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7 Kundenbewertungen

"Ich kämpfe, jeden Tag. Ich kämpfe gegen die Schande, überlebt zu haben und immer noch am Leben zu sein. Ich kämpfe gegen die Tatsache, dass ich ein Mensch bin. Und Sie, ebenso ein Mensch wie ich, welche Antworten können Sie mir geben?" Ein Junge ist gestorben, und die Hinterbliebenen müssen weiterleben. Doch was ist ihnen ihr Leben noch wert? Han Kang beschreibt in ihrem neuen Roman, wie dehnbar die Grenzen menschlicher Leidensfähigkeit sind. Ein höchst mutiges Buch und ein brennender Aufruf gegen jede Art von Gewalt. »Han Kang zu lesen ist wie in einen Strudel aus Brutalität und Zärtlichkeit…mehr

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Produktbeschreibung
"Ich kämpfe, jeden Tag. Ich kämpfe gegen die Schande, überlebt zu haben und immer noch am Leben zu sein. Ich kämpfe gegen die Tatsache, dass ich ein Mensch bin. Und Sie, ebenso ein Mensch wie ich, welche Antworten können Sie mir geben?" Ein Junge ist gestorben, und die Hinterbliebenen müssen weiterleben. Doch was ist ihnen ihr Leben noch wert? Han Kang beschreibt in ihrem neuen Roman, wie dehnbar die Grenzen menschlicher Leidensfähigkeit sind. Ein höchst mutiges Buch und ein brennender Aufruf gegen jede Art von Gewalt. »Han Kang zu lesen ist wie in einen Strudel aus Brutalität und Zärtlichkeit geworfen zu werden, aus dem man durchgeschüttelt, perplex und tief bewegt wieder auftaucht.« Doris Dörrie

Autorenporträt
Han Kang ist die wichtigste literarische Stimme Koreas. 1993 debütierte sie als Dichterin, seitdem erschienen zahlreiche Romane. Seit sie für »Die Vegetarierin« gemeinsam mit ihrer Übersetzerin 2016 den Man Booker International Prize erhielt, haben ihre Bücher auch international großen Erfolg. Auch der Roman »Weiß« war für den Booker Prize nominiert, »Menschenwerk« erhielt den renommierten italienischen Malaparte-Preis.

Im Aufbau Verlag sind »Die Vegetarierin«, »Menschenwerk«, »Deine kalten Hände« und »Weiß« lieferbar. Mehr Informationen zur Autorin unter www.writerhankang.com.

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.09.2017

Warum haben Sie auf mich geschossen?

Die Koreanerin Han Kang wurde mit "Die Vegetarierin" auch im Westen berühmt. Ihr neuer Roman erzählt souverän und ergreifend von einem Massaker an Zivilisten und den Folgen für die Gesellschaft.

Sie singen die Nationalhymne, als sie der Toten gedenken, die in den Tagen zuvor bei den Demonstrationen gegen die Regierung ums Leben gekommen sind. Als ob die Menschen, die hier auf dem Platz mit dem Springbrunnen beim Regierungsgebäude vor den einfachen Särgen stehen, das eigentliche Südkorea repräsentieren, eines, über das die Militärjunta keine Macht besitzt, auch wenn sie mit großer Brutalität alles einsetzt, um die Kontrolle über die Provinzstadt Gwangju und das ganze Land zurückzugewinnen.

Dass es dabei noch mehr Tote geben wird, ahnen die Aufrührer in diesem kurzen Moment des Atemholens natürlich, und sie behalten recht: Tatsächlich sind diese Tage im Mai 1980 als "Gwangju-Massaker" in die koreanische Geschichte eingegangen. Ihm nähert sich nun die Schriftstellerin Han Kang, die im vergangenen Jahr für ihren Roman "Die Vegetarierin" mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet wurde, behutsam an: mit dokumentarischem Interesse, Verständnis für Details ebenso wie für die großen historischen Linien bis in die Gegenwart und vor allem mit Hilfe einer formalen Gestaltung, die wie selbstverständlich das übergroße Leid in Literatur überführt, ohne es je zu ästhetisieren.

