24,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Broschiertes Buch

Johann Sebastian Bach begleitet den weltberühmten Dirigenten John Eliot Gardiner schon sein ganzes Leben. Die Ehrfurcht, welche Gardiner als Kind noch vor dem Porträt des großen Komponisten empfand, verwandelte sich schnell in Bewunderung, und mittlerweile ist er es, der die Art und Weise, wie Bach heute musiziert wird, maßgeblich prägt.
Dieses Buch ist ein Porträt des Musikers, das dessen Biografie vor einem großen Panorama der damaligen Zeit präsentiert. Bachs Musik kommt aus einer Welt großer Ängste und großer Hoffnungen - Erfahrungen, die auch einem heutigen Hörer nicht fremd sind. John
…mehr

Produktbeschreibung
Johann Sebastian Bach begleitet den weltberühmten Dirigenten John Eliot Gardiner schon sein ganzes Leben. Die Ehrfurcht, welche Gardiner als Kind noch vor dem Porträt des großen Komponisten empfand, verwandelte sich schnell in Bewunderung, und mittlerweile ist er es, der die Art und Weise, wie Bach heute musiziert wird, maßgeblich prägt.

Dieses Buch ist ein Porträt des Musikers, das dessen Biografie vor einem großen Panorama der damaligen Zeit präsentiert. Bachs Musik kommt aus einer Welt großer Ängste und großer Hoffnungen - Erfahrungen, die auch einem heutigen Hörer nicht fremd sind. John Eliot Gardiner gelingt es auf einzigartige Weise, die eigentlich so ferne Welt Bachs mit unserer Gegenwart zu verbinden.

John Eliot Gardiner, dem wohl berühmtesten Bach-Interpreten unserer Zeit, gelingt es in diesem Buch auf einzigartige Weise, die eigentlich so ferne Welt Bachs mit unserer Gegenwart zu verbinden.
Autorenporträt
Sir John Eliot Gardiner, geboren 1943 in England, ist einer der anregendsten und vielseitigsten Dirigenten der Gegenwart. Er gründete den Monteverdi Choir und das Monteverdi Orchestra, das Orchestre de l'Opéra de Lyon, die English Baroque Soloists und das Orchestre Révolutionnaire et Romantique. Gardiner hat fast alle großen Orchester der Welt dirigiert und war Dirigent an vielen führenden Opernhäusern. Er lebt in Dorset im Südwesten Englands auf einem Öko-Bauernhof.
Rezensionen
»Gardiner gibt zum Hören dieser Musik eine wunderbare Anleitung.« Bibliotheksnachrichten 20190625

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Michael Stallknecht hat John Eliot Gardiners von Richard Barth glänzend übersetzte Bach-Biografie mit Gewinn gelesen. Der Dirigent erzählt ihm nicht nur eindringlich von seiner eigenen Auseinandersetzung mit Bach, sondern vermag auch trotz spärlicher Quellenlage den Menschen hinter der Musik kenntlich zu machen, lobt der Kritiker. So liest er, wie misstrauisch, jähzornig und stur der Komponist war, und wie weit dessen Persönlichkeit sein Werk beeinflusste. Dass Gardiner dabei gelegentlich spekulieren muss - die Quellenlage ist dünn -, stört den Rezensenten nicht. Insbesondere bewundert Stallknecht die großzügigen Betrachtungen zu einzelnen Werken, die sich zwar auf Bachs Vokalwerk beschränken, die bis heute ungebrochene Wirkung der Musik aber überzeugend erklären. Wie Gardiner, der primär als Musikerfahrender schreibt, geschickt Kunsttheoretisches von Walter Benjamin, T. S. Eliot oder George Steiner einbindet, findet der Kritiker grandios.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2016

