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In seinem autobiographischen Roman beschreibt H. C . Buch Stationen seines an Ereignissen reichen Lebens: Seine früheste Kindheitserinnerung führt ihn nach Wetzlar, wo im März 1945 ein abgeschossener US-Bomber mit schwarzer Rauchfahne über der Stadt abstürzt. Ein Jahrzehnt später entgeht er knapp einer Katastrophe, als über Bonn-Kessenich zwei britische Kampfjets kollidieren und eine Tragfläche unweit von Buchs Elternhaus einschlägt. Dabei ist Stillleben mit Totenkopf viel mehr als nur die Fortschreibung und Vollendung seiner autobiographischen Trilogie. Der Autor setzt unter veränderten…mehr

Produktbeschreibung
In seinem autobiographischen Roman beschreibt H. C . Buch Stationen seines an Ereignissen reichen Lebens: Seine früheste Kindheitserinnerung führt ihn nach Wetzlar, wo im März 1945 ein abgeschossener US-Bomber mit schwarzer Rauchfahne über der Stadt abstürzt. Ein Jahrzehnt später entgeht er knapp einer Katastrophe, als über Bonn-Kessenich zwei britische Kampfjets kollidieren und eine Tragfläche unweit von Buchs Elternhaus einschlägt. Dabei ist Stillleben mit Totenkopf viel mehr als nur die Fortschreibung und Vollendung seiner autobiographischen Trilogie. Der Autor setzt unter veränderten Vorgaben fort, was er mit den Romanen Baron Samstag und Elf Arten, das Eis zu brechen begann, und führt zusammen, was zusammengehört: Reisen in Kriegs- und Krisengebiete, Kindheits- und Jugenderlebnisse sowie - ein Novum in Buchs Werk - Erinnerungen an den Literaturbetrieb, den er als Erzähler und Essayist jahrzehntelang begleitet und mitgeprägt hat. Begegnungen mit Herbert Marcuse, Heiner Müllerund Susan Sontag wechseln ab mit Streifzügen durch Indianerreservate, Reisen nach Haiti und ins Herz der Finsternis, die zentralafrikanische Republik, wo Buch im August 2017 Kindersoldaten und vergewaltigte Frauen trifft. All das und noch viel mehr wird zusammengehalten durch seine widersprüchliche Persönlichkeit, deren schillernde Facetten der Text sichtbar macht.
Autorenporträt
Buch, Hans Christoph
Hans Christoph Buch, 1944 in Wetzlar geboren, ist Erzähler, Essayist und Reporter und lebt in Berlin. Er ist der große Reisende unter Deutschlands Schriftstellern. Im Mittelpunkt von Buchs zahlreichen Veröffentlichungen steht eine Romantrilogie über Haiti, wo sein Großvater sich vor über hundert Jahren als Apotheker niederließ, sowie Reportagen aus Kriegs- und Krisengebieten. In der FVA erschienen die Novelle »Tod in Habana« (2007) sowie die Romane »Reise um die Welt in acht Nächten« (2009), »Baron Samstag oder das Leben nach dem Tod« (2013), »Elf Arten, das Eis zu brechen« (2016) und der Essayband »Boat People - Literatur als Geisterschiff« (2014).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2018

Wie Literatur vor Verstrickung bewahrt
Hans Christoph Buch blickt in "Stillleben mit Totenkopf" auf das Leben seines Lieblingsschriftstellers zurück

Hui, diese Behauptung ist steil: "Roman" nennt Hans Christoph Buch (oder der Verlag?) sein neues Werk "Stillleben mit Totenkopf", das aber als "Memoiren" charakterisiert werden müsste, denn der Gegenstand ist Hans Christoph Buch und was er erlebt hat in den bislang vierundsiebzig Jahren seines Lebens. Natürlich nicht alles; dafür ist dieses Leben viel zu unstet, reich und abenteuerlustig gewesen. Buch preist sich ja nicht zu Unrecht dafür, dass er den Dingen auf den Grund gegangen ist (und noch immer geht), sprich: dass er die ganze Welt bereist hat, um selbst in Augenschein zu nehmen, worüber er schreibt.

