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Die wahre und unglaubliche, aberwitzige und traurige Geschichte von Meir Shalevs Großmutter Tonia und dem Staubsauger, den ihr Schwager ihr aus Amerika geschickt hat. Aufgezeichnet von ihrem schelmischen, liebenden, staunenden Enkel.

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Produktbeschreibung
Die wahre und unglaubliche, aberwitzige und traurige Geschichte von Meir Shalevs Großmutter Tonia und dem Staubsauger, den ihr Schwager ihr aus Amerika geschickt hat. Aufgezeichnet von ihrem schelmischen, liebenden, staunenden Enkel.
Autorenporträt
Meir Shalev (1948¿2023) wuchs im Moschaw Nahalal in der Jesreel-Ebene auf, studierte Psychologie und arbeitete viele Jahre als Journalist, Radio- und Fernsehmoderator, ehe er mit vierzig Jahren seinen ersten Roman veröffentlichte. Er wurde mit Büchern wie ¿Judiths Liebe¿ oder ¿Der Junge und die Taube¿ zu einem der bekanntesten und beliebtesten israelischen Romanciers und erhielt 2006 den Brenner Prize, die höchste literarische Auszeichnung in Israel.
Rezensionen
»Es steht ganz außer Zweifel, dass Shalev der größte lebende israelische Romancier ist. Er hätte längst den Nobelpreis verdient.« Hannes Stein / Die Welt Die Welt

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.04.2011

Putzige Vergangenheit

Was haben russische Juden, Palästina und amerikanische Staubsauger miteinander zu tun? Sie gehören in die nostalgische Anekdotensammlung von Meir Shalev.

Vielleicht war die Sache ja wirklich so. Tonia, Anfang der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts aus Russland nach Palästina eingewandert, hatte einen Putzfimmel. Diese Macke wurde in der im Winter schlammigen und im Sommer staubigen Jesreel-Ebene im Gelobten Land zur echten Herausforderung. Rettung kam aus dem fernen Amerika in Form eines amerikanischen Staubsaugers. Dieser war allerdings das einzige Geschenk, das Tonia von ihrem Bruder, einem notorischen Kapitalisten und Verräter der zionistischen Idee, annehmen durfte. Alle anderen Zuwendungen schickte ihr Mann postwendend in die Neue Welt zurück. Tonia ist die Großmutter des Erzählers und emotionales Zentrum einer umfangreichen russisch-ukrainischen Mischpoke, um die sich der neue Roman Meir Shalevs rankt.

Das Buch ist eine liebevoll-humorige Hommage an die Angehörigen der dritten und vierten Alija, an jene Einwanderer also, die zwischen dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Beginn des Nationalsozialismus vor allem aus Osteuropa nach Palästina einwanderten. Sie waren voller Elan und Hoffnung und noch unberührt vom Schatten des Holocaust, der sich wenig später mit den aus Europa in letzter Minute geflohenen Juden auf das Land legte.

Es sind Geschichten aus einem fernen, friedlichen Land und einem unbeschwert fröhlichen Leben. Shalev beschwört noch einmal das heute von vielen jungen Israelis kritisierte Mantra der zionistischen, sozialistisch geprägten Anfänge des Staates, in dem die anderen - die arabischen Nachbarn, die britische Verwaltung - kaum existierten.

Jenseits der Urbarmachung und des Putzfimmels scheinen Konflikte unbekannt; im Erzählton, der die jiddische Tradition ahnen lässt, wird eine Schtetl-Romantik auf die Kibbuzniks übertragen. Die zusammenmontierten Anekdoten spielen überwiegend in Nahalal, einer der ersten genossenschaftlichen Siedlungen des Landes, in der Meir Shalev im Gründungsjahr seiner Heimat zur Welt kam.

Die Entbehrungen der Einwanderer, die in ihren europäischen Heimatländern weder zum Obstbauern noch zum Viehzüchter berufen waren, werden aufgefangen vom Geist der Gemeinschaftlichkeit. Nur wenige Seitenhiebe auf das Heute werden verteilt, etwa, wenn der Erzähler sich erinnert, wie sein Vater als Obstbauberater orthodoxe Juden unterwies, "die seinerzeit noch die Möglichkeit erwogen, sich von produktiver Arbeit zu ernähren", während heute, so weiß der Leser, der israelische Sozialstaat die Alimentierung dieser rasant wachsenden - und unter säkularen Juden recht unbeliebten - Minderheit weitgehend übernimmt.

Shalev ist so alt wie der Staat Israel, um dessen Zukunft er sich als Kolumnist der auflagenstärksten Tageszeitung des Landes immer wieder öffentlich Sorgen macht. 2007 sagte er in einem Interview, er habe Angst, dass seine Heimat von der Landkarte verschwinden könne, allzu viele Fehler seien in den letzten Jahrzehnten in der Auseinandersetzung mit den Palästinensern geschehen. Er selbst, der als Soldat im Sechstagekrieg angeschossen wurde, tritt seit Jahren für die Rückgabe der 1967 besetzten Gebiete ein. Vielleicht ist es diese Angst um das Vermächtnis der Gründergenerationen, die den Blick zurück so elegisch werden lässt. Im literarisch ambitionierten Shalev-Clan, zu dem auch die Schriftstellerin Zeruya Shalev gehört, gibt es jede Geschichte in vielen Versionen, von denen man stets die schönste wählt. Für Meir Shalev geht es nicht darum, wie es war, sondern wie wir es erinnern: in Liebe, ohne Finsternis.

SABINE BERKING

Meir Shalev: "Meine russische Großmutter und ihr amerikanischer Staubsauger". Roman.

Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama. Diogenes Verlag, Zürich 2011. 280 S., geb., 20,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht um Tatsachen geht es in diesem Buch, das wird Sabine Berking rasch klar, sondern um Erinnerung in Liebe, um den elegischen Blick zurück auf die Gründergeneration des Staates Israel. Wie Meir Shalev auf die russisch-ukrainische Familie mit der Großmutter als Zentrum schaut, findet Berking so liebevoll wie humorig. Dass der Holocaust und die Kritik am Gründungsmythos sowie Bezüge zum Heute kaum Eingang in den Text finden, scheint für die Rezensentin in Ordnung. Berking genügt zur Unterhaltung einstweilen die anekdotenreiche Kibbuz-Romantik.

© Perlentaucher Medien GmbH