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Herr Firuz, Besitzer eines Spirituosenladens im Zentrum Teherans, begreift als Erster, dass sich etwas Großes zusammenbraut. Völlig unerwartet steht sein eigener Sohn als Anführer einer marodierenden Bande Jugendlicher vor dem Schaufenster des elterlichen Geschäfts und wirft wortwörtlich den ersten Stein. Während immer mehr Bewohner des Viertels sich der Chomeini nahestehenden Basidischi-Miliz anschließen, wird vor seinem Laden gestritten, gebetet und geschossen, zugleich erstarkt die Hoffnung, dass vielleicht doch etwas Gutes aus den Ruinen der gestürzten Monarchie entstehen kann. Doch die…mehr

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Produktbeschreibung
Herr Firuz, Besitzer eines Spirituosenladens im Zentrum Teherans, begreift als Erster, dass sich etwas Großes zusammenbraut. Völlig unerwartet steht sein eigener Sohn als Anführer einer marodierenden Bande Jugendlicher vor dem Schaufenster des elterlichen Geschäfts und wirft wortwörtlich den ersten Stein. Während immer mehr Bewohner des Viertels sich der Chomeini nahestehenden Basidischi-Miliz anschließen, wird vor seinem Laden gestritten, gebetet und geschossen, zugleich erstarkt die Hoffnung, dass vielleicht doch etwas Gutes aus den Ruinen der gestürzten Monarchie entstehen kann. Doch die revolutionären Kräfte radikalisieren sich immer mehr und etablieren schließlich jenes unterdrückerische Regime, das die korrupte Gewaltherrschaft Pahlavis durch einen despotischen Gottesstaat ersetzte, unter dem die liberalen Kräfte im Land noch heute leiden. Amir Hassan Cheheltan war 22 und Student, als die ersten Flugblätter an den Häuserwänden auftauchten, die den Sturz des Schahs forderten. Seine Erinnerungen an damalige Nachbarn und Freunde, an Wut, Chaos und das tägliche Ringen um Normalität eröffnen ein Panorama der iranischen Gesellschaft in Zeiten von Protest, Gewalt und Unsicherheit und sind ein sowohl sachkundiges als auch persönliches Zeugnis von den Ereignissen, die den Iran, Teheran und insbesondere den Mikrokosmos seines Wohnviertels in den Jahren 1978 und 1979 erschütterten.

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Autorenporträt
Amir Hassan Cheheltan, 1956 in Teheran geboren, veröffentlichte erste Sammlungen von Kurzgeschichten wahrend seines Studiums der Elektrotechnik in England. Bis heute hat Cheheltan neun Romane, sechs Sammelbande mit Kurzgeschichten und ein Drehbuch vorgelegt. Zudem schreibt er regelmäßig Essays und Leitartikel für große deutsche und internationale Zeitungen. Bis 2004 war er Chefredakteur der Online-Literaturzeitschrift Sokhan. Heute lebt er mit seiner Familie wieder in Teheran.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2018

Das Gesicht des Ajatollahs im Mond

Macht und Ohnmacht: Erinnerungen des iranischen Autors Amir Hassan Cheheltan an die Islamische Revolution 1979 und ihre Folgen für die Menschen.

Von Verena Lueken

Wann genau begann die Iranische Revolution? War es am 7. Januar 1978, als in einer Tageszeitung ein verunglimpfender Artikel über Ajatollah Chomeini erschien, der im Exil im Irak saß, und am Tag darauf Männer, die gegen diesen Artikel protestierten, in Ghom mit Militärgewalt aufgehalten wurden und es zu einem Blutbad kam? Oder war es am 8. September 1978, dem Tag eines enormen Protestmarschs in Teheran, bei dem zahlreiche Menschen getötet wurden, niedergeschossen von den Soldaten des Schahs? Oder vielleicht am 6. November desselben Jahres, als der Schah im Fernsehen zugab, Fehler gemacht zu haben? Oder doch am Tag zuvor, jenem 5. November, an dem Homajun Firuz als Teilnehmer einer Demonstration gegen den Schah die Scheibe zum Spirituosengeschäft seines Vaters einwarf und zur Plünderung des Ladens aufrief? Es gibt gute Gründe, jedes dieser Ereignisse für den Beginn der Revolution in Iran zu halten. Amir Hassan Cheheltan zählt sie auf und wägt. Schließlich spricht das beste Argument seiner Ansicht nach für den 1. Januar 1979.

