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Die Wiederentdeckung der Einsamkeit - auf einer gottverlassenen Leuchtturminsel im Mittelmeer.Auf einer winzigen Insel im Mittelmeer, deren Felsen steil abfallen und wo Schiffe nur bei ruhiger See anlegen können, ragt ein einsamer Leuchtturm empor. Wie ein Zyklop sucht er mit seinem Auge den nächtlichen Horizont ab, ein fixer und unentbehrlicher Orientierungspunkt für Generationen von Seefahrern. Drei lange Wochen bringt Rumiz, der ruhelose Wanderer, dort zu und sucht wie der Lichtstrahl nachts den Himmel und tags den Horizont ab. Er lernt, das Aufkommen eines Gewitters zu erkennen, dem Wind…mehr

Produktbeschreibung
Die Wiederentdeckung der Einsamkeit - auf einer gottverlassenen Leuchtturminsel im Mittelmeer.Auf einer winzigen Insel im Mittelmeer, deren Felsen steil abfallen und wo Schiffe nur bei ruhiger See anlegen können, ragt ein einsamer Leuchtturm empor. Wie ein Zyklop sucht er mit seinem Auge den nächtlichen Horizont ab, ein fixer und unentbehrlicher Orientierungspunkt für Generationen von Seefahrern. Drei lange Wochen bringt Rumiz, der ruhelose Wanderer, dort zu und sucht wie der Lichtstrahl nachts den Himmel und tags den Horizont ab. Er lernt, das Aufkommen eines Gewitters zu erkennen, dem Wind zuzuhören, mit den Möwen zu fliegen, mit dem Esel zu reden. Und er denkt über das Mittelmeer als Kulturraum von Triest bis in den Libanon nach, als Ort des Austauschs, des Handels, der Kriege bis heute, mit eigener Lingua franca. Diese bewegungslose Reise wird zum Abenteuer des Geistes.
Autorenporträt
Paolo Rumiz, geboren 1947 in Triest, ist mit seinen eigenwilligen Büchern der erfolgreichste Reiseschriftsteller Italiens. Er berichtete für die Tageszeitung ¿La Repubblicä über den Afghanistan- und den Jugoslawien-Krieg. Zahlreiche Preise für sein journalistisches Engagement. Unzählige Essays,Romane und Erzählungen über seine Reisen innerhalb Italiens und an die entlegensten Orte Europas. Seine Bücher stehen kontinuierlich auf den italienischen Bestsellerlisten.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.03.2017

