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Reykjavik, Anfang der fünfziger Jahre: Ragnar, Taxifahrer, fährt einen betrunkenen amerikanischen Soldaten zu seinem Luftwaffenstützpunkt in Keflavik. Auf der Rückfahrt sieht er eine auffällig elegante Frau vor ihrem liegengebliebenen Buick stehen; er stoppt und bietet seine Hilfe an. Aus dieser Bekanntschaft entwickelt sich eine heftige Liebesbeziehung, die in Eifersucht und andere Turbulenzen gerät, als Ragnar von Gógós Ehemann und dazu noch von einem weiteren Liebhaber namens Bill, einem amerikanischen Soldaten, erfährt. Ein temporeicher, hinreißend trocken geschriebener Roman aus den…mehr

Produktbeschreibung
Reykjavik, Anfang der fünfziger Jahre: Ragnar, Taxifahrer, fährt einen betrunkenen amerikanischen Soldaten zu seinem Luftwaffenstützpunkt in Keflavik. Auf der Rückfahrt sieht er eine auffällig elegante Frau vor ihrem liegengebliebenen Buick stehen; er stoppt und bietet seine Hilfe an. Aus dieser Bekanntschaft entwickelt sich eine heftige Liebesbeziehung, die in Eifersucht und andere Turbulenzen gerät, als Ragnar von Gógós Ehemann und dazu noch von einem weiteren Liebhaber namens Bill, einem amerikanischen Soldaten, erfährt. Ein temporeicher, hinreißend trocken geschriebener Roman aus den fünfziger Jahren, als Island sich plötzlich in der modernen, von Amerika geprägten Zeit wiederfand - mit völlig veränderten Lebens- und Moralvorstellungen. Die Geschichte einer fast unmöglichen Liebe - und gerade darum so spannend...Das Buch wurde in Island 2009 als 'Klassiker' neu aufgelegt (inzwischen in der 7. Auflage).Thorsteinsson gilt in der Kritik als der 'isländische Hemingway'.
Autorenporträt
Indridi G. Thorsteinsson wurde 1926 als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren. Nach dem Schulbesuch Arbeit als Kraftwagenfahrer, danach als Journalist. Seit 1951 veröffentlicht er auch literarische Texte, 1955 seinen ersten Roman 'Taxi 79 ab Station' - in wenigen Wochen geschrieben und sofort ein Riesenerfolg. Die Verfilmung durch den dänischen Regisseur Erik Balling (bekannt durch die 'Olsenbande') war ein Riesenskandal - und dann ein Kassenschlager. Indridi Thorsteinsson starb im Jahr 2000; einer seiner Söhne ist der weltberühmte Krimiautor Arnaldur Indridason.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.07.2011

