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Die Saga von Grimr spielt im Island des Jahres 1783. Das Leben auf der Insel ist von extremer Armut und von Hunger geprägt. Durch einen Vulkanausbruch verliert der Junge Grimr seine Familie und sein Zuhause.In einer Gesellschaft, in der die Abstammung maßgeblich den Wert eines Menschen bestimmt, kommt dies fast einem Todesurteil gleich. Dazu kommt die menschenfeindliche und unerbittliche Natur. Der junge Waise weigert sich, sein Leben als Bettler zu fristen und beschließt, seine eigene Legende zu erschaffen und seinen Namen in die Sagen des Landes einzuschreiben ...Neben der tragischen…mehr

Produktbeschreibung
Die Saga von Grimr spielt im Island des Jahres 1783. Das Leben auf der Insel ist von extremer Armut und von Hunger geprägt. Durch einen Vulkanausbruch verliert der Junge Grimr seine Familie und sein Zuhause.In einer Gesellschaft, in der die Abstammung maßgeblich den Wert eines Menschen bestimmt, kommt dies fast einem Todesurteil gleich. Dazu kommt die menschenfeindliche und unerbittliche Natur. Der junge Waise weigert sich, sein Leben als Bettler zu fristen und beschließt, seine eigene Legende zu erschaffen und seinen Namen in die Sagen des Landes einzuschreiben ...Neben der tragischen Geschichte von Grimr sind es besonders das Licht und die grandiose Landschaft Islands, die eine eigene Erzählebene bilden und den Reiz dieser Graphic Novel ausmachen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.12.2018