Im Bauch des Zyklopen
Paolo Rumiz zieht sich in einen Leuchtturm im Mittelmeer zurück
Als Reiseschriftsteller hat Paolo Rumiz fast die ganze Welt bereist; mit dem Auto, mit der Eisenbahn, zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit einem Heißluftballon. Zu der winzigen Insel irgendwo im Mittelmeer, ihren Namen will er nicht verraten, gelangte er mit einem Beiboot, weil die Untiefen drum herum für jedes größere Schiff zu gefährlich wären. Gerade einmal zwölfhundert Meter lang und zweihundert Meter breit ist das Land, über das stolz ein Leuchtturm wacht. Im Bauch des einäugigen Monolithen wollte Rumiz drei Wochen Quartier beziehen, am Ende wurden es drei Monate.
Ein Freund empfahl ihm, genügend Zitronen mitzunehmen, um die Venusmuscheln zu beträufeln, die dort so groß seien wie Jakobsmuscheln. Neben den Zitronen schnürte er also Tomaten, Kartoffeln, Kohl und Zwiebeln zu einem fünfzig Kilo schweren Bündel, besorgte noch zwanzig Liter Wein und Triester Ostergebäck für die Feiertage. Ein starker Mistral blies ihn schließlich auf die kleine Insel, wo außer einem lakonischen Leuchtturmwärter kaum jemand anzutreffen ist. Es ist ein rauer Ort, wer dort überleben möchte, muss die Elemente beherrschen, die Sprache des Meeres sprechen, seine Winde beim Namen nennen.
Rumiz versteht das Meer, er ist an der Adria-Küste groß geworden. Nur widerwillig würde er sich deshalb als Italiener bezeichnen lassen. Als Korrespondent war er im Jugoslawien- und im Afghanistan-Krieg. Dort hat er gelernt, Nationalismus zu verabscheuen und fremde Sprachen zu lieben. Voller Bewunderung ist er für das Griechische, das vier Namen für das Meer kennt. Geschmackvoll schreibt er auf Italienisch, hält dessen lateinische Wurzeln hoch. Rumiz ist ein Sprachsommelier: Er kaut seinen Homer wie den Stockfisch und die Garnelen, die er sich zubereitet. Wenn man in Griechenland nicht wisse, dass Sardellen „Gravos“ heißen, so solle man sie erst gar nicht bestellen, sie würden einem nicht munden. Man müsse lernen, schon den Namen der Speisen zu schmecken. Die Übersetzerin Karin Fleischanderl hat Rumiz’ lukullische Worte in ein ungewohnt appetitliches Deutsch überführt.
Das Leben hat den fast siebzigjährigen Paolo Rumiz schon an viele entlegene Orte geführt, von denen er gerne in Büchern erzählt. Sein Reisebericht „Der Leuchtturm“ (im Original „Il Ciclope“) ist anders, beginnt er doch mit dem Ziel, von dem er sich physisch auch nicht mehr wegbewegt. Rumiz hat lange nach der Insel mit diesem Leuchtturm gesucht, so lange, dass sie ihm heilig geworden ist und er ihre Koordinaten verschweigt. Für den aufmerksamen Leser ist es jedoch ein Leichtes, mit den Hinweisen, die der Autor streut, Namen und Lage der Insel herauszufinden. Jeden Eindruck, den Rumiz dort sammelt, umschließt er mit einer mystischen Aura. Kein Wind, kein Sternenbild, das er nicht in griechische Mythologie bannt: „Der Wind unserer uralten Kultur, der die Segel Odysseus’ und Diomedes’ blähte, weht auch heute noch, obwohl Jahrtausende vergangen sind.“
Die Gedanken und Erinnerungen des Autors hängen frei herum. Er pflückt sie beim Spazierengehen über die Insel, wie den wilden Spargel oder die Kapern, die er in Salzlake einlegt. Und plötzlich ist man, ohne es gemerkt zu haben, mit ihm auf einer Reise, von der Arktis bis in die Sahara, dem grellen Blick des Zyklopen leitmotivisch folgend: Rumiz kennt die schönsten und einsamsten Leuchttürme zwischen Apulien und Kalabrien. Er war in Chile am Kap Hoorn, wo der berühmteste Leuchtturm der Welt steht, und in Alaska, wo er nur noch Ruinen der Lichtanlagen vorfand, dafür aber hungrige Eisbären.
Auf seinen Reisen traf Rumiz Menschen wie die Meeresbiologin Tamara, die nicht müde wurde, die Meereszerstörung zu beweinen. Durch sie hat er verstanden, dass das Meer unter Abfällen und Düngemitteln zu ersticken droht. Solche Dinge passieren auf einer einsamen Insel. Neuartige Gedanken und Wahrnehmungen: „Das Schlimmste besteht nicht darin, am Rande der Katastrophe zu stehen, sondern darin, es nicht zu bemerken.“
Altersweise ist Rumiz, aber kein bisschen altersmilde. Er geht hart ins Gericht mit den zivilisierten Menschen, die einander fremd geworden sind: Das Mittelmeer sei der Friedhof, auf dem man nicht nur bootsweise Syrer und Afghanen ertrinken lasse, sondern auch die humanistische Idee Europas. Man hat den Eindruck, er bemitleide die Wohlstandsgesellschaft mehr als diejenigen, die nach Europa flüchten, um einen besseren Ort zum Leben zu finden. Er ist überzeugt, dass sie am Ende siegen werden. „Weil die Welt immer den Migranten gehört hat, jenen, die sich in Bewegung setzen und andere Länder suchen und voll Furcht das Schwarze Meer durchqueren.“
Es gibt maritime Augenblicke, in denen Wind, Meer und Festland ein Gleichgewicht erreichen und Rumiz ein Teil davon wird. Dann lehnt er sich befreit von jeder Last an einen sonnengewärmten Felsen und macht Frieden mit sich selbst.
Die einsame Insel ist nicht für die Ewigkeit. So wie die Leuchtturmwärter nach einigen Wochen die Wachablöse vollziehen, kommt der Tag, an dem Rumiz die Insel verlässt. Er steigt in das Beiboot und verabschiedet sich von seinem selbst gewählten Exil, wie es griechische Seeleute seit Menschengedenken tun: ohne einen Blick zurück. Denn die Sehnsucht wäre nicht zu ertragen.
BENEDIKT MAHLER
Paolo Rumiz: Der Leuchtturm. Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl. Folio Verlag, Wien und Bozen 2017. 159 Seiten, 20 Euro.
Er pflückt Gedanken genauso
wie Kapern und wilden Spargel –
beim Spazierengehen
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.08.2017

