Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 1,25 €
  • Gebundenes Buch

Der ehemalige Polizeiunterwachtmeister R.M. Swaminathan istseit dem allzu engagierten Verhör eines Äußerst Schuldigen Verdächtigenunfähig zum Sprechen ganzer Sätze, an den Rollstuhlgefesselt und zur völligen Passivität verurteilt. Nicht nur hat ervon seiner mageren Frühpension seine Familie zu ernähren,obendrein ist er Vater von sechs Töchtern, die sich unaufhaltsamdem Alter ihrer Verheiratung nähern. Angesichts dieser bitterenLage mögen Selbstmordversuche unter Zuhilfenahme von Fahrradflickzeugoder eines Eimers voll Wasser durchaus einen Auswegbieten,doch auch hieran scheitert Swami.Zunächst…mehr

Produktbeschreibung
Der ehemalige Polizeiunterwachtmeister R.M. Swaminathan istseit dem allzu engagierten Verhör eines Äußerst Schuldigen Verdächtigenunfähig zum Sprechen ganzer Sätze, an den Rollstuhlgefesselt und zur völligen Passivität verurteilt. Nicht nur hat ervon seiner mageren Frühpension seine Familie zu ernähren,obendrein ist er Vater von sechs Töchtern, die sich unaufhaltsamdem Alter ihrer Verheiratung nähern. Angesichts dieser bitterenLage mögen Selbstmordversuche unter Zuhilfenahme von Fahrradflickzeugoder eines Eimers voll Wasser durchaus einen Auswegbieten,doch auch hieran scheitert Swami.Zunächst scheint es, als bestätige es nur den über ihm liegendenFluch, dass ihm just am Tag der unter Dach und Fach zubringenden Eheanbahnung seiner Ältesten ein Mann aus einemHotelfenster heraus nahezu auf den Kopf fällt und zu seinenFüßen liegend stirbt. Damit wird Swami nicht nur zum Gespöttder gesamten Stadt zugleich gerät er per Zufall in ein Netz ausPolizeiintrigen, Verbrechen und Korruption, was die verzweifelten Verkuppelungsmanöver seiner Ehefrau ins Leere laufen lässt. Doch als sich weitere sonderbare Dinge ereignen, wendet sichdas Blatt: Swami wird ohne jegliches eigenes Zutun von einem Tag zum anderen von Tausenden von Anhängern als Guru verehrt. Den Stand der Familienplanung verbessert dies gleichwohlnicht entscheidend, denn die Moderne in Gestalt der nächsten Generation funktioniert nach anderen (wenn auch nicht weniger exzentrischen) Regeln Angesiedelt im heutigen, sich explosiv entwickelnden Indien, ist "Weißer Mann fällt" eine sanfte Satire über die unmögliche Suche nach Bedeutung im Bedeutungslosen, über häusliche Katastrophen, versehentlich aufgedeckte Verschwörungen, über Wahrheit und Weisheit, Naivität und Spiritualität,Aberglaube, Missgeschick und Missverständnis.Stocks Prosa ist so zwingend und so unwiderstehlich komisch, dass der Leser die nur auf den ersten Blick knallbunte Story von Anfang an ohne weiteres akzeptiert. Wie liebevoll, präziseund cool Mike Stocks seine erzählerischen Pointen setzt, wie schwarzer Humor, Wortwitz und Situationskomik sich mit wohldosiert leisen Tönen treffen, die verblüffende Nonchalance, mit der er sich den charmanten Slang des Indischen anverwandelt: All dies macht das Buch von der ersten bis zur letzten Seite zur unterhaltsamen und erfüllenden Lektüre.
Autorenporträt
Stocks, Mike
Mike Stocks ist Schriftsteller, Dichter und Übersetzer italienischer Dialektpoesie und begründete Anon - The anonymous submissions poetry magazine. Für sein Romandebüt »White Man Falling« erhielt er 2006 den Goss First Novel Award. Mike Stocks lebt in Edinburgh.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.03.2011

