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4 Kundenbewertungen

Auf fast allen Gebieten wurden im 20. Jahrhundert Entdeckungen gemacht oder Ideen entwickelt, die unser Bild vom Universum und von uns selbst auf den Kopf gestellt haben. Alles schien neu, nichts unmöglich: Maschinen, die denken, Hunde im Weltall und Menschen auf dem Mond. Alte Gewissheiten büßten ihre Geltung ein, hergebrachte Autoritäten verloren ihre Macht. Die Welt wollte kein Zentrum mehr kennen.
Auf seine ganz eigene Weise führt John Higgs durch dieses Jahrhundert der Genies und der Gurus. Er erläutert die Relativitätstheorie anhand eines fallenden Würstchens, erzählt von Satanisten
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Produktbeschreibung
Auf fast allen Gebieten wurden im 20. Jahrhundert Entdeckungen gemacht oder Ideen entwickelt, die unser Bild vom Universum und von uns selbst auf den Kopf gestellt haben. Alles schien neu, nichts unmöglich: Maschinen, die denken, Hunde im Weltall und Menschen auf dem Mond. Alte Gewissheiten büßten ihre Geltung ein, hergebrachte Autoritäten verloren ihre Macht. Die Welt wollte kein Zentrum mehr kennen.

Auf seine ganz eigene Weise führt John Higgs durch dieses Jahrhundert der Genies und der Gurus. Er erläutert die Relativitätstheorie anhand eines fallenden Würstchens, erzählt von Satanisten im Raumfahrtprogramm der Amerikaner und geht der Frage nach, ob ein Schmetterling in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen kann. Das ist alles unglaublich seltsam und ziemlich wahnsinnig. Ein Buch wie ein Trip.
Autorenporträt
John Higgs, geboren 1971, ist Journalist und Autor. Er veröffentlichte bisher unter anderem eine Biographie über den LSD-Guru Timothy Leary (I Have America Surrounded) und eine Geschichte der britischen Band The KLF. Außerdem produzierte er Computerspiele und arbeitete für die BBC. Michael Bischoff, geboren 1949, studierte Mathematik und Soziologie und war Wissenschaftslektor im Suhrkamp Verlag. Seit 1977 übersetzt er Literatur aus dem Französischen und Englischen, u.a. von Émile Durkheim, Michel Foucault, Isaiah Berlin und Richard Sennett.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

John Higgs hat die Geschichte des 20. Jahrhunderts aus der Perspektive der Outsider geschrieben. Extremisten, Exzentriker und Genies: Er spürt allen radikalen Ideen nach, die so neu und anders waren, dass sie das Weltbild des Westens in seinen Grundfesten erschüttert haben. Von der Relativitätstheorie und Konzeptkunst über die Quantenphysik und Science-Fiction bis zum Konstruktivismus und der Chaostheorie vollbringt er das Kunststück, diese Ideen nicht nur äußert anschaulich und unterhaltsam zu erklären, sondern sie auch alle in Beziehung zu setzen. So beschreibt er den Weg vom hierarchischen Kaiserreich zum neoliberalen Individualismus als einen Prozess, in dem alle alten Gewissheiten zu Geist und Materie implodierten. Ausgehend von dem Gedanken, dass ein einziger Blickwinkel nicht mehr ausreichte, zersprengten moderne Kunstformen wie der Kubismus die Perspektiven, tauchte der  Surrealismus in Freuds Unterbewusstsein und spiegelt das Computerspiel "Super Mario" Derridas Idee der Postmoderne. So verschlungen die Wege auch sind, die Higgs wählt, sie sind faszinierend schlüssig und eröffnen uns neue, überraschende Perspektiven auf die Netzwerk-Gesellschaft des 21. Jahrhunderts.

© BÜCHERmagazin, Tina Schraml (ts)

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dieses Buch ist anders als jene, die versuchen das zwanzigste Jahrhundert zu erklären, warnt Rezensent Felix Simon vor. Denn der britische Journalist John Higgs schreibt nicht nur witzig und flott, sondern schlängelt sich in alle noch so verborgenen Kanäle der Geschichte, schaut neben politischen Ereignissen auch auf Entwicklungen in Wissenschaft, Kunst und Kultur und verknüpft all das so kunstvoll und klug, dass der Kritiker David Foster Wallace als Vergleichsgröße heranzieht. Wenn Higgs Einsteins Relativitätstheorie erklärt, Putin mit einem Känguruh boxen lässt, um das Verhalten von Quantenteilchen zu erläutern oder ironisch beschreibt, wie der Nationalsozialist Wernher von Braun im Disney Channel für sein Raketenprogramm werben musste, lernt Simon nicht nur das 20. Jahrhundert in allen Facetten kennen, sondern erfährt auch, dass alles noch so Undenkbare möglich ist.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.04.2016

Warum Putin mit einem Känguru boxt

Frischer Blick auf das alte zwanzigste Jahrhundert: John Higgs rollt die Geschichte der Moderne auf und hat für seine Erläuterungen auch manche skurrile Veranschaulichung bei der Hand.

Bücher, die versuchen das zwanzigste Jahrhundert zu erklären, sind ein alter Hut. Überspitzt könnte man behaupten, dass das Feld längst abgegrast ist und sich nichts wirklich Nennenswertes mehr hinzufügen lässt. Doch wie so oft, wenn alle behaupten, es ginge nicht, kommt einer daher, der es trotzdem versucht. Im Fall des britischen Journalisten John Higgs ist das Ergebnis mit "Alles ist relativ und anything goes" ausnehmend kurzweilig und unterhaltsamer, als man es auf den ersten Blick vermuten würde.