An diesem Tag wurde Homajun in seinem Kampf gegen den Schah auf der Straße angeschossen und erlag kurz darauf seinen Verletzungen, und der Spirituosenhändler Firuz wurde wieder ein anerkannter Bürger. Nach der Plünderung seines Geschäfts durch seinen Sohn und dessen revolutionär Gleichgesinnte war der Spirituosenhändler im Viertel nicht mehr hoch angesehen und monatelang isoliert gewesen. Am 1. Januar 1979 aber, dem Todestag seines Sohnes, stattete ihm der Moscheevorsteher Hadsch Agha Tarabi mit einigen regelmäßigen Moscheegehern einen Kondolenzbesuch ab. Der Spirituosenhändler war nun der Vater eines Märtyrers. Und er erwies sich der neuen Rolle ohne Zögern als würdig - ein untrügliches Zeichen für den Beginn der neuen Zeit und einer der ersten Erfolge der Revolution, bevor der Schah sechs Wochen später tatsächlich gestürzt wurde.

Im ersten Kapitel seines neuen Buchs, in dem er die Frage nach dem Beginn der Revolution stellt, erweist sich Amir Hassan Cheheltan aufs Neue als der vielschichtige, ironieversierte Beobachter und Erzähler, als den wir ihn in seinen früheren Büchern über seine Heimatstadt Teheran und sein Land Iran kennengelernt haben. Hier berichtet er aus der Erinnerung, was während der Islamischen Revolution geschah - und zwar anhand der Erlebnisse vor allem in dem Viertel, in dem er wohnte, einem mittelständischen Stadtteil mit Händlern und Handwerkern, einige gläubig, andere weniger, die meisten geschmeidig, wenn es um ihre politischen Sympathien ging. Cheheltan selbst war damals zweiundzwanzig und steht ein wenig abseits vom Geschehen, aber mit scharfer Beobachtungsgabe und möglicherweise einem Notizbuch, so farbig sind die Details, so genau die Beschreibungen der Geschehnisse, des Protests immer neuer Gruppen von Unzufriedenen, Ausgegrenzten, Arbeitslosen, Wohnungslosen, und auch der Armenbewegung, die ideologisch ungebunden am Rand von Teheran Siedlungen gründete.

Was aus den Kinos wurde, aus den Prostituierten und Bordellen, aus den Büchern, der Universität, den Zeitungen und Radiostationen, aus den Fernsehanstalten und aus dem Alkohol, der nicht nur in Firuz' Spirituosenladen ausgeschenkt wurde - all das erzählt Cheheltan einerseits nüchtern, andererseits fällt er manchmal in seinen typischen fast märchenverhafteten Erzählton, etwa wenn es um die rasante Inflation oder auch den titelgebenden Vogel geht, der "Lang lebe der Schah" kräht, als das niemand mehr unterschreiben würde und die Fatwa gegen den Schah längst verhängt ist.

Erstmals am 2. Dezember 1978 hörte Cheheltan in seinem Viertel die Rufe "Allahu Akbar". Vermutlich war es die Frau des Schneiders, die damit anfing, und dann schallte es plötzlich von allen Dächern. "Wie wandlungsfähig Menschen sein können, sobald der Wind sich dreht", so dachte er damals schon und hielt sich am Rande, selbst als eines Tages im Mond das Gesicht des Ajatollah Chomeini erschien. Auch der Spirituosenhändler Firuz konnte es sehen. Er und viele andere kletterten auf die Dächer, und Firuz "konnte den Bart des Ajatollahs ausmachen, den Mund, die Augen, die Brauen, auch die Nase und sogar die dauerhafte Sorgenfalte auf der Stirn, ein Zeichen für seine überirdischen Kräfte". Auch solcher Mumpitz gehörte zur Mechanik dieser Revolution.