Gestohlene Geschichten

Hat man dieses Buch gelesen, versteht man, warum es so viele schlechte Reisebücher gibt. Weil diese keine Reiseliteratur sind, sondern nur Reisebeschreibungen, die über das Nacherzählen des Erlebten nicht hinausweisen. Ganz anders "Der Leuchtturm" von Paolo Rumiz. Rumiz, 1947 in Triest geboren, hat als Journalist über das sich auflösende Jugoslawien geschrieben und als Schriftsteller und Journalist die Welt bereist, auch gerne zu Fuß. So spazierte er auf der Via Appia von Rom nach Brindisi. Rumiz ist also gerne und viel unterwegs und hat sich für dieses Buch eine strenge Klausur auferlegt: Er verbrachte einige Wochen auf einer Leuchtturminsel. Dort gab es nichts, außer diesem Leuchtturm, einem Esel, einem Huhn und zwei Leuchtturmwächtern. Die Insel ist kaum mehr als ein Felshaufen im östlichen Mittelmeer. Rumiz schreibt also über seine erste Reise, bei der er sich nicht vom Fleck rührt. Und entfaltet dabei ein Leporello an Innen- und Außenwelten. Auf der Insel befällt ihn der Sog des Nichts, der stetige Wind jage einen, so der Autor, "in die unerforschten Höhlen deines Ichs". Rumiz schreibt in der Tradition seines Triestiner Kollegen Claudio Magris, in der Tradition gebildeter, über alle Grenzen blickender Mitteleuropäer, jedoch im Gegensatz zu Magris, der sich an der Donau aufarbeitete, lässt Rumiz den Blick übers Meer wandern. In diesem, dem Mittelmeer, sieht er das Verbindende, nicht das Trennende. Während er also auf der einsamen Insel sitzt, sinniert er über diesen Kulturraum, seine Mythen, seine Küche und Küsten, seine Sprachen, seine Leuchttürme. Rumiz schreibt vom "mare mostrum", ein gewisser hoher Ton ist ihm zu eigen, aber er scheut sich nicht, Alltägliches zu beschreiben, und der Zorn ergreift ihn über die Überfischung, die Kriege und vor allem angesichts der Lage der Flüchtlinge. Erstaunlicherweise ist das Buch auch spannend, etwa wenn Rumiz von Schirokko erzählt, dem wütenden Wind. Und unterhaltsam. Rumiz rekapituliert ältere Reisen, etwa seine vergebliche Suche nach einem Leuchtturm in Point Hope im äußersten Norden Alaskas. Es soll einmal einen gegeben haben. Auf sein Nachfragen lachen ihn die Einheimischen aus. Wer brauche einen Leuchtturm, wenn das Meer das eine halbe Jahr über zugefroren ist und im anderen halben Jahr die Sonne nicht untergehe? Und übers Schreiben schreibt er auch. Er erzählt von einer Bar in Triest, in der Kapitäne von Stürmen und Schiffen erzählen. Mit einem von ihnen trinke er gerne ein Glas Malvasier und gesteht: Da Schriftsteller nichts anderes täten, "als die Geschichten zu klauen, die andere erzählen", suche er oft diese Gesellschaft, "um geschickt etwas mitgehen zu lassen". Wir Leser danken ihm den Diebstahl.

bär

"Der Leuchtturm" von Paolo Rumiz. Folio Verlag, Wien 2017. 159 Seiten. Gebunden, 20 Euro.

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