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"Eine 'Geschichte', die allerdings ins Endlose angelegt ist", nannte Kafka diesen Roman in einem Brief an Felice Bauer vom 11.November 1912. Im selben Brief nannte er auch den Titel des Ganzen: ,Der Verschollene' - die einzige authentische Titelformulierung für diesen Roman, der dann später unter dem Titel ,Amerika' berühmt wurde ... ,Es ist die erste größere Arbeit' - so fügte er hinzu - ,in der ich mich nach 15jähriger bis auf Augenblicke trostloser Plage seit 11/2 Monaten geborgen fühle'. Der damals auf diese Weise vorgestellte Roman erscheint hier so, wie er von Kafka hinterlassen wurde:…mehr

Produktbeschreibung
"Eine 'Geschichte', die allerdings ins Endlose angelegt ist", nannte Kafka diesen Roman in einem Brief an Felice Bauer vom 11.November 1912. Im selben Brief nannte er auch den Titel des Ganzen: ,Der Verschollene' - die einzige authentische Titelformulierung für diesen Roman, der dann später unter dem Titel ,Amerika' berühmt wurde ... ,Es ist die erste größere Arbeit' - so fügte er hinzu - ,in der ich mich nach 15jähriger bis auf Augenblicke trostloser Plage seit 11/2 Monaten geborgen fühle'. Der damals auf diese Weise vorgestellte Roman erscheint hier so, wie er von Kafka hinterlassen wurde: in der Textgestalt der Handschrift, ohne Normalisierungen oder Modernisierungen - und als Torso. Denn ein Ende, einen definitiven Abschluß, hat ja diese ,ins Endlose angelegte' Geschichte in der Tat nie gefunden..." Jost Schillemeit

"Amerika: das ist hier trotz vieler mit überzeugender Sorgfalt verzeichneter Einzelzüge die Fremde schlechthin. Sie ist überall zu finden, unsere ganzebekannte und gewohnte Welt ist eine einzige Fremde. Karl, der wie Kafka aus Prag stammt und dessen Name dem des Dichters gleich mit K beginnt, müßte nicht nach Amerika rei-sen, um sich in seinem Amerika zu befinden; er ist schon ausgewandert, wenn er ein Hotelzimmer bezieht oder ins Telephon spricht. Aber wo in, wo außer aller Welt ist er zu Hause?
Er wäre in einer Welt zu Hause, in der es gerecht zuginge. Das scheint nicht viel verlangt, und Karl kann auch nicht viel verlangen, denn er ist ein einfacher Bursche, der nicht einmal höhere Schulkenntnisse besitzt und gewiß keine besonderen Ansprüche stellt. Wie gerne nimmt er jede Arbeit auf sich, wie bescheiden ist er im Essen. Nur eben fordert er, töricht genug, daß gerecht und anständig verfahren werde, und genau diese einzige Forderung wird ihm nicht erfüllt, ja seine Existenz scheitert an ihr nahezu überall..." Siegfried Kracauer
Autorenporträt
Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 als Sohn jüdischer Eltern in Prag geboren. Nach einem Jurastudium, das er 1906 mit der Promotion abschloss, trat Kafka 1908 in die 'Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt' ein, deren Beamter er bis zu seiner frühzeitigen Pensionierung im Jahr 1922 blieb. Im Spätsommer 1917 erlitt Franz Kafka einen Blutsturz; es war der Ausbruch der Tuberkulose, an deren Folgen er am 3. Juni 1924, noch nicht 41 Jahre alt, starb.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.06.2008

