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Die im IX. Wiener Bezirk gelegene und "Strudlhofstiege" genannte Treppenanlage ist Dreh- und Angelpunkt von Intrigen und Verstrickungen: Hier begegnen sich die leichtfüßige Editha Schlinger und ihr betrogener Geliebter René Stangeler, Amtsrat Melzer in seinem kleinbürgerlichen Glück und der deutsche Bonvivant Rittmeister von Eulenfeld.
Hörspielbearbeiter Helmut Peschina vereint gekonnt Gegenwart und erinnerte Vergangenheit und schafft die hingebungsvolle Wahrnehmung des Gleichzeitigen, die Doderer so am Herzen lag. Schon nach einigen Worten befindet sich der Hörer in einer anderen Welt.
(4 CDs, Laufzeit: 4 h 22)
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Produktbeschreibung
Die im IX. Wiener Bezirk gelegene und "Strudlhofstiege" genannte Treppenanlage ist Dreh- und Angelpunkt von Intrigen und Verstrickungen: Hier begegnen sich die leichtfüßige Editha Schlinger und ihr betrogener Geliebter René Stangeler, Amtsrat Melzer in seinem kleinbürgerlichen Glück und der deutsche Bonvivant Rittmeister von Eulenfeld.

Hörspielbearbeiter Helmut Peschina vereint gekonnt Gegenwart und erinnerte Vergangenheit und schafft die hingebungsvolle Wahrnehmung des Gleichzeitigen, die Doderer so am Herzen lag. Schon nach einigen Worten befindet sich der Hörer in einer anderen Welt.

(4 CDs, Laufzeit: 4 h 22)
Autorenporträt
Der Schriftsteller und Dichter Heimito v. Doderer (1896-1966) wurde im Haus Stammgasse 12 geboren und verbrachte hier auch seine Jugend. Nach Rückkehr aus der russischen Kriegsgefangenschaft studierte Doderer in Wien 1921 bis 1925 Geschichtswissenschaften und Psychologie (Dr. phil.). Ab 1923 war Heimito v. Doderer als freier Schriftsteller tätig. Sein erster Roman "Das Geheimnis des Reiches" erschien 1930. Während des Zweiten Weltkrieges finden wir Doderer als Hauptmann der deutschen Luftwaffe. Seine großen Romane wie "Die Strudelhofstiege" (1951), "Die Dämonen" und "Die Merowinger" entstanden nach 1946. 1957 erhielt er den "Großen Österreichischen Staatspreis", 1964 den "Großen Preis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste". Doderer starb 1966 während seiner Arbeit am Roman Der Grenzwald an Krebs.Hans Weigel hat einmal gesagt: 'Doderer schreibt einen neuen Roman. Sein Inhalt? Herr von X geht über die Ringstraße. Die ersten tausend Seiten sind schon fertig.' Peter Mati¿ (1937-2019) wurde in Wien geboren, wo er 1960 seinen Weg als Schauspieler am Theater in der Josefstadt begann. Nach kurzen Stationen am Basler Theater und an den Kammerspielen in München war er von 1972 bis zu deren Schließung 1994 Mitglied der Staatlichen Schauspielbühnen Berlin. Danach gehörte er dem Ensemble des Burgtheaters in Wien an. Neben Gastspielen bei den Salzburger Festspielen, an der Bayerischen Staatsoper und in Berlin an der Deutschen Oper, am Theater des Westens und am Renaissance-Theater realisierte er zahlreiche Arbeiten für Fernsehen und Hörfunk. Literaturlesungen gehörten zu seinen bevorzugten Tätigkeiten. 2001 Verleihung des Albin-Skoda-Ringes, der alle 10 Jahre einem 'besonders hervorragenden Sprecher unter den lebenden Schauspielern des deutschen Sprachgebietes' verliehen wird. Von der ORF-Hörspiel-Jury wurde er zum Schauspieler des Jahres 2005 gewählt, 2006 erhielt er den Titel Kammerschauspieler. Für den Hörverlag las er von Marcel Proust 'Auf der Suche nach der Verlorenen Zeit' und spielte u.a. in folgenden Hörspielen mit: Tad Williams' 'Otherland', Frank Schätzings 'Tod und Teufel' und Henning Mankells 'Die falsche Fährte'. Leslie Malton wurde 1958 in Washington D.C. geboren. Ihre