Cheheltan lässt die großen politischen Ereignisse, vor allem den Kampf der Kurden, nicht unerwähnt. Aber vor allem interessiert ihn, wie die Menschen reagieren, wie sich die Stimmung dreht, die Gewalt hochschaukelt, wie Macht durch Bewaffnung plötzlich verführerisch wird in Kreisen, die vorher vor allem Tee tranken und manchmal einen Schluck beim Spirituosenhändler nahmen, und wie langsam, aber sicher der Klerus durch Nachbarschaftsvereine, Nothilfen und schließlich brutale Herrschaft aus jedem religiösen Anlass ein politisches Ereignis und die neuerliche Islamisierung der Iraner zu ihrer vordringlichen Aufgabe machte.

Die Frauen ergaben sich teilweise nicht ohne Widerstand, doch der Entzug ihrer Rechte geschah in den ersten Tagen nach der Rückkehr Chomeinis. Und je rechtloser die Menschen wurden, desto selbstverständlicher wurde ihnen offenbar die Gewalt, die öffentlichen Auspeitschungen, die öffentlichen Hinrichtungen, die blutige Rache als Prinzip und Zerstörung als politische Agenda. Eine wahre Geschichte des Horrors, auf eine Weise erzählt, in der aufscheint, dass es auch anders hätte kommen können.

Amir Hassan Cheheltan: "Der standhafte Papagei". Erinnerungen an Teheran 1979.

Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2018. 197 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Susan Vahabzadeh bewundert Amir Hassan Cheheltan für seine Redseligkeit, mit der er seine private Geschichtsschreibung betreibt. Wie der im Exil lebende Autor die iranische Revolution in diesem Buch von unten betrachtet, aus der Perspektive normaler Menschen in seinem Viertel, als Mischung aus Roman und Dokumentation, Erinnerung und Sachbuch, findet Vahabzadeh lesenswert. Wie wirklichkeitsnah der Autor tatsächlich vorgeht, scheint ihr letztlich zweitrangig, die Geschichten im Buch sind genau recherchiert und nacherzählt, meint sie, auch wenn die Figuren manchmal dahinter verschwinden.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.01.2019

