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Produktdetails
  • Verlag: NZZ Libro
  • Seitenzahl: 162
  • Deutsch
  • Abmessung: 14mm x 151mm x 220mm
  • Gewicht: 388g
  • ISBN-13: 9783038231271
  • ISBN-10: 3038231274
  • Artikelnr.: 12907133
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.2004

Annäherungen

DER IRAK war unter Saddam Hussein ein kaum zugängliches Land. Jetzt haben Terror und Entführungen dazu geführt, daß sich nur wenige Ausländer dorthin wagen. Wie Iraker über die jüngsten Veränderungen denken, ist nur schwer zu erfahren. Zwei Annäherungsversuche an den Nachkriegs-Irak sind jetzt erschienen, die einen biographischen Umweg über Deutschland nehmen. Oswald Iten berichtet, wie die Deutsche Katrin Hisslinger im Frühjahr 2004 in Bagdad ihren irakischen Vater sucht und findet. Karin Leukefeld erzählt die Lebensgeschichte der deutschen Ehefrau von Amer al Saadi. Der Waffenfachmann verhandelte als Abrüstungsbeauftragter Saddams zuletzt mit Hans Blix. Begleitet von einem ZDF-Team, stellte er sich im April 2003 den Amerikanern. Ohne daß bisher Anklage gegen ihn erhoben wurde, ist er noch in ihrem Gewahrsam. Im Mittelpunkt des Buchs steht jedoch Saadis deutsche Frau Helma, die ihm in den sechziger Jahren nach Bagdad folgte. Dort kam sie fast bei dem verheerenden Anschlag auf das UN-Hauptquartier ums Leben, als sie dort Unterstützung für die Freilassung ihres Mannes suchte. Itens "Bagdad-Google" hat dagegen schon ein Happy-End. In der "Neuen Züricher Zeitung" hatte Katrin Hisslinger kurz Anfang 2003 mit Hilfe der Google-Suchmaschine den Namen ihres irakischen Vaters gefunden. Der NZZ-Reporter Iten konnte ihr jedoch zunächst nicht weiterhelfen. Deshalb machten sie sich gemeinsam auf die abenteuerliche Suche, über die Iten genauso berichtet wie über seine Begegnungen mit Angehörigen des alten Machtapparats, schiitischen Klerikern und einfachen Menschen. Sie erzählen von ihrem Wunsch nach Freiheit, den enttäuschten Hoffnungen der Nachkriegszeit und ihrem Rückzug ins Privatleben. Immer wieder stößt er auf "Iraker, die sich als Opfer betrachten, als Opfer Saddams und der Besatzer, aber keineswegs als Opfer ihrer selbst". So bleibt offen, wie nahe der Vater von Katrin Hisslinger, der in Leipzig Kernphysik studiert hatte, Saddams Regime stand. Ähnliches gilt auch für Amer al Saadi und dessen möglicher Beteiligung an Programmen für Massenvernichtungswaffen. Seine Frau steht zu ihrem Mann, ohne viel Raum für kritische Vermutungen zu lassen. Lesenswert sind auch die Beobachtungen über den gewandelten Alltag irakischer Frauen, in dem Islamisten ihnen im öffentlichen Leben immer mehr Fesseln anlegen. (Oswald Iten/Katrin Hisslinger: Bagdad-Google. Eine Vatersuche im Irak. NZZ-Buchverlag, Zürich 2004. 164 Seiten, 23,- [Euro]. Karin Leukefeld: Nimm Abschied und werde stark. Helma al Saadi. Ein Leben zwischen Hamburg und Bagdad. Aufbau-Verlag, Berlin 2004. 320 Seiten, 21,90 [Euro].)

hcr.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Beeindruckt zeigt sich der "har." zeichnende Rezensent von Oswald Itens und Katrin Hisslingers Buch über eine "Vatersuche im Irak", das ein "facettenreiche Bild eines Landes im Umbruch" vermittele. Den Ausgangspunkt des Buches betrachtet der Rezensent als "kleines Wunder": bei einer Internet-Recherche über Google stieß die Bibliothekarin Hisslinger in einem Artikel des NZZ-Reporters Iten auf den Namen ihres irakischen Vaters, den sie nie kennen gelernt hatte. Sie nahm Kontakt zu Iten auf - ein Jahr nach Kriegsende reisten beide in den Irak, um den Vater zu suchen. Entstanden ist ein Buch, das nach Ansicht des Rezensenten "weitaus mehr" ist als ein Bericht über diese Vatersuche, nämlich eine "große Reportage". "Detailliert", aber "ohne störendes Pathos" schildere Iten das öffentliche Leben in dem von Kämpfen, Anschlägen und politischen, religiösen und ethnischen Rivalitäten zerrütteten Land. Er beschreibe anschaulich seine Erlebnisse an Orten wie Bagdad, Basra und Falluja, spreche mit Verlierern und Gewinnern der neuen Zeit, lasse Kritiker der Besetzungsmächte ebenso zu Wort kommen wie Menschen, die ihnen dankbar sind. Der Rezensent hebt hervor, dass die Berichte dadurch, dass sie immer wieder durch Hisslingers Familiengeschichte sowie durch Briefe, Tagebucheinträge und Fotos unterbrochen werden, noch an "Spannung und Anschaulichkeit" gewinnen. "Nach der Lektüre", resümiert er, "hat man vielseitige Einblicke in das gegenwärtige Geschehen im Irak gewonnen."

© Perlentaucher Medien GmbH
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