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Serena Frome, the beautiful daughter of an Anglican bishop, has a brief affair with an older man during her final year at Cambridge, and finds herself being groomed for the intelligence services. The year is 1972. Britain, confronting economic disaster, is being torn apart by industrial unrest and terrorism and faces its fifth state of emergency. The Cold War has entered a moribund phase, but the fight goes on, especially in the cultural sphere.
Serena, a compulsive reader of novels, is sent on a 'secret mission' which brings her into the literary world of Tom Haley, a promising young
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Produktbeschreibung
Serena Frome, the beautiful daughter of an Anglican bishop, has a brief affair with an older man during her final year at Cambridge, and finds herself being groomed for the intelligence services. The year is 1972. Britain, confronting economic disaster, is being torn apart by industrial unrest and terrorism and faces its fifth state of emergency. The Cold War has entered a moribund phase, but the fight goes on, especially in the cultural sphere.

Serena, a compulsive reader of novels, is sent on a 'secret mission' which brings her into the literary world of Tom Haley, a promising young writer. First she loves his stories, then she begins to love the man. Can she maintain the fiction of her undercover life? And who is inventing whom? To answer these questions, Serena must abandon the first rule of espionage - trust no one.

McEwan's mastery dazzles us in this superbly deft and witty story of betrayal and intrigue, love, and the invented self.
Autorenporträt
Ian McEwan
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.09.2013