Im Schaufenster des Spirituosenhändlers
„Der standhafte Papagei“: Amir Hassan Cheheltan erinnert an Teheran 1979, als normale Menschen binnen
Kurzem zu Revoluzzern wurden. Er erzählt die Geschichte der Revolution von unten
VON SUSAN VAHABZADEH
Ohne Geschichte versteht man viele Dinge nicht, und dafür ist Iran ein ziemlich gutes Beispiel. Die Schlagworte Atomabkommen und Islamische Republik kennt jeder, aber wer weiß schon noch, dass der Zwist mit Amerika mit verstaatlichten Ölquellen zu tun hat, von denen die Briten meinten, sie gehörten ihnen? Es gebe, meint Amir Hassan Cheheltan, einer der wichtigsten persischen Schriftsteller des 21. Jahrhunderts, keine richtige iranische Geschichtsschreibung mehr – nur noch Versionen, die die Dinge sehr subjektiv im Licht ihrer eigenen Interessen beschreiben.
Er besorgt die Geschichtsschreibung also selbst, Buch um Buch. „Amerikaner töten in Teheran“ (2011) zeichnet in sechs Geschichten nach, wie seit den Fünfzigerjahren der Hass auf die USA entstand und sich ausbreitete; „Der Kaligraph von Isfahan“ erzählt von einem brutalen, aber temporären Ausbruch von Fundamentalismus im frühen 18. Jahrhundert; und sein neues Buch, „Der standhafte Papagei. Erinnerungen an Teheran 1979“ betrachtet nun die Revolution von unten. Er erzählt anhand ganz normaler Menschen in einem Viertel, wie innerhalb eines Jahres manche zu radikalen Revoluzzern wurden, die sich für Politik gar nicht interessiert hatten; und wie Menschen mit ganz unterschiedlichen Hoffnungen sich zusammentaten. Wenn auch nicht für ewig.
Man kann es sich schon vorstellen, dass diese Form der Privat-Geschichtsschreibung natürlich nicht in die Buchläden von Teheran findet. Amir Hassan Cheheltans Bücher erscheinen schon lange nicht mehr in Iran, sondern in Europa und Amerika, als Übersetzungen. Er lässt sich davon nicht beirren. „Für mich als Schriftsteller reicht es, wenn die Bücher einmal veröffentlicht werden – denn dann sind sie Teil der persischen Literaturgeschichte, und dagegen kann keiner mehr etwas unternehmen.“
„Der standhafte Papagei“ ist eine Mischung aus romanhaft erzählten Erinnerungen und Dokumentation. Man muss die Story mit dem Papagei nicht glauben, aber das meiste wird mit sachbuchgleicher Präzision verhandelt. Es ist egal, ob Cheheltan die Leute tatsächlich kannte, an denen entlang er von der islamischen Revolution erzählt – er kennt jedenfalls ihre Geschichten. So erfährt man beispielsweise von der Evolution des Begriffes „nackt“ anhand eines fremden Familienalbums, das im Viertel kursiert. Nackt heißt bald: Da gibt es auf einem Bild unverhüllte Fesseln zu sehen. Und wann eigentlich ging alles los? Cheheltan dekliniert das durch: bei den ersten großen Protesten am 9. November, oder schon am 5., als der Sohn des Spirituosenhändlers Firuz dem Vater eigenhändig die Schaufensterscheibe einwarf?
Firuz, der dann auf Porzellan umsattelt, gehört zu den zentralen Figuren des Viertels, von dem Cheheltan erzählt, aber in weiten Teilen ist „Der standhafte Papagei“ ein gutes Beispiel dafür, warum Cheheltan, der schon einmal ein paar Jahre im Exil gelebt hat, sagt, dass er Teheran braucht, um schreiben zu können. Nicht nur die Atmosphäre und die Menschen, sondern auch die Archive und die Bibliotheken.
Besessen hat er Details gesammelt, die oft viel mehr sind als blanke Information. So schreibt er beispielsweise, dass in der Kinonation Iran damals 128 Filmtheater zerstört wurden und dann doch das Kino wieder ganz wichtig wurde, als der erste Rauch der Revolution sich verzogen hatte. Akribisch zählt er auf, welche Filme liefen in den verbliebenen Kinos von Teheran, während die westliche Welt zum ersten Mal wirklich wahrnahm, dass im Nahen Osten ein religiöser Fundamentalismus entstanden war.
