Wir Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts haben oft den Eindruck, Katastrophen wären eine Erscheinung unserer Zeit. So verrät ein Blick auf die letzten Monate, dass unsere Welt von gewaltigen Katastrophen heimgesucht wurde: das verheerende Erdbeben in Haiti, die schweren Überflutungen in China und
Pakistan, die riesigen Waldbrände in Russland oder die jüngste Erdbeben-, Tsunami- und Nuklearkatastrophe…mehrWir Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts haben oft den Eindruck, Katastrophen wären eine Erscheinung unserer Zeit. So verrät ein Blick auf die letzten Monate, dass unsere Welt von gewaltigen Katastrophen heimgesucht wurde: das verheerende Erdbeben in Haiti, die schweren Überflutungen in China und Pakistan, die riesigen Waldbrände in Russland oder die jüngste Erdbeben-, Tsunami- und Nuklearkatastrophe in Japan.
Die beiden Historiker Gerhard Fouquet und Gabriel Zeilinger beweisen jedoch, dass solche Extremereignisse die ganze Menschheitsgeschichte begleiten. In ihrem Buch beschränken sie sich auf die „Katastrophen im Spätmittelalter“. Zum Ausgangspunkt ihrer Betrachtungen haben sie zahlreiche Quellenzeugnisse, vornehmlich vom 13. bis zum beginnenden 16. Jahrhundert, herangezogen.
Als „Katastrophen“ verstehen sie dabei jene Ereignisse, die nicht nur im materiellen Sinne zerstörerisch waren, sondern auch deutliche Auswirkungen auf die Lebensformen hatten. Daher werden neben Naturkatastrophen und Seuchen auch Stadtbrände und Hungerkrisen beleuchtet.
Die mittelalterlichen Menschen waren wesentlich ungeschützter als die Bevölkerung in den Industrieländern unserer Zeit, sie lebten quasi in einem „gefährdeten Alltag“. Um 1530 kam es z. B. am südlichen Oberrhein zu mehreren Kälteperioden mit großen Niederschlagsmengen. Die Folge waren zahlreiche Hochwasser, Eisgänge und Überschwemmungen. Die Nordseeküste wurde dagegen von schweren Sturmfluten und Deichbrüchen heimgesucht.
Im 14. und 15. Jahrhundert wurde Europa auch von zahlreichen Erdbeben erschüttert, sodass ganze Städte in Trümmern lagen. In jeder größeren Stadt des Spätmittelalters gab es zudem große soziale Probleme durch Armut und Hunger, dazu kamen Seuchen wie Pest, Cholera oder Lepra.
Auch Finanzkrisen sind keine Erfindung der Neuzeit, die „Katastrophen des Geldes“ gab es schon im Spätmittelalter, vor allem durch die untergewichtige Nachprägung von Münzen.
Katastrophen haben immer eine Geschichte. Einige von ihnen erzählen die Autoren hier, spannend und mit viel Detailwissen. Eine umfangreiche Bibliografie gibt außerdem die Möglichkeit zur weiteren Vertiefung in die Materie. Ein bemerkenswertes Buch für alle historisch Interessierten.
Manfred Orlick