Der liebliche
Krieg der Ideen
„Honig“, der neue Roman von Ian McEwan,
ist ein fesselndes Spiel mit der Verstellung
VON JOHAN SCHLOEMANN
Ian McEwan war in Gefahr. Nicht etwa durch die Machenschaften des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5, die das Thema seines neuesten Romans sind. Nein, Ian McEwans Risiko bestand darin, dass er von einem der besten und erfolgreichsten englischen Schriftsteller zum Weltbestsellerautor aufgestiegen ist. Seine raffinierten, verblüffenden, berückenden Seelen- und Beziehungsstudien drohten sich in eine Prosa zu verwandeln, die alle möglichen moralischen und politischen Probleme der globalisierten Gegenwart in sich aufnahm. Denn das wird, so dachte er sich wohl, von einem Weltbestsellerautor erwartet. Der Roman „Saturday“ verhandelte, vor dem Hintergrund der Irak-Politik von Tony Blair und der Proteste dagegen, Dilemmata des westlichen Wohlstands. Und der letzte Roman „Solar“ galt gleich der Klimakatastrophe und der Weltrettung. Was sollte jetzt noch kommen?
  Also war Ian McEwan gut beraten, für sein nächstes Buch wieder ein engeres, historisch überblickbares Setting zu wählen, ähnlich wie er es auch zwischendurch mit dem kleinen Roman „On Chesil Beach“ („Am Strand“) gemacht hatte, wo es um eine verklemmte Hochzeitsnacht in den frühen Sechzigerjahren ging. Beklemmendes Kammerspiel in zeitgeschichtlicher Atmosphäre – das war schon immer McEwans Stärke, und so ist „Honig“ (im Original: „Sweet Tooth“, also „Leckermäulchen“) wieder ein starker Roman geworden.
  Beklemmung heißt dabei nicht, dass die Lektüre nicht auch unterhaltsam, lustig, clever, erregend, fesselnd wäre – all das ist dieses Buch auch. Doch stets lauern Unsicherheiten, Verletzungen und Selbstbetrug und geben dem Plot seine eigentliche Würze. Über eine ziemlich unglückliche Figur in diesem Roman heißt es einmal: „Er hatte eine typisch englische Abneigung gegen psychologische Erklärungen.“ Genau das kann man von seinem Schöpfer nicht behaupten. Aber er verfügt als Autor auch über genug Kälte, Realismus und Scharfsinn, um nicht umgekehrt dem Überpsychologisieren zu verfallen. Dadurch, dass die Geschichte im Geheimdienstmilieu spielt, muss ohnehin immer wieder reizvoll im Ungefähren bleiben, ob Verdrängung und Verstellung gefühlsbedingt oder berufsbedingt sind.
  Wir sind im London der frühen Siebzigerjahre. Ach, wie grau ist das England dieser Zeit! Angst vor Terrorismus nach dem Bloody Sunday in Nordirland, Energiekrise, Wirtschaftskrise, Sinnkrise. Die Sixties swingen nicht mehr, im Fernsehen laufen Reportagen, wonach die Lebensverhältnisse inzwischen in der DDR angenehmer seien als im Mutterland des Kapitalismus. Das fahle Licht und die matten Farben, die man sich beim Lesen vorstellt, in den trostlosen Fluren der alten Zentrale des Security Service, aber auch im London dieser Vor-Thatcher-Zeit insgesamt, sie erinnern an ein Nebelbild von Turner, zu dem die Abgase hinzugekommen sind, aber auch an die John-le-Carré-Verfilmung „Dame, König, As, Spion“ („Tinker Tailor Soldier Spy“) mit Gary Oldman.
  Deshalb von einem Agententhriller zu sprechen, das wäre allerdings der Protagonistin von „Honig“ zu viel Ehre angetan (und zugleich dem Buch vielleicht etwas zu wenig). Die sehr attraktive und schlaue Serena Frome, Tochter eines Bischofs, die in Cambridge zwar, aber mit mäßigem Ergebnis, Mathematik studiert hat – weil ihre Eltern sie dafür begabt fanden, sie hätte selbst lieber an einer Provinzuniversität Englisch studiert und Romane gelesen –, diese Serena Frome ist beim MI5, wo sie für ihren ersten Job anheuert, eine ziemlich kleine Nummer. Sie macht vor allem Aktenarbeit im Büro. Und auch ihr erster agentenmäßiger Außeneinsatz entscheidet nicht unbedingt über den Ausbruch des Dritten Weltkrieges. Doch in der paranoiden Stimmung des Kalten Krieges, die hier meisterhaft heraufbeschworen wird, können eben auch die kleineren Scharmützel für einige Aufregung sorgen.
  Der Geheimdienst hat ein Literaturförderungsprogramm aufgelegt. Deckname des Projekts: Sweet Tooth. Es ist eine ganz besondere Form von Staatsstipendium. Über die Tarnung einer Stiftung namens Freedom International werden Schriftsteller großzügig finanziert, die zwar nicht allzu durchsichtig Propaganda betreiben sollen, deren Werk aber doch die Vorzüge der freien Welt herausstellt, die Unterdrückung im Kommunismus geißelt und dem linken Zeitgeist die Flausen austreibt. Es ist eigentlich eine ziemlich dämliche Idee im Mutterland der freien Rede, das Großbritannien ja auch ist. Nun ja. Aber man will den amerikanischen Verbündeten gefallen, will zeigen, dass man auch auf „weichen“ Gebieten etwas für den Westen erreichen kann, und wenn die Bürokratie einen Plan hat, dann wird er eben durchgeführt. Ein Kollege von der CIA, der in London zu Besuch ist, nennt es „den sanftesten, lieblichsten Aspekt des Kalten Krieges, den einzig wirklich interessanten Aspekt, nämlich den Krieg der Ideen“.
  Und so darf auch Serena Frome, die Ich-Erzählerin, so sanft und lieblich, wie sie kann, einen aufstrebenden Autor umgarnen. Es hat sich bis in die höheren Etagen beim MI5 herumgesprochen, dass sie eine obsessive Romanleserin ist. Der junge Autor wiederum schlägt sich gerade mit Lehraufträgen an der Küsten-Universität in Brighton durch und sehnt sich nach einer besseren Absicherung, um seinen ersten Roman schreiben zu können. Kurz, Serena kommt mit üppigen Reizen und üppiger Alimentierung gerufen wie ein Engel. Es ist fast zu gut, um wahr zu sein. Eine Affäre mit einem Cambridge-Professor hatte Serena überhaupt erst den Job beim Geheimdienst verschafft; und man verrät McEwan-Lesern wahrlich nicht zu viel, wenn man berichtet, dass sie auch beim Unternehmen „Sweet Tooth“ mit vollem Einsatz persönlich involviert wird, um es vorsichtig zu sagen. Man darf sogar verraten, dass sie nach achtzehn Monaten beim MI5 schon wieder entlassen wird, denn das steht schon im ersten Satz dieses Romans.
  Schon daran lässt sich ablesen, dass „Honig“ nicht nur von der Handlung lebt, obwohl man diese streckenweise atemlos mitverfolgt. Serena, die oft gar nicht so Heitere, verschlingt Bücher, aber sie hasst, erfahren wir, sogenannte Literatur-Literatur. Sie kann also Geschichten nicht ertragen, die experimentell und avantgardistisch geschrieben sind, die verschiedene Wirklichkeitsebenen haben, in denen „real“ scheinende Charaktere sich noch innerhalb des Romans als Erfindungen herausstellen und Ähnliches. Das ist innerhalb dieses Buches eine witzige Feststellung. Denn erstens verweist sie auf Ian McEwans eigenes Spiel zwischen Subtilität und Massenverführung, zweitens auf die metafiktionale Ebene dieses Romans, in der sich Serena selbst zusehends verheddert.
  Die Souveränität der weiblichen Ich-Erzählerin, die gelegentlich selbst Bemerkungen über die Ökonomie ihres Erzählens macht, ist zunächst stupend – doch während sich ihr künstlerischer Geschmack durch die Bekanntschaft mit ihrem „Opfer“, dem Schriftsteller, mehr und mehr verfeinert, wird ihr die Souveränität, wie sich am Ende zeigt, in Wahrheit genommen, und sie wird ihrerseits Opfer eines literarischen Geheimdienstes. Erzählt wird das alles aus der Perspektive von heute – nach dem Ablauf einer Aktensperrfrist.
  Schon für die virtuosen Einzelheiten dieses Plots muss man McEwan bewundern, selbst wenn er das Spiel vielleicht gelegentlich übertreibt. Innerhalb des Romans aus der Feder eines reifen, berühmten Schriftstellers werden Arbeitsproben jenes Nachwuchsautors wiedergegeben, der für die Sache der freien Welt rekrutiert werden soll – das hat mal etwas von prominentem Creative-Writing-Kurs, mal ist es eine freigebige Vorführung von Meisternovellen. Jedenfalls kann keiner zweifeln, dass Ian McEwan auf der Höhe seines Könnens ist. Er ist jetzt 65 Jahre alt, es beginnt bald das Alterswerk, und dieser Roman scheint uns sagen zu wollen: Was immer aus dem Elend der Welt wird – die Literatur hat immer das Zeug, den Sieg davonzutragen.
Virtuose Operationen eines
literarischen Geheimdienstes
suchen und finden ihre Opfer
      