Die Revolutionäre von Teheran sahen derweil, unter anderem, „Der gelbe Rolls-Royce“, eine Komödie mit Louis de Funès und „Missing“ mit Jack Lemmon, von Constantin Costa-Gavras, der sogar in drei Kinos gleichzeitig lief. Letzterem mag bei seinem Erfolg geholfen haben, dass am Ende Henry Kissinger wegen des Militärputsches in Chile verklagt wird. Aber genau genommen haben sich all diese Filme damals auch die Europäer angesehen. Teheran 1979 kommt einem für einen Augenblick viel näher, als man es sich seit vierzig Jahren hat vorstellen können. Ein Buch wie „Der standhafte Papagei“ hätte Cheheltan bestimmt nirgendwo anders schreiben können. Die Geschichte von den Straßenmädchen etwa, die im Revolutionsgeschehen ausgeräuchert werden – und dann heuert man sie, ein Jahr später, wieder an: Als Ehefrauen auf Zeit, was immer das sein mag, für die jungen Soldaten, die ab 1980 in den Krieg gegen den Irak ziehen müssen. Setzt man sich bei der Zensur eigentlich tiefer in die Nesseln, wenn man etwas erfunden hat oder wenn es stimmt?
Man könnte Cheheltan vorwerfen, dass hinter all den nüchternen Schilderungen, wann wo was passiert ist, der Leser manchmal die Leute aus dem Viertel fast aus den Augen verliert, sie als Figuren den gleichen Wert haben wie die Premierminister und Ayatollahs in dieser Geschichte.
Irgendwann jedenfalls ist Herr Firuz der Held des Viertels, weil ihm ein Papagei anvertraut wird, von dem keiner so recht weiß, wo er herkommt – aber die Menschen sind so von Solidarität beseelt, dass sie das Vieh am Leben lassen, obwohl es einen gefährlichen Wortschatz hat. Der Papagei sagt immerzu: „Lang lebe der Schah!“ Er weiß nicht, was er redet, aber das ist ja bei Menschen auch oft so; und so wird Firuz es mit Umerziehungsmaßnahmen versuchen.
Cheheltan erzählt auch von all den hoffnungsvollen Liberalen und Intellektuellen, die am Ende eine ganz andere Republik wollten. Was ein Geschichtsbuch mutmaßlich unterschlagen würde, ist die Planlosigkeit dieser Revolution, die sich einfach so zu ergeben scheint und von der keiner wirklich weiß, wohin genau sie führen soll.
Die Studenten, die am Ende die amerikanische Botschaft stürmen, haben keine Vorstellung von den Folgen, die sie auslösen, sie haben darüber überhaupt nicht nachgedacht. Aber plötzlich sind die USA und der Schah an allem schuld.
Der Schah, der dann bald ausreist, soll sogar ein Kino in Brand gesteckt haben, in dem Feuer starben 400 Leute; und die Gerüchteküche will nicht glauben, dass das Feuer mit den Verfechtern einer islamischen Republik zu tun hat, die dekadente Freizeitgestaltung wie westliche Filme zu verteufeln beginnt. Das Verdrehen von Nachrichten, der abergläubische Blödsinn – das gibt es immer noch. Und das gibt es überall.
Ganz langsam und leise schleichen sich die Euphorie und die Solidarität wieder hinaus aus Cheheltans Chronik des Revolutionsjahres. Der Schah ist abgereist, das Volk macht den monarchistischen Straßenschildern mit Brechstangen den Garaus. Vor den Zeitungsredaktionen versammeln sich Demonstranten, die nach Zensur verlangen – Autoren, die ihnen nicht religiös genug sind, sollen nicht mehr gedruckt werden.
Wie viele seiner menschlichen Gefährten hat der Papagei einen Hauch von Freiheit gespürt, doch dann erfasst ihn der eisige Wind der Repression, er soll den Schnabel halten und am besten bis in seine Federspitzen ein anderer werden. Amir Hassan Cheheltan ist selbst ein bisschen wie dieser Papagei – die Umerziehung zur Schweigsamkeit würde er nicht aushalten.
Amir Hassan Cheheltan: Der standhafte Papagei – Erinnerungen an Teheran 1979. Aus dem Persischen von Jutta Himmelreich. Matthes & Seitz, Berlin 2018. 197 Seiten, 22 Euro.
Seine Bücher werden Teil der
persischen Literaturgeschichte,
keiner kann dagegen etwas tun
Der Papagei hat einen Hauch
von Freiheit gespürt, doch dann
soll er den Schnabel halten
Junge Iraner vor der US-Botschaft in Teheran im November 1979. Im Februar war Ajatollah Khomeini aus dem Pariser Exil zurückgekehrt.
Foto: AP
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