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Amerika in der Zukunft: Der Meeresspiegel steigt, Teile des Landes stehen unter Wasser, der Norden führt Krieg gegen den Süden. In einem Flüchtlingscamp in Mississippi lebt die junge Sarat Chestnut mit ihrer Familie hinter Stacheldraht. Sie haben sich gerade in einem der Zelte eingerichtet und zurück in ein halbwegs normales Leben gefunden, da droht das nächste Unheil ... Omar El Akkad entfaltet mit großer erzählerischer Kraft die dramatische Geschichte einer Radikalisierung. Spannend bis zur letzten Minute - brisant und aktuell.

Produktbeschreibung
Amerika in der Zukunft: Der Meeresspiegel steigt, Teile des Landes stehen unter Wasser, der Norden führt Krieg gegen den Süden. In einem Flüchtlingscamp in Mississippi lebt die junge Sarat Chestnut mit ihrer Familie hinter Stacheldraht. Sie haben sich gerade in einem der Zelte eingerichtet und zurück in ein halbwegs normales Leben gefunden, da droht das nächste Unheil ... Omar El Akkad entfaltet mit großer erzählerischer Kraft die dramatische Geschichte einer Radikalisierung. Spannend bis zur letzten Minute - brisant und aktuell.

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Autorenporträt
Omar El Akkad war Kind, als seine Eltern Ägypten verließen und nach Kanada auswanderten. Der Journalist reist rund um die Welt, um über den Krieg in Afghanistan, die Prozesse in Guantanamo, die Black Lives Matter Bewegung in Ferguson zu berichten. Omar El Akkad lebt mit seiner Familie in Portland, Oregon. »American War« ist sein erster Roman. Manfred Allié, geboren 1955 in Marburg, übersetzt seit über dreißig Jahren Literatur. 2006 wurde er mit dem Helmut-M.-Braem-Preis ausgezeichnet. Neben Werken von Jane Austen, Joseph Conrad und Patrick Leigh Fermor übertrug er unter anderem Romane von Yann Martel, Richard Powers, Joseph O'Connor, Reif Larsen und Patricia Highsmith ins Deutsche. Er lebt in der Eifel.
Rezensionen
Akkad entwirft ein albtraumhaftes Erzählbild mit äußerst kraftvollen Strichen - vielleicht ist es gerade dafür nun an der Zeit. Kai Sina Frankfurter Allgemeine Zeitung 20170928