  
  
  
Ian McEwan: Honig. Roman. Aus dem Englischen von Werner Schmitz. Diogenes Verlag, Zürich 2013.
464 Seiten, 22,90 Euro, E-Book 20,99 Euro.
Ach, wie grau war London in den Siebzigern!
Zu dieser Zeit spielt, im Agentenmilieu, der neue Roman
von Ian McEwan.
FOTO: GETTY IMAGES
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.2013

Die Leseratte Ihrer Majestät, der Königin

Was Geheimagenten so alles zwischen den Zeilen finden: Ian McEwans neuer Roman "Honig" ist eine Spionagegeschichte und ein äußerst raffiniertes Spiel des Autors mit dem eigenen Werk.

Frauen, die lesen, sind gefährlich: In diesem Slogan schwingt die Hoffnung mit, der größere Marktanteil des literarischen Publikums sorge schon allein qua Geschlecht für Subversion. Ian McEwans neuer Roman "Honig" begibt sich genüsslich auf die Fährte dieser feministisch beschwingten Vermutung. Aus einem Abstand von etwa vierzig Jahren erzählt Serena Frome, deren Nachname sich im englischen Original auf "plume", also "Feder", reimt, wie sie 1972 als junge Cambridge-Absolventin vom Geheimdienst angeworben wurde: Nachdem die behütete Tochter eines Bischofs aus dem Schatten einer Kathedrale im ländlichen Südwesten heraustrat, um in Cambridge ratlos Mathematik zu studieren, erste Liebhaber zu sammeln und mit Hilfe eines fotografischen Gedächtnisses Romane im Schnelldurchgang zu lesen, wirbt sie ein Kriegsveteran nach historischen Tutorien und Pilzpfannen in seiner Waldhütte für die Abteilung MI 5 an.

