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Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen, und oft erweist sich das Offensichtliche als falsch. Sergeant Bevilaqua (Quim Gutiérrez) von der Guardia Civil soll einen drei Jahre alten Mordfall auf der Insel La Gomera aufklären. Damals wies alles auf einen bekannten Politiker der Insel hin, der trotz der offensichtlichen Beweise von einem Gericht zunächst freigesprochen wurde. Als Bevilaqua den verwickelten Fall neu aufrollt, stehen er und sein Team mit Virginia Chamorro (Aura Garrido) und Ruth Anglada (Verónica Echegui) nicht nur unter hohem politischen Druck - die Inselpolizei nimmt die…mehr

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Produktbeschreibung
Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen, und oft erweist sich das Offensichtliche als falsch. Sergeant Bevilaqua (Quim Gutiérrez) von der Guardia Civil soll einen drei Jahre alten Mordfall auf der Insel La Gomera aufklären. Damals wies alles auf einen bekannten Politiker der Insel hin, der trotz der offensichtlichen Beweise von einem Gericht zunächst freigesprochen wurde. Als Bevilaqua den verwickelten Fall neu aufrollt, stehen er und sein Team mit Virginia Chamorro (Aura Garrido) und Ruth Anglada (Verónica Echegui) nicht nur unter hohem politischen Druck - die Inselpolizei nimmt die Untersuchung zudem nur mit sichtlichem Widerwillen wieder auf. Wie lange wird es den Inselbewohnern gelingen, ihre düsteren Geheimnisse zu wahren?

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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.02.2020

Indizien einer korrupten Welt

Das rumänische Kino blüht immer noch: "La Gomera" von Corneliu Porumboiu.

Mit der Sprache El Silbo Gomero hat es eine Reihe von interessanten Bewandtnissen. Sie wird gepfiffen. Man muss dazu Finger auf eine bestimmte Weise in den Mund stecken ("wie einen Pistolenlauf", sagt jemand), so dass sich Laute ergeben, die Buchstaben entsprechen. Ob der Silbo eine Sprache ist oder eher eine Übersetzung in ein anderes Zeichensystem, darüber kann man trefflich streiten. Es sind Diskussionen dieser Art, die den rumänischen Filmintellektuellen Corneliu Porumboiu von jeher interessiert haben. Und er führt sie in seinem neuen Thriller "La Gomera" weiter, indem er einen Polizisten auf die Insel La Gomera im äußersten Westen Europas schickt. Cristi Anghelache kommt aus Rumänien, um El Silbo zu lernen. Er bringt eine Erinnerung an eine schöne Frau namens Gilda mit, die ihn nun auf der Insel erwartet. Und er bringt zwei Vokale und zwei Konsonanten mit, die nur seine Sprache, das Rumänische, aufzuweisen hat. Wie kommt El Silbo damit zurecht?

In einer Schlüsselszene von "La Gomera" sieht man die imposante Gebirgslandschaft von La Gomera. Ein Bild menschenleerer Natur, belebt nur von Pfiffen. Rumänisch, Spanisch, Silbo. Es ist eine Generalprobe für einen Coup, dem der Silbo in Bukarest dienen soll. Cristi soll mit Hilfe der Pfeifsprache einen Verbrecher aus einem Gefängnis befreien helfen. Dazu gäbe es in anderen Ländern vermutlich auch andere Möglichkeiten, aber das Rumänien, von dem Corneliu Porumboiu erzählt, wird lückenlos überwacht. In Cristis Wohnung gibt es keinen Winkel, der nicht erfasst würde, so dass Gilda, die sich mit Cristi an einem sicheren Ort treffen möchte, keine andere Möglichkeit sieht, als mit ihm ins Bett zu gehen. Ihr Körper ist Ablenkung genug, dass sie Cristi dann - post coitum - unbemerkt das Flugticket nach Gomera zustecken kann.