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.07.2017

So viele
Schrecken
Omar El Akkad sattelt den Gaul der Apokalypse
und reitet durch Trumps Amerika
VON THOMAS STEINFELD
Es gibt viele Passagen in diesem Roman, die von großer literarischer Unbeholfenheit zeugen. Sie lauten zum Beispiel so: „Meine Mutter stand auf. ,Du hast recht, wenn du denkst, dass ich dich nicht liebenswert finde‘, sagte sie. … So viele schreckliche Dinge haben dich zu dem gemacht, was du jetzt bist, aber ich muss mit dem leben, was dich dazu gemacht hat, ich muss mit dem leben, was du bist. Und ich weiß, du findest mich auch nicht liebenswert.“ Der Autor will hier seinen Lesern erklären, dass man der Familie nicht entkommt. Ihre Bande sind verpflichtender, als es Gefühle je werden können. Aber er vermag keine intimen Situationen zu entwickeln. Stattdessen versetzt er seine Figuren in eine Szene wie aus dem Boulevardtheater, in der sie einander erklären, was eigentlich für den Leser bestimmt ist, einschließlich eines eher grotesken Rekurses auf die Verhaltensforschung. Und er tut es in einer Sprache, die nie jemand sprach, bevor sie in dieses Werk aufgenommen wurde, weder auf Englisch noch auf Deutsch.
Als Omar El Akkads Roman „American War“ in diesem Frühjahr in den Vereinigten Staaten erschien, erregte das Buch einiges Aufsehen. Die New York Times sprach von einem „erstaunlich kraftvollen“ Werk und verglich es mit Cormac McCarthys „Die Straße“ (2006) und Philip Roths „Verschwörung gegen Amerika“ (2004), der Boston Globe erklärte es zu einem „äußerst ungewöhnlichen Roman, in dem eine ergreifende Geschichte mit einem elegischen Erzählton verknüpft wird“. Und The Globe and Mail, die größte kanadische Tageszeitung, lobte ein „schaurig plausibles Meisterwerk“. Kurz erschien das Buch auf der amerikanischen Bestsellerliste. Dann verschwand es wieder, um nun, nach ungewöhnlich kurzer Frist, in der deutschen Übersetzung aufzutauchen. All diese Dinge gehören zusammen: der unbeholfene Zugang zur Literatur, das heftige Erstaunen, die nur kurz anhaltende Begeisterung und die Geschwindigkeit, mit der dieser Roman übersetzt wird. Denn „American War“ ist, mehr als andere, eine Art Kriegsberichterstattung, die mit Mitteln der literarischen Fiktion arbeitet.
Omar El Akkad, der Autor, kommt aus dem Journalismus. Bevor er diesen Roman schrieb, verfasste er vor allem Reportagen für Zeitungen, über Afghanistan und den Arabischen Frühling, über das Lager in Guantanamo Bay und die amerikanische Bürgerrechtsbewegung Black Lives Matter. Diese Schule merkt man dem Roman deutlich an.
Das Buch „American War“ erscheint als utopischer Roman. Die Geschichte spielt gegen Ende des 21. und zu Beginn des
22. Jahrhunderts, in der Weltgegend, die heute noch die Vereinigten Staaten bilden. Von der größten ökonomischen und militärischen Macht auf dem Globus ist allerdings wenig übrig geblieben. Das Meer hat die Küstenlandschaften verschlungen, so dass die Menschen zu Millionen in den Mittleren Westen geflohen sind. Weite Landstriche sind unbewohnbar, der Hitze wegen. Der Südwesten der ehemaligen Vereinigten Staaten, von Texas über Utah bis Kalifornien, ist mexikanisches Protektorat. In einem zweiten Sezessionskrieg haben sich die Südstaaten von den „Blauen“ getrennt. Dieser Krieg ist zwar zu einer Art Stillstand gekommen, aber er wird auf niedrigerem Niveau und mit großer Bosheit weitergeführt: Die Nordstaaten haben den Süden in ein Gefängnis verwandelt, der Süden rächt sich per Guerilla.
„Man muss nur die Linien der gegenwärtigen politischen Auseinandersetzungen um ein paar Jahrzehnte in die Zukunft verlängern“, erklärt der Kritiker der Washington Post, „um bei den Schreckensszenarien dieses Debütromans zu landen“. Der Stoff, aus dem die Utopie besteht, ist tatsächlich ganz und gar der Gegenwart entnommen. Das gilt im Großen, für das Ansteigen des Meeresspiegels, für das Versiegen der Ölvorkommen, für die Revolte des armen, ländlichen Südens gegen den urbanen Norden, für die Möglichkeiten der biologischen Kriegführung, für den Aufstieg Chinas zur Weltmacht. Und es gilt für die etwas kleineren Verhältnisse: Das Flüchtlingscamp („Camp Patience“) erinnert an die Lager der palästinensischen Flüchtlinge, die Folterszenen sind offenbar von den Geschehnissen in Guantanamo Bay inspiriert, über den Köpfen surren die Drohnen, der nächste Wirbelsturm ist unterwegs.
Literarische Utopien haben oft den Charakter von Schutzimpfungen: Sie bebildern die Ereignisse, deren Eintreten man gegenwärtig befürchtet, und sie tun es verbunden mit der Hoffnung, man könne den Bedrohungen zumindest einen Teil ihrer Gewalt nehmen, wenn man in der Fantasie schon einmal das Überleben darin erprobt hat. Der Roman „American War“ hat viel von einer solchen Schutzimpfung.