Das ist vor allem Higgs assoziativ-anekdotischem Ansatz geschuldet. Geschichte ist für ihn ein willkürlicher Prozess, keine schnurgerade fortschreitende Entwicklung. Hieran anknüpfend, versucht der Autor, das zwanzigste Jahrhundert begreifbar zu machen, indem er nicht einfach das Vorhandene nacherzählt, sondern durch die Haupt- und Spartenkanäle der Geschichte zappt, allgemein anerkannte Lesarten mit weniger bekannten Betrachtungsweisen vermischt, um aus den Verknüpfungen ein größeres Muster, eine "alternative Geschichte" herauszuarbeiten.

Higgs Begründung für dieses Vorgehen: Die Geschichtsschreibung sei zu politisch dominiert. "Sie beschreibt die Welt ganz wunderbar bis zum Fall der Berliner Mauer, doch ihr fehlt die Erklärung für die Zeit, in der wir heute leben - eine Welt ständiger Überwachung, Tsunamis an Informationen, aber auch nie gekannter Möglichkeiten." Um das einundzwanzigste Jahrhundert zu verstehen, so der Autor, sei es jedoch nötig, nicht nur die politischen Geschehnisse zu würdigen, sondern auch all die Entwicklungen in der Wissenschaft, Kunst und Kultur des zwanzigsten Jahrhunderts in Bezug zu setzen, eine Aufgabe, die er in "Alles ist relativ" kunstvoll meistert. Ähnlich wie David Foster Wallace, der in seinen radikalen Essays von der Pornoindustrie bis zur "Political Correctness" alles behandelte, was ihm vor die schriftstellerische Linse kam, führt Higgs seine Leser so immer wieder zu verblüffenden und unerwarteten Einsichten.

Was auf den ersten Blick nach einer losen Zusammenführung von Fakten und Ereignissen aussieht, entpuppt sich als geschickt konstruierte Geschichte der Moderne. Higgs zentrale These: Die Welt gerät im zwanzigsten Jahrhundert erheblich ins Wanken, alte Ordnungssysteme fliegen auseinander, absolute Wahrheiten sind passé. Das beginnt für ihn bei Einstein, dessen Relativitätstheorie die kartesische Raumordnung gleich zu Beginn des Jahrhunderts über den Haufen wirft und die Welt als vom Betrachter abhängig definiert - eine Vorstellung, die sich gleichzeitig an ganz anderer Stelle bei den Kubisten wiederfindet, die objektive Betrachtungsweisen verwerfen, um verschiedene Perspektiven auf einmal im Bild zu vereinen.

Ohne Hemmungen webt Higgs ein Netz aus Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, das sich durch das gesamte Buch zieht, oft ergänzt um bisweilen skurrile Veranschaulichungen. Das Verhalten von Quantenteilchen beschreibt der Autor kurzerhand an einem fiktiven Sparring zwischen Wladimir Putin und einem Känguru, das Konsolenspiel "Super Mario Bros." darf herhalten, um den Postmodernismus zu erklären, und Bertrand Russells Versuch, die Mathematik auf logische Füße zu stellen, wird mit "Dr. Who" verständlich gemacht - "Anything goes" gilt in diesem Buch ohne Zweifel. Stellenweise wirkt das zusammengewürfelt, doch wer glaubt, die Welt sei als kohärentes Ganzes zu begreifen, ist nach Higgs Lesart ohnehin auf dem Holzweg.

Higgs beweist auch Sinn für Ironie, wenn er genüsslich beschreibt, wie der Nationalsozialist Wernher von Braun im Disney Channel für sein Raketenprogramm werben musste, oder wenn er sich Gedanken über die Gemeinsamkeiten der viktorianischen Verhütungspionierin Marie Stopes, des LSD-Gurus Timothy Leary und Julian Assange macht: Undenkbares in die Debatte werfen, um sich dann wegen des eigenen messianischen Charakters ins Aus zu schießen.

Vieles hat man andernorts schon gelesen, vereinzelt sind auch Higgs Thesen nicht mehr taufrisch. Seine Auslegung Freuds fußt beispielsweise mehr auf dem kulturtheoretischen Verständnis als auf den Erkenntnissen der heutigen psychologischen Forschung, die Abstand zu Freuds Vorstellung vom Bewusstsein nehmen. Ein Gewinn ist das Buch trotzdem, weil Higgs seine Betrachtungen feinsinnig in biographische Anekdoten zur jeweiligen Person einflicht. Am Ende ist "Alles ist relativ" nicht nur eine andere Geschichte der letzten hundert Jahre, sondern auch eine der Moderne mit all ihren Widersprüchen. Wer die Vergangenheit unter Verzicht auf dozierende Gelehrsamkeit aus neuen Blickwinkeln betrachten möchte, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt.

FELIX SIMON

John Higgs: "Alles ist relativ und anything goes". Eine Reise durch das unglaublich seltsame und ziemlich wahnsinnige 20. Jahrhundert.

Aus dem Englischen von Michael Bischoff. Insel Verlag, Berlin 2016. 379 S., geb., 25,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Wer die Vergangenheit unter Verzicht auf dozierende Gelehrsamkeit aus neuen Blickwinkeln betrachten möchte, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt.« Felix Simon Frankfurter Allgemeine Zeitung 20160412