Auch wenn sich der wahre Liebesdienst des zur Zeit ihrer Affäre bereits schwerkranken Mentors Serena erst später enthüllt, macht sie sich dennoch auf den Weg nach London, wo sie mit drei strebsamen Vertreterinnen der Arbeiterklasse eine Wohngemeinschaft bezieht. In einem Gebäude, das McEwan in den tristen Farben der jüngsten Verfilmung von John Le Carrés "Tinker Taylor Soldier Spy" ausmalt, beginnt für die junge Frau ein monotoner Büroalltag: Serena widmet sich der Entzifferung von "Männerhandschriften" in unspektakulären Akten und wird in komplizierte Ablagesysteme eingeführt; kleine Fluchten bieten allein Pub-Ausflüge in das in diesem Roman nur sehr gedrosselt schwingende London und die Literatur.

Ihrer Lesewut verdankt Serena auch die "Operation Honig". Als Spezialistin für das "zeitgenössische Zeug, das jetzt so auf den Markt kommt", wird sie von den ihr vorgesetzten Literaturverächtern auf einen jungen Autor angesetzt, mit dem der Geheimdienst in den "leisen kalten Krieg" um Ideen einzugreifen gedenkt: Inspiriert von der 1967 aufgeflogenen Affäre um die Unterstützung der Literaturzeitschrift "Encounter" durch die CIA, soll Tom Haley - der deutlich betonte Züge des jungen Ian McEwan trägt - mit einem fiktiven Stipendium motiviert werden, durch transatlantisch gesinnte Texte dem linken intellektuellen Zeitgeist zu trotzen.

Um sich auf den Erstkontakt mit dem literarischen Rekruten vorzubereiten, liest Serena seine Erzählungen. Ihren Leseprozess gestaltet McEwan als Selbstbeobachtung, in der politische Motive immer stärker von literaturkritischen Reflexionen überlagert werden. Diese präsentieren Serena als leidenschaftlich identifikatorische Leserin: "Ich wollte Figuren, an die ich glauben konnte, ich wollte neugierig darauf gemacht werden, wie es mit ihnen weiterging. Am liebsten las ich von Menschen, die sich ver- oder entliebten, aber es störte mich auch nicht, wenn sie sich zwischendurch mit anderen Dingen befassten. Selbst wenn es banal war, ich mochte es, wenn am Ende jemand sagte: ,Heirate mich!' Romane ohne weibliche Figuren waren eine tote Wüste." Bestätigung suchend, Bekanntes aufsaugend und Befremdliches eliminierend - so sucht Serena lesend nach ihrem "besten Ich" in einer realistisch-glaubwürdigen Erzählwelt, die für sie nur durch einen "ungeschriebenen Vertrag" zwischen Autor und Leser entstehen kann. Ihr Studium der Erzählungen Tom Haleys muss sie daher doppelt beunruhigen: Zum einen bricht dieser Autor den realistischen Pakt immer wieder durch ausgestellte "literarische Kniffe", zum anderen entwickelt sich eine Affäre mit dem leibhaftigen Haley, in dessen Figuren die verliebte Leserin beunruhigende Seiten des Autors zu entdecken glaubt. Als sie sich gerade in einen Beziehungswahn verstrickt, der sich zwischen dem Liebesnest in Brighton und den Aktivitäten des Dienstes entspinnt, fliegt ihre Deckung auf, weil sie von einem eifersüchtigen Kollegen enttarnt wird. Haley war zu allem Übel gerade mit einem dystopischen Debütroman von der Linie amerikafreundlicher Erbauungsliteratur abgewichen und hatte dafür auch noch einen Preis gewonnen.

In ihrer Ich-Erzählung verquickt Serena aus trockener Distanz Politik und Poetologie, den Kalten Krieg und den englischen Literaturbetrieb der siebziger Jahre. Ihre lakonische Rekonstruktion erzeugt satirische Effekte, vor denen weder die rebellischen Gesten der jüngeren Schwester noch das kolonialistische Weltbild älterer Geheimdienstoffiziere sicher sind. Serenas Ton bleibt aber schwer fassbar, weil er nicht durch explizite Einschätzungen und den Erfahrungszuschuss der älter gewordenen Frau motiviert wird.

Ihre Erzählung benennt zwar einerseits die Frauenverachtung nicht allein im Geheimdienst der siebziger Jahre, registriert aber gleichzeitig amüsiert die eigene Vorliebe für rücksichtslos arrivierende ältere Herren. So kokettiert dieser neue Roman McEwans auf einen ersten Blick weniger mit der burlesken Entlarvung linksliberaler Gewissheiten als der Vorgänger "Solar". Gleichzeitig wird aber die konservative Arbeitsteilung zwischen der Lebenshilfe suchenden Leserin und dem analytisch kalkulierenden Autor durch eine Schlusspointe verstärkt, von der hier nur verraten werden soll, dass sie die Erzählstimme Serenas als Kunstgriff ihres literarisch versierten Liebhabers enthüllt.