Von Natur aus
ein Dissident
Der Musiker John Eliot Gardiner wurde seit
der Kindheit von Johann Sebastian Bach geprägt
nun hat er ihm ein kluges Buch gewidmet
VON MICHAEL STALLKNECHT
Für John Eliot Gardiner führte schon als Kind kein Weg an Johann Sebastian Bach vorbei. Täglich sah der ihn an, wenn er auf dem elterlichen Bauernhof die Treppe zum Schlafzimmer hinaufstieg. Denn dort hing das berühmte Bach-Porträt von Elias Gottlob Haußmann, das Original wohlgemerkt, das während des Zweiten Weltkriegs auf Umwegen in die Obhut der Eltern geraten war. Streng, emotionslos und ein wenig furchteinflößend wirkte der Blick des korpulenten Mannes mit der Perücke auf den kleinen John. So wie seine Musik auch noch klang, als Gardiner mit Anfang Zwanzig beim Studium in Cambridge und bei Besuchen in Deutschland mit der Bach-Praxis seiner Zeit konfrontiert wurde: ätherisch und leicht manieristisch in der englischen Tradition, düster und humorlos in der deutschen.
  Dass man Bach heute meistens anders hört, dazu hat Gardiner eine ganze Menge beigetragen. Mit dem von ihm gegründeten Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists erforschte er die historische Aufführungspraxis, unter der diese Musik zuerst erklungen war, den Klang der alten Instrumente, die rhetorischen Mittel ihrer Texte. Das Ergebnis war ein Bach voller Lebensfreude und Dramatik. Gardiner, mit seinem ungewöhnlich breiten Interesse, hat sich seitdem fast das gesamte musikalische Repertoire vom Frühbarock bis hinein in die Moderne angeeignet. Bach aber blieb, wie für so viele Musiker, immer ein Fixstern. Dass der Dirigent im Jahr 2000 alle zweihundert Kantaten Bachs an den vorgesehenen Festtagen und meistens an mit Bach verbundenen Orten aufführte, war ein weiterer Versuch, Bach als Musikpraktiker zu verstehen, ihn so zu hören, wie er sich selbst gehört haben muss.
  Man darf das Buch, das John Eliot Gardiner danach über Bach geschrieben hat und das nun in einer bewundernswert eleganten Übersetzung von Richard Barth auf Deutsch vorliegt, auch als späte Rechtfertigung für diesen Weg verstehen, Bach nicht länger als Götterbild, sondern als Mensch seiner Zeit zu verstehen. Leicht macht es ihm der Komponist dabei nicht. Denn ebenso wie Haußmanns Gemälde (in den beiden überlieferten Fassungen) das einzige unumstrittene Bach-Porträt bleibt, hat der Komponist kaum schriftliche Selbstzeugnisse hinterlassen. Ähnlich wie Shakespeare einhundert Jahre zuvor verschwindet er fast vollständig hinter dem Werk.
  Könnte das vielleicht etwas damit zu tun haben, fragt Gardiner, dass Bach als Mensch extrem misstrauisch war? Seine Kräche mit den Obrigkeiten, denen er als Musiker diente, sind notorisch, und für Gardiner kommt Bach dabei keineswegs besonders gut weg. Aufbrausend und jähzornig, in länger dauernden Konflikten stur und rechthaberisch, habe er „ständig mit irgendetwas oder irgendjemandem auf Kriegsfuß“ gestanden. Dass er in Weimar wegen Halsstarrigkeit im Gefängnis landete oder – wie Gardiner einem tintenverschmierten Manuskript entnimmt – unsauber arbeitende Kopisten ohrfeigte, sind keine Nebensächlichkeiten. Sondern integraler Bestandteil der Persönlichkeit, und damit, wie Gardiner zu zeigen versucht, auch des Werks.
  Denn auch musikalisch ist Bach für Gardiner „von Natur aus ein Dissident – ein geradezu auf Beethoven vorausweisender Rebell avant la lettre“, der mit zahllosen „stilistischen Ungehörigkeiten“ die Kompositionspraxis seiner Zeit sprengte. Kein Wunder, dass er mit der „Behäbigkeit der zeitgenössischen Stilpolizei“ aneinander geriet und sich über einen Mittelsmann einen regelrechten Debattenkrieg mit dem Musikkritiker Johann Adolf Scheibe lieferte. Damit macht Gardiner Bach noch nicht zum Vertreter eines musikalischen Fortschritts im Sinne Beethovens und seiner Nachfolger. Denn auch wenn Bach die jeweils neuesten Strömungen in erstaunlichem Umfang kannte, konnte er gegenüber Moden aller Art ebenso stur bleiben wie gegenüber seinen Dienstherren. „Mittelpunkt seiner beruflichen Existenz und seiner Weltsicht“ bleibt auch bei Gardiner die Religion in der strengen Ausprägung Luthers, mit dem ein Stück Mittelalter in Bachs Werk fortwirkt. Seine Stücke deuteten die Welt als kosmischen Kampf zwischen Gott und dem Satan, zwischen den Mächten des Lebens und des Todes. Sogar noch ältere heidnische Wurzeln vermeint Gardiner da immer wieder durchzuspüren.