Karriere begann sie am Theater. Von 1985 an war sie jahrelang Mitglied des Wiener Burgtheaters, wo sie zunächst als Ophelia in William Shakespeares 'Hamlet' mit Klaus Maria Brandauer auftrat. Später war sie in zahlreichen Inszenierungen von George Tabori zu sehen. Ihren Durchbruch als Fernsehdarstellerin hatte sie 1992 mit ihrer Rolle der Gudrun Lange im ZDF-Vierteiler 'Der große Bellheim', für die sie mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Leslie Malton ist mit dem Schauspieler Felix von Manteuffel verheiratet. Für den Hörverlag ist sie bereits u. a. in Tad Williams 'Otherland' und in 'Die Strudlhofstiege' von Heimito von Doderer zu hören Felix von Manteuffel, geboren 1945, gehört zu den großen deutschen Schauspielern der Gegenwart. Er spielte und spielt u. a. im Ensemble der Münchner Kammerspiele, am Schauspielhaus Zürich, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, am Burgtheater Wien, am Bayerischen Staatsschauspiel München sowie am Schauspiel Frankfurt. Er wirkte in unzähligen Fernseh- und Filmproduktionen wie 'Café Meineid', 'Herzschlag', dem 'Tatort', 'Requiem für eine romantische Frau' und 'Ein Mann für meine Frau' mit und sprach zahlreiche Produktionen für den Hörverlag, wie 'Homo Faber' oder 'Montauk' von Max Frisch oder 'Harry Potter' von J.K. Rowling. Darüber hinaus ist Felix von Manteuffel in den Hörspielproduktionen 'Der Zauberberg' von Thomas Mann, 'Robinson Crusoe' von Daniel Defoe, 'Moby-Dick oder Der Wal' von Herman Melville, 'Dracula' von Bram Stoker, 'Nachtzug nach Lissabon' von Pascal Mercier, 'Die Strudlhofstiege' von Heimito von Doderer oder 'Jenseits von Eden' von John Steinbeck zu hören. Zudem wirkte er in Kai Magnus Stings Hörspiel 'ABC des schönen Mordens' mit. Peter Simonischek (1946-2023) absolvierte seine Ausbildung an der Akademie für Musik und darstellende Künste in Graz. Nach verschiedenen Engagements in Graz, St. Gallen und Bern spielte er 20 Jahre an der Berliner Schaubühne, u. a. bei Peter Stein, Klaus Michael Grüber, Luc Bondy, Robert Wilson und Andrea Breth. Ab 1999 war Simonischek festes Ensemblemitglied am Burgtheater Wien, wo er u. a. mit Andrea Breth, Thomas Langhoff, Peter Zadek und Anselm Weber arbeitete. Von 2002 bis 2009 spielte er auf den Salzburger Festspielen über 100 mal die Hauptrolle im 'Jedermann' von Hugo von Hofmannsthal. Sein erfolgreichstes Stück ist 'Kunst' von Yasmina Reza, das er seit 1995 über 450 mal spielte. Für seine Rolle im Kinofilm 'Hierankl' und den Fernsehfilm 'Liebesjahre' wurde Simonischek 2006 und 2012 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Der Kinofilm 'Toni Erdmann', in dem Simonischek die Hauptrolle spielte, wurde als bester ausländischer Film für einen Oscar nominiert. Simonischek erhielt dafür den Europäischen Filmpreis, den Ernst-Lubitsch-Preis sowie den Österreichischen und den Deutschen Filmpreis. Außerdem wurde er zweimal mit dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet, und zwar für seine Lesung von 'Der Meister des Jüngsten Tages' von Leo Perutz und des Briefwechsels zwischen Thomas Bernhard und Siegfried Unseld. Simonischek war regelmäßig auf der Bühne des Burgtheaters zu sehen, neuere Kinoproduktionen waren 2018 'Kursk' (Regie: Thomas Vinterberg) und 'Der Dolmetscher' (Regie: Martin Sulík). Robert Matejka, geboren 1946 in Wien, ist seit 1972 Hörfunkregisseur und -redakteur. Der ehemalige RIAS-Mitarbeiter lebt heute in Berlin und arbeitet in der Feature-Redaktion des DLR Berlin Das Hörspiel 'Die Wolfshaut' von Hans Lebert, bei dem Matejka Regie führte, wurde 'Hörspiel des Jahres 2005' in Österreich.