Besondere Expertise - das wissen die Leser dieser Zeitung - hat er sich im Falle Haitis erworben, was einen familiengeschichtlichen Hintergrund hat, denn Buchs Großvater war dort Apotheker. Und auch Afrika hat der Schriftsteller immer wieder aufgesucht, ohne Rücksicht auf persönliche Gefährdungen. So beginnt "Stillleben mit Totenkopf" denn auch mit einer atemlosen, im August 2017 buchstäblich ohne Punkt und Komma geschriebenen Impression aus der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui und endet mit einem offenen Brief an Bundespräsident Steinmeier, den Buch im selben Monat und am selben Ort verfasst hat und in dem er deutsches Engagement für Afrika einklagt. Zeitgemäßer kann ein Roman kaum sein. Natürlich auch kein anderes Buch.

Ob Hans Christoph Buch die Titulierung als "Roman" damit rechtfertigen will, dass er ein munteres Verwirrspiel mit chronologischen Abläufen betreibt? So beschreibt er ein Frühstück in der New Yorker Wohnung der Schriftstellerin Susan Sontag vom Februar 1980, und als einen möglichen Anlass für die Einladung führt Buch ein gemeinsam verfasstes Telegramm an Fidel Castro an, in dem er und Sontag die Freilassung von Armando Valladares verlangt hatten, der mehr als zwanzig Jahre in kubanischer Haft saß. Erfolgreich, wie Buch sich rühmen darf, aber sofern es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen dem Telegramm und Valladares' Ausreise gab, muss es 1982 abgeschickt worden sein. Da hat die Zeit anscheinend einen Umweg gemacht. So wie auch bei Buchs lebensverändernder Reise 1994, anlässlich seines fünfzigsten Geburtstags, nach Haiti, wo er mittels Wikipedia der Herkunft eines ihn entscheidend motivierenden Zitats nachspürte - sieben Jahre vor der Gründung der Online-Enzyklopädie.

Wobei das Marginalien sind, denn wie auch immer man Buchs Buch einordnen will: Es liest sich allemal wie ein Roman. Es ist auch phantastisch wie ein Roman, etwa wenn der Verfasser behauptet: "Wie den meisten Autoren fällt es mir schwer, über mich selbst zu schreiben." Nichts fällt ihm leichter, denn "Stillleben mit Totenkopf" dreht sich ja zur Gänze um Hans Christoph Buch. Aber das ist keine Schwäche, denn da gibt es wirklich etwas zu erzählen. Und es enthält wunderbare Porträts wie das von Joseph Brodsky oder auch von Heiner Müller, die nie zustande gekommen wären, wenn diese beiden Schriftsteller nicht der Eitelkeit von Buch geschmeichelt hätten. Durch ihre Freundschaft zu ihm, aber mehr noch durch Einbeziehung seiner Person in deren Schaffen. Und wer das von sich behaupten kann, der hat allen Grund, eitel zu sein.

Die durch die beiden zentralafrikanischen Texte scheinbar von 2017 bis 2017 reichenden Erinnerungen greifen viel weiter aus, übers ganze Leben von Hans Christoph Buch, dessen erste Erinnerung ins Lebensalter von elf Monaten zurückgeht, als er in den Armen seiner Mutter einem alliierten Luftangriff auf die Heimatstadt Wetzlar zusah. Elf Jahre später stürzten am neuen Wohnort der Familie, in Bonn-Kessenich, zwei Kampfjets der britischen Armee bei einem Übungsflug in unmittelbarer Nähe des gerade schreibenden Knaben ab - die Verbindung von Beobachtung, Krieg und Schreiben ist der Cantus firmus dieser Memoiren. Und die Freiheit.

Als Dozent an der Universität von Qingdao, im früheren deutschen Pachtgebiet in China, hat Buch offen sein Credo verkündet: "Ich bin ein freier Schriftsteller, dem kein Staat und keine Regierung, aber auch keine Privatperson vorschreibt, was er sagen und schreiben oder was er nicht schreiben und nicht sagen darf. Diese Freiheit ist ein kostbares Gut, und ich möchte sie gegen nichts eintauschen."