Als er auf der Insel ankommt, macht sie ihm das auch gleich klar: "Was ich getan habe, habe ich nur wegen der Kameras getan." Trotzdem ahnt man als geübter Zuschauer natürlich sofort, dass sich zwischen Gilda und Cristi auch etwas anbahnen könnte, was sich der Überwachung entzieht, und was sich der anderen Kamera offenbaren könnte, der von Corneliu Porumboiu, der Kamera des Kinos, die anderen Gesetzen gehorcht als das im Grunde triviale Regime einer unerbittlichen Kontrolle, von dem "La Gomera" erzählt. Cristi, gespielt von dem längst über die nationalen Grenzen hinaus bekannten Vlad Ivanov, ist ein Held, wie man ihn aus dem klassischen Kino kennt, eine zwiespältige, faszinierende, tendenziell passive Figur, die dann aber in den entscheidenden Momenten handelt. Bei Gilda (Catrinel Marlon) deutet schon der Name darauf hin, dass sie eine Femme fatale ist. Man sieht es aber auch sofort. Cristi und Gilda sind füreinander bestimmt. Bleibt nur herauszufinden, worin diese Bestimmung liegt.

Für das Ausmaß der Überwachung gibt es in Rumänien gute Gründe. Korruption ist allgegenwärtig, schwarzes Geld kursiert in großen Mengen, in "La Gomera" ist von dreißig Millionen Euro die Rede, die ein Matratzenfabrikant in Matratzen versteckt haben soll, um sie der venezolanischen Mafia entweder zuzustellen oder aber zu entwenden - dieses Entweder-oder entspricht einer der vielen Spannungsebenen des Films. Man sollte aber nicht meinen, dass Porumboiu an diesen Aspekten der Geschichte wirklich gelegen ist. Er wickelt den Plot ab wie einen Faden, an dem er seine Interessen anbringen kann, die sich auf Grundsätzliches beziehen: Wie könnte das Kino mit den gesellschaftlichen Problemen umgehen?

Das rumänische Kino hat seit zwanzig Jahren eine ganze Reihe herausragender künstlerischer Begabungen hervorgebracht, die in der Mehrzahl ein registrierendes, beobachtendes Erzählen teilen, das stark auf die Mitarbeit des Publikums setzt, weil wichtige Aspekte sich nur indirekt erschließen. Das Prinzip der Konjektur, also des ergänzenden Lesens und Sehens, ist bei Filmemachern wie Cristi Puiu oder Calin Peter Netzer sehr wichtig - bei Corneliu Porumboiu ist es geradezu konstitutiv. Seine Geschichten setzen sich immer zusammen aus dem, was er explizit zeigt und zu hören gibt, und dem, was implizit mitgemeint ist. In "La Gomera" kippt dieses Verhältnis vielleicht sogar, denn hier ist der Plot beinahe undurchdringlich, während man mit den möglichen Bedeutungsebenen lustvoll spielen kann.

Das Kino ist für Porumboiu aber keine Instanz, von der aus er souverän die Dekadenz des rumänischen Alltags kritisieren könnte, sondern allenfalls eine Ebene in einer komplexen Suche nach den Bedingungen der gegenwärtigen Umstände. Kein anderer Filmemacher in Europa ist in dem Maß ein Archäologe oder Ätiologe wie Porumboiu, der schon in seinem Meisterwerk "Comoara" ("Der Schatz", 2015) bis ins revolutionäre 19. Jahrhundert zurückging, um eine Urszene für abgezweigtes Geld zu suchen, also für das Medium, auf dem die rumänische Gesellschaft vor allem beruht. In "La Gomera" legt er die Spur sehr beiläufig mit einem anderen Filmclip aus: Der Krimiklassiker "Un comisar acuza" (1974) deutet an, dass die Delikte von heute gar nicht so sehr mit der Transformation in Rumänien seit dem Sturz des kommunistischen Regimes zu tun haben, sondern tief in die faschistische Periode zurückreichen.

"La Gomera" entspricht schließlich mit seiner Form den Bedingungen, die Corneliu Porumboiu kritisiert: Es handelt sich um ein in hohem Maß verschlüsseltes Werk, das dem Idiom des Kinos keine neue Vokale oder Konsonanten hinzufügt, seine Bedeutungsregister aber auf eine Weise öffnet, dass man nur staunen kann.

BERT REBHANDL

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