  Es ist kein ungefährliches Unterfangen, autobiografische Züge mangels anderer Zeugnisse aus der Musik erschließen zu wollen. Gardiner weiß, dass man ihm deshalb Romantizismus, auch Subjektivismus vorwerfen kann. Aber es bleibt für ihn der einzige Weg, um zu erklären, warum Bachs Musik bis heute Menschen aus vielen Kulturen immer wieder neu anspricht und warum sie auch in einer agnostischen Welt offenkundig spirituelle Bedürfnisse zu erfüllen vermag. Dass Bach etwa Trauer immer wieder besonders intensiv formuliert, hat für Gardiner auch damit zu tun, dass er früh Vollwaise war und häufiger als selbst damals üblich mit dem Tod konfrontiert war. Bach könne uns „helfen, zum emotionalen Kern dessen vorzudringen, was es heißt, ein Mensch zu sein“, wie ein grandioser Romancier habe er „die Essenz des Lebens“ eingefangen.
  Gardiner, seit 2014 Stiftungspräsident des Bach-Archivs Leipzig, schreibt als Musikerfahrender über Bach, nicht als Musikologe. Die umfangreichen Betrachtungen zu einzelnen Werken, die den Hauptteil des Buches ausmachen, beschränken sich auf das von Gardiner dirigierte Vokalwerk, das Instrumental- und spekulative Spätwerk bleibt vollständig außen vor. Die Musikwissenschaft zieht er dennoch zur Stütze heran, wie er auch mit erstaunlicher Geläufigkeit Kunsttheoretisches von Walter Benjamin, T. S. Eliot oder George Steiner einstreut. Aber der subjektive Blick bleibt spürbar, wenn Gardiner etwa über die Bedeutung des bäuerlichen Jahreskreises bei Bach spekuliert. Schließlich betreibt der Dirigent im zweiten Hauptberuf selbst noch immer einen Bio-Bauernhof. Und wenn er unter den persönlichen Zügen Bachs gerade den Jähzorn hervorhebt, muss man unwillkürlich daran denken, dass auch Gardiner nicht von allen mit ihm arbeitenden Musikern im Frieden geschieden ist.
  Das verkleinert Bach nicht, im Gegenteil gewinnt er auch bei diesem Zugang mal wieder nur an Größe. Man staunt über die Widerständigkeit, mit der der Komponist gegen äußere wie innere Widerstände anarbeitete. Als Bach etwa nach Leipzig kam, da hatte die Thomasschule ihre besten und musikalischsten Tage längst hinter sich. Dass der Kantor Woche für Woche eine neue Kantate komponierte, erwartete unter diesen Umständen niemand von ihm. Erst recht nicht, dass die Werke alle zeitgenössischen Vorbilder an Komplexität deutlich überschritten. Für Gardiner ist Bach ein „Komponist, der für ein unfreiwilliges Publikum schrieb“. Wurden die Widerstände tatsächlich unüberwindlich, dann suchte er sich mit erstaunlicher Wendigkeit ein neues Betätigungsfeld, komponierte etwa Instrumentalmusik für das Zimmermannsche Kaffeehaus in Leipzig und ließ sich damit vorbehaltlos auf das neue aufgeklärte Bürgertum ein. Nur ein Zug bleibt dabei für Gardiner immer gleich: Bachs Ziel, „alles, was er sich zum Vorbild nahm, zu übertreffen“. Ein Paradebeispiel ist die h-Moll-Messe, in der Bach nicht nur entgegen seinem religiösen Bekenntnis den vollständigen katholischen Messtext vertonte, sondern mit einer Dauer von einhundert Minuten auch alles davor – und meistens auch danach – in diesem Genre Komponierte überschritt. Bachs Sturheit und Rechthaberei, müsste man hier fast gegen Gardiner einwenden, hatten also auch ihre positiven Seiten. Sie machten ihn als Komponist von den verhassten Obrigkeiten unabhängiger – und damit tatsächlich zu einem Vorläufer der Komponisten seit Beethoven, die sich ihre künstlerischen Aufgaben nur noch selbst stellten.
  Am Ende des Buches kehrt Gardiner zum Bild seiner Kindheit zurück (das beim Schreiben in Princeton, inzwischen in Leipzig hängt). Und siehe da: Bach schaut ernst, aber durchaus sinnlich drein. Sein Blick ist von den Mühen des Lebens gezeichnet, aber hellwach. Seine fleischigen Lippen sprechen von der Neigung zu gutem Essen. Auch die Stimmung eines Komponisten liegt immer im Auge des Betrachters.
Durch seine kompositorische
Eigenwilligkeit reizte Bach
die „Stilpolizei“ seiner Zeit
Als Bach nach Leipzig kam,
hatte die Thomasschule ihre
besten Tage längst hinter sich
    
      
  
John Eliot Gardiner:
Bach – Musik für die
Himmelsburg. Aus dem Englischen von Richard Barth. Carl Hanser Verlag, München 2016. 752 Seiten, 34 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr