und Toleranz erfuhr, wo Angehörige unterschiedlicher Religionen und Ethnien sich vermischten, wo man sich auch über ferne Meeresufer hinweg kulturell und sprachlich – in der „Lingua franca“ einer an allen Mittelmeerküsten gebräuchlichen Mischsprache aus romanischen, arabischen und hebräischen Elementen – leichter und besser als mit den Bewohnern des unmittelbaren Hinterlands verständigen konnte.
  Die Erzählung gerade solcher Zusammenhänge macht das Erfrischende dieses Buchs aus. Der Leser muss es nicht unbedingt mit den Anfangskapiteln beginnen, er mag seiner Neugierde folgen oder bei Glanzstücken in die Lektüre eintreten: Das Kapitel „Verzweiflung in der Diaspora“ behandelt die nicht immer und auch nicht allerorts nur tragischen Berührungen der drei abrahamitischen Religionen; von erneut brennender Aktualität ist ein Kapitel, das einen „Blick durch die russische Brille“ auf die Meere und Seewege um 1800 wirft. Das Juwel des Buchs aber ist das Kapitel unter der Überschrift „Eine Geschichte von viereinhalb Städten“ über die in den alten Hafenstädten Smyrna, Alexandria, Thessaloniki und Jaffa lange Zeit exemplarisch vorgelebte „convivenza“ der unterschiedlichen Ethnien, Kulturen und Religionen – bis zu ihrem Zusammenbruch unter dem nationalistischen Wahn, den ethnischen „Säuberungen“ und rassistischen Pogromen des 20. Jahrhunderts.
  Als Brückenköpfe und Drehscheiben eines unaufhörlichen Transports und Austauschs von Menschen, Dingen und Ideen waren diese und andere Städte die Heimat auch jenes genuinen Mittelmeergewächses, das Albert Camus den „indigenen Fremden“ nannte: Dessen vergangenes Lebensgefühl, wie es in Abulafias Buch seine historische Darstellung findet, ist auch mit Kernsätzen eines der schönsten Mittelmeerromane des vorigen Jahrhunderts – „Das Hundeleben der Juanita Narboni“ aus der Feder des in Tanger geborenen Ángel Vázquez – auf den Begriff zu bringen: „Gott sei Dank“, sagt da die auf einen italienischen Namen getaufte uneheliche Tochter einer andalusischen Mutter mit auf Gibraltar ausgestelltem britischen Pass, „Gott sei Dank sind wir in einer Stadt geboren, in der wir weder ganz Christen noch ganz Juden sind und auch nicht ganz Araber. Wir sind das, was der Wind will. Eine Mischung.“
  Und Juanita Narboni oder Beatrice Mendes de Luna – eine im Jahr 1510 aus Portugal vertriebene Marranin, deren von Abulafia geschilderte Odyssee von Westeuropa über Italien und den Balkan bis an den Hof von Konstantinopel führt, von wo aus sie Hilfsmaßnahmen für in Europa verfolgte Juden organisiert – hätte auch Elissa, alias Dido, heißen können, nach der sagenhaften Gründerin Karthagos, die nach einer von Vergil abweichenden Überlieferung ein Flüchtling aus der östlichen Ägäis war: Auf der Flucht vor ihrem blutrünstigen Bruder, dem Mörder ihres Gatten, zog sie mit ihren Begleiterinnen nach einer Station auf Zypern weiter nach Westen. Die achtzigköpfige – wie es heute heißen würde – „illegale Einwanderergruppe“ landete an der libyschen Küste und mischte sich dort mit den Einheimischen, deren König der Elissa den Namen „Dido“ gab. Und Dido, so lesen wir bei Abulafia, bedeutet „die Wandernde“, unter welchem Namen sie auf dem Hügel von Byrsa, nahe dem heutigen Tunis, die Stadt Karthago gründete – der Sage nach auf dem Umriss einer auf dem Boden ausgebreiteten Tierhaut. Das war das Material, auf dem man späterhin auch die nach dem italienischen Wort für „Häfen“ benannten Portolankarten des Mittelmeerraums entwarf.
VOLKER BREIDECKER
  
David Abulafia: Das Mittelmeer. Eine Biographie. Aus dem Englischen von Michael Bischoff, S. Fischer Verlag Frankfurt am Main 2013, 960 Seiten, 34 Euro.
Dido bedeutet „die Wandernde“ –
unter diesem Namen
gründete sie Karthago
Clash der Mittelmeerkulturen – Seeschlacht bei Kreta, Mai 1661, zwischen einem venezianischen und einem türkischen Geschwader.
Abb.: aus dem bespr. Band
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ein großartiges Werk [...], das künftig gleichrangig neben Braudels Opus magnum stehen wird, auch als dessen Korrektiv. Volker Breidecker Süddeutsche Zeitung 20140502