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Leeds, 1980. Die Frauen trauen sich nachts nicht mehr allein auf die Straße, denn der Yorkshire Ripper geht um. Dreizehn Morde, und die Polizei tappt immer noch im dunkeln. Es muß etwas geschehen. Auf Anordnung von ganz oben übernimmt Peter Hunter aus Manchester den Fall. Er soll den Ripper finden und gleichzeitig die korrupten Bullen von der Yorkshire Police ans Messer liefern. Aber Hunter wühlt zu tief im Dreck und setzt damit sein Leben aufs Spiel. Denn die Yorkshire Police läßt sich nicht so einfach ans Messer liefern. Temporeich und mit großer Leidenschaft erzählt David Peace von dunklen…mehr

Produktbeschreibung
Leeds, 1980. Die Frauen trauen sich nachts nicht mehr allein auf die Straße, denn der Yorkshire Ripper geht um. Dreizehn Morde, und die Polizei tappt immer noch im dunkeln. Es muß etwas geschehen. Auf Anordnung von ganz oben übernimmt Peter Hunter aus Manchester den Fall. Er soll den Ripper finden und gleichzeitig die korrupten Bullen von der Yorkshire Police ans Messer liefern. Aber Hunter wühlt zu tief im Dreck und setzt damit sein Leben aufs Spiel. Denn die Yorkshire Police läßt sich nicht so einfach ans Messer liefern. Temporeich und mit großer Leidenschaft erzählt David Peace von dunklen Obsessionen, vermeintlich rechtschaffenen Bürgern und einem tödlichen Spiel mit der Wahrheit. '1980' ist der dritte Teil des preisgekrönten Red Riding Quartetts, einer Chronik Englands in den siebziger und frühen achtziger Jahren, mit der David Peace zu einer der wichtigsten Stimmen der neuen englischen Literatur avancierte.
Autorenporträt
David Peace wurde 1967 im Westen Yorkshires geboren. Nach einem Studium an der Technischen Hochschule von Manchester arbeitete er jahrelang als Englischlehrer in Istanbul. Heute lebt er mit seiner Familie in Tokyo. David Peace wurde u. a. mit dem Grand Prix du Roman Noir ausgezeichnet und in die renommierte Granta s List of Best Young British Novelists aufgenommen

Peter Torberg, geboren 1958 in Dortmund. Er übersetzte u.a. Oscar Wilde, Mark Twain, Raymond Federman, Michael Ondaate, Rudyard Kipling und für DuMont James Coltrane und James Buchan.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.03.2007

Einmal werden wir noch wach
In der Ermüdungsfalle: David Peace jagt den Yorkshire-Ripper/ Von Hannes Hintermeier

Dreizehn erschlagene, zerstochene, missbrauchte Frauen - das war die Bilanz eines Serienmörders, der als "Yorkshire Ripper" Berühmtheit erlangte. In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre hielt er den Norden Englands in Atem. So fortgeschritten war das Klima der Angst, dass der 1966 geborene und in Ossett bei Leeds aufwachsende David Peace sogar seinen Vater verdächtigte, der Ripper zu sein. Seine Schwester habe jeden Abend gebetet, dass der Mörder ihre Mutter nicht holen möge. Viele Jahre später, mit dem Sicherheitsabstand zwischen Yorkshire und Tokio, wo Peace als Englischlehrer mit seiner Familie lebt, hat er in vier Romanen - dem "Red Riding Quartet" - die Mordserie in Fiktion gegossen.

In England ist die Reihe komplett erschienen, bei uns kommt nun der dritte Band "1980", immerhin mit sechsjähriger Verspätung. Da Peace aber für Nummer zwei, "1977", mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet wurde und mit allerlei Hymnen behängt wurde - sein Kollege Ian Rankin wird mit dem Satz zitiert, so sehe die Zukunft des Krimi-Genres aus - siedelt man Peace in der Abteilung Literatur an. Was immer ein solches Etikett bedeuten könnte, es müßte einem bange werden, wenn Rankin recht behielte.

Manchester im Dezember 1980: Peter Hunter, den seine Kollegen insgeheim das "Heilige Arschloch" nennen, wird abkommandiert nach Yorkshire. Die Ermittlungen gegen den Serienmörder kommen seit fünf Jahren nicht von der Stelle, der Ripper (oder seine Trittbrettfahrer?) scheint mit der Polizei zu spielen, indem er per Tonband seine nächsten Morde ankündigt. Soeben hat er mit Laureen Bell sein dreizehntes Opfer erledigt. Die Stimmung in der Bevölkerung riecht nach Lynchjustiz; da jeder jeden verdächtigt, ist längst Verdacht auf die örtlichen Polizeibehörden gefallen. Nicht nur der Ripper hat es auf Prostituierte abgesehen, auch einige Polizisten sollen wegen ihrer Verbindung zum horizontalen Gewerbe als Täter in Frage kommen: Wie verwickelt ist die Yorkshire Police? Geht tatsächlich jeder Mord auf das Konto des Rippers?

Assistant Chief Constable Peter Hunter soll mit seinem Team diese Fragen lösen und den Täter stellen. Der Empfang für die Sonderermittler fällt dementsprechend frostig aus. Hinzu kommt, dass Hunter fünf deprimierende Ehejahre hinter sich hat, in denen seine Frau mehrere Fehlgeburten erlitt: sein Privatleben ist ein Seiltanz über einem Abgrund.

