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Tagelanger Regen, Morast, ein tiefer geheimnisvoller Wald - und das soll ein ein Sommercamp sein?
Noch dazu hat es Louis als Sonderling besonders schwer, sich in die Sitten und Gebrauche der Pfadfindertruppe einzuordnden. Als dann noch ein mysterioses Untier den Wald unsicher macht und er sich mit den anderen Neulingen durch ein harsches Initiationsritual kampfen muss, wird aus dem Spiel Ernst. Louis muss sich einer Probe stellen, die ihn hinab in unbekannte Tiefen seines Selbst führen.
Mit seinem neuen Buch etabliert sich Mikael Ross unter den herausragenden deutschen Comiczeichnern.

Produktbeschreibung
Tagelanger Regen, Morast, ein tiefer geheimnisvoller Wald - und das soll ein ein Sommercamp sein?

Noch dazu hat es Louis als Sonderling besonders schwer, sich in die Sitten und Gebrauche der Pfadfindertruppe einzuordnden. Als dann noch ein mysterioses Untier den Wald unsicher macht und er sich mit den anderen Neulingen durch ein harsches Initiationsritual kampfen muss, wird aus dem Spiel Ernst. Louis muss sich einer Probe stellen, die ihn hinab in unbekannte Tiefen seines Selbst führen.

Mit seinem neuen Buch etabliert sich Mikael Ross unter den herausragenden deutschen Comiczeichnern.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2016

Das Untier in dir
Der Comic „Totem“ beschwört die Schrecken der Kindheit
Wie die Fantasie, von Ängsten getrieben, sich monströse Bilder erschafft, und wie diese Bilder sich fast anarchisch weiterentwickeln und zu einer Geschichte runden, die nur noch in Form eines Comics erzählt werden kann, das war wohl selten eindrücklicher zu erleben als in der Graphic Novel „Totem“ des in Brüssel geborenen Zeichners Nicolas Wouters und des in München geborenen Erzählers Mikael Ross. Ein verschüchterter kleiner Junge wird von seinen Eltern in ein Pfadfinderlager in den Ardennen abgeschoben. In dem vom Dauerregen aufgeweichten finsteren Wald trifft all das, was Louis ahnend befürchtet hat, in grausamer Überdeutlichkeit ein.
  Als körperlich unterlegener Neuling, der die gruppenspezifischen Machtverhältnisse noch nicht kennt und schon bei seiner Ankunft auf dem Donnerbalken erwischt wird, ist er das ideale Opfer. Er wird von den Platzhirschen sadistisch brutalen Prüfungen unterzogen. Und als ein von Bauern gespendetes Huhn zu schlachten ist, will Louis sich mit einer Mutprobe retten, doch die Versuche, das Tier zu enthaupten, enden in einem Blutbad, das sogar seine Peiniger in die Flucht treibt.
  Wer jemals in einem Jugendlager an den Gruppenritualen der Altersgenossen, an der Gefühllosigkeit der Aufsichtspersonen, am erbärmlichen Essen, am launischen Wetter und an den katastrophalen sanitären Verhältnissen gelitten hat, der wird in diesem Buch in verdrängte Erinnerungen geradezu brutal hineingestoßen. Alles was den Kindern in diesem Camp an Aktivitäten verordnet wird – das Wacheschieben in der Nacht, die Suchspiele im Wald, das Kochen am Lagerfeuer – entbehrt jeder Nützlichkeit und endet jeweils in einem frustrierenden Chaos. Die Unsicherheit wächst, als einige Pfadfinder aufgeregt von einem Untier berichten, das sie im Wald gesehen haben wollen. Und tatsächlich ist, wie der Leiter des Camps und die Leser von den nach einem Unfall herbeigerufenen Notärzten erfahren, in einem Zoo ein Leopard ausgebrochen. Ob dieses Tier nun tatsächlich in Umkreis des Lagers gesehen wird, wie die Bilder im Buch suggerieren, oder ob es nur von fantasiegeplagten Kindern wie Louis imaginiert wird, bleibt im Folgenden ungewiss.
  Für Louis jedenfalls ändert sich die Situation grundlegend, als er bei einem wüsten abendlichen Maskenfest eine Fuchsmaske verpasst bekommt und von seinen Mitstreitern aufgefordert wird, sich wie ein Fuchs zu benehmen. Beim Einüben der tierischen Reaktionen entdeckt er beiläufig, dass er erstaunlich aggressiv, ja richtig böse werden kann. Von nun an identifiziert sich Louis immer intensiver mit der Tierrolle. Und eine fantastische Episode beginnt, in der ein anfangs noch mit Hemd bekleideter Fuchs sich in der rauen Wildnis zur Wehr setzt, die Lagerinsassen, die er trifft, erschreckt, ja mit einem Leoparden auf Jagd geht und die Bunker der Maginot-Linie durchkämmt. Es bedarf am Ende eindringlicher Worte vom einzigen Mädchen im Lager, dass Louis die Maske wieder absetzt.
  Hinter dieser bilderreichen Erzählung läuft eine zweite Geschichte ab. Thomas, der jüngere Bruder, scheint die einzige Person zu sein, zu der Louis Vertrauen hat. Von einer Telefonzelle in der Nähe des Lagers ruft Louis ein Krankenhaus an und erfährt, dass Thomas eben operiert worden ist. Da erinnert sich der Leser an die wüsten Doktorspiele, mit denen der Comic begann: Louis hat dem Bruder mit allen möglichen Küchengeräten eine Godzilla-Puppe aus dem Bauch geschnitten. Am Ende des Buches liegt der kleine Thomas dann tatsächlich auf einer Bahre. Doch auch die seltsame Totenfeier mit den Kumpeln aus dem Lager könnte ganz der Fantasie von Louis entstammt sein.
  Für diese psychologisch-dramatische Geschichte hat Nicolas Wouters einen expressiven Zeichenstil entwickelt. Das Spiel in den Gesichtern der Kinder wird mit fast karikaturistischer Deutlichkeit ausgestellt. Nur kalte Farben können sich gegen das herrschende Schwarz durchsetzen. Doch die von wenigen Lichtern durchsetzte Düsternis hat einen Sog, der bis zum rätselhaften Ende nicht nachlässt.
GOTTFRIED KNAPP
  