Palast aus Stein und Willenskraft
Jérémie Moreau erzählt „Die Saga von Grimr“, eine Heldengeschichte aus Island:
Eine Reflexion über das Erzählen und die Schönheit der Insel
VON FRITZ GÖTTLER
Literaturkritik in Island, im 18. Jahrhundert, in einer dunklen Schenke, mit vollem persönlichen Einsatz. Der Streit ist mit einem gehörigen Quantum Alkohol befeuert, die rhetorischen Mittel sind fies und überheblich, im Hintergrund leuchten die Kaminfeuer. Es geht um literarische Qualität, um die historische Tradition. Die schönste isländische Saga? „Da gibt es nur eine“, dröhnt Ketill, „die Saga von Erik dem Roten übertrifft alle anderen!“ Das findet der andere, Vigmar, aber nun gar nicht. „Weißt du, was erbärmlich an dir ist, Ketill? Deine Argumentation hat die geistige Höhe eines Krötensprungs, während ich oben auf dem Vulkan auf dich warte. Die Saga von Erik dem Roten hat die Finesse eines Rinderarschs.“ Vigmar aber weiß, was richtige Literatur ist: „Gunnar und Njál sind die zwei schönsten Figuren der isländischen Literatur.“ Und er weiß, dass sein Kontrahent ihm nicht gewachsen ist: „Ach, die Rhetorik ist so eine Kunst, wenn man nur hundert Wörter kennt.“ Wenn dann rhetorisch nichts mehr geht, greift man zum Messer.
Vigmar ist der Listige, der Intellektuelle in der Schar der Trinker, er nennt sich selbst „der Tapfere“, die anderen reden immer von „Vigmar, dem Dieb“. Er hat den jungen Grimr unter seine Fittiche genommen, erteilt ihm jede Menge Lektionen zum Überleben, in einer wilden Landschaft, einer rauen Gesellschaft, die unter dänischer Herrschaft steht, schaut darauf, dass Grimr etwas macht aus seinem Leben, einen Ruf etabliert, eine „Saga von Grimr“. Ein Helden-Macher.
Eben diese „Saga von Grimr“ entwickelt Jérémie Moreau in seiner Graphic Novel, die eine ganz andere Richtung und Dynamik hat als etwa die von Erik dem Roten, dem Entdecker Islands – so wird das Buch zu einer Reflexion über das Wesen der Sagas und ihrer Helden und darüber, welche Bedeutung und Effizienz diese im modernen Erzählen noch haben können. Grimr ist, wie Helden ziemlich oft, allein auf der Welt, die Eltern hat er in einer Lawine verloren, auch mit Vigmar wird er beinahe Opfer einer Naturgewalt, eines Sturms, der sie in einem Holzfass übers Meer treibt. Als Junge ist Grimr ein Pummelchen, mit Glubschaugen und breitem Mund, auch als Erwachsener bleibt er klotzig und unbeherrscht, wie der dicke kleine Bub, den die anderen in der Pause auf dem Schulhof nicht mitspielen lassen. Ein natürliches Opfer gesellschaftlichen Mobbings. Der eines Mordes beschuldigt wird und des Angriffs auf einen Gesandten des dänischen Königs, der zum Prozess aufs nächste Thing, die Ratsversammlung, geschleppt wird, und der durch unerwartete Intrigen das Mädchen verliert, mit dem ihm eine junge Liebe verbindet. Erst wenn man ihm allzu böse mitspielt, greift er zum Hammer, schlägt wild um sich.
Grimr Enginsson wird er genannt, von keinem der Sohn. Ein Niemand. Ein Mann, der kein Land, keine Besitztümer, keine Familie hat. Nicht mal einen Namen. Nur wenige Menschen vom Rande der Gesellschaft stehen für ihn ein, Gebrochene, Verachtete, Outlaws wie er. Vigmar, dessen eines Auge lebenslustig weit offensteht, dessen anderes traurig zu einem Schlitz niedergedrückt ist, klärt Grimr auf über Island, das eine eigene Figur ist in der Geschichte. Die gefährlichste Insel der Welt, sagt Vigmar, und die dort leben sind die mutigsten Menschen, die es gibt. „Wir wohnen auf einem Monster …, einem Monster mit Feuer im Bauch.“ Und Grimr ist mit diesem Monster engstens verbunden. „Ich spüre jede Regung der Erde tief in meinem Bauch.“ Die Dramaturgie des Buchs, sein Rhythmus ist so ungestüm wie sein Held, im Wechsel von ganzseitigen Panoramen und kleinteiligen, gleichsam vulkanischen Eruptionen, die das gewohnte Comic-Gerüst auseinanderreißen.
Die Schönheit Islands ist herzzerreißend in diesem Buch. „Deine Schönheit ist eine Zumutung“, sagt einer, der eben Frau und Kind verloren hat, „und nun demütigst du mich auch noch, indem du mich dich nicht hassen lässt.“ Jérémie Moreau, der für das Buch vor zwei Jahren beim Comic-Festival in Angoulême den Fauve d’Or bekam, hat sich natürlich an Halldór Laxness orientiert, der „Islandglocke“. In einer Nachbemerkung enthüllt er das wirkliche Wesen seines Helden Grimr, der nicht durch Eroberung sich einen Namen machte, sondern als er eines Nachts eine gewaltige Steinbarrikade an einem Berghang errichtete, hinter der die Dorfbewohner dann bei einem Vulkanausbruch Schutz suchen konnten. „Mein Dank gilt Ferdinand Cheval und allen anderen, die aus Steinen und Willenskraft Paläste errichtet haben, deren Pracht und Größe nur von der Hingabe ihrer Schöpfer erreicht werden.“ Cheval ist ein kleiner französischer Mythos, ein Landbriefträger, der auf seinen Gängen täglich Steine sammelte und diese über die Jahre zu einem surrealen Palast zusammensetzte. Auch Grimr hat am Ende seinen Abdruck hinterlassen in der Landschaft Islands.
Jérémie Moreau: Die Saga von Grimr. Aus dem Französischen von Claudia Sandberg. Avant Verlag, Berlin 2018. 232 Seiten, 30 Euro.
Island ist eine eigene Figur in
diesem Buch: ein feuerspeiendes,
unberechenbares Monster
Grimrs Heldentat ist nicht Kampf
oder Eroberung – er baut eine
Barriere gegen einen Lavastrom
Vulkan in der Seele: Grimrs Temperament gleicht den unberechenbaren Naturgewalten Islands.
Foto: Avant
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

Für Frank Meyer gelingt es dem Comic-Autor Jeremie Moreau mit seiner beweglichen Geschichte um Grimr, den Hünen mit Kindergesicht, der sich durch die Fährnisse des Lebens auf der Vulkaninsel Island im 18. Jahrhundert schlägt, die Welt der Sagas ans Heute anzuschließen. Dramaturgie und Bildgestaltung findet Meyer quecksilbrig schön, modern und den Betrachter einladend zu vielfältiger Lektürehaltung. Die schroffe isländische Landschaft und das von Härte und Gewalt geprägte Dasein in jener Zeit weiß der Autor laut Meyer nachvollziehbar abzubilden.

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