Hans Christoph Buch ist zweifellos zu konzedieren: Er ist ein unideologischer Schriftsteller. Als Angehöriger der Achtundsechziger-Generation ging er auf Abstand zu den radikalen Kräften, als sie von ihm verlangten, dem gesellschaftlichen Engagement den Vorzug gegenüber der Kunst zu geben. "Aber ich war nicht bereit, Beckett oder Kafka über Bord zu werfen zugunsten von Günter Wallraff, und die Liebe zur Literatur hat mich vor schlimmeren Verstrickungen bewahrt." Als seine Lehrmeister im Formenspiel bezeichnet er Ernest Hemingway und John Reed, und deren Vermischung von Dichtung und Wahrheit gerade in den Reportagetexten mag das Vorbild für "Stillleben mit Totenkopf" gewesen sein. Aber ein Roman? Dafür ist die wiederholt eingestreute Floskel "Oder war es . . .", mit der der Autor gerade bei besonders lebendigen Detailerinnerungen augenzwinkernd Unsicherheit sät, dann doch nicht genug. Aber das Memoirenbuch vermittelt Neugier, Wagemut und Selbstbestimmtheit seines Verfassers in einer Intensität, die staunen macht. Und wie bei der Philosophie ist das doch auch bei Literatur der Anfang aller Dinge.

ANDREAS PLATTHAUS

Hans Christoph Buch:

"Stillleben mit Totenkopf". Roman.

Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2018. 249 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Cornelius Wüllenkemper empfiehlt Hans Christoph Buchs dritten autobiografischen Band zur Einsicht in den Zusammenhang von Leben und Schreiben. Dass keine Seelenschau dabei herauskommt, rechnet er Buch hoch an. Dessen Erinnerungen, faktische wie fiktionale, an die Gruppe 47, Peter Handke, Heiner Müller, Lektüren von May bis Proust und das, was ihn als Mensch und Autor geprägt hat, eröffnen dem Rezensenten zufolge ein ganz eigenes Universum, unprätentiös, komisch und freundlich zugleich.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.07.2018