Nichtssagende Erleuchtung
Mike Stocks präsentiert einen sprachlosen Guru

"Dumme Gedanken hat jeder, nur der Weise verschweigt sie." Wilhelm Busch wusste genau, wie klug man wirkt, wenn man einfach nur im richtigen Moment die Klappe hält. Spricht man hingegen monatelang gar nicht mehr, gilt man entweder als bekloppt oder als Heiliger, der mit sich, Gott und der Welt im Reinen ist. Zwischen Blödigkeit und Erhabenheit liegt für die, die einem nicht in den Kopf schauen können, nur ein schmaler Grat. Dank Mike Stocks erfahren wir allerdings ganz genau, was sich im Oberstübchen des ehemaligen Polizeiunterwachtmeisters R. M. Swaminathan, genannt Swami, abspielt - es ist nicht allzu aufregend. Die Hauptfigur von Stocks' Debütroman "Weißer Mann fällt", angesiedelt in einem fiktiven südindischen Dorf, hat es alles andere als leicht im Leben. Er ist der Vater von sechs pfiffigen Töchtern, die unter die Haube zu bringen eine kostspielige Angelegenheit ist. Als Patriarch ist er eine Null, zerquetscht unter dem Pantoffel seiner geschwätzigen, etwas klischeehaft überzeichneten Gattin.

Seit einem Schlaganfall leidet er zudem unter Sprachschwierigkeiten, zu sagen hat er daheim ohnehin nicht viel. Selbst die letzte Möglichkeit, sich seiner Verantwortung als Familienoberhaupt zu entziehen, bleibt ihm verwehrt; seine grotesken Selbstmordversuche schlagen allesamt fehl. Als ihm dann jedoch aus heiterem Himmel ein weißer Mann vor die Füße fällt und stirbt, nimmt sein Schicksal eine überraschende Wendung.

Mike Stocks, der 1965 geborene britische Autor, spielt seinem Protagonisten übel mit und meint es doch gut mit ihm. Er lässt ihn beinahe zum Opfer eines Mordanschlages werden, verwickelt ihn in eine kriminalistische Intrige früherer Kollegen und nimmt ihm nach einer Nahtoderfahrung nahezu komplett die Sprache. Swamis beredtes Schweigen führt indes dazu, dass er von der Außenwelt alsbald als Guru wahrgenommen wird, auf den sich allerlei Hoffnungen und Wünsche projizieren lassen. So wird eine regelmäßige Verschnaufpause auf einem seiner Spaziergänge rasch zur andächtigen Stunde des Schweigens für jene Pilger, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgen und in seiner Gegenwart, warum auch immer, von einem Gefühl innerer Verjüngung erfüllt werden. Dabei plagt sich Swami die meiste Zeit über mit Sorgen wie den folgenden: "Wenn er nicht denkt, kann er nicht über das Nichtdenken nachdenken; und wenn er denkt, dann kann es sein, dass er zu viel über das Denken nachdenkt."

"Weißer Mann fällt" ist eine postkoloniale, farbenprächtige und spirituelle Farce. Macht sich auf der einen Seite der zivilisatorische Fortschritt bemerkbar, indem die althergebrachte indische Eheanbahnung aufs komischste torpediert wird, sind auf der anderen Seite atavistische Kräfte am Werk, die den Narren zum Apostel erklären. Die tiefere Wahrheit des Geschehens offenbart sich dem Leser in mal heiteren, mal bösartigen Seitenhieben auf das zwischen Tradition und Moderne hin- und hergerissene Indien. Stocks gelingt mit diesem pointenreichen komödiantischen Erstling eine kurzweilige Geschichte der Missverständnisse.

ALEXANDER MÜLLER

Mike Stocks: "Weißer Mann fällt". Roman.

Aus dem Englischen von Anke Caroline Burger. Diaphanes, Zürich 2010. 284 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mike Socks' Romandebüt "Weißer Mann fällt", in dem ein unter dem Pantoffel seiner Gattin stehender südindischer Polizeibeamter, durch einen Schlaganfall seiner Sprachfähigkeit beraubt, plötzlich als weiser Guru verehrt wird, hat den Rezensenten Alexander Müller offenbar gut amüsiert. Hier wird nicht nur eine lustige "Farce" aus dem zwischen Tradition und Moderne stehenden Indien geboten, sondern der schmale Grat zwischen Tumbheit und Erleuchtung, der entsteht, wenn man sich nicht äußern kann, herrlich beleuchtet, so der erheiterte Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH