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Ein wunderbar witziger Abenteuerroman von Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Sibylle Lewitscharoff - inspiriert von der Tradition der Nonsens-Literatur Die wundersame Geschichte einer wundersamen Reise. Harald, von der Mutter in die große weite Welt gestoßen, trifft auf so aufregende Gestalten wie den rumbechernden Kapitän Dragon, eine dralle Blondine aus Taschkent und den berühmten Hosenschlotterer Nettelbeck. Besonders jedoch setzt ihm das Mäusetrio aus Sidonie-Isabell, Sidonie-Karamell und Sidonie-Grisaldine zu. Für Leserinnen und Leser zwischen 9½ und 99. »Selten hat der…mehr

Produktbeschreibung
Ein wunderbar witziger Abenteuerroman von Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Sibylle Lewitscharoff - inspiriert von der Tradition der Nonsens-Literatur
Die wundersame Geschichte einer wundersamen Reise. Harald, von der Mutter in die große weite Welt gestoßen, trifft auf so aufregende Gestalten wie den rumbechernden Kapitän Dragon, eine dralle Blondine aus Taschkent und den berühmten Hosenschlotterer Nettelbeck. Besonders jedoch setzt ihm das Mäusetrio aus Sidonie-Isabell, Sidonie-Karamell und Sidonie-Grisaldine zu.
Für Leserinnen und Leser zwischen 9½ und 99.
»Selten hat der Ingeborg-Bachmann-Preis wohl einen ähnlich verdienten Sieger gefunden. Wo sich die anderen Autoren mit aller Anstrengung darum bemühten, das Alphabet zu erweitern, erfand es Sibylle Lewitscharoff mit leichter Hand noch einmal neu.« Süddeutsche Zeitung
Autorenporträt
Sibylle Lewitscharoff wurde 1954 in Stuttgart geboren und lebt in Berlin. Sie ist eine der profiliertesten deutschsprachigen Autorinnen der Gegenwart und wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. 1998 mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis, 2009 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse, 2011 mit dem Kleist-Preis und dem Wilhelm-Raabe-Literaturpreis sowie 2013 mit dem Büchner-Preis.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.10.2019

NEUE TASCHENBÜCHER
Hinter der
Großen Gardine
Eine besondere Form von Wetterfühligkeit: Schlag Zwölf bläst ein „böser Wind“ in Zwirnegg die „gefährlichsten Ideen“ in die Köpfe der Bewohner. Haralds Mutter wirft ihren neuneinhalbjährigen Sohn kurzerhand hinaus: „Lass dich hier erst wieder blicken, wenn du ein Held geworden bist.“ In Sibylle Lewitscharoffs Geschichte zwischen Märchen und Nonsense-Literatur, 1999 erstmals erschienen und von der Sprachartistin selbst mit feinem Strich illustriert, muss Harald fortan hinter dem Seegebiet „Große Gardine“ Abenteuer zu Lande, zu Wasser und in der Luft bestehen. Verwandlung in ein Stück Papier, Folter, Zwangsverheiratung mit einem Halbfrosch inklusive. Es geht animalisch zu, die Tiere sind klüger als der Mensch. „Menschen besitzen bekanntlich einen sehr geringen Verstand“, piepst die Maus Sidonie-Grisaline. Weiter skandiert sie auch noch mit ihren Geschwistern: „Es lebe das Gute, das Schöne, das Wahre …“ Fast genauso hat Lewitscharoff später ihre Frankfurter und Zürcher Poetikvorlesungen betitelt, dort heißt es: „Was am Lesen entzückt? Schöpfungsspiele auf dem Papier zu verfolgen und nach Winken zu suchen, wie es im Grab und danach weitergehen könnte.“ FLORIAN WELLE
Sibylle Lewitscharoff: Der höfliche Harald. Illustriert von der
Autorin. Piper Verlag, München 2019.
120 Seiten, 11 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.11.1999

Trau nie dem Kater Kasimir
Sibylle Lewitscharoff behandelt ihren Harald allzu höflich / Von Burkhard Müller

Vor einem Jahr hat Sibylle Lewitscharoff ihr Buch "Pong" vorgelegt. Pong war, ganz ohne Zweifel, ein Verrückter, und die Autorin folgte ihm tief in seine Verrücktheit hinein. Aber sie brachte daraus auch etwas zum Vorschein, Dinge, die sich einem anderen Blick als diesem exzentrischen nicht ergeben hätten und die ein normaler Leser staunend und dankbar in Empfang nahm. Etwa wenn sie bei Pongs großer Zoo-Befreiungsaktion die einzelnen Zootiere charakterisierte und fand, beim Tiger seien die "Fleisch- und Fellpartien leicht gegeneinander verschüttelt": Wahrhaftig, das trifft ihn. Und ebenso das Folgende: "Die Tigerseele ist rastlos und reizbar und roh, und öfter findet man den Tiger leer, weil seine Seele eine Abkürzung genommen hat und beim nächsten Busch auf ihn wartet", sehr im Unterschied zum Löwen, in dessen Pfoten "Zartheit lebt und Verwunderung".

Dass ein Licht von jenseits der Schwelle so glücklich in die Normalität hinüberleuchtet, das konnte nicht dauern. Pong drehte zum Schluss in unzugängliche Versponnenheit ab. Solche wunderbaren Einsichten waren schließlich nur um den Preis der echten Verrücktheit zu haben gewesen, und die bleibt auf die Länge doch immer ein trauriges Faktum. Leider ist hier nicht "Pong" zu besprechen, sondern Sibylle Lewitscharoffs neues Buch. Was für ein unwiederholbarer Wurf "Pong" gewesen ist, ersieht man daraus, dass sich "Der Höfliche Harald" nicht etwa als ein schwacher Nachklatsch abfertigen lässt, sondern als ein Sturz ins Bodenlose, ohne die mindeste Ähnlichkeit mit dem Vorgänger. Der Somnambulismus ist der Ernüchterung gewichen; statt aus dem Sonderling heraus zu reden, beugt sich die Autorin nunmehr über das Kind hinab.

Man mache Autoren getrost für die Klappentexte ihrer Bücher verantwortlich, denn schließlich ist es ja doch ihr Verlag, der sie auf dem Gewissen hat. Da tritt einem denn gleich in konzentrierter Form entgegen, was an diesem Buch faul ist: "Die wundersame Geschichte einer wundersamen Reise, die Sibylle Lewitscharoff mit viel Fantasie und Pfiff für Leser zwischen 9 1/2 und 99 zu Papier gebracht hat." Fantasie ist immer gut; "viel" Fantasie jedoch ist von Übel, und wenn einer gar "Pfiff" hat, mache man sich aufs Schlimmste gefasst. Was die aufgekratzte Altersangabe betrifft, die heile Großfamilie mimt, so dürfte jedes Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr an dem Gestus dieses Buchs mit jenem Argwohn begegnen, den das betuliche Eideidei kinderloser Tanten verdient.

Zu berichten, was in dem Buch geschieht, lohnt kaum die Mühe, denn es ist der Verfasserin selbst offenbar herzlich egal. Dass der Protagonist, oder sagen wir besser: Bündler der Episoden "höflich" sei, stellt nichts dar als die verlegene Umschreibung seines kompletten Mangels irgendwelcher Eigenschaften. Er wird eines Morgens von seiner Mutter aus dem Haus gejagt mit dem Auftrag, sich erst wieder blicken zu lassen, wenn er eine hübsche Braut heimbringt - nicht etwa weil sie die böse Stiefmutter wäre, sondern einfach so; es beweist die Instinktlosigkeit von Lewitscharoffs Erzählen. Harald durchläuft darauf verschiedene Abenteuer, die keinerlei Verbindung miteinander haben und sich mangels eigener Einfälle ungeniert an den Klassikern bedienen: Der Mäusekönig Ratzeputz schreibt sich von E. T. A. Hoffmann her, die Insel mit Eisenbahn von Jim Knopf, das Halsgericht über den Eindringling ist von "Alice im Wunderland" inspiriert, die sprechende Grille stammt aus "Pinocchio" (aber einen Sprachfehler muss sie haben, denn das ist originell!), und es ist Lewitscharoff nicht einmal zu dumm, die berühmte Szene aus dem Gulliver zu entwenden, wo der relative Gigant von den Liliputanern mit Fäden an den Boden gefesselt wird. Als wäre das Ganze, das gegen Ende zu mit wachsender Ungeduld und Fahrigkeit hingeworfen wird, noch nicht wesenlos genug, löst es sich zum Schluss als bloßer Traum auf.

