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Als Takashi erfährt, daß er hiv-positiv ist, reist er mit zwei Freunden in ein Land, wo man den Göttern näher ist: nach Ägypten, Reich der Toten und der Sonne in einem. Sly, nach dem gleichnamigen Song von Massive Attack, ist eine berückend sinnliche Meditation über die Liebe, das Leben und den Tod. "

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Produktbeschreibung
Als Takashi erfährt, daß er hiv-positiv ist, reist er mit zwei Freunden in ein Land, wo man den Göttern näher ist: nach Ägypten, Reich der Toten und der Sonne in einem.
Sly, nach dem gleichnamigen Song von Massive Attack, ist eine berückend sinnliche Meditation über die Liebe, das Leben und den Tod. "
Autorenporträt
Banana Yoshimoto, 1964 geboren, hieß ursprünglich Mahoko Yoshimoto. Ihr erstes Buch 'Kitchen' schrieb sie während ihres Studiums, sie jobbte nebenbei als Kellnerin in einem Café und verliebte sich dort in die Blüten der 'red banana flower', daher ihr Pseudonym. Ihr Debütroman verkaufte sich auf Anhieb millionenfach - ein Phänomen, dem man die Bezeichnung 'Bananamania' gab. Sie schrieb zahlreiche Bücher, die auch außerhalb Japans ungewöhnlich hohe Auflagen erreichten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.12.2002

In der Kälte des Kairo-Towers
Massive Attacke: Banana Yoshimotos ungefilterter Aidsroman

Banana Yoshimoto, die 1964 geborene Pop-Poetin und einstmals junge wilde Stimme Japans, ist nachdenklich geworden. Die Ingredienzen ihrer Romane, die mit Millionenauflagen, Verfilmungen und Auszeichnungen internationale Beachtung und in Japan eine sogenannte "Bananamania" erregten, sind seit ihrem küchenphilosophischen Erstlingswerk "Kitchen" (1988) und dem Kult-Teenagerdrama um die exzentrische "Tsugumi" (1989) dieselben geblieben - verstörte Seelen, die zerstörerische Macht der Krankheit, Momentaufnahmen aus dem Leben einer gefährdeten Jugend.

Banana Yoshimoto ist eine professionelle Katastrophenfetischistin, die angstfrei im Umgang mit dem Trivialen zielsicher den Nerv der Generation und den Zeitgeist unbestimmter Ängste zu treffen sucht. So ist ihr neuer Roman "Sly", der in Japan bereits 1996 erschien, eine Selbstfindungsreise eines Aidsinfizierten nach Ägypten. Dabei wird der bisexuelle Takashi von seinen beiden Freunden und Ex-Liebhabern, der Goldschmiedin Kiyose und dem Barbesitzer Hideo, begleitet, die die Ergebnisse ihrer Aidstests gar nicht erst abwarten wollen.

Die westliche Kritik, die Yoshimotos Romane um "Liebe, inzestuöse Beziehungen, Telepathie und Sympathie" (Yoshimoto über sich) mit den harten Kategorien des Westens als "Trash" oder "New-Age-Hokuspokus" aburteilt, übersieht zuweilen den Kontext, in dem in Japan Literatur entsteht. Vor dem Hintergrund privater, beruflicher und medizinischer Ausgrenzung von HIV-Infizierten und des Bluterskandals der achtziger Jahre, als sich 2000 Menschen mit verseuchten Blutkonserven-Importen infizierten, ist der Versuch, die Immunschwäche zu thematisieren, statt zu tabuisieren, an sich mutig, und sei es in der Form ihrer belletristischen Einbettung in einen Ägypten-Roman.

Die Reise der Tokioter diente "keinem besonderen Zweck, selbst nicht dem, uns aufzumuntern". Gleichwohl gibt sie der Schicksalsgemeinschaft die Gelegenheit, ihre beschützten Biographien und bisherigen Beziehungen neu zu überdenken. "Es kommt mir vor, als seien tausend Jahre vergangen, ich fühle mich jünger als je zuvor", heißt es in dem Song "Sly" der Gruppe "Massive Attack", der die Fahrt leitmotivisch begleitet. Die Akteure in dem literarischen Road-Movie nehmen im stummen Einvernehmen und mit ungefiltertem Staunen ihre metaphorische Umgebung wahr: "Was das nur sollte. Diese vollkommene Landschaft. Diese Frische, wie überlaufender Honig, dieser lebendige Ausdruck."

Yoshimotos Traumwelten, Tabubrüche und Intimitäten erinnern in ihrem chiffrenreichen und expressiven Roman neben dem postmodernen Fernsehdrama an die Bildersprache und Codes japanischer Comics für Mädchen, der shôjo manga. Genretypisch sind die geschlechtliche Ambiguität der Helden und das detailgetreue exotische Dekor, das den dichterischen Rahmen für einen nonchalanten Umgang mit der Geschichte bildet.

In ihren auf kitschige Weise existentiellen Episoden, die immer wieder von selbstironischen Kehrtwenden durchbrochen werden, läßt Yoshimoto ihren populärphilosophischen Betrachtungen über die alles umfassende Freundschaft, Liebe, Unsterblichkeit und Transzendenz freien Lauf. Die Reise an den "Fluß des Lebens" gerät so zur retour aux sources. Beim Besuch antiker Tempel tanken die Freunde neue Energie. Der Zugangsschacht zur Cheops-Pyramide von Gizeh erinnert in Kiyoses Gedankengängen an "eine Gebärmutter und einen Geburtskanal".

Während die Isolation und das Gefühlskarussell der lost generation beim Besuch eines Panorama-Restaurants in der Kälte der sich drehenden Plattform des Kairo-Towers ihren Ausdruck findet, hat Kiyose an der Grabstätte von Thutmosis III. eine Vision, die den Schutz durch die Götter prophezeit. Vor der Kultur und Kulisse Ägyptens relativieren sich schließlich beinahe spielerisch die Absolutheit und Gegensätze von Leben und Tod: "Wir waren wie Kinder, die sich dem Tod nicht zu nähern erlauben."

In der Art, wie Yoshimoto ihre gebrochenen Helden in der schillernden Anderswelt ihrer Romane zur Katharsis führt, liegt die Sogkraft ihres Schreibens. Auch ohne klassisches Happy-End und ohne die Ergebnisse der Aidstests nach ihrer Rückkehr nach Tokio zu offenbaren, versteht die Autorin die Kunst, bei ihren popkulturellen Porträts verlorener Menschen zwischen den Zeilen Optimismus zu verbreiten.

STEFFEN GNAM

Banana Yoshimoto: "Sly". Roman. Aus dem Japanischen übersetzt von Anita Brockmann. Diogenes Verlag, Zürich 2002. 162 S., geb., 14,90 [Euro].

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»Was für ein Talent! Banana Yoshimoto schreibt wunderbar subtile, wundersam verstörende Bücher, in denen Japans Jugend endlich Stimme bekommt.« Stern Stern