Wie man
Schriftsteller wird
Hans Christoph Buch blickt
zurück: „Stillleben mit Totenkopf“
„Ein Schriftsteller ist eine Person, die sich der Illusion hingibt, es werde ein weiteres Buch von ihr erwartet.“ Diese ernüchternde Behauptung des streitfreudigen Autors und Literaturprofessors Reinhard Lettau ist nicht nur witziger, sondern auch treffender als viele akademische Definitionen einer Berufsbezeichnung, die ähnlich unbestimmt ist wie die des Journalisten. Hans Christoph Buch, der Lettau vor 50 Jahren in Berlin als linken Pressekritiker kennenlernte, stellt die Frage nach dem Wesen des Schriftstellers in den Mittelpunkt des dritten Bandes seiner autobiografischen Romanreihe. „Der Einfachheit halber, beginne ich mit mir selbst“, stellt sich Hans Christoph Buch in „Stillleben mit Totenkopf“ ironisch vor.
Rund vierzig Romane hat der 1944 in Wetzlar geborene Autor und Literaturwissenschaftler veröffentlicht, zahlreiche historische Essays, literarische Aufsätze, Kritiken und Reportagen aus internationalen Krisengebieten, zuletzt aus der Zentralafrikanischen Republik. In seinem neuen Roman untersucht Buch, was einen eigentlich zum Autoren macht, und beginnt mit einem Rückblick auf die Einladung, die ihn selbst zur Gruppe 47 nach Saulgau brachte. Er war 19, und das Drumherum interessierte ihn mehr als literaturtheoretische Diskussionen: „Während ich las, sah ich aus den Augenwinkeln heraus, wie der in der ersten Reihe sitzende Marcel Reich-Ranicki die Stirn in bedenkliche Falten legte und sein Nebenmann Walter Jens sich die Haare raufte, was nichts Gutes verhieß.“
Dass Buch dennoch zu einem Autoren wurde, dessen weltumspannende Perspektive in Deutschland ihresgleichen sucht, haben weder Hans Blochs Verdikt über seine „spätbürgerliche Dekadenz“ noch Hans Magnus Enzensbergers Rede von „gewolltem Leerlauf“ verhindert. Die unkritische Anpassung an den literarischen Betrieb sei ebenso wenig eine realistische Option wie der Ausstieg aus selbigem, behauptet Buch. Seinen Texten über die schreibende Zunft ist diese Einstellung äußerst zuträglich. So unprätentiös, schreiend komisch und freundlich zugewandt liest man selten über die Literaturszene.
Während der berüchtigten Sitzung in Princeton 1966, als die Gruppe 47 sich längst in eine „Literaturbörse verwandelt hatte, auf der Zirkulationsagenten den Marktwert von Texten taxierten“, fand Buch sein Bett von einem „hübschen Mädchen mit Beatles-Haarschnitt“ besetzt. Die Verwechslung flog alsbald auf, und das vermeintliche Mädchen entpuppte sich als der damals noch unbekannte Peter Handke. Wenngleich er die ganze Nacht Kriminalromane las, katapultierte er sich anschließend mit seinen Publikumsbeschimpfungen vor der Gruppe in höhere literarische Umlaufbahnen.
In New York erklärt Hans Christoph Buch bei einem verstörenden Frühstück Susan Sontag, dass man Schriftsteller nicht in Ranglisten ordnen kann. Ein gewisser „Klaus Habermüller“ aus der Frankfurter Friedensbewegung mit frappierender Ähnlichkeit zu Jürgen Habermas hört zugedröhnt Mahler, schleicht sich in Buchs Berliner Wohnung ein und lästert über Schriftsteller, die nur etwas zu Papier bringen, um ihre eigene Nichtigkeit nicht ertragen zu müssen. Heiner Müller sinniert in einer Striptease-Bar in Graz, im Kapitalismus beute der Mensch den Menschen aus, im Sozialismus sei es genau umgekehrt. Buchs Assoziationsketten lassen ein eigenes Universum entstehen. Der Autor betont, es sei alles so passiert, wie in seinem Roman geschildert, „oder doch zumindest so ähnlich.“
Buch verknüpft im Rückblick aufschlussreiche Anekdoten mit sehr persönlichen Betrachtungen über das, was ihn als Mensch und Autor geprägt hat. Das beginnt mit den Luftgefechten über Wetzlar 1945, die er selbst als Einjähriger „wie alle Deutschen als Opfer und Täter“ miterlebte, und führt über Lektüren – Karl May, Kafka, Musil, Thomas Mann, Proust – und das Schreiben hin zum plötzlichen Entschluss, sein Leben zu ändern. Der Wunsch, etwas herauszufinden über die Welt, das er nicht schon vorher wusste, lässt ihn ab 1995 als Kriegsreporter von „einem Krisengebiet ins nächste“ reisen. Neben der politischen Agenda gab es für ihn auch eine persönliche Motivation, den Schreibtisch zu verlassen. „Mehr als die Außenwelt interessierte mich, wie ich selbst reagieren würde auf die kalkulierte Gefahr.“
Den Zusammenhang zwischen Leben und Schreiben führt Hans Christoph Buch unmittelbar vor, ohne dass sein Text je zur bloßen Seelenschau gerät. Die Erinnerungen, die fiktionalen und die faktischen Erlebnisberichte aus verschiedenen Denkräumen und Weltgegenden liefern spannende Einblicke, wie ein Schriftsteller sich beim Schreiben selbst erschafft, wie Literatur und Leben irgendwann zum Synonym werden.
CORNELIUS WÜLLENKEMPER
Hans Christoph Buch: Stillleben mit Totenkopf. Roman. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2018. 249 Seiten, 20 Euro.
Marcel Reich-Ranicki legt
die Stirn in Falten, Walter Jens
rauft sich die Haare
„Mehr als die Außenwelt
interessierte mich, wie ich
selbst reagieren würde …“
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Rezensent Cornelius Wüllenkemper empfiehlt Hans Christoph Buchs dritten autobiografischen Band zur Einsicht in den Zusammenhang von Leben und Schreiben. Dass keine Seelenschau dabei herauskommt, rechnet er Buch hoch an. Dessen Erinnerungen, faktische wie fiktionale, an die Gruppe 47, Peter Handke, Heiner Müller, Lektüren von May bis Proust und das, was ihn als Mensch und Autor geprägt hat, eröffnen dem Rezensenten zufolge ein ganz eigenes Universum, unprätentiös, komisch und freundlich zugleich.

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