Mit seinem finalen Dreh lädt McEwan wie schon in "Abbitte" zur Revision alles gerade Gelesenen ein. Vor diesem Schluss, der vorführt, was die Ich-Erzählerin an metafiktionalen Tricksereien verabscheut, führen aber auch schon viele andere Signale von der durch zeitgeschichtliche Bezüge realistisch beglaubigten Welt zu den Bedingungen ihrer Erzählung. McEwan schwelgt in "Honig" in literarischen Anspielungen, die seine Werkpolitik konsequent ausbauen. Wie schon in "Abbitte" und "Saturday" wird einem englischen Kanon gehuldigt, indem sich die Liebenden anhand von berühmten Gedichten von Edward Thomas und Kingsley Amis über traditionelle literarische Rollenmuster verständigen.

Zudem zitiert McEwan nun aber auch sich selbst wie nie zuvor. Dabei wirft er Köder für treue Leser aus: Wenn Serena Tom Haleys Erzählungen studiert, lesen wir Erzählungen, die Variationen von frühen Kurzgeschichten McEwans darstellen und in einem Fall sogar direkt aus seiner Erzählung "Two Fragments" zitieren. Aus dieser macht der neue Roman wiederum Haleys dystopischen Debütroman über die Odyssee eines Vaters und seiner Tochter durch eine zerstörte unbekannte Welt, der sowohl an Cormac McCarthys "Die Straße" als auch an J. M. Coetzees zeitgleich mit "Honig" erschienenen letzten Roman "Die Kindheit Jesu" erinnert.

Was gewinnen die Leser, und was gewinnt der Autor durch dieses raffiniert gespannte Netz? Zunächst verlieren wir nicht allein den Agententhriller, sondern auch den politischen Roman. "Honig" liefert zwar ein impressionistisches Sittenbild der siebziger Jahre in England, aber abgesehen von den auch schon in McEwans Novelle "Am Strand" ausgespielten Korrespondenzen zwischen aufbrechenden Klassenstrukturen und englischen Essgewohnheiten, treten die politischen Konflikte nach dem ersten Drittel des Romans hinter der literaturgesättigten Liebesgeschichte zurück.

Was wir gewinnen, muss sich aus einem kritischen Zwiegespräch mit der lesenden Heldin ergeben, in dem Identifikation und Illusionsbrechung nicht von vornherein gegeneinander ausgespielt werden. Um zu entscheiden, ob im ironisch gedämmten Spiegelkabinett auch dieses Romans von McEwan eine Männerphantasie der harmlosen Leserin entlarvt oder gefeiert wird, reicht ein Durchgang jedoch nicht aus.

Einen zweiten Versuch werden vor allem Literaturwissenschaftler unternehmen, denn die clever konstruierte Falle seines neuen Romans kann, verkaufstechnisch relevant, für verschiedene Lesertypen zuschnappen. Sie ist allerdings auf Kosten der Erzählerin errichtet, denn die leidenschaftliche Leserin Serena Plume, die selbst als "Honigfalle" im Dienste Ihrer Majestät antrat, wird nicht allein durch ihren zunehmend sentimentaler werdenden Erzählton jeglicher Gefährlichkeit beraubt. Wie schon ihr Name andeutet, verflüchtigt sie sich auf falschen Fährten und zwischen doppelten Böden zu einer Feder am Hut jenes Autors, der in "Honig" auf hohem handwerklichem Niveau vor allem von seinem eigenen Werk erzählt.

JULIKA GRIEM

Ian McEwan: "Honig". Roman.

Aus dem Englischen von Werner Schmitz.

Diogenes Verlag, Zürich 2013. 448 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"No contemporary novelist is more enthralled by what goes on inside the human skull than Ian McEwan... Doubling back and forth across genre boundaries, Sweet Tooth takes risks...this acute, witty novel is a winningly cunning addition to McEwan's fictional surveys of intelligence." Peter Kemp Sunday Times
Highly entertaining Guardian Books of the Year