Nicolas Wouters (Text), Mikael Ross (Zeichnungen): Totem. Graphic Novel. Aus dem Französischen von Claudia Sandberg. Avant Verlag, Berlin 2016. 128 Seiten, 29,95 Euro.
Im Spiel schneidet Louis
seinem Bruder eine
Godzilla-Puppe aus dem Bauch
Bei einem wüsten Maskenfest wird Louis eine
Fuchsmaske aufgedrängt. Als er sie anzieht, entdeckt er,
wie aggressiv, ja böse er werden kann.
Foto: Avant
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Von wohligem Schaudern und Gruseln berichtet Rezensent Gottfried Knapp nach Lektüre dieses Comics über einen schmächtigen Jungen, der beim Pfadfinderlager all die sinnlosen Rituale und demütigenden Blödsinnigkeiten, die typisch sind für solche Veranstaltungen, über sich ergehen lassen muss - bis er eines Tages hinter eine Fuchsmaske schlüpft und sein eigenes, inneres Tier freisetzt. Es sind nicht nur die unguten Erinnerungen an eigene, ähnliche Jugenderlebnisse, die den Kritiker von diesem sogartig wirkenden Comic überzeugen. Sondern auch der ausdrucksstarke Zeichenstil, in dem diese bis zum Ende uneindeutig zwischen Realität und Fantasie changierende Geschichte eine Parabel darauf bildet, welche "fast anarchischen" Bilder sich in einem Menschen bilden, der von unbewussten Ängsten getrieben ist.

© Perlentaucher Medien GmbH