"Erzählt" werden soll auf Teufel komm raus: Das Besondere soll sein Recht gegen die Übermacht des Allgemeinen bekommen. Aber wer auf dem Besonderen besteht, bloß weil es besonders ist, dem kippt es erst recht ins gleichgültig Allgemeine. Das Buch, wenn schon nicht seine Autorin, kennt seine Not: Mehrfach soll Harald unter Druck eine Geschichte erfinden, irgendeine, aber es will nichts strömen, nur einige Sätze werden ihm mühsam abgepresst, dann stockt es unbefriedigend. ",Also', sagte er und holte tief Luft. ,Es war einmal . . .' Weiter kam er nicht." So ähnlich, denke ich mir, muss der Verlag mit Sibylle Lewitscharoff verfahren sein; die Unlust ist ihrem Werk eingeschrieben. Zuletzt verschanzt sich die Dürre hinter der reinen Litanei der Namen: "Da walzte ein beschwipster Kater tschùmtata tschùmtata! mit Wàrwara, der drallen Blondine aus Taschkent. Ein rotgekämmter Gockelhahn, der stelzte wie ein Zirkel kricketick! im Doppelzwick um eine schlanke Füchsin. Nettelbeck, der berühmte Hosenschlotterer, hüpfte wie ein ausgelassner Stecken um das eigne linke Bein. Simia jedoch, das Affenkind aus Sumatra, hielt aller Welt ihr Spieglein hin." Und so weiter und so weiter. Besondere Erwähnung verdient der Fisch Kasimir: Jeder Kinder-Schein-Erzähler (und es gibt außer Lewitscharoff weiß Gott noch viele andere) verrät sich früher oder später unweigerlich dadurch, dass er einem Wesen seiner Menagerie den Namen "Kasimir" verleiht.

Noch um eine Stufe tiefer als die Namen stehen die Zahlen. Ihr Überhandnehmen war schon bei Pong ein Zeichen, dass er anfing, verloren zu gehen. Beim "Höflichen Harald" bilden sie gleich den Auftakt: "In Zwirnegg schlug es zwölf Uhr. Die fünfhundertachtzehn Beamten der Stadt ließen ihre Papiere sinken." Und auf der nächsten Seite erfährt man, dass in der Stadt "mindestens seit fünfhundert Jahren" kein so schlimmer Wind mehr geweht hatte, ohne dass dies für das Stadtbild die mindesten Folgen nach sich zöge. Von einem Apfelbutzen leben drei Mäuse "achtzehneinhalb" Stunden, und eine Figur hat "viermillionendreihundertfünfundsechzigtausend" Haare auf dem Kopf. Es sind die trüben Gebärden der leersten Konkretion.

Das Beste an Sibylle Lewitscharoffs Buch sind die in Schwarz und Rot gezeichneten Illustrationen, einige davon hat sie selbst dazu geliefert. Selbst der allzu brave Harald kriegt hier eine Panzerknacker-Maske und mausert sich ins Zwielichtige. In ihnen steckt jene Fantasie, die man am Text so sehr vermisst; und die Vermutung liegt nahe, dass sie der lebendige Kern waren, um den sich ein totes Buch angelagert hat.

Sibylle Lewitscharoff: "Der Höfliche Harald". Berlin Verlag, Berlin 1999. 179 S., geb., 29,80 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Burkhard Müller ist nicht begeistert über diesen Roman und enttäuscht von der Autorin, deren Roman "Pong" ihn im letzten Jahr - als sie den Ingeborg-Bachmann-Preis gewann - begeisterte. In "Pong" schaffe sie es, aus einem Verrückten heraus zu reden, in "Harald" beuge sie sich nur über ein Kind. Müller reagiert genervt auf eine offenbar pseudo-naive Kindersprache und und nennt Lewitscharoffs Erzählen "instinktlos". Die "Unlust" sei der Autorin anzumerken.

© Perlentaucher Medien GmbH