Liebe als Totalschaden
Aquavit und Sprit: Indriði G. Thorsteinssons Taxi-Roman
Viele Hemingwege führen zur großen Einsamkeit. Das Jagen, die Frauen, hochprozentiger Alkohol, widerborstige Technik, raue Natur und stoisch gerauchte Zigaretten. Der isländische Autor Indriði G. Thorsteinsson, der 1926 in Skagafjörður im Norden Islands als Sohn eines
Arbeiters geboren wurde und im Jahr 2000 starb, kannte die Hemingway-Methoden, und er nutzte sie – und doch klingt sein 1955 erschienener Roman „Taxi 79 ab Station“ nicht bloß nach einer klassischen Fünfzigerjahrestory voll herber Männlichkeit. Die Geschichte von Ragnar, dem traurigen Taxifahrer, ist gerade deshalb so herzergreifend, weil dieser Held schöner scheitert als seine amerikanischen Vorbilder.
Ragnar, der Taxifahrer mit der Nummer 79, fährt einen betrunkenen Amerikaner zum Flughafen, und auf der Rückfahrt nach Reykjavík steht sie da – eine Frau mit roten Stöckelschuhen und einem liegengebliebenen Buick. Er hält an, montiert einen Ersatzkeilriemen, und als sie davonbraust, ist es schon geschehen um den Naturburschen, der nie so ganz Fuß fassen konnte in der großen Stadt. Man ahnt aber auch: Anständige Frauen drücken nicht so auf die Tube, und schon gar nicht stehen sie allein am Straßenrand. „Sie hatte eine volle, geschwungene Unterlippe, und ich hatte dazu die ein oder andere Phantasie“, vermerkt der Erzähler noch im zeittypischen Großwildjäger-Understatement-Ton. Aber dann wird eine rückhaltlose Liebesgeschichte daraus – Amour fou auf Isländisch.
Die auf Island stationierten Amerikaner sind immer auf der Suche nach „flotten Käfern“, und auch Ragnars Taxi-Kollegen wollen raus in die Moderne. In Betty Wahls Übersetzung – sie sitzt angegossen wie ein Etuikleid – stellen sie den „Zuckerpuppen“ und „Frolleins“ nach. Dies aber auf die tapsige Art, als wäre eine ganze Inselbevölkerung damit beschäftigt, die noch nicht so recht passende lässige „Ami“-Eleganz zu üben. Man kennt das europaweit: „Tu vuoi far l’Americano“, hieß der italienische Schlager dazu, „Du willst den Amerikaner machen“. In einer Bar in Reykjavík fasst ein amerikanischer Unteroffizier dieses zwischen Bewunderung und Misstrauen schwankende Verhältnis in einem schillernden Trinkspruch zusammen: „Auf die Höflichkeit der kleinen Staaten.“
Gógó – der Name klingt wie ein nachträglich eingesetzter Zeitkolorit-Verstärker – Gógó also heißt eigentlich Guðriður und ist eine Beinah-Witwe. Ihr Mann liegt in einem dänischen Krankenhaus im Sterben, und so lange lieben sich Ragnar und Gógó, als gäbe es kein Morgen. Auf die existentialistische Art, mit viel Scotch und in Anbetung der großen Einsamkeit, der sie beide doch entkommen wollen. Und noch etwas wirkt wie ein geschickt eingebautes Retro-Accessoire: Ragnars Verhältnis zu seinem Auto. Es ist ein ehrliches, altes Vorkriegsmodell, genauso wie er selbst.
Manchmal wachsen die beiden sogar zu einer einzigen Mechanik zusammen, und Thorsteinsson verwendet viele karge Sätze darauf, das Schalten und Kuppeln zwischen Mann und Maschine zu beschreiben. Wenn Ragnar tankt, macht er sein Taxi sogar zum lebendigen Trinkgeldspender: „Der Rest ist für dich, weil mein Wagen das gerne so möchte“, sagt er zum Jungen an der Tankstelle. Mit avantgardistischer Geschwindigkeitsverherrlichung hat das Mitte der Fünfziger nichts mehr zu tun, eher im Gegenteil: Ragnar und sein Taxi kommen nicht mehr so ganz mit, denn auch die isländische Gesellschaft verändert sich rasant. Der Naturbursche ist schon längst ein melancholisches Auslaufmodell.
„So sollte man nicht mit Aquavit umgehen“, sagt Ragnar einmal zu Gógó, als sie ihm im Streit ein Glas ins Gesicht schüttet, und in diesem Moment hört er sich an wie ein um Ironie und Haltung bemühter Cary-Grant-Verschnitt. „Sie drehte sich zu mir, und dann schien ihr Gesicht plötzlich zu schmelzen. Sie lehnte sich an mich und wollte, dass ich sie in den Arm nahm.“ Man glaubt, diese Szene schon tausendfach in Schwarzweiß gesehen zu haben – und tatsächlich wurde Indriði Thorsteinssons Besteller im Jahre 1962 erfolgreich verfilmt, vom dänischen Regisseur Erik Balling.
Der Reiz dieses kleinen Romans liegt darin, dass er die Mann-Frau-Mechanik einer untergegangenen Epoche mit ebenso sparsamen wie effektvollen Handgriffen in Szene setzt. Einsamer Wolf und trauriger Vamp, dieser Riemen war wohl schon gerissen, als das Buch in Island zum Erfolg wurde. Aber die Frau mit den Stöckeln, die großkotzig fröhlichen Amerikaner, der ölverschmierte gute Junge – das sind Ikonen, die der modernesüchtige Westen in zahllosen literarischen und filmischen Varianten produziert hat. Ihr gemeinsames Drehbuch heißt „Liebe als Totalschaden“, und es wirkt bis heute.
JUTTA PERSON
INDRIDI G. THORSTEINSSON: Taxi 79 ab Station. Roman. Aus dem Isländischen von Betty Wahl. Transit Verlag, Berlin 2011. 117 Seiten, 14,80 Euro.
Anständige Frauen drücken nicht
so auf die Tube, und schon gar nicht
stehen sie allein am Straßenrand
Indriði G. Thorsteinsson, gestorben im Jahr 2000. Foto: Transit Verlag
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Isländische Literatur in bester ironischer Machart findet Martin Zähringer in Indridi G. Thorsteinssons Taxiroman vor dem Hintergrund amerikanischer Besatzungsmacht auf Island. Dass der Autor sich fröhlich bei Hemingways Dialogeregie oder dem Ton der amerikanischen Short Story bedient, um isländische Identitätsmomente (Natur- und Pferdeliebe!) neu zu arrangieren und so zu brechen, scheint Zähringer zu überzeugen. Laut Einschätzung des Rezensenten liegt das an Thorsteinssons Erfahrung mit dem Clash zwischen Stadt und Landleben und seiner Fähigkeit, weder allzu sozialkritisch noch rein fiktional vorzugehen. Für Zähringer gelingt die Liaison amerikanischer und isländischer Lebensweisen in diesem Buch, literarisch-ästhetisch wie inhaltlich.

© Perlentaucher Medien GmbH
Neue Zürcher Zeitung, 22. Februar 2011 Andreas Breitenstein [...] Im Fall von Indridi G. Thorsteinssons Roman 'Taxi 79 ab Station' ist es geradezu ein Glücksfall. Wer diesen 1955 verfassten Klassiker der isländischen Nachkriegsliteratur gelesen hat, wird hellwach gegenüber einem Land, dessen exzentrisches Inseldasein seine Geschichte und Identität tiefgreifend geprägt hat und noch prägt. [...] Temporeich, unpathetisch und mit knappen Dialogen kommt Thorsteinssons kleiner Roman daher. Ihm eignet eine grosse Erzählökonomie, er bezaubert durch feine Psychologie und überzeugt durch kühnen Immoralismus, zugleich besticht er durch präzise Beobachtung und dichte Beschreibung. Die vielen sprechenden Bilder fügen sich zum Panorama einer Umbruchszeit, in der der Tektonik der Gefühle eine gefährliche Fragilität eignet. Konsequent pendelt denn auch die Sprache von 'Taxi 79 ab Station' zwischen Altertümlichkeit und forcierter Moderne. Denn selbst wenn sich die Bewohner Reykjaviks längst 'an das ständige Pfeifen der Triebwerke' der Düsenflugzeuge gewöhnt haben, welche die Stadt 'in beträchtlicher Flughöhe' überfliegen, ihre Seelen sind langsam und wurzeln immer noch tief in der Landschaft, deren Kargheit den Menschen nie etwas anderes geboten hat als den Ernst des Lebens. Den vollständigen Artikel lesen: http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/literatur/stern_in_der_ferne_1.9636333.html