Der Held dieser Geschichte ist ein „tomboy“ namens „Sarat“, ein Mädchen mit jungenhaften Zügen, das zu einer Frau mit sehr männlichen Attributen heranwächst – und zu einer Kampfmaschine mit übermenschlichen Fähigkeiten. In ihrer Gestalt verschmelzen Lara Croft und Calamity Jane, Lisbeth Salander und John Rambo (einschließlich des hängenden Bauchs und der schlaffen Brustmuskeln des späten Sylvester Stallone). Sie wächst am Ufer des Mississippi auf, verliert ihre Heimat, als ihr Vater einem Terroranschlag zum Opfer fällt, wird im Flüchtlingslager von einem geheimnisvollen Meister zur Kämpferin ausgebildet und schließlich zur Terroristin. Diese Figur ist, literarisch betrachtet, das größte Problem dieses Romans. Sie besitzt kein Innenleben, ihre Beweggründe (vor allem: der Hass auf den Norden) bleiben unveränderlich, ein paar sentimentale Momente – die Liebe zu einer Wirtstochter, die Zuneigung zu ihrem kleinen Neffen – erscheinen erfunden, um einer allegorischen Gestalt einen Schein von Lebendigkeit zu verleihen. Während der Gaul der Apokalypse über die verwüsteten Landschaften galoppiert, von Elendsszene zu Elendsszene (und: von imaginärer Reportage zu imaginärer Reportage), wechselt seine Reiterin nicht einmal die Sitzhaltung, geschweige denn den Gesichtsausdruck.
Zum Versuch, den Ereignissen, vor denen man sich fürchtet, das Bedrohliche zu nehmen, indem man sie im Geist schon einmal durchspielt, gehört eine besondere Form der Genugtuung. Die Fantasie gilt darin als schon beinahe eingetretene Tatsache. „Seht ihr, was habe ich gesagt“, möchte der Anhänger einer solchen Fantasie gern ausrufen, „das habt ihr nun davon.“ Das Bedürfnis nach einer solchen eingebildeten Genugtuung, gegen die gegenwärtige Politik der Vereinigten Staaten und womöglich sogar gegen Präsident Trump gewendet, ist in vielen Details dieser Geschichte zu bemerken: an der Grenzbefestigung zum Beispiel, die errichtet wurde, um Amerikaner vor Amerikanern zu schützen, am Vordringen Mexikos in die amerikanischen Kernlande, am Aufstieg der arabischen Welt zur globalen Großmacht, die den Vereinigten Staaten mit humanitärer Hilfe beistehen muss.
Doch ist eine solchermaßen imaginäre Genugtuung eine ohnmächtige Angelegenheit. Sie erreicht allenfalls die Gleichgesinnten, denen sie womöglich eine kleine Euphorie verschafft. Und während dieser Rausch bald verfliegt, ändert sich an der Wirklichkeit nichts, abgesehen davon, dass der politische Gegner einen Grund mehr hat, sich über die Apokalyptiker von der anderen Seite moralisch zu erheben.
Und so kann man diesem Buch den Vorwurf nicht ersparen, es an Plausibilität fehlen zu lassen. Die Unglaubwürdigkeit beginnt mit der Konstruktion der historischen Voraussetzungen für diese Geschichte. Wenn das Öl tatsächlich zur Neige geht – wäre es dann nicht absurd, einen Bürgerkrieg vom Zaun zu brechen, weil man sich einem Verbot von Benzinmotoren nicht unterwerfen will? Und gar als Zweitauflage eines Sezessionskriegs, in dem es einst um wesentlich ernstere Dinge ging, nämlich um die Durchsetzung des industriellen Kapitals gegen eine Agrarwirtschaft, die sich auf Grundlage unendlicher natürlicher Ressourcen souverän dünkte?
Die Unglaubwürdigkeit endet mit der Perspektive, aus der dieser Roman erzählt wird: Denn sein angeblicher Verfasser ist ein Historiker, der nach dem Untergang des amerikanischen Imperiums, nach zwanzig Jahren Bürgerkrieg und nach einer Epidemie, die mehr als hundert Millionen Amerikanern das Leben gekostet haben soll, in seinem Studierzimmer sitzt und schreibt – so als gäbe es immer noch die Universitäten, immer noch die Geschichtswissenschaften, immer noch die Verehrung der akademischen Disziplin für das authentische Dokument. Kurz: als wäre eine zukünftige Apokalypse nur ein spektakulärer Fall für eine Gegenwart von geballter Harmlosigkeit.
Omar El Akkad: American War. Roman. Aus dem Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2017. 448 Seiten, 24 Euro.
Lange bevor die ersten
Bomben fielen,
wusste jeder, dass die
Menschen in diesem Land
im Begriff waren,
einer über den anderen
herzufallen.“
OMAR EL AKKAD
Dieser Roman ist wie eine
Schutzimpfung: Man lässt sich
probehalber infizieren
Die Vereinigten Staaten
ohne amerikanisches
Imperium, infolge
von Naturkatastrophen
und innerem Zerfall.
Zurück bleibt die zerfetzte
Fahne: Soldat im
Sezessionskrieg (1861 – 65)
Fotos: SZ Photo,
Anna Mehler Paperny
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.09.2017