Rezensionen
"In dieser Hörspielbearbeitung von Helmut Peschina werden Figuren wie Amtsrat Melzer und Rittmeister von Eulenfeld lebendig. Kino für die Ohren."
»Ein Aha-Erlebnis wie selten.« Die Presse 16.06.2007

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.12.2013

Apperception mit
Hosenträgern
Wahrheit gibt es nur als Umweg – eine schöne
Jubiläumsausgabe von Doderers „Strudlhofstiege“
VON BURKHARD MÜLLER
Zu seinem 250. Geburtstag hat sich der Verlag C. H. Beck in diesem Jahr sozusagen selbst ein Geschenk gemacht: Er hat die „Strudlhofstiege“ Heimito von Doderers neu aufgelegt, 62 Jahre nach der Erstveröffentlichung in seinem Haus, und dem Buch eine Ausstattung mitgegeben, die sich behaglich an die Gepflogenheiten der Fünfziger anlehnt: mit keck verschnörkelter Schreibschrift auf dem Titel und einem riesenhaften schwarzen „HvD“ in dessen Hintergrund, dazu einem Vorsatzpapier, welches einen Stadtplan von Wien zeigt, und einem „topographischen Anhang“ von Stefan Winterstein, um den unkundigen Leser über die Welt dieses ortstreuesten aller deutschen, mindestens aber österreichischen Autoren zu orientieren. Ein schöner Band, der Erinnerungen ehrt, gerade eben noch diesseits der Nostalgie.
  Damit steht er der Haltung zur verfließenden Zeit, die Doderer einnimmt, sehr nahe; als Blätterteig sieht er sie, gefügt aus vielen dünnen Schichten. Der Roman verzahnt das Österreich vor und nach dem Ersten Weltkrieg, er spielt im Wesentlichen in den Jahren 1911 und 1925. Dem Krieg selbst räumt er dabei nur wenig Platz ein, auch kaum der Differenz zwischen einer vormals wohlhabend kaiserlichen und einer nunmehr republikanisch verarmten Gesellschaft.
  Dem epischen Naturell Doderers liegt die Lyrik nur wenig. Gleichwohl hat er ein Epigramm auf seine eigentliche Protagonistin verfasst, die titelgebende Strudlhofstiege, Schauplatz nur scheinbar zufälliger, in Wahrheit schicksalhafter Begegnungen, kompositorisches und symbolisches Zentrum des fast tausend Seiten starken Werks. Das Gedicht prangt heute auch buchstäblich dort als Inschrift an der stattlichen historistischen Treppenanlage, die die Wiener Innenstadt mit dem Alsergrund verbindet; und es endet: „Viel ist hingesunken uns zur Trauer, / und das Schöne zeigt die kleinste Dauer.“
  Das klingt zunächst einmal nur wie ein wehmütiger Seufzer. Sieht man genauer hin, erkennt man den janusköpfigen Sinn des letzten Verses. Bedeutet er nun, dass gerade das Schöne nicht dauern kann, wäre der Gehalt demnach ein melancholischer? Möglich wäre aber auch, den Satz anders herum aufzuzäumen, die Dauer als Subjekt und das Schöne als Objekt aufzufassen. Dann hieße es, dass der Blick fürs Schöne frei wird, sobald man nur ein wenig innehält. Offenbar meint Doderer beides zugleich. Das Schöne vergeht und kann dennoch gehalten werden, freilich nur in einer gewaltigen zurückrufenden Anstrengung. Das gibt dem Buch sein Aroma, seine spezifische Färbung, die man als lebhaftes Grün mit einem kräftigen Einschlag von Gold bezeichnen könnte. Trotz aller Sprünge in den Jahren: Die bevorzugte Jahreszeit bleibt immer dieselbe, Juli bis September, der Hochsommer mit einer Neigung hinüber in den Herbst.