Ihr Roman "Menschenwerk", erschienen im koreanischen Original 2014 und damit sieben Jahre nach der "Vegetarierin", beginnt nicht zufällig mit einer ausgedehnten Leichenschau, so wie überhaupt nichts in diesem Buch als zufällig erscheint. Zwischen den aufgebahrten Toten, die bereits aufgetrieben und dadurch überlebensgroß in einer Turnhalle liegen, um von den Angehörigen identifiziert zu werden, was wegen der durch die Armeewaffen entstellten Körper nicht immer einfach ist, begegnen sich drei junge Menschen: die Näherin Seon-Ju, die Schülerin Eun-Suk und der noch etwas jüngere Schüler Dong-Ho. Besonders ihm gilt in diesem ersten Kapitel die Aufmerksamkeit der Erzählerin, die ihn mit Du anredet, ihm das Geschehen schildert und so für eine leicht verschobene Perspektive sorgt: Wir erleben, was Dong-Ho erlebt, aber wir sehen es nicht mit seinen Augen. Das ist kein Spiel einer Autorin, die ihr Erzählgeschick demonstrieren will, sondern findet seine bittere Berechtigung im weiteren Schicksal des Jungen.

Dong-Hos Anwesenheit im Zentrum der Rebellion hat wenig mit politischer Überzeugung, viel aber mit Scham darüber zu tun, dass er seinen besten Freund vermeintlich im Stich gelassen hat, als das Militär das Feuer auf die Demonstranten eröffnete. Später streifte er durch die Krankenhäuser und landete mit einiger Konsequenz im provisorischen Leichenschauhaus, wo die Chance, auf den Freund zu stoßen, besonders groß ist.

Einstweilen wird ihm die Rolle eines Buchhalters des Todes zugewiesen: Er nimmt alle Informationen zu den Opfern auf, die ihm zugänglich sind, und vermerkt sie in einem immer mitgeführten Heft. Er zündet Kerzen in der Halle an, die längst nicht mehr nur Symbole eines Totenkults sind, sondern ganz praktisch den Verwesungsgestank überdecken sollen. Er besetzt mit einigen wenigen anderen das Regierungsgebäude, wo er nun den Angriff des Militärs erwartet - mit furchtbaren Konsequenzen. Und er stellt sich die naheliegende Frage, was von den Toten bleibt: "Hatten die Seelen derer, die in der Turnhalle aufgebahrt lagen, ihre Körper verlassen? Wie kleine, aufgescheuchte Vögel?"

Dieses Bild wird den Roman über immer wiederkehren, keineswegs als hilflose Metapher für etwas, wovon wir nichts wissen können, sondern durchaus als Trost in einem umfassenden Elend und als erzählerischer Grund zumal für den zweiten Teil des Buchs. Hier herrscht die Perspektive von Dong-Hos Freund vor, der tatsächlich zu den ersten Opfern des Militärs gehört und nun dem eigenen Körper so lange beim Verwesen zusieht, bis der zusammen mit den anderen zu einem Stapel geschichtet und verbrannt wird. In weiteren Teilen des Buchs wird aus wachsendem zeitlichen Abstand von denen erzählt, die das Massaker überlebten und nun versuchen, unter den Bedingungen der Sieger zu existieren. "Ich kämpfe, jeden Tag", sagt ein ehemaliger Anführer des Aufstands, der nun, freigelassen, zum Trinker geworden ist: "Ich kämpfe allein. Ich kämpfe gegen die Schande, überlebt zu haben und immer noch am Leben zu sein. Ich kämpfe gegen die Tatsache, dass ich ein Mensch bin. Ich kämpfe gegen die Vorstellung, nur mein Tod könnte mich von all dem befreien."

Manche verstummen und passen sich an, andere versuchen, der allgegenwärtigen Zensur etwas entgegenzusetzen, eine listige Gratwanderung, die etwa in die stumme Aufführung eines Theaterstücks mündet, die dennoch zu all jenen spricht, die den Schauspielern die verbotenen Worte von den Lippen ablesen können.