Unsere Dystopie ist ihre Realität

Omar El Akkads packender Roman "American War" bedient sich einer recht avancierten Holzhammertechnik. Vielleicht ist es genau dafür an der Zeit?

Wer das Leben mit sehr kleinen Kindern kennt, dem sind solche Träume vielleicht bekannt: Man stürzt, das eigene Baby auf dem Arm, eine steile Treppe hinab. Oder: Das Kind fällt ins tiefe Wasser, sinkt wie ein Stein, man versucht es zu ergreifen, bekommt es aber nicht mehr zu fassen. Vermutlich haben diese schwer ertragbaren Träume eine konkrete, vielleicht sogar anthropologisch erklärbare Funktion: Sie schärfen das Gefahrenbewusstsein, dienen also der Vermeidung tatsächlicher Risikosituationen.

Diesen Träumen entspricht im Bereich der Literatur das Genre der Dystopie, also jener pessimistischen bis apokalyptischen Zukunftsentwürfe, die im Zuge der Klimakatastrophe und der radikalen Verschiebung des politischen Koordinatensystems derzeit eine bemerkenswerte Renaissance erleben. Dass George Orwells Klassiker "1984" nach der Wahl Donald Trumps erneut an die Spitzen der Beststellerlisten drang, ist dafür nur ein Indikator.

Ein anderer ist das große Aufsehen, das der ägyptisch-amerikanische Journalist Omar El Akkad mit seinem Debütroman "American War" in den Vereinigten Staaten erregte: Nahezu sämtliche Großprobleme unserer Gegenwart - vom Klimawandel über den Terrorismus und die Gefahr durch hochentwickelte Massenvernichtungswaffen bis zum Versiegen der fossilen Ressourcen - werden in ihm aufgegriffen und hochgerechnet ins ausgehende 21. Jahrhundert.

Herausgekommen ist ein literarisches Worst-Case-Szenario. Im Jahr 2075 sind weite Teile der amerikanischen Küstengebiete überflutet. Aufgrund klimapolitischer Verwerfungen liegen die "roten" Südstaaten in einem verheerenden Bürgerkrieg mit dem "blauen" Norden. South Carolina ist durch eine streng bewachte Mauer von der Außenwelt abgeschottet: Infolge biochemischer Angriffe geht von seinen Einwohnern auf unabsehbare Zeit eine tödliche Ansteckungsgefahr aus. Über dem Süden kreisen Drohnen und werfen willkürlich ihre Bombenfracht ab - die Computer der Nordstaaten-Armee haben die Kontrolle über das Hightech-Waffengerät längst verloren. Geschildert wird eine Welt, die geprägt ist von Armut und Korruption, Massakern und Milizen, Flüchtlingscamps, Foltergefängnissen und Hilfstransporten. Hinzu kommen eine unerträgliche Hitze, verdrecktes Wasser und allgegenwärtiger Schlamm.

Die Bilder, die sich bei der Lektüre dieser Schilderungen vor dem inneren Auge einstellen, sind uns nur allzu vertraut, und als Kriegsreporter in Afghanistan und Beobachter der Prozesse in Guantánamo kennt Akkad sie aus eigener Anschauung. In seinem Roman vollzieht er allerdings eine konsequente Inversion dieses kollektiven Bildarsenals: Im Jahr 2075 sind die sezessionistischen amerikanischen Südstaaten ein riesiges Kriegs- und Mangelgebiet, dessen leidende Bevölkerung auf lebensnotwendige Hilfe aus dem Ausland angewiesen ist, um nur das alltägliche Existenzminimum sicherzustellen.

Unerlässlich ist vor allem die Unterstützung durch das wohlhabende Bouazizi-Reich, das sich aus den heutigen Krisenländern des Nahen und Mittleren Ostens zusammensetzt und nunmehr als "Gravitationszentrum" einer neuen Weltordnung dasteht. Die "armseligen, kleinen Boote, die vom europäischen Ufer herüber nach Süden kommen" und an der Küste vor "Neu-Algier" anlanden, bezeugen dies auf dramatische Weise. Es wirkt daher wie ein böser Scherz, wenn Akkad den Präsidenten der Bouazizi-Union eine Rede an der Ohio State University im Jahr 2081 halten lässt, in der er verkündet, seine Regierung habe "keinerlei Absicht, anderen Nationen ihren Willen aufzuzwingen", denn: "Ich denke, wir sind uns alle einig, dass die Schwierigkeiten, vor denen ihr Land steht, am Ende von den Menschen ausgeräumt werden, die dieses Land ihre Heimat nennen." Erst jüngst hat der gegenwärtige amerikanische Präsident verkündet, in Afghanistan fortan kein "nation building" mehr betreiben zu wollen. Sein Argument: "Am Ende ist es am afghanischen Volk, seine Zukunft in die Hand zu nehmen, seine Gesellschaft zu regieren und einen unbefristeten Frieden zu erzielen." Akkads dystopische Umkehrung eines solchen weltpolitischen Agierens ist ebenso simpel wie effektvoll.