  Schwer fällt es, den Handlungsverlauf auch nur in groben Stücken zu skizzieren. Doderer selbst hat diese Schwierigkeit geradezu als Mindestvoraussetzung eines Romans angesehen, der etwas taugen soll. Der volle Titel lautet „Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre“. Aber die Gestalt des Melzer, erst Leutnant und Major der habsburgischen Armee, nach deren Hinscheiden Amtsrat in der staatlichen „Tabakregie“, ist nur eine unter vielen und bei Weitem nicht die auffälligste oder aktionsintensivste. Den längsten Teil des Buchs lässt er sich immer nur „mitnehmen“, egal wohin, weicht zurück vor erotischen Bindungen und entwickelt nur schleppend, was sein Autor einen „Zivilverstand“ nennt. (Am Ende freilich kriegt er die schöne Thea Rokitzer.) Umso mehr Gelegenheit lässt er dem übrigen Personal, sich in zumeist verworrene Tätigkeit zu stürzen.
  Da gibt es etwa Editha Pastré, geschiedene Schlinger und demnächst neu zu verehelichende Wedderkopp, „Dilettantin in Schlechtigkeiten“, die ein halb kriminelles Komplott um ein größeres Kontingent Tabakwaren anzettelt und damit auf die Nase fällt. Da gibt es ihre verschollene Zwillingsschwester Mimi, heimlich zurückgekehrt aus Argentinien, die verzweifelt Befreiung aus Edithas manipulativer Umstrickung sucht und schließlich auch erreicht. Da hat der Rittmeister von Eulenfeld seinen Bezirk, der, obwohl er sich schon frühmorgens einen herzhaften „Satteltrunk“ aus dem silbernen Flachmann gönnt, genau durchschaut, was die beiden treiben, und sie zügelt wie rebellische Pferdchen. Da tritt ein ganz anders geartetes Schwesternpaar auf, die kluge, hilfsbereite Asta und die von ihren Dämonen getriebene Etelka, die die Männer reihenweise ins Unglück lockt, ehe es mit ihr ein erschreckendes Ende nimmt.
  Und sie haben einen Bruder, René von Stangeler, dem Doderer manches von seinen eigenen Zügen geliehen hat, ohne dabei zu verhehlen, dass er dessen vergrübeltes Philosophieren für einen Abweg hält, namentlich was sein quälerisches Verhältnis zu Grete Siebenschein betrifft. Insgesamt bietet der Roman rund zwanzig Hauptfiguren auf und geschätzt das Dreifache an Nebenfiguren, deren Wege sich durch- und überkreuzen. Es ergibt sich ein raffiniertes offenes Gefädel, mit vielen Anknüpfungspunkten für Doderers späteres Werk.
  In seinem Nachwort zitiert Daniel Kehlmann die Äußerung Gustav Seibts, mit Doderer habe man den eigentümlichen Fall eines Klassikers, der nicht Teil des Kanons sei. Da ist was dran; doch vielleicht fasst man die Sache präziser umgekehrt. Zum Kanon gehört Doderer inzwischen durchaus, jeder kennt wenigstens seinen Namen; und die ihn lieben, bilden eine gar nicht so kleine Gemeinde, deren Mitglieder entzückt sind, wenn sie einander erkennen. Aber Doderers Stilwillen muss man als einen dezidiert unklassischen bezeichnen.