An solchen Stellen wächst der Roman weit über eine Schilderung Koreas in den achtziger Jahren hinaus, und das ist nichts, was der Autorin etwa unterliefe - sie sucht das Universale im Konkreten, ohne dabei die besondere Situation in ihrem Heimatland aus den Augen zu verlieren. Dass aber kein Aufstand niedergeschlagen werden kann, ohne dass etwas davon zurückbleibt, dass politisch motivierte Folter nicht nur den Einzelnen oder eine Gruppe betrifft, sondern die gesamte Gesellschaft, ist eine Essenz dieses Romans.

Vor allem wenn man, wie die verschiedenen Erzähler des Romans, von der weiteren Existenz auch der Ermordeten ausgeht. Einer von ihnen beschreibt sein Verhältnis zu den am Massaker beteiligten Soldaten: "Ich möchte ihre Gesichter sehen. Ich möchte über ihre Lider streichen, während sie schlafen. Ich möchte in ihre Träume eindringen. Ich möchte die ganze Nacht umherwandern, bis ich meine Augen in ihren Albträumen bluten sehe. Bis ich mich sagen höre: Warum haben Sie auf mich geschossen? Warum haben Sie mich getötet?"

Dass dieses ständige Mahnen und Fragen nicht den Toten überlassen blieb, dass sich Forscher und Hinterbliebene daranmachten, die Geschehnisse von 1980 zu dokumentieren und Wege der Erinnerung daran fanden, erwies sich für die Gesellschaft Südkoreas als unumgänglich. Han Kang führt am Ende in den Roman eine Gestalt ein, die ihr selbst sehr gleicht und diejenigen befragt, die etwas über das Schicksal des Jungen Dong-Ho wissen können. Und sie berichtet von einem Schauprozess, dem sich die unter der Folter völlig gebrochenen Aufrührer unterziehen müssen. Ihre Geständnisse haben sie längst unterschrieben. Und dann stimmt einer, als letzte Form des Protests, im Gerichtssaal die Nationalhymne an.

TILMAN SPRECKELSEN

Han Kang: "Menschenwerk". Roman.

Aus dem Koreanischen von Ki-Hyang Lee. Aufbau Verlag, Berlin 2017. 224 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.10.2017

Ein Herz, groß wie
ein Apfelkern
Han Kang über das Massaker von Gwangju
„Unsere Körper waren kreuzförmig übereinander gestapelt“, beginnt das zweite Kapitel von „Menschenwerk“, Han Kangs Geschichte des Massakers von Gwangju. Es ist aus der Sicht eines Toten geschrieben, Jeong-Dae, niedergeschossen in einer friedlichen Demonstration, auf einen Lastwagen geworfen und zum Verfaulen in einen Hinterhof gekarrt. Erbarmungslos ist die Szene, in klarer Sprache herangezoomt bis zu den Maden, die seine Augen zerfressen. Dazu gesellt sich ein eigenartiger Romantizismus: Seine Seele ist es, die Jeong-Daes verfallenden Körper umschwirrt, seine Geschichte erzählt. Sie scheint nichts verloren zu haben zwischen den Leichenbergen, sie wirkt so unangemessen kitschig wie das Mädchen im roten Kleid in Spielbergs „Schindlers Liste“. Als ob das Grauen nicht zu ertragen wäre ohne das Übernatürliche.
Dabei ist es in den anderen Kapiteln genau andersherum: Die Seele schlüpft nicht aus, sondern in die Körper der Toten. Das Kunstvolle an „Menschenwerk“ ist, dass Han Kang mittels der Macht der Erzählung Seelen in die Kadaver jagt. Sie öffnen die Augen und sprechen. Denn eigentlich sind es sieben Geschichten, die erzählt werden, sieben Erzähler. Der getötete Junge, sein Freund, seine Mutter, zwei Frauen, ein Gefangener, die Autorin. Sie erzählen von Turnhallen voller Leichen, Protest, Gefangenschaft, Folter, Liebe. Dem Glitzern eines Springbrunnens.
Der Bogen, der in der Fiktion beginnt, zieht sich schrittweise in die Gegenwart, bis das Erzählte in den letzten Zügen des Romanes ins Reale schwappt. Han Kang, in Deutschland bekannt geworden mit ihrem Roman „Die Vegetarierin“, ist selbst in Gwangju geboren, wo im Mai 1980 Studenten gegen die Militärdiktatur demonstrierten. Das Regime schlug den Aufstand gewaltsam nieder, ließ Hunderte Demonstranten und Zivilsten ermorden, einsperren, foltern. „Menschenwerk“ ist sehr gekonnt konstruiert, vielleicht zu gekonnt. Als der Charakter Dong-Ho eine Kerze neben den Leichnam eines toten Mädchens stellt, das „die Gase, die durch die Verwesung entstanden sind“ so aufgeblasen haben, dass „ihre Maße denen eines erwachsenen Mannes entsprechen“, pulsiert der Kern der Flamme „wie ein kleines Herz von der Größe eines Apfelkerns“. Doch die durchästhetisierte Erzählweise des Romans hat auch ihre Tücken. Obwohl „Menschenwerk“ verschiedene Personen berichten lässt, gibt es keine wirkliche Individuation der Gewalterfahrung.
Die ästhetische Fallhöhe ist hoch, wenn man von einem Massaker erzählt. Entweder man erzählt eine individuelle Geschichte so nah, dass sie unmittelbar berührt. Oder aber man versucht eine strenge Form zu finden, die die Erfahrung so verfremdet, dass man sie überhaupt erst richtig wahrnehmen kann. „Menschenwerk“ versucht beides. Die dadurch hergestellte Künstlichkeit ist ein Schleichpfad, der die unüberwindliche Mauer zwischen der Alltagserfahrung des Lesers und extremem Leid und vor allem gewaltsamer Vernichtung von Leben so weit durchbricht, dass man eine Ahnung von den Folgen solcher Ohnmachtserfahrungen bekommt.
Das zeigt sich in einem Detail, in dem die Konstruktion des Werkes durchbrochen wird. Ein Element, das in den ersten Kapiteln immer wiederkehrt, ist der Gestank. Der Gestank der vermodernden Schüler, die darauf warten, identifiziert zu werden. Er lässt sich nicht vertreiben, weder durch Regen noch Kerzen. Er taucht öfter auf als literarisch notwendig, durchzieht die Seiten. Er hält sich nicht an Konzept und Rhythmus des Buches.
Wenn man eine bittere Pointe in Han Kangs Erzählweise sehen will, dann vielleicht die, dass die Überlebenden mit ihren Schuldgefühlen gegenüber den Toten selbst als tote Seelen durchs Leben gehen, während die Seelen der Toten sprechen können. Wie bei Primo Levi oder Imre Kértesz würde niemand auf die Idee kommen, ihre Berichte als Sieg über die Vernichtung zu interpretieren. Poesie siegt nicht über Gewalt. Aber sie kann das Medium für die Toten sein.
JULIANE LIEBERT
Han Kang: Menschenwerk. Roman. Aus dem Koreanischen von
Ki-Hyang Lee. Aufbau-Verlag, Berlin 2017.
224 Seiten, 20 Euro. E-Book 15,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Juliane Liebert sieht Hang Kangs literarische Bewältigung des Massakers von Gwangju, das der Demokratie-Bewegung in Südkorea 1980 ein vorläufiges Ende bereitete, kritisch. Den Kunstgriff, das Grauen aus Sicht der Toten zu erzählen, findet sie bemerkenswert, bekommt der Leser dadurch doch eine Ahnung von der Ungeheuerlichkeit des Geschehens und der damit verbundenen Erfahrungen. Andererseits lässt sie die durchästhetisierte Konstruiertheit des Textes die individualisierte Gewalterfahrung vermissen. Den Fallen beim Erzählen von einem Massaker kann die Autorin laut Liebert weitgehend entkommen, sodass das Erzählte am Ende des Buches "ins Reale schwappt".

© Perlentaucher Medien GmbH
»In Menschenwerk gelingt Han Kang etwas fast Unmögliches: für das Grauen eine literarische Form zu finden, die es nicht verharmlost, sondern umfängt.« Katja Nicodemus DIE ZEIT 20190725