Im Mittelpunkt des Romans steht die durch den Krieg schwer getroffene Familie Chestnut aus Louisiana, vor allem deren Tochter Sarat, die im Handlungsverlauf von einem ebenso intelligenten wie wagemutigen Mädchen zu einer militanten Kämpferin heranwächst. Die von ihr weitgehend in Eigenregie geplanten Aktionen nehmen entscheidenden Einfluss auf den Kriegsverlauf: Ihr tödlicher Sniper-Angriff auf einen hochrangigen Militär des Nordens führt zu einer mörderischen Racheaktion, in deren Folge Sarat festgenommen und in ein Folterlager verbracht wird (die Schilderung der mehrtägigen Licht- und Klangfolter wie auch des Waterboardings sind äußerst detailliert); nach Kriegsende und der Wiedervereinigung von Nord- und Südstaaten, in der sie nichts als Verrat und Lüge erkennt, verbreitet sie einen hochansteckenden Seuchenerreger und tötet dadurch mehr als 100 Millionen Menschen.

Erzählt wird von alldem aus der Rückschau des beginnenden 22. Jahrhunderts, und zwar von Sarats Neffen Benjamin, der sich als Historiker der Erforschung des Zweiten Amerikanischen Bürgerkriegs verschrieben hat: "Mit verbissener Hartnäckigkeit jagte ich jedem Dokument nach, durchforschte jedes längst vergessene Archiv, hielt die Aussage jedes Überlebenden fest." Die Arbeit an der amerikanischen Geschichte ist für Benjamin zugleich die Arbeit an der eigenen Familiengeschichte: Nachdem seine tief verstörte Tante die Folterhaft verlassen hatte, lebte sie zunächst in einer schäbigen Hütte im Garten ihres Bruders. Allein ihrem Neffen gegenüber öffnete sich die völlig in sich gekehrte Frau und auch dies nur in sehr kleinen, vorsichtigen Schritten. Erst in ihrem Abschiedsbrief, den die spätere Attentäterin für Benjamin hinterlegte, nachdem sie ihn ins alaskische Exil hat schaffen lassen, ist ausdrücklich von Liebe die Rede: "Ich habe dich geliebt." Die eigene Tante als Massenmörderin: Dies ist das Lebensthema, mit dem der Historiker ebenso wenig fertig werden kann wie der Neffe, und das schlägt sich auch in der Erzählweise dieses fingierten historischen Romans nieder, der den Leser in einen vergleichbaren Zwiespalt von Sympathie und Schrecken versetzt.

In Analogie zu jenen elterlichen Prophylaxe-Träumen malt "American War" in höchst plastischen Bildern aus, was sich der westlichen Imaginationskraft als konkretes Gesamtbild noch weitgehend entzieht: die verheerenden Konsequenzen der steigenden Meeresspiegel, die drohenden Konflikte durch knapper werdende Energieressourcen, die tödlichen Risiken computerisierter Waffensysteme - und so fort. Die eigentliche Pointe dieses Romans aber besteht darin: Unsere dystopische Imagination ist für andere schon heute Realität, weshalb Akkad für eine entschiedene Haltung der Nichtarroganz plädiert.

Ein derart klares Engagement ist in der Literatur heute ziemlich aus der Mode gekommen. Und tatsächlich mag einem einiges in diesem Roman etwas zu apokalyptisch, zu reißerisch, zum Teil auch wenig schlüssig erscheinen. "American War" macht es seinen Kritikern da ziemlich leicht. Aber möglicherweise liegt gerade in der avancierten Holzhammertechnik dieses literarischen Blockbusters die einzig angemessene Reaktion auf die grotesken politischen Debatten in den Vereinigten Staaten, gerade in Bezug auf das Klimaproblem. Akkad entwirft sein albtraumhaftes Erzählbild mit äußerst kraftvollen Strichen - vielleicht ist es gerade dafür nun an der Zeit.

KAI SINA

Omar El Akkad: "American War".

Aus dem Amerikanischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2017. 448 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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