  Alle Klassik zielt auf Befestigung eines Zustands in der Form; dem misstraut Doderer tief. „Apperceptionsverweigerung“ ist sein Ausdruck für diese Art der Abschließung gegen alles Neue, Mehrdeutige, Unterschwellige. Apperception, dieser eminent österreichische Terminus, meint besonders die Wachheit für das fluktuierende Verhältnis von drinnen und draußen, in dem sich die Lebensvorgänge vollziehen. Ein Mensch, davon ist Doderer überzeugt, kann nicht derselbe bleiben, wenn er von seinen bisherigen Hosenträgern zum Tragen eines Gürtels übergeht. Was hierbei genau mit ihm geschieht, wie dieser Wechsel seinen kompletten leiblich-seelischen Habitus affiziert, dem widmet Doderer seine volle, wenngleich schweifende Aufmerksamkeit.
  Darüber, wie von solchen Dingen zu sprechen wäre, kann es keine Konvention geben; der Fluktuation in den Sachen entspricht die gestaltende Improvisation. Doderer greift hier bevorzugt zur ausgebauten, weit gespannten (manchmal auch überspannten) Metapher: Ist die Metapher doch, indem sie im Spalt von Vergleichendem und Verglichenem wohnt, von Haus aus bereits in zwei Bezirken daheim, die von ihr zu einer einzigen Anschauung zusammengebunden werden. So kommt sie dem, was Doderer anstrebt, der Perforierung der Membran zwischen innen und außen, weit entgegen. Erkenntnis bringt sie nicht auf den Punkt, sondern umkreist sie, was dem Leser einiges an Geduld und Ahnungsvermögen abverlangt. Das klingt dann beispielsweise so, wenn eine gesetzte Ehefrau sich das stürmische Werben eines rumänischen Arztes gefallen lässt, ohne ihm jedoch nachzugeben: „Und sie dachte nicht im entferntesten daran, von diesem schön geebneten oberen Weg abzubiegen, von wo aus man den Blick allezeit hinuntersenken konnte in die Klamm drangvoller Umstände und in des Lebens ungleichmäßig sich durchzwängende Wasser, bald zwischen Blöcken gepresst hervorschießend, bald wieder in einem tiefen blaugrünen Forellenbecken gesammelt und an dessen Rund in geheimnisvollen Höhlen die überhangende und unterwaschene Wand bespülend. Der Blick dort hinab tat sehr wohl und der Umgang mit einem gleichsam hier herauf gelangten und domestizierten Stückchen solcher Wildheit erhöhte das Behagen, vertrieb zugleich des Behagens Gift, die Langeweile.“
  Ginge das nicht auch einfacher und knapper?, fragt sich der Leser – nur um sogleich einzusehen: Nein, es ginge nicht, vielmehr wird für die Begreifbarkeit des seelischen Zustands entscheidend, dass er sich vollplastisch anschauen lässt im Bild der bewegten Wasser-Landschaft einschließlich blaugrüner Forellenbecken. Gesucht wirkt das zunächst, und als führte hier der Geist Thomas Manns Regie. Aber es fehlt Doderer dessen herrischer Impuls: der Wunsch, sich seines Gegenstands zu bemächtigen, sie kraft gültiger Formulierung niederzuwerfen und stillzustellen. Doderer naht den Dingen auf Umwegen, das ist seine Art, ihnen seine Ehrfurcht zu erweisen; und darum eben liebt er als sein persönliches Emblem die Strudlhofstiege mit ihrem flachen langen Zickzackkurs.
  Mit nur geringer Übertreibung ließe sich von Doderer behaupten, er sei ein Mystiker. Den Mystiker zeichnet es aus, dass er von seinem Erlebnis nur auf uneigentlichem Weg Bericht erstatten kann; das macht ihn demütig in der Sprachnot. Von solcher Demut ist insgeheim auch Doderer, und zwar gerade dort am meisten, wo er sich den verschrobensten Anschein gibt. Er inszeniert und kultiviert den nie ganz zulänglichen Ausdruck als die ihm persönlich mögliche Annäherung an die Majestät des Realen.
Der Blick fürs Schöne wird frei,
sobald man ein wenig innehält
Die Doderer lieben, bilden eine
gar nicht so kleine Gemeinde
Es ist, als führte der
Geist Thomas Manns Regie
  
  
Heimito von Doderer:
Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre. Roman. Mit einem Nachwort von Daniel Kehlmann. C. H. Beck Verlag, München 2013. 944 Seiten, 28 Euro.
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