Die Szenerie könnte trostloser nicht sein. Die verfallene Industrielandschaften des Nordens, das rückständige, von den Südengländern verspottete Revier mit der sehr eigenwilligen Vorstellung von Gastfreundschaft, liefert die Kulisse. Als eine Art Sozialgeschichte Yorkshires ist die Tetralogie auch gemeint, aber dafür liefert sie zu wenig Ansätze. Mit Analysen hält sich Peace nicht gerne auf. Er drückt mit Dialogen und inneren Monologen, die teilweise nur ein Wort pro Zeile zulassen, gekonnt aufs Tempo. Die einhämmernde Wiederholung ist dabei liebstes Stilmittel - alles so schön deprimierend hier! Und so bedeutungsvoll: Gleich drei Motti leiten den Roman ein; jedes Kapitel beginnt mit einer eng gefüllten Seite Bewußtseinsstrom. Hier mischt sich die Stimme des Rippers mit derjenigen seiner Opfer, die ihre letzten Minuten nacherzählen, literarische Zitate und Teile der Obduktionsberichte ergänzen diese "Übertragungen".

Gelegentlich hört Hunter Radio, dann dringen scheinbar unpassende Sätze in seinen zunehmenden Wahn: "Carter verkündet der Welt, dass alle 52 Geiseln leben; der Papst richtete eine Botschaft an Polen, Thatcher die ihre an Nordirland; Nominierungen für den Mann des Jahres: Ajatollah Khomeini, die acht amerikanischen Soldaten, die bei der versuchten Geiselbefreiung ums Leben kamen, die Boat People, JR Ewing, oder doch John Lennon?" Diese Außenwelt spielt für Hunter keine Rolle mehr, er kämpft alsbald nicht nur gegen den Serienmörder, sondern hauptsächlich gegen Kollegen, denen er auf die Schliche gekommen ist. Mitwisser werden ermordet, sein Haus wird abgefackelt, die Spirale der Gewalt dreht sich immer schneller. Dass der Ripper (jedenfalls der mutmaßliche) gefasst wird, bedeutet nicht, dass die Geschichte zu Ende ist.

Warum ist so eine Kreatur wie der Ripper ausgerechnet in Yorkshire ans Licht gekommen? Das interessiert Peace mehr als das übliche Whodunit. Er will den Niedergang einer Kulturlandschaft, ihren Sprachverfall, ihre verrottete Moral dokumentieren. Aber der Vorsatz, seine Kindheitslandschaft aufzuschlüsseln, die Mentalität ihrer Bewohner zu sezieren, verliert sich in einem Malstrom aus den üblichen Versatzstücken des Genres: korrupte Bullen und Pornodarsteller, Vergewaltiger und Alkoholiker, Nutten und Wahnsinnige. In einem Behauptungsstakkato von Grau-kalt-leer-einsam klingt der Text stellenweise wie das Buch zur Musik längst vergangener New-Wave-Todessehnsüchtler - gleichwohl standen im Dezember 1980 mit Abba ("Super Trouper"), John Lennon ("(Just like) Starting Over") und dem St.Winifred's School Choir ("There is No-One Quite Like Grandma") nur Harmlosigkeiten an der Spitze der englischen Charts.

In der Prosa von David Peace aber ist jenseits des Albtraums kein Platz. Sie will mit fiktionaler Gewalt die These illustrieren, eine Gesellschaft habe immer die Verbrechen, die sie verdient. Offensichtlich ist eine symbolistisch überfrachtete, dauererregte Melange aus Tod und Nacht und Blut dafür nicht immer das Mittel der Wahl. Die angestrengte Tempobolzerei führt nicht aus dem schwarzen Tunnel heraus, sondern direkt in die Ermüdungsfalle hinein. Weder kann und soll man mit sich mit einer der Figuren anfreunden, noch so etwas wie Mitleid für eines der Opfer empfinden. Eine Moral wird nicht serviert: Das wäre auch eine Tugend bürgerlicher Prosa von vorgestern. "1980" wirkt hingegen nur wie von gestern.

David Peace: "1980". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Peter Torberg. Verlagsbuchhandlung Liebeskind, München 2007. 464 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wenn so die Zukunft des Krimis aussieht, wie einige glauben, möchte Hannes Hintermeier sich gerne als Leser verabschieden. Den dritten Teil von David Peaces Ripper-Tetralogie, der jetzt auf Deutsch vorliegt, findet er so trostlos und ermüdend wie die nordenglische Provinz, die der Story als Kulisse dient. Dem hohen Erzähltempo und den einsilbigen Dialogen will Hintermeier sich nicht ausliefern, weil er zugleich den Ansatz zu einer Sozialgeschichte Yorkshires vermutet, dafür aber wiederum zu wenig analytischen Willen beim Autor und zu viele Klischees im Text feststellt. Nicht Fisch noch Fleisch also. Dass Hintermeier keine Minute mit den Figuren leidet, noch auf eine Moral der Geschichte stößt, versteht sich da fast von selbst.

© Perlentaucher Medien GmbH