DAS HÖRBUCH
Lockende Zudringlichkeit
Franz Kafkas Romane in wunderbarer Lesung
Jemand musste einmal diese Idee haben, denn ohne dass es ein besonderes Wagnis wäre, dürfte dem Projekt der Erfolg sicher sein. Wenn die drei Romane Franz Kafkas zu gleicher Zeit als ungekürzte Lesungen erscheinen, liegen sie im Trend der aktuellen Hörbuchproduktion. Und dennoch spekulieren die Kafka-Produktionen des Rundfunks Berlin- Brandenburg nicht bloß auf Lese-Vermeidungsstrategien. Über einunddreißig Stunden Gesamtlaufzeit ergeben die Rezitationen von Peter Simonischek („Der Verschollene”), Peter Matic („Der Prozess”) und Ulrich Matthes („Das Schloss”), wenn man sie zusammennimmt. Und das sollte man tun, obwohl zwischen den Aufnahmen gut ein Dutzend Jahre liegen. Dass es sich bei den beiden erstgenannten um Aufzeichnungen aus den Jahren 1983 und 1995 handelt, und nur die Schloss-Lesung eine neue Produktion darstellt, ist marktstrategisch zwar geschickt im Kleingedruckten der CD-Beilage versteckt, aber unabhängig vom Aufnahmedatum ist allen drei Sprechern gemeinsam, dass sie die Anlagen der Romane zum mündlichen Vortrag auch umsetzen.
Das sind zunächst die vielfältigen rhetorischen Situationen, die Befragungen und Verhöre, die sich ebenso in der direkten Rede konstituieren wie ihre sprachlichen Gegenstücke, die Selbsterklärungen und sachlichen Darlegungen. Der junge Karl Roßmann, der Verschollene aus dem Amerika-Roman, stolpert von Rechtfertigung zu Rechtfertigung, die K.-Figuren aus den beiden anderen Romanen von Belehrung zu Belehrung über die krypto-bürokratischen Funktionsweisen von Gericht und Schloss-Administration. Kafkas Literatur entsteht zu einem großen Teil in den Sprech- und Hörszenen von Rede und Widerrede.
Zwar äußerte sich Kafka in einem Brief an Felice Bauer missbilligend über die Verbreitung der Grammophone, gegenüber der Teilzeitverlobten bezeichnete er deren bloße Existenz schon als Bedrohung. Das tut dem Interesse für die Koppelung von Technik und gesprochenem Wort aber keinen Abbruch. Es ist jedoch eine andere Gerätschaft, die vorrangig in den Texten auftaucht: Es wird viel telefoniert. Schon im Büro des Kapitäns, dessen Schiff Karl Roßmann nach Amerika bringt, dann im Hotel Occidental, wo er als Aufzugsjunge arbeitet, und selbstverständlich im Schloss-Roman.
Viel wird geflüstert
Die Frage des Verstehens oder Missverstehens entspringt den vielfältigen Möglichkeiten der Artikulation. Wie etwas gemeint ist, hängt auch davon ab, wie es gesagt wird. Viel ist über den Blick bei Kafka geschrieben worden, als Werkzeug der sozialen Kontrolle und Selbstkontrolle. Dieser Mechanismus wäre zu ergänzen um den des Hörens und Gehörtwerdens. Man achte einmal darauf, wie häufig gesellschaftliche Erwartungen oder der Vorwurf einer Verfehlung in der Rede mitschwingen. Auch, wie viel bei Kafka geflüstert wird, um niemanden zu stören. Wie zahlreich die Ausrufe der Verwunderung, die Worte der Empörung, die lockenden Sätze der Zudringlichkeit sind.
All dies ist in einer Hörfassung ungleich besser darzustellen. Es kann deshalb nicht verwundern, dass Kafka die Tauglichkeit seiner Texte selbst im mündlichen Vortrag gegenüber der Schwester und dem Freund Max Brod getestet hat. Und übten auch Grammophon und Radio noch keine Wirkung auf die Präsentation der Literatur aus, so verdankt Kafka seinen ersten Bekanntheitsschub doch einem Tonträger. Er hieß Ludwig Hardt, war professioneller Rezitator und hatte zwar noch nicht die Romane, aber doch einige Erzählungen Kafkas im Programm.
Die Romanlesungen von Simonischek, Matic und Matthes berühren also wesentliche Momente in Kafkas Werk. Die Wirkkraft wird vielleicht durch die technische Aufzeichnung als Hörbuch noch verstärkt. Denn die Faszination der Romane speist sich aus einem internen Widerspruch: Nicht zuletzt im Kampf mit einer von unübersichtlichen Mechanismen durchdrungenen modernen Welt bietet sie vielfach die Möglichkeit zu Identifikationen. Andererseits ist diese Welt dem Alltag weit entrückt, beklemmend, wie im Dorf des Schloss-Romans, surreal, wie auf den gerichtlichen Dachböden des Prozess-Romans, von grotesken Gestalten bevölkert und gerade deshalb unheimlich reizvoll. Die Stimme des Hörbuchs setzt diese Welt nun in Szene, erhöht damit besonders in der Figurenrede ihre Greifbarkeit und nimmt ihr doch, durch die Abstraktion von jeglicher Körperlichkeit, durch das Gespenstische des entschwindenden Klangs, jede konkrete Verortung. Mag Kafka die technische Aufzeichnung der Stimme für bedrohlich gehalten haben, hier zeigt sie sich als Mittlerin des ästhetischen Genusses. CHRISTOPH SCHMAUS
FRANZ KAFKA: Der Verschollene. Gelesen von Peter Simonischek. Deutsche Grammophon, Berlin 2008. 8 CD, 10 Stunden 12 Min., 29,99 Euro.
FRANZ KAFKA: Der Prozess. Gelesen von Peter Matic. Deutsche Grammophon Berlin 2008. 7 CD, 8 Stunden 15 Min., 29,99 Euro.
FRANZ KAFKA: Das Schloss. Gelesen von Ulrich Matthes. Deutsche Grammophon, Berlin 2008. 10 CD, 13 Stunden 20 Min., 29,99 Euro.
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